Freiheit des Menschen
. Die menschliche Freiheit ist durch Art. 2 GG als Grundrecht in drei Erscheinungsformen gewährleistet: Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit (Abs. 1) und Recht auf Leben u. körperliche Unversehrtheit sowie Freiheit der Person (Abs. 2).
1. Freie Entfaltung der Persönlichkeit bedeutet Handlungsfreiheit im umfassenden Sinn. Sie beschränkt sich nicht auf den Kernbereich der Persönlichkeit, sondern schliesst die gesamte Lebensführung ein. Jeder kann tun u. lassen, was er will. Daher schützt Art. 2 I GG auch die freie wirtschaftliche Betätigung u. die freie Verwertung der Arbeitskraft. Die Entfaltungsfreiheit umfasst zugleich den Anspruch, durch die Staatsgewalt nicht mit einem Nachteil belastet zu werden (z. B. Steuer), der nicht in der verfassungsmässigen Ordnung begründet ist. Aus Art. 2 I i. V. m. Art. 1 I GG leitet die Rspr. des BGH ein allgemeines Persönlichkeitsrecht ab, das sich nicht nur gegen den Staat richtet, sondern auch im Privatrechtsverkehr gegenüber jedermann gilt. Die Weite des Schutzbereichs der Entfaltungsfreiheit rechtfertigt aber keine Ellbogenfreiheit; die Freiheit ist nur insoweit gewährleistet, als nicht die Rechte anderer verletzt werden und nicht gegen die verfassungsmässige Ordnung oder das Sittengesetz verstossen wird. Dabei meint "verfassungsmässige Ordnung" nicht nur die elementaren Verfassungsgrundsätze, sondern alle formell und materiell verfassungsmässigen Rechtsnormen.
2. Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit heisst, dass dem Staat die Verfügung über das Leben (auch das keimende Leben) und den Körper des Menschen entzogen ist. Dieses Recht erschöpft sich nicht in einem Verbot staatlicher Eingriffe. Es verpflichtet den Staat darüber hinaus, das Leben zu schützen u. zu fördern, es insbes. vor rechtswidrigen Eingriffen anderer zu bewahren. Aus diesem Grunde hat das Bundesverfassungsgericht die nach dem 5. Strafrechtsreformgesetz von 1974 in § 218 StGB vorgesehene Fristenlösung (Straffreiheit des Schwangerschaftsabbruchs in den ersten 12 Wochen nach der Empfängnis) für verfassungswidrig erklärt. Daran zeigt sich, dass der Gesetzesvorbehalt in Art. 2 II 3 GG, wonach in das Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit (nur) aufgrund eines Gesetzes eingegriffen werden darf, keine unbegrenzten Eingriffe zulässt.
3. Das Grundrecht der Freiheit der Person gewährleistet die körperliche Bewegungsfreiheit, die durch Festnahme, Verhaftung
o.a. nicht entzogen werden darf. Zwar kann auch in dieses Recht aufgrund eines Gesetzes eingegriffen werden (Art. 2 II 3 GG). Doch ergeben sich aus Art. 104 GG zusätzliche rechtsstaatliche Garantien. Danach kann die Freiheit der Person nur aufgrund eines förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt werden. Festgehaltene Personen dürfen weder seelisch noch körperlich misshandelt werden. Über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung hat nur der Richter zu entscheiden. Sofern die Freiheitsentziehung nicht auf richterlicher Anordnung beruht, ist unverzüglich eine richterliche Entscheidung herbeizuführen. Die Polizei darf aus eigener Machtvollkommenheit niemanden länger als bis zum Ende des Tages nach dem Ergreifen in eigenem Gewahrsam halten. Wer wegen des Verdachts einer Straftat vorläufig festgenommen wird, muss spätestens am Tag nach der Festnahme dem Richter vorgeführt werden. Dieser hat ihm die Gründe der Festnahme mitzuteilen, ihn zu vernehmen u. ihm Gelegenheit zu Einwendungen zu geben. Der Richter muss unverzüglich entweder einen schriftlichen Haftbefehl erlassen oder die Freilassung anordnen. Von jeder richterlichen Entscheidung über die Anordnung oder Fortdauer einer Freiheitsentziehung ist unverzüglich ein Angehöriger oder eine Vertrauensperson des Festgehaltenen zu informieren.
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