Quotenvorrecht

Wird jemand von einem Dritten schuldhaft verletzt und erlangt der Verletzte von der Sozialversicherung Ersatz des Schadens, so geht nach § 1542 RVO der Schadensersatzanspruch des Verletzten gegen den schädigenden Dritten kraft Gesetzes auf den Sozialversicherungsträger über. Trifft den Verletzten ein eigenes Mitverschulden, so hat er nur Anspruch auf Ersatz eines Teils des Schadens. Auch dieser Teilanspruch fällt unter den Forderungsübergang des § 1542 RVO, und zwar mit Vorrang vor dem etwa dem Verletzten verbliebenen Restanspruch. Hier spricht man vom Q. oder Quotenvorbehalt des Sozialversicherungsträgers.

ist das Recht des Versicherungsnehmers, dessen Schaden durch die Versicherungsleistung nicht völlig gedeckt ist, einen sonstigen Schadensersatzanspruch gegen Dritte vorrangig zur vollen Deckung seines Schadens zu beanspruchen (Differenztheorie). Nur der nach Befriedigung des Versicherungsnehmers noch verbleibende Teil dieser Schadensersatzforderung geht kraft Gesetzes (§ 67 I VVG) auf den Versicherer ü- ber (vgl. § 1161 SGB). Lit.: Mössinger, R., Das Quotenvorrecht der Sozialversicherungsträger, 1974

Zahlt der Versicherer in der Schadenversicherung dem Versicherungsnehmer die Entschädigungssumme als Versicherungsleistung aus,
so geht nach § 86 Abs. 1 VVG der Anspruch des Versicherungsnehmers gegen einen ersatzpflichtigen Dritten auf den Versicherer über. Das in § 86 Abs. 1 S. 2
VVG geregelte Quotenvorrecht schützt dabei den Versicherungsnehmer, indem es bestimmt, dass dieser Forderungsübergang nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers geltend gemacht werden kann. Dies bedeutet in der praktischen Auswirkung, dass in Bezug auf alle kongruenten Schadenspositionen des unmittelbaren Sachschadens an der versicherten Sache der Versicherungsnehmer bis zur Differenz zwischen Versicherungsleistung und Schaden forderungsberechtigt bleibt (Differenztheorie). Kongruenz meint dabei die inhaltliche Gleichheit im Sinne einer sachlichen Kongruenz, dergestalt, dass die Versicherungsleistung dem gleichen Zweck dient, wie der Schadenersatzanspruch gegen den Schädiger. Dies darf nicht zu der Fehlannahme verleiten, die kongruenten Schadenersatzpositionen wären gleichbedeutend mit dem Umfang der Versicherungsleistung. Der kongruente Schaden geht weiter als die Eintrittspflicht bspw. des Kaskoversicherers.
In Höhe der dem Versicherungsnehmer verbleibenden Ansprüche nach der Differenztheorie kann er selbst die Haftungsansprüche gegenüber dem Ersatzpflichtigen geltend machen und wird dabei in seiner Anspruchsberechtigung nur durch die Haftungsquote des Unfallgegners als Obergrenze beschränkt.
Hauptanwendungsfall des Quotenvorrechts ist das Verkehrsunfallrecht. Bei der Abwicklung eines Unfallschadens, für den der Versicherungsnehmer mithaftet, bei dem er also nur einen quotenmäßigen Ersatzanspruch gegenüber dem Unfallgegner hat, kann er ins Fall einer bestehenden Vollkaskoversicherung je nach Haftungsquote noch vollständigen Ersatz seines Schadens erhalten. In der Kfz-Kaskoversicherung sind die Reparaturkosten bzw. bei Totalschaden der Wiederbeschaffungswert, die Abschleppkosten, die Sachverständigenkosten, der merkantile Minderwert und die Selbstbeteiligung kongruente Sachschäden. Hingegen sind Mietwagenkosten, Kostenpauschale, Fahrtauslagen oder bpsw. eventuelle Verschrottungskosten keine kongruenten Schadenspositionen, sondern nichtkongruente Sachfolgeschäden. Diese werden vom Forderungsübergang nicht erfasst und sind vom Unfallgegner nach der Haftungsquote zu regulieren.
Abrechnungsbeispiel:
Der Versicherungsnehmer trägt bei einem Unfall 50% Mitschuld. Die Reparaturkosten belaufen sich auf 3.000,— C, es verbleibt ein Minderwert von 500,— C, es fallen 200,— € Abschlepp- und 400,— € Sachverständigenkosten an. Der Versicherungsnehmer macht noch 25,— € Kostenpauschale und 300,— € Mietwagenkosten geltend. Hieraus ergibt sich ein Gesamtschaden von 4.425,—€. Bei einer Abrechnung nur über den Haftpflichtversicherer des Unfallgegners erhält der Versicherungsnehmer 2.212,50 € an Schadenersatz. Erfolgt die Abrechnung unter Einschaltung des Kaskoversicherers und zutreffender Anwendung des Quotenvorrechts, sieht das Ergebnis bei einer Selbstbeteiligung von 300,— € wie folgt aus:
Die quotenbevorrichtigten Positionen kann er bis zur Grenze der Haftungsquote von 2.212,50 € in voller Höhe geltend machen, die übrigen nach einer Quote von 50%:
Somit erhält der Versicherungsnehmer nach dem Quotenvorrecht fast vollständigen Schadenersatz trotz einer Mithaftung von 50%.

von Kasko von Gegner
quotenbevorrechtigt:
„Reparaturkosten: 2.700,00
€ 300,00
€ SB
„Wertminderung:
500,00

„Sachverständiger
400,00

„Abschleppkosten
200,00

nach Haftungsquote zu 50%:
1.400,00

„Mietwagen
150,00

„Kostenpauschale
12,50


162,50

Summe zusammen: 2.700,00
€ 1.562,50

Gesamtsumme Ersatzleistung:
4.262,50

Das Quotenvorrecht gilt in allen Schadenversicherungen, so also z. B. auch in der Rechtsschutzversicherung, wie sich aus der Stellung des § 86 VVG im „allgemeinen Teil der Vorschriften für die Schadenversicherung ergibt. Danach erhält der Versicherungsnehmer bei sachgerechter Anwendung des Quotenvorrechts z. B. seine Selbstbeteiligung zurück, wenn nach einem Prozess der Gegner anteilig Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat. Der Rechtsschutzversicherer hat dann nur Anspruch auf Rückerstattung der anteilig vom Prozessgegner gezahlten Kosten des Rechtsstreits, soweit diese eine gezahlte Selbstbeteiligung oder Reisekosten bei angeordnetem persönlichen Erscheinen der Partei übersteigen. Diese beiden Positionen sind in der Rechtsschutzversicherung quotenbevorrechtigt. Hier ist also der Rechtsanwalt gefordert und in einer gefährlichen Haftungsfalle, da diese Auswirkung des Quotenvorrechts in der Praxis leider häufig übersehen wird!
Ein Quotenvorrecht findet sich bspw auch in § 116 SGB X beim Forderungsübergang auf den Sozialversicherungsträger oder nach § 6 Abs. 3 EFZG zugunsten des Arbeitnehmers oder auch nach § 87a BBG (Bundesbeamtengesetz) für den Beamten.

Vorteilsausgleichung.




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