Unfallversicherung, private

Die private Unfallversicherung bietet dem Versicherungsnehmer weltweit Schutz bei Unfällen, solange sein Vertrag besteht. Sie ist eine freiwillige Versicherung und deckt im Gegensatz zur gesetzlichen Unfallversicherung Risiken im Privatleben ab. Damit dient sie nicht zuletzt der Absicherung des erreichten Lebensstandards.
Versicherungsfall und Leistungsausschluss
Unter einem Unfall versteht man in der privaten Unfallversicherung ein plötzlich von außen auf den Körper einer Person wirkendes Ereignis mit der Folge einer unfreiwilligen Gesundheitsschädigung. Unter den Unfallbegriff fallen hier z. B. auch Verrenkungen der Gelenke sowie Muskel-, Sehnen-, Bänder- und Kapselzerrungen oder -risse durch eine erhöhte Kraftanstrengung.

Für zahlreiche Fälle gilt jedoch ein Leistungsausschluss, insbesondere für
* Unfälle durch Geistes- oder Bewusstseinsstörungen, auch infolge von Trunkenheit, sowie Schäden durch Schlaganfälle, epileptische oder andere Krampfanfälle, die den ganzen Körper ergreifen,
* Unfälle bei der Durchführung oder dem Versuch einer Straftat,
* Unfälle, die mittel- oder unmittelbar durch Kriegs- oder Bürgerkriegsereignisse verursacht sind,
* Unfälle durch innere Unruhen, wenn der Versicherte sich aufseiten der Unruhestifter daran beteiligt hat,
* Unfälle, die mittel- oder unmittelbar durch Kernenergie hervorgerufen werden, und Gesundheitsschädigungen durch Strahleneinwirkung,
* Unfälle, die Passagieren, Führern und Besatzungsmitgliedern von Motor- und Segelflugzeugen widerfahren, sowie Unfälle beim Fallschirmspringen,
* Unfälle, die dem Versicherten als Fahrer, Beifahrer oder Insasse eines Motorfahrzeugs bei einem Rennen bzw. einer Übungsfahrt in Vorbereitung eines Rennens zustoßen,
* Gesundheitsschädigungen durch Heilmaßnahmen oder sonstige Eingriffe, die der Versicherte an seinem Körper vornimmt oder vornehmen lässt,
* Infektionen,
* Vergiftungen infolge Einnahme fester oder flüssiger Stoffe,
* Bauch- oder Unterleibsbrüche,
* Schädigung an Bandscheiben oder innere Blutungen,
* krankhafte Störungen aufgrund psychischer Reaktionen jedweder Ursache.

Für sämtliche hier genannten Sachverhalte gilt, dass der Versicherungsschutz trotz des Ausschlusses besteht, wenn die Störungen oder Anfälle durch ein Unfallereignis verursacht wurden, das vertraglich gedeckt ist. Die lange Liste mit Ausschlussgründen und die Ausnahmen führen natürlich in vielen Einzelfällen zu Unklarheiten. Versicherte müssen häufig juristischen Rat in Anspruch nehmen, wenn ihre Versicherungsgesellschaft die Ersatzleistungen versagt. Der Laie ist nicht in der Lage zu beurteilen, ob er eine solche Entscheidung hinzunehmen hat. Von daher gibt es zur Frage der Deckung in der privaten Unfallversicherung eine sehr umfangreiche Rechtsprechung.
Übergangsleistung
Das Versicherungsunternehmen gewährt eine Übergangsleistung, sofern beim Versicherten nach Ablauf von sechs Monaten seit einem Schadensereignis noch eine unfallbedingte Beeinträchtigung der körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit von mehr als 50% besteht, dabei keine Krankheiten oder Gebrechen mitwirken und die Beschwerden bis dahin ununterbrochen vorhanden waren. Der Betroffene hat diesen Anspruch spätestens sieben Monate nach dem Unfall unter Vorlage von Attesten anzumelden.
Invalidität
Sofern ein Unfall zu einer dauernden Beeinträchtigung der körperlichen oder geistigen Fähigkeiten führt, erkennt die Versicherung dies als Invalidität an. Der Versicherte hat dann Anspruch auf eine Kapitalleistung aus der Versicherungssumme, die er vertraglich für den Invaliditätsfall vereinbart hat. Wenn er zum Zeitpunkt des Unfalls das 65. Lebensjahr vollendet hat, erbringen die Versicherungsunternehmen die Leistung als Rente. Ansonsten bemessen sie ihre Zahlungen hei Invalidität bzw. Teilinvalidität nach der so genannten Gliedertaxe, d. h., die Höhe der Beträge richtet sich nach dem Grad der Gebrauchsunfähigkeit des verletzten Körperteils. So erhält der Versicherte bei Verlust eines Daumens 20% und bei Verlust oder Funktionsunfähigkeit eines Auges 50% der Versicherungssumme.
Die Versicherung zahlt nur, wenn die Invalidität innerhalb eines Jahres nach dem Unfall eingetreten ist. Der Versicherte muss seinen Zustand spätestens vor Ablauf einer weiteren Frist von drei Monaten ärztlich feststellen lassen und dann geltend machen.
z.B. § 14 AUB 88

Tagegeld
Das Tagegeld der Unfallversicherung soll eine unfallbedingte Minderung der Arbeitsfähigkeit und den dadurch entstehenden Verdienstausfall ausgleichen. Der Versicherte bekommt es für die Dauer der ärztlichen Behandlung, wobei die Versicherung aber höchstens für ein Jahr ab dem Unfalltag zur Zahlung verpflichtet ist. Deren Höhe richtet sich nach dem Grad der Beeinträchtigung; zudem wird dabei die Art der Beschäftigung des Geschädigten berücksichtigt. Die Kosten für ärztliche Atteste trägt in diesem Zusammenhang grundsätzlich das Versicherungsnternehmen.
Krankenhaustagegeld
Viele Versicherte entscheiden sich für eine gesonderte vertragliche Vereinbarung von Krankenhaustagegeld, das sie dann beziehen können, wenn sie wegen eines Unfalls eine medizinisch notwendige vollstationäre Heilbehandlung brauchen. Das Versicherungsunternehmen muss diese Leistung längstens für zwei Jahre ab dem Unfalltag erbringen. Bei Aufenthalten in Sanatorien, Erholungsheimen oder Kuranstalten besteht kein Anspruch auf Krankenhaustagegeld.
Genesungsgeld
Falls der Versicherungsvertrag Genesungsgeld vorsieht, entsteht der Anspruch auf diese Leistung mit der Entlassung des Versicherten aus dem Krankenhaus. Genesungsgeld wird in derselben Höhe und für dieselbe Anzahl von Kalendertagen wie das Krankenhaustagegeld gewährt, maximal aber für 100 Tage.

Die Auszahlung erfolgt in Abstufungen:
1.-10. Tag: 100%
11.-20. Tag: 50%
21.-100. Tag: 25%
Sollte sich der Versicherte wegen desselben Unfalls in einem Zeitraum von zwei Jahren mehrfach im Krankenhaus aufgehalten haben, so werden die Tage addiert, um die Zahlungsverpflichtung des Versicherers zu berechnen.
Todesfallentschädigung
Führt ein Unfall binnen eines Jahres zum Tod des Versicherten, dann haben die im Versicherungsvertrag begünstigten Personen einen Anspruch auf die für den Todesfall versicherte Summe. Das Ableben muss dem Versicherungsunternehmen innerhalb von 48 Stunden mitgeteilt werden, am besten telegrafisch. Diese Auflage ist unabhängig davon, ob bei der Polizei eine Unfallanzeige eingeht. Das Versicherungsunternehmen muss nämlich die Möglichkeit haben, gegebenenfalls einen Arzt mit der Obduktion des Leichnams zu beauftragen.
Obliegenheiten des Versicherungsnehmers
Der Versicherungsnehmer hat
u. a. folgende Obliegenheiten: Er ist verpflichtet, dem Versicherungsunternehmen unverzüglich jede Änderung seiner Berufstätigkeit anzuzeigen. Möglicherweise wird der Tarif neu angepasst.

Nach einem Unfall, dessentwegen er voraussichtlich Versicherungsleistungen beanspruchen wird, muss er umgehend einen Arzt konsultieren und den Versicherer unterrichten. Er hat sich um Minderung der Unfallfolgen zu bemühen und zu diesem Zweck die ärztlichen Anweisungen zu befolgen.

Die Unfallanzeige ist wahrheitsgemäß auszufüllen und dem Versicherungsunternehmen sofort zuzusenden. Sofern der Betroffene seinem Versicherer weiter reichende sachdienliche Auskünfte erteilen kann, muss er auch dies auf der Stelle tun.
Er hat dazu beizutragen, dass der Versicherer möglichst schnell die erforderlichen Berichte und Gutachten über einen Unfall bekommt. Beispielsweise muss er sich untersuchen lassen, wenn dies verlangt wird, und Ärzte oder Gutachter von der Schweigepflicht entbinden, damit sie der Versicherung ihre Erkenntnisse mitteilen können. Verletzt der Geschädigte nach einem Unfall eine Obliegenheit, so ist das Versicherungsunternehmen von der Leistungspflicht befreit. Ausnahmen kommen dann zum Tragen, wenn die Missachtung nicht auf Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit beruht. Darüber hinaus muss der Versicherer selbst bei grob fahrlässiger Obliegenheitsverletzung zahlen, falls dieses Verhalten des Versicherten weder Einfluss auf die Feststellung des Unfalls noch auf die Bemessung der Leistung hatte.

§ 9 AUB 88
Siehe auch Unfallversicherung, gesetzliche


Unfallversicherung haftet nach Tod durch Insektenstiche
Sachverhalt: Ein Mann wurde von drei Wespen in beide Beine gestochen. Zunächst litt er unter Übelkeit, anschließend verlor er das Bewusstsein und starb dann nach der Einlieferung ins Krankenhaus. Die Ehefrau machte als Begünstigte seines Unfallversicherungsvertrags die für den Todesfall vereinbarte Summe von 60000EUR geltend. Die Versicherung zahlte lediglich die Hälfte und begründete dies damit, dass beim Tod des Ehemanns eine Krankheit im Sinn der allgemeinen Unfallbedingungen mitgewirkt habe. Der Verstorbene sei bereits Jahre zuvor aufgrund von Wespenstichen in Behandlung gewesen. Seine allergische Reaktionsbereitschaft oder Sensibilisierung müsse als Krankheit gewertet werden. Die Ehefrau klagte ihren Anspruch auf die volle Versicherungssumme ein und bekam Recht.

Begründung: Das angerufene Gericht ließ durch medizinische Gutachter prüfen, ob eine starke Sensibilität gegen Insektengifte wie im vorliegenden Fall den Begriff der Krankheit erfüllt. Die Experten gelangten zu dem Ergebnis, dass ärztliche Maßnahmen die körperliche Verfassung des Ehemanns nicht hätten verändern können. Seine Sensibilisierung habe zu einer Krankheitsdisposition geführt, nicht aber zu einer Krankheit selbst. Die Erkrankung habe erst begonnen, als seinem Körper am Unfalltag eine neue Menge Insektengifts zugeführt worden sei.

OLG Nürnberg, 2.2. 1995 8 U 3537/ 94




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