Kommunalverfassungsstreit

verwaltungsgerichtlicher Organstreit uni Zuständigkeiten nach der Kommunalverfassung. Dogmatisch handelt es sich um einen In-sich-Prozess, weil der Streit innerhalb einer juristischen Person stattfindet. Streiten zwei Organe miteinander - z.B. Gemeinderat gegen Bürgermeister -, so spricht man auch von einem Interorganstreit; streitet ein Organteil mit dem Organ, dem es angehört - z.B. ein Ratsmitglied gegen den Gemeinderat -, so spricht man auch von einem Intraorganstreit.
Klageart: Der Kommunalverfassungsstreit ist nach heute h. M. keine eigene Klageart. Der Begriff kennzeichnet nur die vorgenannte Prozesssituation, die mit den von der VwG() zur Verfügung gestellten Klagearten gelöst werden kann. Dabei scheiden die Anfechtungs-, Verpflichtungs- oder Fortsetzungsfeststellungsklage regelmäßig aus, weil die angegriffenen Maßnahmen mangels Außenwirkung in der Regel keine Verwaltungsakte sind. In diesem Zusammenhang wird zuweilen für die Aufhebung von Maßnahmen, die keine Verwaltungsakte sind - z.B. der Ausschluss eines Ratsmitgheds wegen angeblicher Befangenheit durch Beschluss des Gemeinderats -, unter Hinweis auf den Wortlaut von § 43 Abs. 2 VwG() eine allgemeine Gestaltungsklage (auch Aufhebungsklage oder „Quasi-Anfechtungsklage”) anerkannt. Diese Ansicht hat sich aber nicht allgemein durchsetzen können. Sie begegnet formellen Bedenken, weil aufgehoben werden nur kann, was an sich Bestand hat. Beschlüsse des Gemeinderats sind jedoch - anders als z.B. Verwaltungsakte - im Falle ihrer Rechtswidrigkeit nichtig und damit einer Aufhebung nicht mehr zugänglich. Als Klagearten kommen deshalb regelmäßig nur die Leistungsklage oder die allgemeine Feststellungsklage (§ 43 Abs. I VwGO) in Betracht. Die Leistungsklage ist die richtige Klageart, wenn der Kläger eine Handlung, Duldung oder Unterlassung begehrt (z. B. Klage eines Ratsmitgliedes auf Anordnung eines Rauchverbotes in den Sitzungen des Gemeinderats, Klage des Gemeinderats gegen den Bürgermeister auf Gewährung von Akteneinsicht). Die allgemeine Feststellungsklage ist die richtige Klageart, wenn es dem Kläger insbesondere um die Klärung der Frage geht, dass der Klagegegner zur Vornahme einer Handlung nicht berechtigt war (z. B.: Klage eines Ratsmitgliedes gegen seinen Ausschluss wegen angeblicher Befangenheit durch Beschluss des Gemeinderats).
Klagebefugnis: Nach ganz h. M. muss im Kommunalverfassungsstreit - unabhängig von der Klageart und einem etwaig erforderlichen Feststellungsinteresse gem. § 43 Abs. 1 VwGO - eine Klagebefugnis analog § 42 Abs. 2 VwG() gegeben sein, weil der Kommunalverfassungsstreit kein der allgemeinen Rechtmäßigkeitskontrolle dienendes objektives Beanstandungsverfahren ist. Dabei kann der Kläger allerdings keine subjektiven Rechte geltend machen, weil solche Rechte nur im Verhältnis Bürger - Staat, nicht aber im Rahmen von Innenrechtsbeziehungen bestehen. Der Kläger muss vielmehr geltend machen, dass er durch eine bestimmte Maßnahme oder Unterlassung des Klagegegners in seinen ihm nach dem Kommunalverfassungsrecht zustehenden Kompetenzen verletzt worden ist. Solche auch als „wehrhafte Innenrechtspositionen” bezeichneten Kompetenzen sind neben den allgemeinen Zuständigkeitsvorschriften z. B. die Mitgliedschaftsrechte des Ratsmitglieds, nämlich das Recht auf
Teilnahme an Sitzungen, Beratungen, Abstimmungen, das Rederecht und das Recht auf ungestörte Ausübung des Amtes.
Sachlich richtiger Klagegegner im Kommunalverfassungsstreit ist das Organ bzw. der Organteil, dessen Handlung oder Unterlassung gerügt wird.
Die Beteiligtenfähigkeit richtet sich nicht nach § 61
Nr. 1 oder Nr. 3 VwGO, weil diese Vorschriften auf Streitigkeiten zwischen Bürger und Staat, nicht aber
auf Organstreitigkeiten innerhalb einer juristischen
Person zugeschnitten sind. Vielmehr ist bei Kollegialorganen („Mehrpersonen-Organen”) § 61 Nr.2
VwG() direkt, bei „Ein-Personen-Organen” bzw. „Ein-Personen-Organteilen” § 61 Nr.2 VwGO analog anzuwenden.




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