Sozialgerichte

Gerichte, die über Streitigkeiten zwischen Bürgern und den Trägern der Sozialversicherung sowie der Kriegsopferversorgung entscheiden (zum Beispiel wenn ein Bürger meint, er erhalte zuwenig Rente). Ihr Verfahren, das dem der Verwaltungsgerichte ähnelt, ist im Sozialgerichtsgesetz geregelt. Danach beginnen die Verfahren (nach Erschöpfung eines Vorverfahrens bei dem Versicherungsträger, dem Widerspruchsverfahren) mit der Erhebung der Klage vor dem örtlich zuständigen Sozialgericht. Die Klage muß binnen eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheids des Versicherungsträgers erhoben werden. Es besteht kein Anwaltszwang und keine Vorschußpflicht. Das Sozialgericht entscheidet durch eine Kammer, die aus einem Berufsrichter als Vorsitzendem und zwei ehrenamtlichen Richtern (je einem aus dem Kreis der Versicherten und der Arbeitgeber) besteht. Gegen die Urteile des Sozialgerichts gibt es die Berufung an das Landessozialgericht, das durch einen Senat entscheidet, der mit drei Berufsrichtern und zwei ehrenamtlichen Richtern besetzt ist. Auch hier besteht kein Anwaltszwang. Bei grundsätzlichen Fragen kann gegen ein Urteil des Landessozialgerichts Revision an das Bundessozialgericht mit Sitz in Kassel eingelegt werden. Dieses entscheidet durch einen Senat, der ebenso zusammengesetzt ist wie ein Senat des Landessozialgerichts. Bei Einlegung der Revision muß man sich allerdings durch einen Rechtsanwalt oder einen zugelassenen Vertreter der Gewerkschaften, der Arbeitgeber oder der Kriegsopferverbände vertreten lassen, Gerichtskosten werden in allen Verfahren von den Bürgern nicht erhoben, lediglich der Versicherungsträger (und damit die Gesamtheit seiner Versicherten) muß für das Verfahren eine Gebühr entrichten.

Gerichte erster Instanz für alle Streitigkeiten, für die der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit offen steht, § 51 SGG. Bei den Sozialgerichten werden Kammern gebildet für die Angelegenheiten der Sozialversicherung, der Arbeitslosenversicherung einschließlich der übrigen Aufgaben der Bundesagentur für Arbeit, für Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts sowie des Vertragsarztrechts und bei entsprechendem Bedarf für Angelegenheiten der Knappschaftsversicherung einschließlich der Unfallversicherung für den Bergbau unter Beteiligung der Bundesknappschaft. Jede Kammer eines Sozialgerichts wird in der Besetzung mit einem Berufsrichter als Vorsitzendem und zwei ehrenamtlichen Richtern als Beisitzern tätig. Diese Besetzung gilt für die mündliche Verhandlung, insb. für das Zustandekommen und die Verkündung von Urteilen. Die ehrenamtlichen Richter werden für die Dauer von vier Jahren berufen und üben ihr Amt mit denselben Rechten und Pflichten wie die oder der Vorsitzende aus. So haben sie dasselbe Stimmrecht wie Berufsrichter. Bei den Sozialgerichten erfolgt die Berufung der ehrenamtlichen Richter innerhalb des Bundeslandes nach Vorschlagslisten, die zum einen von den Gewerkschaften, von anderen selbstständigen Vereinigungen von Arbeitnehmern mit sozialpolitischer und berufspolitischer Zwecksetzung sowie von Vereinigungen der Kriegsopfer bzw. Entschädigungsberechtigten und Behinderten und andererseits von Arbeitgebervereinigungen, Verbänden der Krankenkassen, kassenärztlichen Vereinigungen sowie den Landesversorgungsämtern aufgestellt werden. Außerhalb der mündlichen Verhandlung trifft die oder der Vorsitzende die Entscheidungen durch Beschlüsse bzw. im Wege des Gerichtsbescheids, § 105 SGG, allein.
Das Verfahren vor dem Sozialgericht ist gerichtskostenfrei, abgesehen von Mutwillenskosten nach § 192 SGG und von Verfahren mit nichtprivilegierten i. S. v. §§ 193, 183 SGG, insbesondere Beitragssachen von Arbeitgebern bzw. vertragsärztlichen Streitigkeiten, § 197 a SGG mit Verweis auf das Gerichtskosten-recht der VwGO. Es gilt kein Anwaltszwang, sodass jeder durch einen Bescheid Belastete sich auch allein und selbst vertreten kann. Gegen die Urteile des Sozialgerichts, soweit der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Geldleistung oder einer Sachleistung ab 01.04.2008 700 € bzw. bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen
Rechts oder Behörden 10 000 € übersteigt, ist die Berufung zulässig, §§ 144,145 SGG. Darüber hinaus ist gegen sonstige Entscheidungen, insb. Beschlüsse, unter den Voraussetzungen des § 172 Abs. 1 SGG mit erweiterten Ausnahmen nach § 172 Abs. 2 SGG die Beschwerde zum Landessozialgericht eröffnet.




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