Rechtsschutzversicherung
Mit einer Rechtsschutzversicherung sichert man sich gegen Kosten in Streitfällen, d. h. vor allem gegen Gerichts- und Anwaltsgebühren. Es gibt Vollrechtsschutzversicherungen, die zahlreiche Risiken abdecken, und Rechtsschutzversicherungen für eine ganze Reihe von Teilbereichen. Als Faustregel kann man sich merken, dass Probleme, mit denen man sich schon vor dem Vertragsabschluss auseinander setzt, in der Regel nicht versichert sind.
Gegenstand der Versicherung
In den Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung (ARB) ist festgelegt, dass man u. a. für folgende Sachgebiete einen Vertrag abschließen kann:
* Verkehrsrechtsschutz
* Vertragsrechtsschutz
* Privatrechtsschutz für Selbstständige bzw. nicht Selbstständige
* Berufsrechtsschutz für Selbstständige, Firmen, Vereine und nicht Selbstständige
* Rechtsschutz für Mieter und Grundstücks- bzw. Wohnungseigentümer
* Steuerrechtsschutz
* Strafrechtsschutz
Selbstverständlich ist es möglich, sich für mehrere Bereiche gleichzeitig zu versichern.
Vertragsbedingungen
Der Versicherungsnehmer sollte darauf achten, welche Konditionen für seinen Vertrag gelten. So sehen die ARB von 1994 gegenüber denen von 1975 diverse Änderungen vor. Z.B. entfiel bei Familien- und Erbangelegenheiten die Beschränkung des Beratungsrechtsschutzes auf die deutsche Gesetzgebung.
Außerdem empfiehlt es sich, genau den Katalog der rechtlichen Interessen durchzulesen, für die prinzipiell keine Haftung besteht. In den ARB 94 gehören beispielsweise dazu:
* Ansprüche, die sich durch Kriege und innere Unruhen ergeben
* Ersatzforderungen nach Bergbauschäden
* Beanstandungen nach dem Erwerb oder Verkauf eines zu Bauzwecken bestimmten Grundstücks
* die Abwehr von Schadenersatzforderungen
* Ansprüche im Zusammenhang mit kollektivem Arbeits- oder Dienstrecht, dem Recht der Handelsgesellschaften oder mit Patenten, Urheber- und Warenzeichenrechten
* Forderungen aus Spiel- oder Wettverträgen
ARB 75, 94
Deckungszusage
Wer einem Anwalt einen Fall überträgt, muss ihm in der Regel zunächst Auskunft erteilen, ob er Mitglied einer Rechtsschutzversicherung ist. Häufig soll er die gesamten Vertragsunterlagen einschließlich der ARB vorlegen. Sobald klar ist, dass das Anliegen des Auftraggebers in den Schutzbereich fällt, wird der Anwalt der Versicherung die Angelegenheit präzise darlegen und anfragen, ob sie die Kosten für seine Tätigkeit erstattet.
Die Rechtsschutzversicherung prüft nun, ob die Wartezeit bis zum Eintritt der Rechtsschutzversicherung abgelaufen ist. Außer bei Strafsachen muss man nämlich nach Abschluss der Versicherung grundsätzlich eine Wartezeit von drei Monaten einhalten. Das bedeutet, auch das schadensauslösende Ereignis darf erst nach Ablauf dieser Frist eingetreten sein. Bei manchen Verträgen kann man die Wartezeit allerdings ausschließen.
Meint die Versicherung, der Fall habe Aussicht auf Erfolg, dann gibt sie dem Anwalt eine Deckungszusage und er kann mit der Arbeit beginnen. Für die routinemäßige Einholung der Deckung erheben Anwälte keine Gebühren, wohl aber für längere Auseinandersetzungen mit dem Versicherer. Der Mandant sollte diesen Kostenfaktor in der Kanzlei daher gleich ansprechen.
Deckungsklage
Erhält der Versicherungsnehmer oder sein Anwalt eine schriftliche Deckungsablehnung mit einer Rechtsmittelbelehrung, muss innerhalb von sechs Monaten ab Zugang eine Deckungsklage erfolgen. Danach ist die Entscheidung endgültig.
Daneben kann der Versicherte auch binnen eines Monats nach Erhalt des Briefs ein Schiedsverfahren der Rechtsschutzversicherung in Gang setzen. Diese muss sich ebenfalls an eine einmonatige Frist zur Einleitung des Verfahrens halten und trägt die Kosten, wenn der Gutachter feststellt, dass die Leistungsverweigerung ganz oder teilweise unberechtigt war. Gibt er der Versicherung Recht, dann muss der Versicherungsnehmer die Schiedstätigkeit bezahlen. Auch nach diesem Vorgang kann innerhalb von sechs Monaten eine Deckungsklage erfolgen. Die Frist beginnt hier mit der Zustellung des Schiedsgutachtens an den Versicherungsnehmer.
Bevor ein Anwalt eine Deckungsklage im Namen des Versicherungsnehmers einreicht, wird er wohl immer versuchen, bei der Versicherungsgesellschaft eine Kulanzregelung zu erwirken. Vor allem bei langjährigen Vertragsverhältnissen sollte eine Einigung möglich sein.
Falls die Bemühungen scheitern, richtet sich die örtliche Zuständigkeit des Gerichts nach dem Sitz des Versicherungsunternehmens oder der Niederlassung, die mit dem Fall befasst ist. Es können also durchaus verschiedene Gerichtsstände in Betracht kommen.
Beratungsrechtsschutz
In Familien- und Erbrechtssachen sowie in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit fällt nur die Beratung durch einen Rechtsanwalt unter den Versicherungsschutz, d. h., das Mandat muss sich damit vollständig erledigen. Schließt sich eine Geschäftstätigkeit des Anwalts an das Gespräch an, so kann er dieses nicht mehr mit der Rechtsschutzversicherung abrechnen. Vielmehr entfällt die Deckung dann insgesamt.
Kostenabwicklung
Nach der Deckungszusage darf der Anwalt von der Rechtsschutzversicherung einen Kostenvorschuss einfordern. In aller Regel wird er zumindest einen Teil der Gerichtskosten in Rechnung stellen, die er zu verauslagen hat. Er erwirbt aber keinerlei eigenen Anspruch gegen die Versicherungsgesellschaft, denn es handelt sich bei diesem Vorgang lediglich um eine verkürzte Abwicklung. Grundsätzlich muss er seine Rechnung dem Mandanten übermitteln, der dann entsprechende Erstattungsansprüche gegenüber der Versicherung besitzt.
Laufzeit des Vertrags
Der Versicherungsschutz beginnt zu dem im Versicherungsschein genannten Zeitpunkt, wenn die Zahlung des Erstbeitrags spätestens zwei Wochen nach der Anforderung erfolgt. Die Vertragsdauer kann man ebenfalls dem Versicherungsschein entnehmen. Einen Vertrag über mehr als fünf Jahre kann der Versicherte zum Ende des fünften Jahres oder jedes folgenden Jahres kündigen, und zwar unter Einhaltung einer Frist von drei Monaten. Ein Vertragsverhältnis von mindestens einem Jahr verlängert sich stillschweigend um ein weiteres Jahr, soweit der Versicherer nicht spätestens zwei Monate vor Ablauf eine Kündigung erhält.
Daneben hat der Versicherte ein Recht auf außerordentliche Kündigung, die er entweder fristlos oder zum Ende der laufenden Versicherungsperiode erklären kann. Sie kommt besonders dann in Betracht, wenn der Versicherer den Rechtsschutz ablehnt, obwohl er zur Leistung verpflichtet wäre. Der Versicherungsnehmer muss sie unbedingt innerhalb eines Monats nach Zugang der Ablehnung einreichen.
Wenn das Versicherungsunternehmen für wenigstens zwei Fälle, die innerhalb von zwölf Monaten eintreten, Rechtsschutz gewährt, können beide Parteien den Vertrag binnen eines Monats nach Anerkennung der Leistungspflicht für den zweiten oder jeden weiteren Rechtsschutzfall zum Ablauf des Folgemonats kündigen.
Gemäß den ARB 94 verjährt der Ersatzanspruch erst zwei Jahre nach Eintritt eines Rechtsschutzfalls. Unter Umständen ist eine Versicherungsgesellschaft deshalb auch nach Vertragsbeendigung zur Kostendeckung für einen Fall verpflichtet.
Ablehnung der Deckung
Wenn die Rechtsschutzversicherung die Kostendeckung verneint, wird sie ihre Entscheidung meist erklären. Hier die häufigsten Ablehnungsgründe:
* Das Risiko ist nicht versichert, beispielsweise wenn jemand seinem Anwalt eine Mietsache übergeben hat, jedoch nur über einen Vertrag für Verkehrsrechtsschutz verfügt. Der Sachverhalt muss also in die versicherte Sparte passen. Bei Zweifeln trägt der Versicherte die Beweislast.
* Die Wartefrist läuft noch, d. h., der Versicherungsfall ist innerhalb der ersten drei Monate nach Vertragsschluss eingetreten.
* Der Versicherungsnehmer hat die Prämie nicht bezahlt. Die Erstprämie muss innerhalb von zwei
Wochen nach Vorlage oder Übersendung des Versicherungsscheins bezahlt werden. Ansonsten tritt die vorläufige Deckung aus dem Versicherungsvertrag rückwirkend außer Kraft. Was die Folgebeiträge angeht, so fordert das Versicherungsunternehmen den Vertragspartner regelmäßig zur Zahlung auf. Reagiert er nicht, dann erhält er einen Hinweis darauf, dass der Versicherer bei Nichtzahlung innerhalb einer Frist von mindestens zwei Wochen von der Leistung frei ist, wenn nach Ablauf der Zeitspanne ein Versicherungsfall eintreten sollte.
* Die Einschaltung eines Anwalts oder Gerichts erscheint wegen mangelnder Erfolgsaussichten ungerechtfertigt. Die Versicherung muss dem Versicherten diese Entscheidung innerhalb von zwei bis drei Wochen mitteilen, nachdem sie von ihm bzw. seinem Anwalt eine Stellungnahme erhalten hat.
Versäumt sie die Frist, dann kann sie sich nicht mehr auf fehlende Erfolgschancen berufen.
Soweit der Versicherungsnehmer mit der Begründung nicht einverstanden ist, kann er seinen Anwalt auf Kosten der Rechtsschutzversicherung eine neue Erfolgsprognose abgeben lassen. Dessen Bewertung ist dann für beide Seiten bindend, es sei denn, sie weicht eindeutig ganz erheblich von der Sach- und Rechtslage ab.
Bei Ordnungswidrigkeiten und Straftaten findet in den Tatsacheninstanzen in der Regel keine Erfolgsprüfung statt. Wenn die Rechtsschutzversicherung den Anwalt diesbezüglich zu einer Stellungnahme, dem so genannten Stichentscheid, auffordert, beurteilt dieser ähnlich wie ein Gutachter die Rechtslage und würdigt dabei besonders die Beweissituation. Dafür erhält er eine gesonderte Vergütung vom Versicherer.
Eine freiwillig abzuschließende Versicherung, die dem bei ihr Versicherten die Kosten eines von ihm zu führenden Prozesses vorschießt und erstattet, wenn er ihn verliert. Sie behält sich dabei eine Prüfung der Aussichten des Prozesses vor und benennt dem Versicherten auch Rechtsanwälte.
Durch den Abschluss einer R. schützt sich der Versicherte gegen das Risiko, bei Prozessen im Falle seiner Niederlage die (unter Umständen einschneidend hohen) Prozesskosten tragen zu müssen, sei es, dass gegen ihn ein zivil- oder verwaltungsrechtlicher Anspruch erhoben wird oder er einen solchen gegen einen anderen erhebt, sei es, dass er strafrechtlich verfolgt wird. Je nach Vertragsinhalt werden ihm sämtliche entstandenen Kosten (gerichtliche und aussergerichtliche) oder ein Teil der Kosten erstattet. Häufig ist mit der R. auch die Möglichkeit verbunden, einfache Rechtsberatung in Anspruch zu nehmen. Versicherungsvertrag.
Im Arbeitsrecht:
Sofern sie den Arbeitsrechtsschutz umfassen, übernehmen sie die Prozesskosten (Schaub NZA 89, 865).
(§§ 1581f. VVG) ist die Privatversicherung für den gerichtlichen Streitfall. Bei ihr übernimmt der Versicherer unter bestimmten Bedingungen Verfahrenskosten des Versicherungsnehmers. Dies könnte die Klagebereitschaft fördern. Lit.: Harbauer, W., Rechtsschutz Versicherung, 7. A. 2004; Böhme, W., Allgemeine Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung, H.A. 2000; Bauer, G., Rechtsentwicklung bei den allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung, NJW 2006, 1484; Cornelius-Winkler, J., Rechtsschutzversicherung, 2004; Hering, M., Rechtsschutzversicherung, 2006; Bühren, H. van/Plote, //., ARB Rechtsschutzversicherung, 2007
Die R. ist - anders als die Haftpflichtversicherung - eine reine Kostenversicherung. Durch sie werden - je nach Umfang - die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten, die durch die Beratung des Versicherten und die Geltendmachung eines eigenen Anspruchs oder die Verteidigung gegenüber einem von einem Dritten erhobenen Anspruch (ohne Rücksicht auf dessen Begründetheit) entstehen, sowie die Kosten einer mit dem Versicherungsfall zusammenhängenden Strafverteidigung abgedeckt. Zwingende Vorschriften (z. B. über die freie Wahl eines Rechtsanwalts) enthalten §§ 125 ff. VVG. Schadensversicherung, Versicherungsvertrag.
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