Testament, gemeinschaftliches
Das so genannte gemeinschaftliche Testament ist eine Sonderform der letztwilligen Verfügung. Es darf nur von Verheirateten während ihrer Ehe errichtet werden. Sie können sich darin entweder gegenseitig zu Erben erklären oder einen Dritten begünstigen. Natürlich setzt das gemeinschaftliche Testament voraus, dass die Ehepartner eintimmig ihre Vermögensverhältnisse von Todes wegen regeln wollen. Im Fall der Scheidung wird das gemeinschaftliche Testament ungültig.
§§ 2077, 2265 BGB
Formen des gemeinschaftlichen Testaments
Die Formen des gemeinschaftlichen Testaments entsprechen denen anderer letztwilliger Verfügungen. Es kann also eigenhändig, öffentlich und unter Umständen als Nottestament errichtet werden. Beim eigenhändigen gemeinschaftlichen Testament genügt es, wenn ein Ehegatte das Dokument handschriftlich verfasst und der andere es dann mit unterzeichnet.
Testamentsinhalt
Meist treffen Eheleute in gemeinschaftlichen Testamenten Entscheidungen, die sich gegenseitig bedingen: Die Nichtigkeit oder der Widerruf einer Bestimmung hat die Unwirksamkeit einer anderen zur Folge. Man spricht hier von wechselbezüglichen letztwilligen Verfügungen. Unter derartigen Bedingungen darf einer der Ehegatten das Testament zu Lebzeiten seines Partners nur durch eine notarielle Urkunde rückgängig machen, nicht aber in Form eines eigenhändigen Testaments. Das Gesetz schreibt diesen förmlichen Widerruf für öffentliche genauso wie für privatschriftliche Testamente vor. Nach dem Tod eines Ehegatten bleiben die Regelungen des gemeinschaftlichen Testaments für den überlebenden Ehegatten weiterhin verbindlich.
§§ 2270 f BGB
Berliner Testament
Am häufigsten wählen Eheleute das so genannte Berliner Testament, in dem sie sich gegenseitig zu Erben einsetzen und bestimmen, dass nach dem Tod des Überlebenden der gemeinsame Nachlass an einen Dritten bzw. mehrere Dritte fallen soll. Dabei gibt es zwei Gestaltungsmöglichkeiten, das Trennungs- und das Einheitsprinzip:
- Beim Trennungsprinzip erklärt ein Ehegatte den anderen zu seinem Vorerben und den Dritten zum Nacherben. Für den Fall, dass der zunächst bedachte Ehepartner eher sterben sollte, wird der Nacherbe zum Ersatzerben. Beim überlebenden Ehegatten sind getrennte Vermögensmassen zu unterscheiden, nämlich die eigene und die vom Verstorbenen erworbene. Hinsichtlich des erworbenen Vermögens ist er der Vorerbe und der Dritte der Nacherbe.
- Beim Einheitsprinzip dagegen setzt ein Ehegatte den anderen zu seinem alleinigen Erben ein. Der Dritte wird zum Ersatzerben, wenn der Vollerbe vor dem Erblasser sterben sollte. Ansonsten erhält er nach dem Tod des überlebenden Partners den gesamten Nachlass. Das Vermögen wird somit als Einheit behandelt, d. h., als so genannter Schlusserbe erhält der Dritte nicht das Vermächtnis des Erstverstorbenen, sondern nur das des Letztverstorbenen.
Welche Regelung die Eheleute gewollt haben, ist durch Auslegung zu ermitteln. Im Zweifel gilt das Einheitsprinzip. Der überlebende Ehegatte kann dabei frei über das Vermögen verfügen. Handelt es sich bei dem Dritten jedoch um ein Kind der Ehegatten, so liegt eine Enterbung vor. Der Abkömmling kann dann seinen rechtmäßigen Pflichtteil beanspruchen.
§ 2269 BGB
Vorerbe und Nacherbe
Wiederverheiratungsklausel
Gemeinschaftliche Testamente enthalten häufig eine Wiederverheiratung-sklausel, die verhindern soll, dass ein zweiter Ehegatte des überlebenden Partners in den Genuss der Hinterlassenschaft kommt. In der Regel tritt stattdessen die gesetzliche Erbfolge in Kraft.
In Berliner Testamenten entfällt dann das Einheitsprinzip. Stattdessen wird der -Überlebende im Fall einer weiteren Ehe zum Vorerben und die Kinder fungieren als Nacherben.
Gemeinschaftliches Testament ungültig abgewandelt
Sachverhalt: 1993 verstarb ein Mann, der mit seiner Ehefrau in Gütergemeinschaft gelebt hatte. Die Ehe war kinderlos geblieben. Zur Hinterlassenschaft gehörten ein Hof, umfangreicher landwirtschaftlicher Grundbesitz und erhebliches Geldvermögen. Während ihrer Verlobung hatten sich die Partner 1959 in einem Ehe- und Erbvertrag gegenseitig zu Alleinerben eingesetzt, ohne weitere Verfügungen von Todes wegen zu treffen. Im Mai 1990 verfasste der Erblasser dann eigenhändig zwei Schriftstücke, die seine Frau mit dem Zusatz "Es ist auch mein letzter Wille" unterzeichnete. Darin bestimmten die Eheleute, dass ihr Vermögen geteilt werde und nach ihrer beider Tod je zur Hälfte an ihre jeweilige Verwandtschaft gehen solle. Anschließend errichteten sie jedoch noch mehrere weitere Testamente, die vor allem den Neffen des Erblassers begünstigten. In einer Fassung hieß es, dieser solle die Felder im Ort A. bekommen und seiner Mutter 30000 EUR auszahlen. In einem anderen Testament dachten ihm die Eheleute ihren Hof zu, allerdings unter der Bedingung, dass er sie pflegen und ihnen eine würdige Grabstätte beschaffen müsse. Für die sonstigen Verwandten waren in jeder Version unterschiedliche Vermögenswerte vorgesehen.
Die Ehefrau musste zum Zeitpunkt des Erbfalls wegen altersbedingter Demenz betreut werden. Von daher überprüfte das Nachlassgericht den Verdacht, dass sie bei Abfassung der gemeinschaftlichen Testamente nicht mehr testierfähig gewesen sei. Die Vermutung erhärtete sich, weswegen der Richter nur den Ehe- und Erbvertrag von 1959 als gültig anerkannte. Der Neffe des Erblassers und einige andere Verwandte legten dagegen Beschwerde ein; sie blieb genauso erfolglos wie die zweite alleinige Beschwerde des Neffen in der nächsten Instanz.
Begründung: Die Aufhebung oder Einschränkung erbvertraglicher Bestimmungen durch gemeinschaftliche Testamente setzt die Testierfähigkeit beider Ehegatten voraus. Da die Ehefrau diese Bedingung nicht mehr erfüllte, erlangten ihre testamentarischen Verfügungen keine Wirksamkeit. Gleichzeitig wurden die Bestimmungen ihres Mannes ungültig, weil man davon ausgehen konnte, dass die Eheleute wechselbezügliche Vermögensregelungen treffen wollten.
BayObLG, 1Z BR 56/95
gemeinschaftliches Testament.
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