erpresserischer Menschenraub

Menschenraub, erpresserischer

(§239a StGB) spezieller Fall des Menschenraubes bzw. einer Freiheitsberaubung in Form des Kidnappings; eigentlich eine zweiaktige Norm, tatsächlich ist im Hauptanwendungsfall des Abs. 1, 1. Alt. der 2. Akt nur als Zielvorstellung in den subjektiven Tatbestand aufgenommen. Die Tat ist ein Verbrechen mit einer angedrohten Mindeststrafe von fünfJahren Freiheitsstrafe.
1) Der äußere Tatbestand enthält zwei Tathandlungen:
Entführen als Verbringen an einen anderen Ort, an dem das Opfer dem ungehemmten Einfluss des Täters preisgegeben ist, oder Sichbemächtigen als physische Machtausübung über einen Menschen ohne Ortsveränderung.
2) Der subjektive Tatbestand enthält eine überschießende Innentendenz: Der Täter muss in der Absicht gehandelt haben, die Sorge des Opfers um sein Wohl oder die Sorge eines Dritten um das Wohl des Opfers zu einer Erpressung auszunutzen.
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Hat der I ater die lathandlung ohne trpressungsabsicht, sondern aus anderen Motiven vorgenommen, so erfordert eine Strafbarkeit nach § 239 a StGB, dass er die geschaffene Lage auch tatsächlich zu einer vorgenannten Erpressung ausnutzt; die bloße Absicht genügt dafür nicht (vgl. § 239 a Abs. 1, 2. Alt. StGB).
3) Bei Einführung der Norm, zeitgleich zur Geiselnahme § 239b StGB, war erpresserischer Menschenraub nur dann erfüllt, wenn eine dritte Person zu einer Vermögensverfügung gezwungen werden sollte; mit Neufassung des Gesetzes im Jahre 1989 wurde der Anwendungsbereich auf Zwei-Personen-Beziehungen erweitert; damit ließen sich sogar Straßenräubereien in § 239 a StGB mit seiner rigiden Strafandrohung subsumieren. Der BGH verlangt seit einer Grundsatzentscheidung des Großen Senats (BGH GS NJW 1995, 471, 472) eine teleologische Reduktion für solche Zwei-Personen-Beziehungen, und zwar:
a) Stabilisierte Zwangslage,
— die bei Entführung des Opfers in Erpressungsabsicht wird in der Regel durch die Ortsveränderung gegeben ist
— und die in den Fällen des Sichbemächtigens fehlt, wenn die Mittel, mit denen der Täter die Herrschaft über das Opfer erlangt hat (durch Gewaltanwendung oder Droghung) zugleich die Zwangsmittel sind, durch die der Täter sein eigentliches Tatziel erreichen will, wenn also Bemächtigungs- und Erpressungsmittel zusammenfallen; im Übrigen soll für die Stabilisierung jede darüber hinausgehende Drucksituation genügen;
b) Zeitlich-funktionaler Zusammenhang,
der nur dann gegeben ist, wenn nach dem Täterplan das abgenötigte Opferverhalten noch während der durch das Entführen oder Sichbemächtigen geschaffenen Zwangslage vorgenommen werden soll. Daran fehlt es, wenn das Opferverhalten erst zu einem Zeitpunkt beginnen soll, zu dem die physische Herrschaft durch den Täter bereits beendet ist.
4) Verursacht der Täter durch die Tat wenigstens leichtfertig den Tod des Opfers (Erfolgsqualifizierung) ist gem. § 239 a Abs. 3 StGB auf lebenslange Freiheitsstrafe oder auf Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren zu erkennen.
5) Eine fakultative Strafmilderung ist in § 239 a Abs. 4 StGB für den Fall vorgesehen, in dem der Täter unter Verzicht auf die geplante Leistung (aus der Erpressung) das Opfer in dessen Lebenskreis zurück gelangen lässt. Tritt dieser Erfolg ohne Zutun des Täters ein, genügt bereits sein ernsthaftes Bemühen, den Erfolg zu erreichen.
6) Bei plangemäßer Durchführung der Erpressung treten §§ 253, 255 StGB aus Gründen der Klarstellung neben § 239a Abs. 1, 1. Akt. StGB: Die überschießende Innentendenz als Absicht verklammert beide Handlungen zur Tateinheit gem. § 52 StGB. Erpressung: (§253 StGB). Kombination aus Nötigung, Vermögensnachteil und unrechtmäßiger Bereicherung. Eine Qualifikation enthält § 255 StGB als räuberische Erpressung. Diese wiederum ist qualifi ziert uber 65U St(.iti als schwere rauberische Erpressung oder erfolgsqualifiziert in § 251 StGB als räuberische Erpressung mit Todesfolge.
1) Der äußere Tatbestand des § 253 StGB entspricht dem der Nötigung gem. § 240 Abs. 1 StGB: Der Täter geht mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel gegen einen Menschen vor; angesichts der qualifizierten räuberischen Erpressung gern. § 255 StGB und des Nötigungsmittels dort — Gewalt gegen eine Person — verbleibt für Gewalt bei § 253 StGB nur noch Gewalt gegen Sachen. Die Tathandlung führt beim Opfer zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung, durch die dem Vermögen des Genötigten oder eines anderen ein Nachteil zugefügt wird. Dieser eingetretene Vermögensschaden entspricht inhaltlich dem Vermögensnachteil des —i• Betruges aus § 263 StGB. Da auch in subjektiver Hinsicht — geplante unrechtmäßige Bereicherung — eine Übereinstimmung mit § 263 StGB besteht, wird in der Auslegung des Opferverhaltens darüber gestritten, ob § 253 StGB gleichermaßen ein Selbstschädigungsdelikt darstellt wie der Betrug gern. § 263 StGB.
Nach ständiger Rspr. genügt jedes Handeln, Dulden oder Unterlassen, wenn es sich nur vermögensnachteilig auswirkt. Gibt das Opfer gezwungenermaßen äußerlich die Sache heraus, so liegt ein tatbestandsmäßiges Handeln vor. Nimmt der Täter selbst die Sache an sich, so liegt tatbestandlich eine Duldung der Wegnahme vor. Ob im letzteren Fall zwischen den Delikten der Erpressung und des Diebstahls Tateinheit besteht oder Gesetzeskonkurrenz zugunsten des Diebstahls, ist noch nicht geklärt. Dem Wortlaut folgend ließe sich auch eine Wegnahme als geduldetes Verhalten subsumieren. Tatsächlich begreift der BGH die Erpressung als eine lex generalis im Bereich der Vermögensdelikte, sofern der Täter zu Nötigungsmitteln greift.
In der Lit. wird überwiegend das Opferverhalten als selbstschädigendes Verhalten begriffen und wie beim Betrug eine Vermögensverfügung verlangt. Nach diesem Verständnis schließen sich eine Wegnahme und eine Vermögensverfügung schon tatbestandlich aus. Hat der Täter selbst den Gewahrsamswechsel ohne Willen des genötigten Opfers vollzogen und liegt Zueignungsabsicht vor, ist nur Strafbarkeit aus §§ 242, 240, 52 StGB gegeben. Fehlte es an der Zueignungsabsicht, so ist nach der Lit. der Rückgriff auf § 253 StGB ausgeschlossen. Gegeben ist dann nur Nötigung, § 240 StGB.
2) Der subjektive Tatbestand mit der Absicht rechtswidriger Bereicherung entspricht dem des Betruges.
3) § 253 Abs. 2 StGB enthält dieselbe positiv zu bestimmende Rechtswidrigkeit wie § 240 Abs. 2; insoweit ist auch die Erpressung ein offener Tatbestand.
4) Der Versuch ist strafbar, § 253 Abs. 3 StGB.
5) Strafschärfungen: a) Abs. 4 enthält ein Regelbeispiel zur Strafschärfung in einem besonders schweren Fall, wenn die Erpressung gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande begangen wird.
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b) Räuberische Erpressung, § 255 StGB qualifiziert die Tat zum Verbrechen mit denselben Rechtsfolgen wie Raub.

Menschenraub.




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