Vorerbe
Wird ein Nacherbe eingesetzt, muss auch jemand als Vorerbe benannt werden. Beide sind wahre Erben desselben Erblassers, allerdings zeitlich aufeinander folgend. Das bedeutet auch, dass beide - wiederum nacheinander - ein ungeteiltes Erbrecht auf dieselbe Erbschaft haben. Dementsprechend wird die Nacherbfolge erbschaftssteuerlich auch wie zwei Erbfälle behandelt, zunächst muss der Vorerbe den Wert der Erbschaft versteuern, kommt der Nacherbe dann zum Zuge, muss er die noch vorhandene Erbschaft wiederum versteuern, jeder nach seiner Steuerklasse. Aus steuerlichen Gründen empfiehlt es sich also nicht, einen Vor- und einen Nacherben einzusetzen. Soweit Grundstücke vorhanden sind, ist zunächst der Vorerbe ins Grundbuch einzutragen, allerdings gleichzeitig von Amts wegen auch das Recht des Nacherben.
Grundsätzlich ist der Vorerbe bei möglichen Verfügungen über zur Erbschaft gehörende Gegenstände nicht beschränkt, soweit es sich nicht um Grundstücke, Hypothekenforderungen, Grund- und Rentenschulden handelt. Grundstücke können von ihm allerdings nur soweit verkauft werden, als das Recht des Nacherben dadurch nicht vereitelt oder beeinträchtigt wird. Da im Grundbuch ein Vermerk für die Nacherbregelung vorhanden ist, könnte der Nacherbe grundsätzlich vom Käufer das Grundstück wieder herausverlangen, wenn dieser sich trotz des Eintrags im Grundbuch auf einen Kauf eingelassen hat. Der Vorerbe kann auch keine grosszügigen Schenkungen zum Nachteil des Nacherben vornehmen.
Möchte der Nacherbe genau wissen, was dem Vorerben vererbt worden ist, so kann er von ihm ein Verzeichnis der Erbschaftsgegenstände verlangen, das in seiner Gegenwart auf sein Verlangen hin auf genommen wird. Verwaltet der Vorerbe das ihm übergebene Erbe nicht ordnungsgemäss, kann der Nacherbe sogar verlangen, dass ihm das Verwaltungsrecht über die Erbschaft entzogen wird. Den Vorerben trifft zwar eine geringere Sorgfaltspflicht bei der Verwaltung des Erbes, als das sonst generell der Fall ist, gleichwohl besteht die Gefahr, dass er vom Nacherben für eine nicht ordnungsgemässe Verwaltung zum Schadenersatz herangezogen wird.
Wann der Vorerbe die Erbschaft an den Nacherben abgeben muss, bestimmt der Erblasser bereits im Testament.
Person, die zunächst als Erbe berufen ist, wobei ihre Verfügungsbefugnis jedoch gewissen Einschränkungen unterliegt, bis zu einem bestimmten späteren Zeitpunkt (Nacherbfall) eine andere Person Erbe (Nacherbe) wird.
Siehe auch: Erbe
Vor- und Nacherbschaft.
(§§ 2100 ff. BGB) ist der Erbe, der in der Weise zunächst zur Erbschaft berufen ist, dass nach ihm - zu einem bestimmten späteren Zeitpunkt (Nacherbfall) - ein anderer Erbe (Nacherbe) wird. Der V. wird mit dem Erbfall Erbe und kann grundsätzlich über die zur Erbschaft gehörigen Gegenstände - mit gewissen Einschränkungen - verfügen (§§2112 ff. BGB). Nach dem Nacherbfall hat der V. die Erbschaft herauszugeben. Lit.: Ludwig, /.. Vor- und Nacherbschaft im Grundstücksrecht, 1996; Friedrich, W., Rechtsgeschäfte zwischen Vorerben und Nacherben, Diss. jur. Erlangen- Nürnberg 1998; Wingerter, A., Die Erweiterung der Befugnisse des befreiten Vorerben, 2000
Person, die vom Zeitpunkt des Erbfalls bis zum Eintritt des Nacherbfalls Erbe wird. Danach geht die Erbschaft auf den Nacherben über (§ 2139 BGB). Der Vorerbe wird i. d. R. durch eine Verfügung des Erblassers bestimmt. Legt der Erblasser nur einen Nacherben, aber keinen Vorerben fest, so werden die gesetzlichen Erben Vorerben (§ 2105 Abs. 1 BGB).
Grundsätzlich steht dem Vorerben ein Verfügungsrecht über die Nachlassgegenstände zu (§ 2112 BGB); zum Schutz des Nacherben ist dieses jedoch eingeschränkt (§§ 2113-2115 BGB):
— Verfügungen über Grundstücke und Grundstücksrechte werden bei Eintritt der Nacherbfolge insoweit unwirksam, als sie das Recht des Nacherben vereiteln oder beeinträchtigen (§ 2113 Abs. 1 BGB).
— Ebenso unwirksam werden bei Eintritt des Nacherbfalls unentgeltliche Verfügungen und Verfügungen zum Zwecke der Erfüllung eines Schenkungsversprechens, die das Recht des Nacherben beeinträchtigen und weder Pflichtschenkungen noch Anstandsschenkungen darstellen (§ 2113 Abs. 2 BGB).
Über Nachlassgegenstände kann im Wege der Zwangsvollstreckung nicht wirksam verfügt werden, wenn dadurch das Recht des Nacherben vereitelt oder beeinträchtigt wird (§ 2115 BGB).
Verfügungen über Grundstücke und unentgeltliche Verfügungen können ausnahmsweise gern. § 2113 Abs. 3 BGB auch bei Eintritt des Nacherbfalls wirksam bleiben, wenn der Vorerbe zugunsten eines gutgläubigen Erwerbers verfügt. Um dies zum Schutz des Nacherben zu verhindern, ist ein Nacherbenvermerk im Grundbuch (§ 51 GBO) und auf dem Erbschein (§ 2363 BGB) einzutragen. Grundstücksverfügungen bleiben auch dann bei Eintritt des Nacherbfalls wirksam, wenn der Erblasser den Vorerben von der Verfügungsbeschränkung des § 2113 Abs. 1 BGB befreit hat (§ 2136 BGB) (Vorerbe, befreiter) oder der Nacherbe gem. § 185 BGB zugestimmt hat.
Verpflichtungsverträge kann der Vorerbe uneingeschränkt abschließen. Eine Haftung des Nachlasses und damit des Nacherben wird aber nur begründet, wenn der Vorerbe im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung gehandelt hat.
Bis zum Eintritt des Nacherbfalls muss der Vorerbe den Nachlass ordnungsgemäß verwalten und sodann an den Nacherben herausgeben (§2130 BGB). Zu den Verwaltungsmaßnahmen zählen insbesondere Erhaltungsmaßnahmen, Sicherungsmaßnahmen und die Pflicht zur Erfüllung von Nachlassverbindlichkeiten vor Eintritt des Nacherbfalls. Zu Verfügungen, die im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung erforderlich sind, und zu denen der Vorerbe allein nicht berechtigt ist, kann der Vorerbe die Einwilligung des Nacherben verlangen (§ 2120 BGB). Bei der Verwaltung des Nachlasses haftet der Vorerbe nur für die Verletzung der eigenüblichen Sorgfalt (§ 2131 BGB).
Dem Erhalt des Nachlasses für den Nacherben dient auch die Surrogation gem. § 2111 BGB.
ist der kraft Gesetzes oder Verfügung von Todes wegen bestimmte Erbe, der in seiner Verfügung über den Nachlass durch die Einsetzung eines Nacherben beschränkt ist. Mit dem Eintritt des Nacherbfalles hört der V. auf, Erbe zu sein, und fällt die Erbschaft dem Nacherben an (§ 2139 BGB). Der Erblasser ist in der Bestimmung des Zeitpunktes, in dem die Erbschaft von dem V. auf den Nacherben übergehen soll, grundsätzlich frei. Hat der Erblasser einen Nacherben eingesetzt, ohne den Zeitpunkt oder das Ereignis zu bestimmen, mit dem die Nacherbfolge eintreten soll, fällt die Erbschaft dem Nacherben mit dem Tode des V. an. Bei Einsetzung einer noch nicht erzeugten Person als Nacherbe geht die Erbschaft von dem V. auf den Nacherben mit dessen Geburt über (§ 2106 BGB). Hat der Erblasser angeordnet, dass der eingesetzte Erbe die Erbschaft erst mit dem Eintritt eines bestimmten Zeitpunkts oder Ereignisses erhalten soll, ohne zu bestimmen, wer bis dahin Erbe sein soll, so sind die gesetzlichen Erben des Erblassers die Vorerben (§ 2105 I BGB).
Da der V. mit dem Erbfall in die gesamte Rechtsstellung (Rechte und Verbindlichkeiten) des Erblassers eintritt, kann er grundsätzlich über die zur Erbschaft gehörenden Gegenstände wie ein Vollerbe verfügen (§ 2112 BGB). Da aber dem Nacherben die Erbschaft, und zwar außer den beim Erbfall vorhandenen Gegenständen (Sachen und Rechte) der Zuwachs auf Grund eines zur Erbschaft gehörenden Rechts und die Ersatzstücke (Surrogate), die mit Mitteln der Erbschaft beschafft wurden (§ 2111 BGB), möglichst ungeschmälert erhalten bleiben soll, ist der V. in seiner freien Verfügungsmacht nicht unerheblich eingeschränkt. Während dem V. die Nutzungen des Nachlasses grundsätzlich uneingeschränkt verbleiben, sind Verfügungen des V. über ein zur Erbschaft gehörendes Grundstück oder Rechte an einem Grundstück, unentgeltliche Verfügungen über einen Erbschaftsgegenstand, Verfügungen über eine Hypothekenforderung oder eine Grundschuld sowie Zwangsvollstreckungsmaßnahmen eines Gläubigers des V. in einen Erbschaftsgegenstand im Falle des Eintritts der Nacherbfolge insoweit unwirksam, als sie das Recht des Nacherben beeinträchtigen oder vereiteln würden (§§ 2113 ff. BGB), sofern nicht der Nacherbe dieser Verfügung zugestimmt hat. Da jedoch ein gutgläubiger Erwerber geschützt wird (§ 2113 III BGB), ist in das Grundbuch zugleich mit der Eintragung des V. der sog. Nacherbenvermerk aufzunehmen (§ 51 GBO).
Der V. hat den Nachlass ordnungsgemäß zu verwalten, Geld mündelsicher Mündelgeld) anzulegen und Wertpapiere auf Verlangen des Nacherben zu hinterlegen (§§ 2116, 2119 BGB). Er hat dem Nacherben auf Verlangen ein Verzeichnis der zur Erbschaft gehörenden Gegenstände mitzuteilen (§ 2121 BGB) und Auskunft über den Bestand der Erbschaft zu geben, wenn Grund zu der Annahme besteht, dass seine Verwaltung die Rechte des Nacherben erheblich verletzt (§ 2127). Er hat dem Nacherben aber nur für diejenige Sorgfalt einzustehen, die er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt (§ 2131 BGB); von der Haftung wegen grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz ist er damit nicht befreit (§ 277 BGB). Im Rahmen seiner Verwaltung hat der V. bis zum Eintritt des Nacherbfalls die Nachlassverbindlichkeiten aus dem Nachlass zu erfüllen; eine entsprechende Verfügung ist ohne Zustimmung des Nacherben wirksam (§ 2115 S. 2 BGB). Befreiter V. Der Erblasser kann den V. von den meisten der genannten gesetzlichen Beschränkungen befreien (§ 2136 BGB). Das gilt nicht hinsichtl. unentgeltlicher Verfügungen, Vollstreckungsmaßnahmen und der Pflicht zur Inventarerrichtung. Auch kann die Haftung für Vorsatz nicht erlassen werden (§ 276 II BGB). Da sich die Befreiung des V. insbes. in seiner Verfügungsmacht über Grundstücke und Grundstücksrechte auswirkt, ist sie im Grundbuch zu vermerken (§ 51 GBO). Eine Befreiung ist im Zweifel anzunehmen, wenn der Erblasser bestimmt hat, dass der V. zur freien Verfügung über die Erbschaft berechtigt sein soll, oder wenn er den Nacherben auf das eingesetzt hat, was von der Erbschaft bei dem Eintritt der Nacherbfolge übrig sein wird (§ 2137 BGB). S. a. Wiederverheiratungsklausel.
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