Anwaltszwang
Das Gesetz sieht vor, dass sich Parteien in einem Rechtsstreit unter bestimmten Voraussetzungen eines Anwalts bedienen müssen, damit die Gerichte überhaupt tätig werden. Grundsätzlich können Parteien ohne Anwälte nicht vor den Landgerichten, den Oberlandesgerichten oder gar dem Bundesgerichtshof auftreten. Auch bei Familiengerichtssachen vor den Amtsgerichten müssen sich die Parteien von Anwälten vertreten lassen. In kleineren Strafsachen benötigen die Angeklagten nicht unbedingt einen Anwalt, obwohl es sicherlich empfehlenswert ist, auch dann einen Anwalt einzuschalten. Eine sogenannte notwendige Verteidigung liegt nur bei schweren Vergehen und Verbrechen vor. Auch bei den Arbeitsgerichten können Arbeitnehmer ihre Interessen selbst oder durch Gewerkschaftsfunktionäre vertreten lassen. Personen, die bei Gericht in Sachen auftreten, bei denen Anwaltszwang herrscht, werden nicht gehört werden. Sie müssen als nichtanwesend behandelt werden.
Besteht vor den ordentlichen Gerichten vom Landgericht an aufwärts, außerdem vor den Familiengerichten (§ 78 Abs. 1 ZPO), vor den Arbeitsgerichten vom Landesarbeitsgericht an (§11 Abs. 2 ArbGG, allerdings können auch noch Vertreter der Gewerkschaften und der Arbeitgeberverbände auftreten) sowie vor dem Bundesverwaltungsgericht (§67 VwGO). Anwaltszwang bedeutet, daß eine Partei nicht mehr selbst Anträge an das Gericht stellen kann, sondern einen Rechtsanwalt, der bei dem jeweiligen Gericht zugelassen sein muß, beauftragen muß, der für sie Anträge stellt und verhandelt. Unabhängig davon, ob Anwaltszwang besteht, empfiehlt es sich immer, einen Rechtsanwalt zu beauftragen, da die Partei selbst sehr oft rechtliche Möglichkeiten nicht ausschöpft und zu sehr für ihre Sache engagiert ist, was ihr leicht schaden kann. Dies gilt gerade dann, wenn man meint, «100 Prozent recht zu haben», da dann, wenn man den Prozeß gewinnt, ohnehin die Gegenseite die Anwaltskosten ersetzen muß.
Im Anwaltsprozess muss sich Prozesspartei vor Gericht durch einen bei dem Prozessgericht zugelassenen Rechtanwalt vertreten lassen; Anwaltszwang besteht: a) grundsätzlich für alle Bundesgerichte (Ausnahmen: Finanzgerichte und Bundesfinanzhof, Bundespatentgerichte; vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Bundessozialgericht sind neben Anwälten bestimmte weitere Personengruppen zugelassen); b) bei den Landesgerichten besteht bei keinem Untergericht (Amtsgerichte, Arbeitsgerichte, Verwaltungsgerichte, Sozialgerichte) Anwaltszwang; die Regelung bei den Gerichten der Mittelinstanz ist nicht einheitlich: Anwaltszwang besteht vor den Landgerichten, Oberlandesgerichten und den Landesarbeitsgerichten (bei letzteren sind neben Anwälten bestimmte weitere Personengruppen zur Vertretung zugelassen), während Landessozialgerichte und Oberverwaltungsgerichte (bzw. Landesverwaltungsgericht oder Verwaltungsgerichtshof genannt) keinen Anwaltszwang kennen; c) für den Strafprozess notwendige Verteidigung; Notanwalt.
(§ 78 I ZPO) ist die durch Gesetz vorgeschriebene Notwendigkeit, sich vor Gericht durch einen Rechtsanwalt vertreten zu lassen. Anwaltsprozess Lit.: Fabienke, P, Grundprinzipien des Anwaltszwangs, 1997
Anwaltsprozess.
Vorheriger Fachbegriff: Anwaltszustellung | Nächster Fachbegriff: Anwartschaft