Verbrauchsgüterkauf
(§ 474 BGB) ist der Kauf eines beweglichen Gutes von einem Unternehmer durch den Verbraucher. Ausgenommen ist der Kauf gebrauchter Sachen in einer öffentlichen Versteigerung, an welcher der Verbraucher persönlich teilnehmen kann. Der Verbraucher wird durch das Verbot verschiedener abweichender Vereinbarungen, durch Beweislastumkehr für binnen sechs Monate nach Gefahrübergang auftretende Sachmängel, Sonderbestimmungen für Garantien und einiges Andere besonders geschützt (§§ 475 ff. BGB). Lit.: Staudenmeyer, D., Die EG-Richtlinie über den Verbrauchsgüterkauf, NJW 1999, 2393; Schreier, B., Vergleich der Umsetzung ausgewählter Verbraucher- schutzrichtlinien, 2004; Schroeter, ü., Probleme des Anwendungsbereichs des Verbrauchsgüterkaufrechts, JuS 2006, 682
Kaufvertrag über eine bewegliche Sache zwischen einem Verbraucher auf der Käuferseite und einem Unternehmer auf der Verkäuferseite (§ 474 Abs. 1 BGB).
Ein Verbrauchsgüterkauf i. S. d. § 474 Abs. 1 BGB liegt daher nicht vor bei Kaufverträgen:
— zwischen zwei Verbrauchern,
— zwischen einem Verbraucher auf Verkäuferseite und einem Unternehmer auf Käuferseite,
— zwischen zwei Unternehmern,
— über Elektrizität, da keine bewegliche Sache,
— über Immobilien,
— über Forderungen und Rechte.
Auf den Verbrauchsgüterkauf finden grundsätzlich die allgemeinen Regeln des Kaufrechts Anwendung, soweit nicht die Sondervorschriften der §§ 474 ff. BGB etwas anderes bestimmen.
Nach § 474 Abs. 1 S. 2 BGB ist die Anwendbarkeit dieser Vorschriften jedoch ausgeschlossen bei Kaufverträgen über gebrauchte Sachen (z. B. Fundsachen), die in einer öffentlichen Versteigerung verkauft werden, an der der Verbraucher persönlich teilnehmen kann. Der in § 474 Abs. 1 S.2 BGB verwendete Begriff „öffentliche Versteigerung” ist keinesfalls zu verwechseln mit der öffentlich-rechtlichen Versteigerung im Zwangsvollstreckungsrecht (z. B. § 814 ZPO). Dort sind Gewährleistungsansprüche des Ersteigerers bereits kraft Gesetzes ausgeschlossen (vgl. § 806 ZPO, § 56 ZVG). Maßgebend ist vielmehr die Legaldefinition des § 383 Abs. 3 S. 1 BGB.
Für den Verbrauchsgüterkauf gelten im Wesentlichen folgende von den allgemeinen kaufrechtlichen Bestimmungen abweichende Sonderregelungen:
— Die Vorschriften der §§ 433, 437, 439 bis 443 BGB sind beim Verbrauchsgüterkauf zwingendes Recht (§ 475 Abs. 1 BGB).
— Soweit Vorschriften des allgemeinen Kaufrechtes zwingendes Recht sind (s. o.), können diese auch nicht durch Umgehungsgestaltungen abbedungen werden (§ 475 Abs. 1 S. 3 BGB).
— Ein teilweiser oder völliger Gewährleistungsausschluss ist nach § 475 Abs. 3 BGB nur hinsichtlich des Schadensersatzanspruches des Käufers nach § 437 Nr.3 BGB unter Beachtung der §§ 307-309 BGB möglich.
— Die vertragliche Vereinbarung, die die Verjährungsfrist hinsichtlich der Gewährleistungsansprüche aus § 437 BGB mit Ausnahme des Anspruchs auf Schadensersatz vor Mitteilung eines Mangels bei neuen Sachen auf weniger als zwei Jahre und bei gebrauchten Sachen auf weniger als ein Jahr ab Verjährungsbeginn verkürzt, ist unzulässig (§ 475 Abs. 2 BGB).
— Praktisch bedeutsam ist beim Verbrauchsgüterkauf die in § 476 BGB normierte Umkehr der Beweislast.
Danach findet zugunsten des Käufers eine Umkehr der Beweislast hinsichtlich der Mängel statt, die sich innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach Übergabe des Kaufgegenstandes zeigen.
Damit findet eine Abkehr vom rechtlichen Grundsatz statt, dass der Käufer in entsprechender Anwendung des § 363 BGB den Mangel der Kaufsache im Zeitpunkt des Gefahriibergangs darlegen und bei Bestreiten des Verkäufers auch beweisen muss.
Die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung des § 476 BGB obliegt dann gem. § 292 ZPO grundsätzlich dem Verkäufer.
Die gesetzliche Vermutung greift allerdings dann nicht ein, wenn sie mit der Art der Kaufsache oder der Art des Mangels nicht vereinbar ist (§ 476 1. Hs. BGB).
Die Beweislastumkehr gilt daher beispielsweise nicht fiir verderbliche Waren wie Lebensmittel oder bei viruell oder bakteriell übertragbaren Tierkrankheiten im Rahmen eines Tierkaufvertrages, da nur schwerlich feststellbar sein wird, ob das Tier vor oder nach Lieferung an den Käufer angesteckt wurde. Eine generelle Unvereinbarkeit des § 476 BGB mit gebrauchten Sachen gibt es hingegen nicht; die Vorschrift des § 476 BGB wird von der Rechtsprechung insbesondere auf den Kauf von Gebrauchtwagen angewendet.
Prüfungsschema §476 BGB:
— Verbrauchsgüterkauf i.S.v. § 474 Abs. 1 BGB — Sachmangel i.S.v. § 434 BGB
— „Sich zeigen” binnen 6 Monaten ab Gefahrübergang
— Kein Ausschluss wegen Art der Sache
— Kein Ausschluss wegen Art des Mangels
— Keine Widerlegung der Vermutung gern. § 292 ZPO
Für die Abgabe einer Garantie nach § 443 BGB gelten die besonderen Anforderungen des § 477 BGB an die Garantietransparenz.
Nach § 474 Abs. 2 BGB findet die Gefahrtragungsregelung des §447 BGB keine Anwendung. Der Gefahrübergang im Verbrauchsgüterkauf findet daher auch beim Versendungskauf erst mit Übergabe der Kaufsache an den Käufer (§ 446 BGB) statt.
Der gesetzliche Gewährleistungsausschluss des § 445
13GB findet nach § 474 Abs. 2 BGB keine Anwendung.
Denn Verbrauchsgiiterkäufer stehen daher die kaufrechtlichen Gewährleistungsrechte auch hinsichtlich der Kaufsachen zu, die aufgrund eines wirksamen Pfandrechtes in einer öffentlichen Versteigerung unter der Bezeichnung als Pfand (§1235 BGB) verkauft werden.
Innerhalb der Leistungskette zwischen Verbraucher und Hersteller besteht die Möglichkeit des Unternehmerrückgriffs nach Maßgabe der §§478, 479 BGB.
1.
Basierend auf einer entsprechenden europäischen Richtlinie enthalten die §§ 474 ff. BGB Sondervorschriften für den Kauf einer beweglichen Sache durch einen Verbraucher von einem Unternehmer (Letztverkäufer, also nicht nur von einem Hersteller, sondern auch von einem Zwischenhändler). Die Vorschriften gelten also nicht für Kaufverträge unter Unternehmern (Handelskauf) oder zwischen zwei privatwirtschaftlich auftretenden natürlichen Personen, auch nicht, wenn der Verbraucher einen gewerblichen Verwendungszweck vortäuscht. Beim V. kann sich der Unternehmer auf eine (nicht nur durch Allgemeine Geschäftsbedingungen, sondern auch individualrechtliche) vorgängige Vereinbarung nicht berufen, durch die die Bestimmungen über die Gewährleistung für Mängel der (auch gebrauchten) Kaufsache zum Nachteil des Verbrauchers abgeändert worden sind (mit Ausnahme des Ausschlusses oder einer Beschränkung des Anspruchs auf Schadensersatz), § 475 I 1, III BGB. Dies gilt auch dann, wenn diese Vorschriften durch anderweitige Gestaltung umgangen werden sollen (§ 475 I 2 BGB; Beispiel: wenn der Unternehmer - obwohl er das wirtschaftliche Risiko trägt - bei einem Gebrauchtwagenkauf nicht als Vertragspartner, sondern nur als (angeblicher) Vermittler oder Vertreter des privaten Verkäufers auftritt (Agenturvertrag; möglich ist hier aber eine entsprechende konkrete Beschaffenheitsvereinbarung über den Zustand der Kaufsache bei Vertragsschluss). Für die (zwischenzeitliche) Nutzung einer gelieferten und wegen Mangelhaftigkeit umgetauschten Sache hat der Käufer keinen Wertersatz zu leisten (§ 474 II BGB), wohl aber bei Rückgängigmachung des V. (BGH NJW 2000, 427).
Eine Erleichterung der Verjährung von Gewährleistungsansprüchen darf nicht zu einer kürzeren Verjährungsfrist als 2 Jahre, bei gebrauchten Sachen mindestens 1 Jahr, führen (§ 475 II BGB). Von erheblicher praktischer Bedeutung ist auch eine Umkehrung der Beweislast. Zeigt sich nämlich innerhalb von 6 Monaten seit Gefahrübergang (Kauf, 3) ein Sachmangel (den der Käufer beweisen muss), so wird vermutet, dass der Kaufgegenstand bereits von Anfang an mangelhaft war (es sei denn, diese Vermutung ist mit der Art der Sache oder des Mangels unvereinbar, z. B. er wäre auch für einen Nichtfachmann unschwer erkennbar). Der Unternehmer muss dann also die Mangelfreiheit bei Übergabe der Sache nachweisen (§ 476 BGB). Eine Garantie des Unternehmers muss klar und verständlich abgefasst sein und den Inhalt der Garantie transparent darstellen; der Verbraucher kann verlangen, dass ihm die Garantieerklärung in Textform (Form, 1 a) mitgeteilt wird (§ 477 BGB).
2. Muss der Unternehmer die verkaufte neu hergestellte Sache infolge eines Sachmangels zurücknehmen oder hat der Käufer den Kaufpreis deswegen gemindert, so kann er gegen seinen Lieferanten Rückgriff nehmen. Für diesen Rückgriffsanspruch (einschließlich Ersatz von Aufwendungen) gelten zugunsten des rückgriffsberechtigten Unternehmers im Wesentlichen die gleichen Erleichterungen wie für den Primäranspruch des Verbrauchers; die Verjährung tritt frühestens 2 Monate nach dem Zeitpunkt ein, in dem der Unternehmer die Ansprüche des Verbrauchers erfüllt hat (§§ 478 f. BGB).
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