Vollstreckungshilfe

Unterstützung der Strafvollstreckung durch andere Hoheitsträger. Sie wird insbesondere bei innerstaatlicher Amtshilfe von Bedeutung, wenn eine Vollstreckung außerhalb des Bezirks der zuständigen Staatsanwaltschaft erforderlich wird. Daneben ist eine Vollstreckungshilfe als Teil der internationalen Rechtshilfe von Bedeutung. Danach ist eine Vollstreckung eines ausländischen Erkenntnisses im Inland oder eines deutschen Erkenntnisses im Ausland möglich.

1.
V. in Strafsachen ist vor allem innerstaatliche Amtshilfe, die insbes. die Strafvollstreckung außerhalb des Bezirks der zuständigen Staatsanwaltschaft zulässt (s. § 163 GVG).

2.
Daneben ist V. in Strafsachen ist Teil der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen. Sie ermöglicht die Strafvollstreckung eines ausländischen Erkenntnisses im Inland oder eines deutschen Erkenntnisses im Ausland.

a) Die vertragslose V. richtet sich nach §§ 48 ff. und 71 G über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRG) i. d. F. v. 27. 6. 1994 (BGBl. I 1537). Danach erfordert die Strafvollstreckung im Inland ein Ersuchen einer zuständigen ausländischen Stelle sowie die Beachtung der für eine Auslieferung einzuhaltenden Grundsätze (Normenidentität, Gegenseitigkeit, beiderseitige Verfolgbarkeit, keine Verjährung). Das rechtliche Gehör und die Möglichkeit angemessener Verteidigung müssen in dem ausländischen Verfahren gewährt worden sein; auch werden nur Erkenntnisse unabhängiger Gerichte oder von Stellen anerkannt, gegen deren Entscheidung ein solches Gericht angerufen werden kann. Über die Vollstreckbarkeit entscheidet die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts durch Beschluss (Vollstreckungsbeschluss), gegen den sofortige Beschwerde statthaft ist. Ggf. wandelt sie die ausländische Sanktion in die dem deutschen Recht am ehesten entsprechende um. Nach Erlass des Beschlusses entscheidet über die Bewilligung der Vollstreckung die zuständige Justizverwaltungsbehörde.
Die Strafvollstreckung im Ausland auf Ersuchen des BMJ an einen ausländischen Staat setzt insbes. voraus, dass der Grundsatz der Spezialität gewährleistet ist, keine politische Verfolgung droht (Auslieferung) und eine Rücknahme oder Beschränkung des Ersuchens beachtet wird. Außerdem muss sie durch Beschluss der Strafvollstreckungskammer, gegen den sofortige Beschwerde möglich ist, für zulässig erklärt werden.

b) Vertraglich geregelt ist die V. durch das Übereinkommen des Europarats vom 21. 3. 1983 über die Überstellung verurteilter Personen (G v. 26. 9. 1991, BGBl. II 1006) und das Überstellungsausführungsgesetz (ÜAG) vom 26. 9. 1991 (BGBl. I 1954). Sie erleichtern die Überstellung ausländischer Verurteilter vom Tatort-/Urteilsstaat zur Vollstreckung der freiheitsentziehenden Sanktion in den Heimat-/Vollstreckungsstaat. Das Ersuchen kann von jedem der beiden Staaten gestellt werden. Voraussetzungen der Überstellung sind: Der Verurteilte ist Staatsangehöriger des Vollstreckungsstaates; er stimmt zu: das Urteil ist rechtskräftig; es sind noch mindestens 6 Monate der Sanktion zu vollstrecken; die Tat ist auch nach dem Recht des Vollstreckungsstaates eine Straftat; die beiden Staaten sind sich über die Überstellung einig. Das ÜAG sieht für die Zustimmung des Verurteilten eine Erklärung zu Protokoll eines Richters vor (§ 2 ÜAG). Die Aussetzung der Vollstreckung in der BRep. als Urteilsstaat endet, wenn der Verurteilte sich der Vollstreckung im Vollstreckungsstaat entzieht (§ 3 ÜAG). Wird der Verurteilte vor Ende der Vollstreckung ohne einen Nachweis darüber im Bundesgebiet angetroffen, kann er auf Grund richterlicher Anordnung insgesamt 18 Tage zur Sicherung eines etwa aufgelebten Vollstreckungsanspruchs der BRep. als Urteilsstaat festgehalten werden.
Durch das Übereinkommen vom 13. 11. 1991 zwischen den Mitgliedstaaten der EG über die Vollstreckung ausländischer strafgerichtlicher Verurteilungen (G v. 7. 7. 1997, BGBl. II 1350) wird die V. zwischen diesen Vertragsstaaten verstärkt. Insbes. wird die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe ohne Zustimmung des Verurteilten gestattet, wenn der Verurteilte sich im Vollstreckungsstaat befindet und seine Auslieferung an den Urteilsstaat nicht in Betracht kommt.
Durch die Rahmenbeschlüsse 2002/584/JI v. 13. 6. 2002 (RbEuHb) über den Europ. Haftbefehl und das Übergabeverfahren (ABl. EG L 190, 1), 2003/577/JI (RbSich) v. 22. 7. 2003 über die Vollstreckung von Entscheidungen über die Sicherstellung von Vermögensgegenständen oder Beweismitteln (ABl. L 196, 45) und 2006/783/JI (RbEinziehung) v. 6. 10. 2006 über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung auf Einziehungsentscheidungen (ABl. L 328/59), die in §§ 78 ff. IRG umgesetzt sind, wird zwischen den EU-Mitgliedstaaten der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen als Prinzip der justiziellen Zusammenarbeit im Rahmen der V. verwirlicht. Umzusetzen sind noch die Rahmenbeschlüsse 2005/214/JI über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung von Geldstrafen und Geldbußen (RbGeld) v. 24. 2. 2005 (ABl. L 76/16) und 2008/78/JI über die Europ. Beweisanordnung zur Erlangung von Sachen, Schriftstücken und Daten zur Verwendung in Strafverfahren (RbEBA) v. 18. 12. 2008 (ABl. L 350/72).
Die V. für den Internationalen Strafgerichtshof regeln das Römische Statut v. 17. 7. 1998 (BGBl. 2000 II 1393) und das G über die Zusammenarbeit mit dem IStGH v. 21. 6. 2002 (BGBl. I 2144).




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