Schusswaffengebrauch
an bewohnten od. von Menschen besuchten Orten ist ohne polizeiliche Erlaubnis verboten (Übertretung nach § 367, Nr. 8 StGB). Siehe dazu aber Waffenrecht, Waffengesetz. Sch. der Polizei ist in den Polizeiaufgabengesetzen der Länder geregelt. a. Schlageisen.
Recht auf Leben
, Polizeirecht: Gebrauch von Schusswaffen als Mittel des unmittelbaren Zwangs. Er ist in §§ 41-43 MEPo1G geregelt. Schusswaffen sind alle Waffen im Sinne des Waffengesetzes, also Pistole, Revolver, Gewehr und Maschinenpistole. Der Schusswaffengebrauch ist Realakt. Gebrauch ist der bestimmungsgemäße Einsatz der Schusswaffe und nicht das bloße Verwenden als Schlaggegenstand.
Der MEPo1G unterscheidet drei Formen des Schusswaffengebrauchs und verbindet damit unterschiedliche Voraussetzungen: den gegen Sachen, gegen Personen und gegen Personen in Menschenmengen. Der Schusswaffengebrauch gegen Personen bedeutet, dass auf den Körper der Person gezielt wird.
Da der Schusswaffengebrauch die Anwendung unmittelbaren Zwangs darstellt, gelten zunächst die allgemeinen Anforderungen des Verwaltungszwangsverfahrens, insbesondere das allgemeine Erfordernis einer Androhung von Zwangsmitteln. Darüber hinaus sind die besonderen Vorschriften der Androhung unmittelbaren Zwangs zu beachten. Die Androhung des Schusswaffengebrauchs darf aber nur entfallen, wenn das zur Abwehr einer Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist. Ausnahmslos ist der Schusswaffengebrauch anzudrohen, wenn er sich gegen Menschen in einer Menschenmenge richtet. Es bestehen damit gegenüber der allgemeinen Anwendung unmittelbaren Zwangs höhere Anforderungen an die Androhung. Die Abgabe eines Warnschusses genügt als Androhung der Anwendung des unmittelbaren Zwangs.
Der Schusswaffengebrauch ist das letzte und schärfste Zwangsmittel, sodass er nur zulässig ist, wenn andere Maßnahmen des unmittelbaren Zwangs erfolglos angewendet sind oder offensichtlich keinen Erfolg versprechen. Der Schusswaffengebrauch gegen Personen
ist daher auch nur zulässig, wenn der Zweck nicht durch Schusswaffengebrauch gegen Sachen erreicht werden kann. Schusswaffen dürfen nur gegen Personen gebraucht werden, die mindestens 14 Jahre alt sind, es sei denn, der Gebrauch ist das einzige Mittel zur Abwehr einer Gefahr für Leib oder Leben. Schusswaffen gegen Personen müssen angewandt werden, um die Person angriffs- oder fluchtunfähig zu machen. Ein Schuss mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit tödlicher Wirkung ist nur dann zulässig, wenn er das einzige Mittel zur Abwehr einer gegenwärtigen Lebensgefahr oder gegenwärtigen Gefahr einer schwerwiegenden Verletzung der körperlichen Unversehrtheit ist (finaler Rettungsschuss).
Der Schusswaffengebrauch darf nicht zur Gefährdung Unbeteiligter führen, es sei denn, der Schusswaffen-gebrauch ist das einzige Mittel zur Abwehr einer gegenwärtigen Lebensgefahr oder es liegen die Voraussetzungen für den Schusswaffengebrauch gegen unbeteiligte Personen in einer Menschenmenge vor. Unbeteiligter ist jeder, der bei der Tat, gegen die sich die polizeiliche Maßnahme richtet, nicht mitwirkt, bzw. nach anderer Auffassung jeder, bei dem die Voraussetzungen des Schusswaffengebrauchs nicht vorliegen. Der Status als Unbeteiligter geht verloren, wenn sich der Betroffene in einer Menschenmenge befindet, die Gewalttaten begeht oder durch Handlungen erkennbar billigt oder unterstützt, wenn diese Person sich trotz wiederholter Androhung des Schusswaffengebrauchs nicht entfernt.
Nach § 42 MEPolG ist der Schusswaffengebrauch gegen Personen nur möglich, um eine gegenwärtige Gefahr für Leib oder Leben abzuwehren.
Er ist auch zulässig, um eine unmittelbar bevorstehende Begehung oder Fortsetzung eines Verbrechens oder eines Vergehens unter Anwendung oder Mitführung von Schusswaffen oder Explosivmitteln zu verhindern. Explosivmittel sind explosionsgefährliche Stoffe nach § 1 Abs. 1 SprenstoffG. Die Deliktseinteilung von Verbrechen und Vergehen folgt den Vorgaben des § 12 StGB, wobei der Vorsatz und die Schuld des Betroffenen ins Einzelfall für die Beurteilung außer Betracht bleiben. Unmittelbar steht eine Tatbegehung nur dann bevor, wenn der Täter nach den allgemeinen strafrechtlichen Versuchsregeln zu seiner Tat unmittelbar ansetzt (Versuch). Ob der Täter eine Schusswaffe oder ein Explosivmittel mit sich führt, bemisst sich auch nach der strafrechtlichen Wertung des Beisichführens. Vom Strafrecht abweichende Folgen ergeben sich für Werkzeuge, die nur den äußeren Anschein einer Waffe hervorrufen, die nach dem StGB keine Waffen, sondern nur sonstige Werkzeuge darstellen. Im Polizeirecht greifen indes die Grundsätze über die Anscheinsgefahr und Scheingefahr, sodass auch das Vorgehen gegen Gaspistolen oder Waffenkopien mit den Mitteln des Schusswaffengebrauchs möglich ist.
Der Schusswaffengebrauch ist auch möglich aus Anlass der Strafverfolgung und Strafvollstreckung, um eine Person anzuhalten, die sich der Festnahme oder Feststellung ihrer Identität zu entziehen versucht, wenn sie eines Verbrechens oder eines Vergehens dringend verdächtig ist und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie Schusswaffen oder Explosivmittel mit sich führt. Die Verhinderung einer Flucht zu präventiven Polizeizwecken erfasst diese Möglichkeit nicht, sodass die Vorschrift eine dem MEPolG fremde repressiv-polizeiliche Ermächtigungsgrundlage enthält. Auf dieser Grundlage werden polizeiliche Maßnahmen gerechtfertigt, die sich nicht auf der Grundlage der Festnahmerechte in § 127 StPO rechtfertigen lassen.
Zur Vereitelung der Flucht oder zur Ergreifung einer Person, die in amtlichem Gewahrsam zu halten oder ihm zuzuführen ist, können aufgrund richterlicher Entscheidung wegen eines Verbrechens oder aufgrund des dringenden Verdachts eines Verbrechens oder aufgrund richterlicher Entscheidung wegen eines Vergehens oder aufgrund des dringenden Verdachts eines Vergehens, sofern Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie Schusswaffen oder Explosivmittel mit sich führt, ebenfalls Schusswaffen gebraucht werden. Auch bei dieser Ermächtigungsgrundlage werden die Voraussetzungen strafrechtlich und strafprozessual bestimmt.
Schusswaffen können auch gegen denjenigen eingesetzt werden, der eine Person aus amtlichem Gewahrsam gewaltsam befreien möchte (Gefangenenbefreiung). Die Voraussetzungen ergeben sich aus § 120 StGB.
Der Schusswaffengebrauch gegen Personen in einer Menschenmenge ist unzulässig, wenn erkennbar Unbeteiligte mit hoher Wahrscheinlichkeit gefährdet werden und der Gebrauch nicht das einzige Mittel zur Abwehr einer gegenwärtigen Lebensgefahr ist.
Maschinengewehre und Explosivmittel dürfen nur in besonderen Fällen und mit Zustimmung des Innenministers/-senators angewandt werden, wenn die Person von Schusswaffen oder ähnlichen Explosivmitteln Gebrauch gemacht hat und der vorherige Gebrauch von Schusswaffen erfolglos geblieben ist. Maschinengewehre und Handgranaten dürfen nur gebraucht werden, um den Betroffenen angriffsunfähig zu machen, in Menschenmengen sind Handgranaten generell unzulässig.
Strafvollzug: Gezieltes Schießen mit einer Handfeuerwaffe auf einen Häftling oder einen Dritten. Wegen der Eingriffsintensität hat der Schusswaffengebrauch eine besondere gesetzliche Ausprägung in §§ 99, 100 StVollzG erfahren. Die Voraussetzungen für einen Gebrauch sind dort abschließend normiert. finaler Rettungsschuss
Waffengebrauch.
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