Sicherungsverwahrung

Gegen Straftäter, die mindestens zweimal zu längeren Freiheitsstrafen verurteilt worden sind und die als «für die Allgemeinheit gefährlich» angesehen werden müssen (§66 StGB), also gegen sogenannte Gewohnheitsverbrecher, kann das m Strafgericht Sicherungsverwahrung anordnen. Sie beginnt nach Verbüßung der neu verhängten (dritten) Freiheitsstrafe und darf beim erstenmal nicht länger als zehn Jahre dauern (§67d StGB). Ihr Vollzug ist jetzt in den §§ 129 ff des Strafvollzugsgesetzes aus dem Jahre 1976 geregelt.

Das Gericht ordnet bei Verurteilung wegen einer vorsätzlichen Straftat zu zeitiger Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren neben der Strafe die S. an, wenn der Täter schon zweimal zu mindestens einjähriger Freiheitsstrafe wegen vorsätzlicher und vor der neuen Straftat begangener Taten verurteilt worden ist, wenn er vor der neuen Tat mindestens zwei Jahre Freiheitsstrafe oder freiheitsentziehende Massregel der Sicherung und Besserung verbüsst hat, und wenn er für die Allgemeinheit gefährlich ist (§ 42e StGB). Bei Allgemeingefährlichkeit, die nur bei einem Hang zu schwerwiegenden Straftaten vorliegt, kann die S. auch ohne frühere Verurteilung und ohne vorangegangenen Freiheitsentzug verhängt werden, wenn der Täter drei vorsätzliche Straftaten begangen hat, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens 1 Jahr verwirkt hat, und wenn er wegen einer oder mehrerer Taten zu zeitiger Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt wird.

(§ 66 StGB) ist eine freiheitsentziehende Massregel der Besserung u. Sicherung zum Schutz der Allgemeinheit vor besonders gefährlichen Straftätern (Hangtäter).

(§ 66 StGB) ist der auch nachträglich mögliche Entzug der Freiheit zum Zweck der Sicherung der Allgemeinheit gegen besonders gefährliche Täter. Die S. ist eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung. Sie erfordert beispielsweise Verurteilung wegen vorsätzlicher Tat zu zeitiger Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren, zweimalige rechtskräftige Vorverurteilung, entweder Verbüßung von 2 Jahren Freiheitsstrafe oder Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel sowie Gefährlichkeit für die Allgemeinheit infolge eines Hanges zu erheblichen Straftaten. Die erste Unterbringung in S. darf zehn Jahre nicht überschreiten (§ 67 d StGB). Lit.: Harbou, A. v., Das neue Recht der Sicherungsverwahrung, Diss. jur. Kiel 1999; Kinzig, J., Das Gesetz zur Einführung der vorbehaltenen Sicherungsverwahrung, NJW 2002, 3204; Poseck, R., Das Gesetz zur Einführung der nachträglichen Sicherungsverwahrung, NJW 2004, 2559; Peglau, J., Die nachträgliche Sicherungsverwahrung, NJW 2004, 3599

Maßregel der Besserung und Sicherung, die zeitlich unbegrenzt sein kann (§ 67 d Abs. 3 StGB) und in erster Linie dem Schutz der Allgemeinheit vor gefährlichen Hangtätern dient. Die heutige Regelung der Sicherungsverwahrung beruht auf dein am 12.7. 2008 in Kraft getretenen Gesetz zur Einführung der nachträglichen Sicherungsverwahrung bei Verurteilung nach Jugendstrafrecht. Nach dein Urt. des BVerfG vom 5.2. 2004 (2BvR 2029/01) verstößt die Sicherungsverwahrung nicht gegen die Verfassung. Für Maßregeln der Besserung gilt auch das absolute Rückwirkungsverbot aus Art.103 Abs. 2 GG nicht.
§ 66 StGB i. V. in. § 62 StGB unterscheidet hinsichtlich der Anordnungsvoraussetzungen drei Tätergruppen:
1) Täter mit mehreren Vorstrafen (§66 Abs. 1 StGB):
a) zweimalige rechtskräftige Vorverurteilung zu (Gesaint-)Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr (Nr.1);
b) wegen einer oder mehrerer dieser früheren Taten muss der Verurteilte mindestens zwei Jahre Freiheitsstrafe verbüßt haben oder sich für die gleiche Zeit im Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel befunden haben (Nr. 2);
c) die Anknüpfungstat für die zu verhängende Sicherungsverwahrung muss nach den Vortaten, nach Rechtskraft ihrer Aburteilung und nach Ablauf des bezeichneten Verbüßungszeitraums begangen worden sein (str.);
d) eine Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten muss ergeben, dass er einen Hang zu erheblichen Straftaten besitzt und deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist (Nr. 3); ein Hang i. d. S. liegt vor, wenn jemand dauernd zu Straftaten entschlossen ist oder bei sich bietender Gelegenheit aufgrund einer fest eingewurzelten Neigung immer wieder straffällig wird. Erhebliche Straftaten sind namentlich solche mit schweren körperlichen, seelischen oder wirtschaftlichen Schadensfolgen;
e) Verhältnismäßigkeit (§ 62 StGB) d. h., es darf keine weniger belastende Maßnahme mit dem gleichen
Sicherungseffekt infrage kommen, z. B. Führungsaufsicht.
Folge: Die Anordnung der Sicherungsverwahrung ist für das Gericht obligatorisch.
2) Täter mit mehreren Vortaten (§66 Abs. 2 StGB) — subsidiär gegenüber Abs. 1:
a) drei vorsätzliche Straftaten, durch die der Täter jeweils Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verwirkt hat;
b) Anknüpfungstat für die Anordnung der Sicherungsverwahrung muss zumindest eine der genannten Vortaten sein, und das Gericht muss deswegen zu mindestens drei Jahren Freiheitsstrafe verurteilen;
c) Gesamtwürdigung der Taten und des Täters müssen den Hang des Täters zu erheblichen Straftaten und hieraus dessen Gefährlichkeit für die Allgemeinheit ergeben;
d) Verhältnismäßigkeit der Maßnahme (§ 62 StGB). Folge: Fakultative Anordnung der Sicherungsverwahrung nach Ermessen des Gerichts.
3) Täter eines Verbrechens oder Sexual-- oder Körperverletzungsdelikts (§ 66 Abs. 3 StGB):
a) Anlasstat für die Anordnung muss ein Verbrechen oder eine Katalogtat zum Schutz der sexuellen
Selbstbestimmung oder der körperlichen Unversehrtheit oder des Vollrausches mit einer der vorgenannten Delikte als Rauschtaten zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren sein.
b) Liegt eine Vorverurteilung vor, so
— muss es um eine solche vor Begehung der jetzigen Anlasstat gehen,
— Gegenstand des früheren Schuldspruchs muss eine der genannten Straftaten gewesen sein,
— diese muss zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren geführt haben und
— der Verurteilte muss deswegen mindestens zwei Jahre Freiheitsstrafe verbüßt haben.
c) Liegt keine Vorverurteilung vor, so
— müssen zwei der oben genannten Straftaten begangen worden sein,
— durch die der Täter jeweils Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verwirkt hat und
— Anknüpfungstat muss zumindest eine dieser Straftaten sein.
d) Gesamtwürdigung der Taten und des Täters müssen den Hang des Täters zu erheblichen Straftaten und hieraus dessen Gefährlichkeit für die Allgemeinheit ergeben.
e) Verhältnismäßigkeit der Maßnahme (§ 62 StGB). Folge: Fakultative Anordnung der Sicherungsverwahrung nach Ermessen des Gerichts.
Der Vollzug der Sicherungsverwahrung erfolgt nach Verbüßung der Freiheitsstrafe. Nach § 67 c Abs. 1 S. 1 StGB muss das Vollstreckungsgericht vor dem Ende des Strafvollzugs prüfen, ob eine günstige Täterprognose vorliegt, die eine Aussetzung der Vollstreckung der Sicherungsverwahrung ermöglicht. Nach Beginn der Unterbringung wird im Abstand von höchstens zwei Jahren (§ 67 e Abs. 2 StGB) untersucht, ob der Vollzug der Sicherungsverwahrung zur Bewährung ausgesetzt werden kann.
Nach zehn Jahren Unterbringung in der Sicherungsverwahrung erklärt das Gericht die Maßnahme für erledigt, es sei denn, es besteht ausnahmsweise die Gefahr weiterer erheblicher Hangtaten. Mit der Erledigung tritt Führungsaufsicht ein (§ 67 d Abs. 3 StGB). Wird die Erledigung innerhalb von 10 Jahren noch nicht ausgesprochen, ist wieder im 2-Jahres-Rhythmus über die Fortdauer der Vollstreckung zu entscheiden. Sicherungsverwahrung unter Vorbehalt: Lässt sich zum Zeitpunkt der Verurteilung der Hang des Täters zur Begehung von Straftaten i. S. d. § 66 Abs. 1 Nr.3 StGB nicht mit hinreichender Sicherheit feststellen, so kann das Gericht nach § 66 a StGB die Anordnung der Sicherungsverwahrung im Urteil vorbehalten und muss dann spätestens sechs Monate vor dem möglichen Zeitpunkt der Strafrestaussetzung zur Bewährung endgültig über die Anordnung nach § 66 Abs. 3 StGB entscheiden.
Nachträgliche Sicherungsverwahrung: Ist die Sicherungsverwahrung im Urteil nicht vorbehalten und stellt sich während des Strafvollzugs oder der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus der Hang des Täters zu besonders gefährlichen Straftaten heraus, so kann seit Inkrafttreten des § 66b StGB am 29. 7. 2004 die Sicherungsverwahrung auch nachträglich durch das Gericht angeordnet werden.
Die Sicherungsverwahrung darf inzwischen auch gegen Heranwachsende im Urteil statt einer Strafe angeordnet oder neben einer Sanktion vorbehalten werden (§ 106 Abs.3, 4 JGG). Auch eine nachträgliche Anordnung ist neuerdings unter den Voraussetzungen des § 106 Abs. 6 JGG möglich. Selbst gegen Jugendliche ist gemäß § 7 Abs. 2 und 3 JGG die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung möglich.

Maßregeln der Besserung und Sicherung (3).




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