Wirtschaftsverfassungsrecht
ist die Gesamtheit der Rechtssätze, die Organisation und Ablauf der Wirtschaft in ihren Grundlagen bestimmen (z. B. Stabilitätsgesetz) bzw. in einem engeren Sinn die Summe der diesbezüglichen Normen der Verfassungsurkunde (z. B. Sozialstaatsprinzip). Lit.: Frotscher, W., Wirtschaftsverfassungs- und Wirtschaftsverwaltungsrecht, 4. A. 2004
Vorschriften des Grundgesetzes, die die Wirtschaft betreffen (z. B. Art. 12, 14, 74 Nr. 11 GG). Das GG enthält keine systematische Zusammenfassung des Wirtschaftsverfassungsrechts, sondern spricht in verschiedenen Vorschriften nur einzelne Aspekte gesondert an. Daraus schließt das BVerfG, dass das GG wirtschaftspolitisch neutral ist und keine Entscheidung für ein bestimmtes Wirtschaftssystem vorgibt (BVerfGE 4, 7, 18). Der Bund kann daher die ihm jeweils sachgemäß erscheinende Wirtschaftspolitik verfolgen. Einschränkungen ergeben sich lediglich aus Grundrechten (insb. Art. 12 u. 14 GG) und aus den Staatsstrukturprinzipien (Sozialstaat, Demokratie und Rechtsstaat). In der Lit. wird zum Teil aus Art. 109 Abs. 2 GG („Bund und Länder haben bei ihrer Haushaltswirtschaft den Erfordernissen des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts Rechnung zu tragen”) eine Entscheidung zugunsten einer marktwirtschaftlichen Wirtschaftsordnung entnommen.
im juristischen Sinne sind die Verfassungsvorschriften, welche die Wirtschaft betreffen (Wirtschaftsrecht). Anders als viele Landesverfassungen enthält das GG keine systematische Zusammenstellung dieser Verfassungsbestimmungen. Das W. ist daher durch die Gewährleistung der wirtschaftlichen Grundfreiheiten durch Art. 2, des Eigentums durch Art. 14 und der Berufsfreiheit durch Art. 12 geprägt. Daneben sind die wirtschaftlichen Aspekte zahlreicher anderer Grundrechte bedeutsam, z. B. die wirtschaftliche Vereinigungsfreiheit, die wirtschaftliche Freizügigkeit, der Schutz von Geschäftsräumen u. ä. Ferner sind die fundamentalen Ordnungsprinzipien (Sozialstaatsprinzip (Sozialstaat), Demokratieprinzip, Rechtsstaatsprinzip (Rechtsstaat) und die Organisationsordnung (Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes für das Recht der Wirtschaft, Art. 74 I Nr. 11 GG, Verwaltungskompetenzen der Länder) zu beachten. Nach der Rspr. des BVerfG enthält das GG keine Festlegung der Wirtschaftsordnung i. S. eines liberalen, marktwirtschaftlichen oder sozialistischen Modells (sog. wirtschaftliche „Neutralität“ des GG - vgl. BVerfGE 4, 18; 7, 400; 12, 363 u. a.), vielmehr einen durch die Freiheitsrechte einerseits und durch den Sozialstaatsauftrag (s. vor allem BVerfGE 8, 329) andererseits bestimmten Handlungsraum für den Gesetzgeber. Die Sozialisierungsbestimmung des Art. 15 GG ist kein Verfassungsauftrag, sondern nur eine Gestaltungsmöglichkeit für den Gesetzgeber. S. a. Marktwirtschaft, Sozialisierung, Vergesellschaftung.
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