Verwertungsverbot
auf Grundprinzipien der Verfassung beruhendes oder ausdrücklich in einem (einfachen) Gesetz geregeltes Verbot, ein bestimmtes Beweisergebnis bei einer gerichtlichen oder behördlichen Entscheidung zu berücksichtigen (z.B. Tagebuchaufzeichnungen, da sie zur Intimsphäre gehören und daher durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht geschützt sind, wobei jedoch das Verhältnismäßigkeitsprinzip zu beachten ist; durch verbotene Vernehmungsmethoden, wie z.B. durch Mißhandlung erzwungene Aussagen).
Rechtswidrig hergestellte Vervielfältigungsstücke eines urheberrechtlich geschützten Werkes (Urheberrecht) dürfen weder verbreitet noch zu öffentlichen Wiedergaben benutzt werden. Rechtswidrig veranstaltete Funksendungen dürfen nicht auf Bild- oder Tonträger aufgenommen oder öffentlich wiedergegeben werden, § 96 UrhG.
Strafprozess
(§33 III StPO) ist das von der Rechtsordnung an ein Gericht oder eine Behörde gerichtete Verbot, bestimmte Tatsachen bei der Entscheidungsbildung zu berücksichtigen (str.). Beispielsweise darf eine Aussage eines Zeugen gegenüber dem Verteidiger des Angeklagten nicht verwertet werden, wenn der Zeuge sich vor Gericht auf sein Aussageverweigerungsrecht beruft. Ist ein Beweismittel unter Verletzung eines Persönlichkeitsrechts erlangt, ist es ebenso unverwertbar wie der in ein Zivilverfahren rechtswidrig eingeführte Tatsachenvortrag. Lit.: Fink, A., Die Verwertbarkeit rechtswidrig erlangter Beweismittel im Zivilprozess, Diss. jur. Köln 1994; Llopis Reyna, E., Das kartellrechtliche Verwertungsverbot, 1994; Nagel, M., Verwertung und Verwertungsverbote im Strafverfahren, 1998
, Steuerrecht: Die Frage nach einem Verwertungsverbot kann sich sowohl im Steuerstrafals auch im Besteuerungsverfahren stellen. Im Steuerstrafverfahren finden die im Strafprozessrecht geltenden allgemeinen Grundsätze Anwendung.
Im Besteuerungsverfahren kommt ein Verwertungsverbot im Zusammenhang mit fehlerhaften Prüfungsanordnungen i. S. d. § 196 AO, bei im Strafverfahren rechtswidrig erlangtem Wissen und bei sonstigen Erkenntnissen in Betracht, die entgegen einer Verfahrensvorschrift der AO rechtswidrig gewonnen worden sind.
— Unbestritten ist, dass unzulässige Mittel i. S. d. § 136 a StPO (z. B. Misshandlung, Täuschung) ein Verwertungsverbot auch bei der Besteuerung auslösen.
— Nach der Rspr. und h. M. besteht ein Verwertungsverbot für Informationen, die eine Finanzbehörde
bei einem Angehörigen gewonnen hat, ohne ihn auf das nach § 101 Abs. 1 AO bestehende Aussage-verweigerungsrecht hinzuweisen.
Umstritten ist, ob ein steuerliches Verwertungsverbot eingreift, wenn ein Steuerpflichtiger eine Tatsache in einer Situation offenbart, bei der objektiv
gesehen eine Belehrungspflicht gem. § 393 Abs. 1 S. 4 AO über eine nicht erzwingbare Selbstbezichtigung wegen einer Steuerhinterziehung bestand. Die h. M. verneint hier ein steuerliches Verwertungsverbot mit der Begründung, dem Schutzinteresse des § 393 AO genüge das strafrechtliche Verwertungsverbot.
— Grundsätzlich dürfen solche Erkenntnisse nicht verwertet werden, die im Verlaufe einer rechtswidrigen Außenprüfung erlangt worden sind, die deshalb rechtswidrig war, weil ihr keine ordnungsgemäße
Prüfungsanordnung zugrunde lag. Verfahrensrechtlich gilt Folgendes: Bei einer rechtswidrigen Prüfungsanordnung oder einer in der — nach h. M. möglichen — Form eines Verwaltungsakts erlassenen
Auskunftsanordnung greift ein Verwertungsverbot nur ein, wenn die Maßnahme als rechtswidrig aufgehoben oder ihre Rechtswidrigkeit durch ein Gericht formell festgestellt worden ist. Im Übrigen
bestehen zwei faktische Einschränkungen des Rechtsschutzes: Zum einen gilt das Verwertungsverbot der fehlerhaften Prüfungsanordnung nicht bei Erstveranlagungen und bei Änderungsveranlagungen nach § 164 AO. Zum anderen ist es der Finanzbehörde unbenommen, eine erneute Außenprüfung aufgrund einer nunmehr ordnungsgemäßen Prüfungsanordnung durchzuführen und dabei die identischen Erkenntnisse noch einmal zu gewinnen und diese dann steuerlich zu verwerten.
Bei fehlenden oder nichtigen Prüfungsanordnungen oder rein tatsächlichen Prüfungshandlungen kann ein Verwertungsverbot im Verfahren gegen den geänderten Steuerbescheid durchgesetzt werden. Jedoch gelten auch hier die oben aufgezeigten Einschränkungen des Rechtsschutzes.
Strafverfahrensrecht: Beweisverwertungsverbot.
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