Kirchenaustritt
staatsrechtlich die beurkundungsbedürftige Erklärung über den Austritt aus der Religionsgemeinschaft als der Körperschaft des öffentlichen Rechts; für Kinder bis zu 14 Jahren geben die Eltern die Erklärung ab, vom 14. Lebensjahr an das Kind selbst (Reichsgesetz über
religiöse Kindererziehung). Welche kirchlichen Folgen der K. hat, bestimmt das jeweilige Kirchenrecht; da auch der Übertritt zu einer anderen Religionsgemeinschaft den Austrittaus der bisherigen voraussetzt, ist er wie der K. zu behandeln.
Nach innerkirchlichem Recht gibt es keinen Austritt aus der Kirche, ist doch der Christ durch die Taufe unwiderruflich Glied der Kirche geworden (str.). Anders ist die Rechtslage nach staatlichem Recht. Da das Grundrecht der Religionsfreiheit (Art. 4 GG) auch das Recht umfasst, keinen Glauben zu haben u. eine Kirche oder Religionsgemeinschaft zu verlassen, muss der Staat die Möglichkeit des K. eröffnen. Dies gilt um so mehr, als an die Kirchenmitgliedschaft zwangsläufig die vom Staat mittels staatlichen Rechts durchzusetzende Kirchensteuerpflicht geknüpft ist (Steuerrecht). Deshalb räumen die entsprechenden landesgesetzlichen Vorschriften, meist im Rahmen der Kirchensteuergesetze, das Recht zum K. ein. Kinder sind ab 14 Jahre zum selbständigen K. berechtigt; vom 12. Lebensjahr an bedarf der vom Personensorgeberechtigten erklärte Austritt der Zustimmung des Kindes (religiöse Kindererziehung). Der K., der gegenüber der zuständigen staatlichen Behörde (je nach landesrechtlicher Regelung Standesamt oder Amtsgericht) erklärt werden muss, ist in seiner Wirkung allerdings auf den staatlichen Rechtsbereich beschränkt. Der zu religiöser Neutralität verpflichteten staatlichen Behörde ist es also verwehrt, eine Austrittserklärung, die mit innerkirchlich bedeutsamen Zusätzen versehen ist, entgegenzunehmen. Daher sind Hinzufügungen, in denen zum Ausdruck gebracht wird, dass sich der Austritt nur auf die Zugehörigkeit zur Kirche in ihrer Eigenschaft als kirchensteuerberechtigter öfftl.- rechtlicher Körperschaft, nicht hingegen auf die Zugehörigkeit zur Kirche als Glaubensgemeinschaft beziehe, unzulässig, auch Staatskirchenrecht.
Der Austritt aus der Kirche ist im kath. und wohl auch im evang. Kirchenrecht nicht vorgesehen, da die Mitgliedschaft in der Kirche durch die Taufe erworben wird und nicht erlöschen kann. Hingegen sehen die staatlichen Gesetze einen K. vor, mit dem die Verpflichtungen staatlichen Rechts, die sich aus der Mitgliedschaft ergeben, gelöst werden können, so z. B. die Kirchensteuerpflicht (Kirchensteuer). Kirchenrechtlich hat der K. keine Auswirkungen auf die Mitgliedschaft. Der K. ist in den Landesgesetzen geregelt (so z. B. in Art. 3 IV Bayer. KirchensteuerG v. 21. 11. 1994, GVBl. 1026, m. Änd., oder §§ 1 ff. KirchenaustrittsG NRW v. 26. 5. 1981, GV NW 260, m. Änd.). Der Austritt bedarf zu seiner öffentlich-rechtlichen Wirksamkeit der Erklärung zu Protokoll, i. d. R. auf dem Standesamt (so in Bayern und Niedersachsen, vgl. dort G v. 4. 7. 1973, GVBl. 221, m. Änd.) oder dem Amtsgericht (Nordrhein-Westfalen). Er wird von diesem der betroffenen Religionsgemeinschaft und dem Finanzamt mitgeteilt. Kinder über 14 Jahre können über ihre Zugehörigkeit zu einer Religionsgesellschaft, also auch über den Austritt, selbst entscheiden; ab Vollendung des 12. Lebensjahres bedarf die Austrittserklärung durch den Erziehungsberechtigten der Zustimmung des Kindes (§ 5 G über die religiöse Kindererziehung vom 15. 7. 1921, BGBl. 929). Im Gegensatz zum Austritt ist der Übertritt zu einer anderen Kirche nicht durch Formvorschriften der Landesgesetze geregelt, seine Anerkennung durch den Staat deshalb nicht von einer Erklärung vor einer Behörde abhängig. Str. ist, inwieweit die Erklärung des Austritts aus einer Kirche als kirchensteuerberechtigter öffentl.-rechtl. Körperschaft wirksam ist, wenn der Erklärende seine Zugehörigkeit zur Kirche als Glaubensgemeinschaft vom K. ausdrücklich ausnimmt (sog. „modifizierter K.“; vgl. dazu OLG Oldenburg NJW 1970, 713; OVG Hamburg NJW 1975, 1900 m. Anm.; BayVGH DVBl. 1976, 908); die Frage bestimmt sich nach staatlichem Recht und wird überwiegend verneint. Eine gesetzl. Regelung darf die Wirksamkeit einer Erklärung über den K. davon abhängig machen, dass die Erklärung keinerlei Zusätze enthält (BVerwG BayVerwBl. 1979, 376). So sieht das K.sgesetz von NRW vom 26. 5. 1981 (GVBl. 260) vor, dass die Austrittserklärung keine Vorbehalte, Bedingungen oder Zusätze enthalten darf (§ 3 IV).
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