agent provocateur
(frz.); Lockspitzel, V-(ertrauens)-Mann, der sich im Dienste der Polizei oder dritter Personen in das Vertrauen eines Verdächtigen einschleicht und ihn zu einer Tat provoziert (um ihn zu überführen). Der a.p. kann nicht wegen Anstiftung bestraft werden, wenn er es nur bis zum Versuch kommen lassen wollte.
(franz.), Lockspitzel.
([franz.] Scheinanstifter) ist ein Mensch, der - meist zum Zweck der Überführung - einen anderen Menschen zu einer Straftat veranlassen (provozieren) will, deren Erfolg aber nicht eintreten soll. Dem a.p. fehlt der Vorsatz des Anstifters, weil er es nur zum Versuch kommen lassen will. Er bleibt deshalb straffrei (str.). Führt der andere die Tat aus, so ist nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte die Verurteilung ein Verstoß gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens. Zum Ausgleich hierfür ist nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs eine Strafe im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens auszusprechen. Lit.: Küper, W., Der agent provocateur im Strafrecht, GA 1974, 321; Deiters, M., Straflosigkeit des agent provocateur?, JuS 2006, 302
(Lockspitzel): Begriff aus dem Strafrecht zur Kennzeichnung eines Teilnehmers — in der Regel Anstifter — einer vorsätzlichen Straftat ohne Erfolgswillen. Der Agent provocateur veranlasst und/oder fördert die Straftat eines anderen, um diesen überführen zu können. Er kann als Privatperson aus eigenem Antrieb oder als „freier Mitarbeiter” der Polizei, sog. V-Mann, tätig werden. Auch Polizeibeamte werden als Lockspitzel eingesetzt, und zwar entweder von Fall zu Fall, z. B. als Scheinaufkäufer in der Drogenszene, oder dauerhaft mit einer veränderten Identität zur Bekämpfung organisierter Kriminalität. Letztere sind in den §§ 110 a ff. StPO als sog. verdeckte Ermittler erfasst.
Bezüglich der Strafbarkeit des Agent provocateur ist unbestritten, dass der Lockspitzel als Teilnehmer der Vorsatztat straflos ist, wenn er es nur zum Versuch der Haupttat kommen lassen will, entweder weil er davon ausgeht, dass die Haupttat als untauglicher Versuch nicht vollendbar ist, oder weil er es durch Einschaltung der Polizei nicht zum Eintritt des Erfolges kommen lassen will. Hier fehlt schon der für die Teilnahme unverzichtbare Vollendungsvorsatz.
Kommt es unerwartet doch zum Erfolg, haftet der Agent provocateur aus Fahrlässigkeit, sofern die fahrlässige Verursachung unter Strafe steht.
Will es der Agent provocateur zur Vollendung eines Erfolgsdelikts kommen lassen, aber dessen Beendigung verhindern, soll er nach h. M. ebenfalls straflos sein, weil ihm der für den Strafgrund der Teilnahme erforderliche Wille fehle, es zu einem irreparablen Schaden an dem betroffenen Rechtsgut kommen zu lassen. Aus demselben Grund soll Straflosigkeit auch bei abstrakten Gefährdungsdelikten bestehen, wenn der Agent provocateur es zwar zur Tatbestandserfüllung, nicht aber zum Eintritt einer konkreten Gefährdung kommen lassen will. Für die verbleibenden Fälle kann der Wille, den Täter der Bestrafung zuzuführen, nur unter den Voraussetzungen der allgemeinen Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsregeln Bedeutung erlangen.
Grundsätzlich wirkt sich die Tatprovokation auf die Strafbarkeit des provozierten Haupttäters nicht aus, solange die Autonomie seiner Handlung unangetastet blieb. Wird aber ein Unverdächtiger und zunächst nicht Tatgeneigter durch einen von einem Amsträger geführten V-Mann mittels Weckung der Tatbereitschaft zu einer Straftat verleitet, so liegt ein Verstoß gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens gemäß Art 6 Abs. 1 S.1 EMRK vor; dasselbe gilt, wenn die von der Vertrauensperson angesonnene Straftat nicht mehr in einem angemessenen, deliktsspezifischen Verhältnis zu dem jeweils gegen den Provozierten bestehenden Tatverdacht steht. In beiden Fällen liegt eine dem Staat zurechenbare und damit rechtsstaatswidrige Tatprovokation vor, die als Verstoß gegen die EMRK ausdrücklich im Urteilstenor festzustellen ist und die bei dem Verleiteten einen schuldunabhängigen Strafmilderungsgrund von besonderem Gewicht begründet.
(Lockspitzel) ist, wer die Straftat eines anderen provoziert (z. B. um ihn zu überführen), es aber nicht zur Vollendung, sondern nur zum Versuch kommen lassen will. Er kann nicht (wegen Anstiftung) bestraft werden. Strafbarkeit wegen Versuchs entfällt, weil sie den Willen zur Tatvollendung voraussetzt. Kommt es dagegen infolge nachhaltiger Einwirkung durch den a. p. zur Straftat, so wird sich hieraus für den Täter ein wesentlicher Strafmilderungsgrund ergeben (BGHSt. 32, 345, 355); ein Verfahrenshindernis wird hierdurch nicht begründet (BGHSt. 33, 362). Dies gilt auch bei einer Einwirkung, die gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens verstößt, wenn eine unverdächtige und zunächst nicht tatbereite Person durch den von einem Amtsträger geführten a. p. in einer dem Staat zuzurechnenden Weise zu einer Straftat verleitet wird (BGH NJW 2001, 2981). Im Ermittlungsverfahren ist der Einsatz eines a. p. gegen eine Person nur zulässig, wenn gegen diese ein Anfangsverdacht für eine Beteiligung an einer begangenen oder künftigen Straftat besteht.
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