Römisches Recht
beruhte anfangs auf den als rechtsverbindlich betrachteten Gewohnheitsrechtssätzen; erste bedeutsame Rechtsaufzeichnung 450 v. Chr. im Zwölf-Tafel-Gesetz. In den ersten Jahrhunderten n. Chr. erhielten die übereinstimmenden Rechtsansichten der Juristen, die sie bei der Abwicklung von Rechtsgeschäften, in Prozessen und in Rechtsgutachten vertraten, durch kaiserliche Anordnung Verbindlichkeit; bedeutsamste, mit Gesetzeskraft belegte Sammlung kaiserrechtlicher Rechtssätze findet sich im Corpus iuris civilis (534 n. Chr.). Durch die Glossatoren (1200-1300) und die Kommentatoren wurde das R.e R. der Entwicklung und den praktischen Erfordernissen angepasst und erlangte auch in West- und Mitteleuropa Geltung. ius civile, ius gentium, ius honorarium, ius publicum, Legisaktionenverfahren, Formularprozess. a. Rechtsgeschichte.
Recht, römisches
von Römern erlassenes Recht, das als „ius commune” (= [all]gemeines Recht) die Basis der meisten Rechtsordnungen in Europa bildet.
Die Darstellung des römischen Rechts umfasst einen Zeitraum von mehr als tausend Jahren (ca. 500 v. bis 500 n. Chr.) und folgt der üblichen Einteilung in Zeit der Republik (510-31 v. Chr.), Zeit des Prinzipats
(31 v. Chr. bis ca. 300 n. Chr.) und Zeit des Dominats (ca. 300 bis 476 n. Chr.).
Republik
Die Zwölftafelgesetze im 5. Jh. v.Chr. sind die erste schriftliche Fixierung der wichtigsten römischen Rechtsregeln. In dieser Zeit lag die Rechtsprechung in der Hand der Priester. Schwierige Klageformeln mussten im Formularprozess, dem sakralen Charakter des Rechts folgend, wortgenau vor Gericht aufgesagt werden, wollte man seinen Prozess nicht verlieren. 300 v. Chr. wurden die Klageformeln veröffentlicht (Ius Flavianum). Später setzte sich das zweigeteilte „legis actionen”-Verfahren durch. Der für die Rechtsprechung zuständige Prätor (zu Beginn der Republik Träger der höchsten Staatsgewalt) klärte die Rechtsfragen und gewährte für den Fall, dass sich das Vorbringen des Klägers als richtig erweisen sollte, eine actio (= Verfahrensteil in iure). Von einem Laienrichter wurden anschließend Beweise erhoben und entschieden (= Verfahrensteil apud iudicem). Die Actionen, die der Prätor gewährte, als Edikt erließ oder von seinen Vorgängern übernahm, wurden veröffentlicht und bildeten als ius honorarium (honos = Ehrenamt) das Recht fort. Durch Julian (ca. 170-100 v. Chr.) kam es ca. 130 v. Chr. zu einer Abschlussredaktion der prätorischen Edikte.
Prinzipat
In der Zeit des Prinzipats (ca. 31 v. Chr. bis 285 n. Chr.) blieb die Republik formal erhalten, jedoch ließ sich der Prinzeps mehrere Ämter auf Lebenszeit übertragen und herrschte als „Erster unter Gleichen”. Als Konsul und Prätor hatte er damit das Recht, Edikte (in heutiger Terminologie Verfügungen oder Verordnungen) zu erlassen. Daneben traten Urteile des kaiserlichen Gerichts (Dekrete), kaiserliche Rechtsbescheide in Einzelfragen (Reskripte) und Anweisungen an Beamte (Mandate). Das Kaisergericht und die Kaisergesetze (leges) bekamen eine immer höhere Bedeutung.
In der klassischen Epoche traten Juristen durch Kommentierungen und Gutachten zum ius honorarium (s. o.) und den Kaisergesetzen hervor. Kaiser Augustus (30 v. bis 14 n. Chr.) schränkte die freie Gutachtertätigkeit dadurch ein, dass er nur bestimmte Juristen dazu ermächtigte, Gutachten in seinem Namen abzugeben. Unter dem Kaiser Hadrian (Herrschaft 117138 n. Chr.) wurde dieses Recht als „ius respondendi ex auctoritate principis” festgeschrieben. Waren die so privilegierten Juristen einer Meinung, so hatte ihre Aussage praktisch Gesetzeskraft. Hier liegt der Ursprung dessen, was man heute eine h. M. (= herrschende Meinung) nennt. In der anschließenden Spätklassik waren es Juristen auch im kaiserlichen Dienst, insbesondere Papinian (t nach 212), Paulus (t nach 224) und Ulpian ( t ca. 223), aus deren Schriften die Hauptmasse des Corpus Iuris Civilis im 6. Jh. zusammengestellt wurde. Die juristischen Probleme der römischen Warenverkehrsgesellschaft wurden von diesen Juristen mit einer so hohen wissenschaftliehen Qualität behandelt, dass ihre Lösungen noch heute die Grundlage der europäischen Rechtsordnungen bilden.
Dominat
Zur Zeit des Dominats, ab ca. 284 n. Chr., verfiel die hohe Rechtskultur. Es entstand das Vulgarrecht in Westrom in einem Prozess der Entwissenschaftlichung des Rechtslebens durch Verzicht auf die ausgefeilte klassische Dogmatik (Bsp. Paulussentenzen ca. 300 n. Chr.). Die hoch entwickelte Warenverkehrsgesellschaft hatte sich wieder in eine Naturalwirtschaft umgewandelt, fiir die einfachere Konfliktlösungsmechanismen ausreichten. Aus dieser Zeit stammt auch die wichtigste Quelle des römischen Rechts, das Corpus luris Civilis.
Das für viele spätere Rechtssysteme vorbildlich gewordene r. R. bestand ursprünglich nur aus Gewohnheitsrecht (s. a. Kautelarjurisprudenz); es brachte erst im Laufe der Zeit geschriebene Gesetze hervor. Die bedeutungsvollsten unter den ersten Gesetzen waren das Zwölftafelgesetz und das aus Edikten der Magistrate und Prätoren bestehende ius honorarium. Schon frühzeitig unterschieden die Römer das zwischen ihnen geltende ius civile und das im Verkehr mit fremden Völkerschaften anwendbare ius gentium.
Die wichtigste Kodifikation, die im Wege der Rezeption nachhaltigen Einfluss auch auf das deutsche Recht gewann, sind die im Corpus iuris Civilis unter Kaiser Justinian zusammengefassten Gesetzbücher: die Institutionen (Übersichten und Einführung, Lehrbuch mit Gesetzeskraft) und Pandekten (griech.; lat. = Digesten; Auszüge aus Schriften klassischer röm. Juristen, später Bezeichnung für das Zivilrecht überhaupt) - 533 n. Chr. - und der Codex Justinianus - 534 n. Chr. -, dazu sog. Novellen (letzterlassene Zusatzgesetze).
Die darin niedergelegten Rechtssätze, meist privatrechtlichen Inhalts, wurden in Italien später weiterentwickelt und in der Rechtspraxis anerkannt, soweit sie von namhaften Juristen, den sog. Glossatoren - insbes. Irnerius, Bulgarus, Jacobus, Azo, Accursius - im 12. und 13. Jh. erläutert (glossiert) und überarbeitet worden waren, wobei sie auch gewandelten Rechtsauffassungen angepasst wurden. Bis zum 14. Jh. wurde das r. R. sodann mit Richtung auf seine praktische Anwendung durch die Kommentatoren (Konsiliatoren) - früher öfters als Postglossatoren bezeichnet - fortentwickelt, insbes. durch Bartolus und Baldus. In dieser Form war es Gegenstand der Rezeption in Deutschland; über das Verhältnis des r. R. zum deutschen R. Rezeption.
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