Selbstanzeige
Mitteilung an Polizei- od. sonst zuständige Behörde, dass Mitteiler Strafe od. Ordnungswidrigkeit begangen hat. Ist die Straftat nicht begangen u. Anzeige wider besseres Wissen erstattet, liegt Vergehen der Vortäuschung einer Straftat nach § 145 d StGB vor. Bei verschiedenen Straftaten kann S. zur Einstellung des Verfahrens führen; auch kann die Staatsanwaltschaft mit Zustimmung des Gerichts von Anklageerhebung absehen. Dies gilt z.B. für die Verfolgung politischer Straftaten (§ 153c StPO) od. für die Opfer einer Nötigung od. Erpressung (§ 154c StPO).
ist die (vielfach strafbefreiende) Anzeige eines (möglicherweise) rechtswidrigen Verhaltens durch den Täter (z.B. im Steuerrecht oder im Disziplinarrecht). Lit.: Stahl, R., Selbstanzeige und strafbefreiende Erklärung, 2. A. 2004; Breyer, J., Der Inhalt der strafbefrei- enden Selbstanzeige, 1999
Allgemein die Mitteilung eines bestimmten Sachverhaltes gegenüber einem Ermittlungsorgan mit der Behauptung des Anzeigeerstatters, sich selbst wegen der Beteiligung an einer dem angezeigten Sachverhalt innewohnenden Tat strafbar gemacht oder ordnungswidrig verhalten zu haben. Die Selbstanzeige ist in jeder Form möglich und führt regelmäßig zu der Aufnahme von Ermittlungen hinsichtlich der angezeigten Tat, sofern dieser nicht offensichtlich kein Deliktstatbestand des Strafrechtes oder Ordnungswidrigkeitenrechtes (Ordnungswidrigkeiten) entnommen werden kann. Eine unrichtige Selbstanzeige kann strafrechtliche (§ 145d StGB) und kostenrechtliche (z. B. § 467 Abs. 3 StPO) Folgen haben. Die Selbstanzeige kann sich auch darauf beschränken, sich wegen eines bereits bestehenden Tatverdachtes gegen eine namentlich noch unbekannte Person selbst namhaft zu machen. Hier wird die Selbstanzeige im Allgemeinen bezwecken, den Tatvorwurf im folgenden Verfahren zu widerlegen. Bedeutung hat die Selbstanzeige als steuerliche Selbstanzeige vor allem im Steuerstrafrecht und Steuerordnungswidrigkeitenrecht. Hier führt sie grundsätzlich zu einer Straf- und Bußgeldfreiheit bei einer Handlung, die bereits sämtliche Tatbestandsmerkmale der Steuerhinterziehung (§ 370 AO) oder leichtfertigen Steuerverkürzung (§ 378 AO) erfüllt hat (§§ 371 Abs. 1, 378 Abs. 3 AO). Die Bußgeldtatbestände der §§ 379, 380 AO bleiben allerdings unberührt, also weiterhin anwendbar. Ihrem Wesen nach ist die steuerliche Selbstanzeige ein persönlicher Strafauthebungsgrund (Strafaufhebungsgrund, persönlicher). Ihr gesetzgeberischer Zweck besteht ausschließlich in der Erschließung bislang unbekannter Steuerquellen, sodass das Motiv des sich selbst Anzeigenden unerheblich ist. Wegen der offensichtlichen Privilegierung der Täter einer Steuerstraftat oder Steuerordnungswidrigkeit gegenüber anderen Straftätern, denen der Rücktritt von einer bereits vollendeten Tat nicht möglich ist, ist die strafbefreiende steuerliche Selbstanzeige dogmatisch und verfassungsrechtlich umstritten. Sie findet kraft gesetzlicher Regelung teilweise auch in anderen Bereichen des Abgaben- und Prämienrechtes entsprechende Anwendung. Die steuerliche Selbstanzeige kann jeder Beteiligte einer Steuerhinterziehung oder leichtfertigen Steuerverkürzung für sich selbst erstatten. Der Inhalt der Selbstanzeige muss die Finanzbehörde in die Lage versetzen, auf der Grundlage der insoweit gemachten Angaben ohne langwierige umfangreiche Ermittlungen den Sachverhalt vollends aufzuklären. Der Anzeigeerstatter braucht dabei nur die auf seine Art der Beteiligung bezogenen Tatbeiträge zu offenbaren. Wirksam abgegeben ist die steuerliche Selbstanzeige erst mit dem Eingang bei der zuständigen Finanzbehörde (§ 6 Abs. 2 AO). Ferner ist zur Straf- und Bußgeldfreiheit erforderlich, dass die verkürzten Steuern innerhalb der von der Finanzbehörde gesetzten Frist nachentrichtet werden (§ 371 Abs. 3 AO). Die inhaltlich und der Form nach genügende steuerliche Selbstanzeige führt unter bestimmten Voraussetzungen (Ausschlussgründe) gleichwohl nicht zur Straf- oder Bußgeldfreiheit. Bei der Steuerhinterziehung (§ 370 AO) tritt Straffreiheit nicht ein, wenn vor der Berichtigung, Ergänzung oder Nachholung der unvollständigen Angaben ein Amtsträger der Finanzbehörde zur steuerlichen Prüfung oder zur
Ermittlung einer Steuerstraftat oder Steuerordnungswidrigkeit erschienen ist, oder dem Täter oder dessen Vertreter die Einleitung des Straf- oder Bußgeldverfahrens wegen der Tat bekannt gegeben worden ist, oder die Tat im Zeitpunkt der Berichtigung, Ergänzung oder Nachholung der Angaben ganz oder zum Teil bereits entdeckt war und der Täter dies wusste oder bei verständiger Würdigung der Sachlage damit rechnen musste (§ 371 Abs. 2 AO). Bußgeldfreiheit im Rahmen der leichtfertigen Steuerverkürzung tritt trotz einer Berichtigungserklärung nicht ein, wenn dem Täter oder dessen Vertreter vor der Berichtigungserklärung die Einleitung eines Straf- oder Bußgeldverfahrens wegen der Tat bekannt gegeben worden ist (§ 378 Abs. 3 AO). Eine misslungene steuerliche Selbstanzeige führt zwar nicht zur Straf- oder Bußgeldfreiheit, kann aber ein wesentlicher Schuldgesichtspunkt zugunsten des Täters sein.
einer Steuerstraftat (§§ 371, 378 III AO) ist tätige Reue, die - anders als im allgemeinen Strafrecht - auch bei vollendeter Tat Straffreiheit verschafft. Voraussetzung ist, dass der Steuerpflichtige durch ausreichende Angaben die Festsetzung der richtigen Steuer ermöglicht und den verkürzten Betrag innerhalb der vom Finanzamt gesetzten Frist entrichtet. Straffreiheit kann bei Steuerhinterziehung und leichtfertiger Steuerverkürzung eintreten (§§ 370, 378 AO). Die S. wegen Steuerhinterziehung ist ausgeschlossen, wenn ein Amtsträger zur Prüfung oder Ermittlung erschienen ist oder die Einleitung eines Straf- oder Bußgeldverfahrens bekanntgegeben worden ist. Sie scheidet auch aus, wenn die Tat ganz oder zum Teil entdeckt war und der Täter dies wußte oder bei verständiger Würdigung der Sachlage damit rechnen musste (§ 371 II AO). Bei leichtfertiger Steuerverkürzung kann dagegen bis zur Bekanntgabe der Einleitung eines Straf- oder Bußgeldverfahrens S. erstattet werden (§ 378 III AO). S. a. Steueramnestie; Steuerstrafrecht.
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