Umdeutung
(§140 BGB) ist die Ersetzung eines nichtigen Rechtsgeschäfts (z.B. eines Vertrages) durch ein anderes, das sich gegenüber dem ursprünglich gewollten quasi als ein Minus darstellt. Die Rechtsfolgen des Geschäfts, in das umgedeutet wird dürfen nicht weitergehen, als die des umzudeutenden. Das ist der Grundsatz des maius minor continet bzw. die sog. Kern-im-Apfel-Theorie. Beispielsweise ist die Anfechtung in einen Widerruf umdeutbar, nicht aber der Widerruf in eine Anfechtung. Auch ist eine außerordentliche Kündigung in eine ordentliche Kündigung umdeutbar. Umgekehrt ist dies nicht möglich. Die Voraussetzungen des Ersatzgeschäfts müssen selbstverständlich vorliegen. Außerdem muß die Umdeutung dem mutmaßlichen Willen des Handelnden (bei einem Vertrag dem Parteiwillen) entsprechen. Dabei ist, wenn Anhaltspunkte für eine abweichende Beurteilung fehlen, auf die objektiven Interessen beider Beteiligter abzustellen.
(= Konversion). Entspricht ein nichtiges Rechtsgeschäft (Nichtigkeit) den Erfordernissen eines anderen Rechtsgeschäfts, so gilt dieses, wenn anzunehmen ist, dass es bei Kenntnis der Nichtigkeit gewollt sein würde; § 140 BGB. Eine derartige U. (des nichtigen Rechtsgeschäfts in ein gültiges) darf aber nicht zu anderen oder weitergehenden Rechtsfolgen führen, als sie das nichtige Rechtsgeschäft gehabt hätte, wenn es rechtsgültig gewesen wäre. Der hypothetische Parteiwille, anstelle des nichtigen das gültige Rechtsgeschäft vorzunehmen, ist
i. d.R. zu bejahen, wenn durch das andere (gültige) Rechtsgeschäft derselbe wirtschaftliche Erfolg erreicht werden kann, wie durch das nichtige. Z.B. Umdeutung eines ungültigen Erbvertrages in ein wirksames Testament.
(Konversion) (§ 140 BGB) ist die Ersetzung eines gewollten, aber nichtigen Rechtsgeschäfts durch ein anderes nicht gewoll- tes, aber in seinen Voraussetzungen gegebenes Rechtsgeschäft. Dazu ist außer dem Vorliegen der Erfordernisse des anderen Geschäfts notwendig, dass die Geltung des anderen Geschäfts bei Kenntnis der Nichtigkeit gewollt sein würde (z. B. Nießbrauchbestellung bei nichtiger Grundstücksveräußerung, vgl. auch § 2084 BGB). Im Verwaltungsrecht kann der fehlerhafte Verwaltungsakt grundsätzlich in einen anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden, wenn er auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenden Behörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmäßig hätte erlassen werden können und wenn die Voraussetzungen für seinen Erlass erfüllt sind (§47 VwVfG). Lit.: Samalee, S., Die Umdeutung fehlerhafter Verwaltungsakte, Diss. jur. Göttingen 1999
(Konversion): Zivilrecht: Rechtsinstitut zur Verwirklichung des Willens der Parteien zur Erreichung eines bestimmten wirtschaftlichen Erfolgs
durch ein Rechtsgeschäft, wenn das von ihnen gewählte Mittel unzulässig ist, für den angestrebten
Erfolg jedoch ein anderes, zulässiges Mittel zur Verfügung steht und dem hypothetischen Willen der Parteien entspricht.
Bei (Gesamt-) Nichtigkeit eines Rechtsgeschäfts ist zunächst durch Auslegung zu ermitteln, welcher wirtschaftliche Erfolg (unabhängig von dem gewählten
rechtsgeschäftlichen Mittel) von den Parteien gewollt ist. Lässt sich derselbe wirtschaftliche Erfolg (wenigstens annähernd) durch ein anderes, rechtlich unbedenkliches Rechtsgeschäft verwirklichen, gilt dieses Ersatzgeschäft kraft Gesetzes anstelle des nichtigen
Rechtsgeschäfts, wenn dies die Parteien bei Kenntnis
der Nichtigkeit gewollt hätten (durch Auslegung festzustellender hypothetischer Parteiwille), es ihnen also
weniger auf die Form als den Erfolg angekommen wäre (§ 140 BGB). Da die Umdeutung kraft Gesetzes eintritt, ist sie unabhängig davon, ob sich eine der Parteien auf sie beruft, und sie ist in einem Prozess ggf. von Amts wegen zu berücksichtigen.
Umgedeutet werden kann etwa eine nichtige Abtretung in eine Ermächtigung zur Einziehung der Forderung, eine unwirksame Kündigung in den Antrag auf Abschluss eines Aufhebungsvertrages, eine unwirksame Anfechtung in eine Kündigung oder eine unwirksame außerordentliche Kündigung in eine ordentliche
Kündigung (da die Umdeutung aber nicht zu weiterführenden
rechtlichen Folgen führen darf als das tatsächlich vorgenommene Rechtsgeschäft, scheidet in den aufgeführten Beispielen eine Umdeutung in jeweils umgekehrter Richtung aus). Rechtsgeschäfte, bei denen gerade der angestrebte Erfolg Grund der Nichtigkeit ist (insbes. bei einem Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot, § 134 BGB, oder einem sittenwidrigen Geschäft, § 138 BGB), können regelmäßig nicht umgedeutet werden.
öffentliches Recht; Möglichkeit für das Gericht, einen Antrag, ein behördliches Handeln oder andere Maßnahmen im Wege der Auslegung anders zu deuten, als es wörtlich den Anschein hat, und dadurch z. B. den richtigen (zulässigen) Rechtsbehelf anzunehmen oder den weiter gehenden Rechtsschutz zu gewähren. Eine Umdeutung ist im Rahmen des § 88 VwG() möglich, soweit über das Klagebegehren nicht hinausgegangen wird. Allerdings ist das Gericht an die Fassung der Anträge nicht gebunden. Eine Umdeutung ist möglich, wenn bei verständiger Würdigung davon auszugehen ist, dass der Betroffene in Kenntnis der Sach- und Rechtslage einen anderen Antrag gestellt hätte oder ein anderes Handeln wollte. Die Grenze der Umdeutung ist jedenfalls erreicht, wenn die entsprechende Auslegung gegen den erkennbaren Willen des Betroffenen ist, ihm also etwas „untergeschoben” wird.
Siehe auch Umdeutung eines Verwaltungsaktes.
eines Rechtsgeschäfts Nichtigkeit von Rechtsgeschäften (3), Auslegung von Verfügungen von Todes wegen.
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