Persönlichkeitsrecht, allgemeines
insbes. Zivilrecht: Recht des Menschen auf Achtung seiner Würde und
auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, das nach der Rspr. (seit BGHZ 13, S. 334 ff.) als sonstiges Recht i. S. d. § 823 Abs. 1 BGB deliktischen Schutz vor Eingriffen genießt. Geschützt sind in erster Linie natürliche Personen. Dieser Schutz reicht — als postmortaler Persönlichkeitsschutz — auch über den Tod hinaus und schützt das fortwirkende Lebensbild eines Verstorbenen gegen schwerwiegende Entstellungen. Juristische Personen und Personengesellschaften genießen Schutz, wenn und soweit ihr sozialer Geltungsanspruch in ihrem Aufgabenbereich betroffen wird (sog. Verbandsehre).
Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt vor allem vor einem Eindringen in die Privatsphäre, Weitergabe von Angelegenheiten aus der Privatsphäre und Ehrverletzungen. Als sog. Rahmenrecht indiziert der Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht noch nicht dessen Rechtswidrigkeit. Vielmehr bedarf es einer im Einzelfall vorzunehmenden umfassenden Güter- und Interessenabwägung, bei der u. a. die Schwere des Eingriffs und das Recht zur freien Meinungsäußerung zu berücksichtigen sind.
Als Rechtsfolge einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts kommen insbes. Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche (ggf. auch auf Widerruf) in Betracht. Ein Schadensersatzanspruch umfasst nach der Rspr. des BGH (seit BGHZ 26, S. 349 ff., „Herrenreiterfall”) auch eine (nicht mit dem Schmerzensgeld nach § 253 Abs. 2 BGB identische) Geldentschädigung für die Persönlichkeitsrechtsverletzung, die auf den Schutzauftrag aus Art. 1, 2 Abs. 1 GG zurückgeht und auf dem Gedanken beruht, dass ohne einen solchen Anspruch Verletzungen der Würde und Ehre des Menschen häufig ohne Sanktion blieben mit der Folge, dass der Rechtsschutz der Persönlichkeit verkümmern würde. Bei der Bemessung der Geldentschädigung steht daher (anders als beim Schmerzensgeldanspruch) der Gesichtspunkt der Genugtuung des Opfers im Vordergrund.
öffentliches Recht: Im GG nicht ausdrücklich geregeltes Freiheitsrecht, das die informationelle Selbstbestimmung, die engere persönliche Lebenssphäre und das Recht des Einzelnen schützt, selbst über sein Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit zu bestimmen (z. B. Ehrschutz). Überwiegend wird davon ausgegangen, dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht seine Grundlage in Art. 2 Abs. 1 GG findet und dass für die Auslegung die Menschenwürde aus Art.1 Abs. 1 GG heranzuziehen ist. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht wird in Fallgruppen näher ausgestaltet.
Ein Teil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ist das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Danach hat jedermann das Recht, grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und in welchem Umfang persönliche Tatsachen und Sachverhalte offenbart, also erhoben, gespeichert, verwendet oder weitergegeben werden (BVerfGE 65, 1 — „Volkszählungsurteil”). Dabei ist der Betroffene allerdings nicht in allen Lebensbereichen in gleicher Weise schutzwürdig. Aus diesem
Grunde findet die vom BVerfG entwickelte Sphärentheorie Anwendung (BVerfGE 6, 32; 90, 255). Danach wird der menschliche Lebensbereich in drei Bereiche unterteilt:
— die Intimsphäre, die den innersten, unantastbaren Bereich der Persönlichkeit betrifft und jeglichem Eingriff durch die Staatsgewalt entzogen ist;
— die Privatsphäre, die den engeren persönlichen Lebensbereich insb. in der Familie betrifft. Eingriffe sind nur rechtmäßig, wenn sie im überwiegenden Interesse der Allgemeinheit unter strikter Einhaltung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit erfolgen;
— die Individual- oder Sozialsphäre, die das Ansehen des Einzelnen im Bekanntenkreis und in der Öffentlichkeit erfasst. Da in diesem Bereich von vornherein Bezüge nach außen bestehen, sind verhältnismäßige Eingriffe rechtmäßig.
Das BVerfG hat in seinem Urteil v. 27.2.2008 1 BvR 370/07 und 595/07 — das Grundrecht auf Gewährleitung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme entwickelt. Danach ist die heimliche Infiltration eines informationstechnischen Systems, um dessen Nutzung zu überwachen und dessen Daten auszuspähen, nur zulässig, wenn tatsächliche Anhaltspunkte einer konkreten Gefahr für ein überragend wichtiges Rechtsgut (z. B. Leib, Leben, Freiheit der Person; Bestand des Staates) bestehen, der Eingriff unter Richtervorbehalt steht und das Gesetz Vorkehrungen zum Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung enthält.
Zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht zählt ebenfalls der Schutz der persönlichen Ehre. Dabei ist der Persönlichkeitsschutz bei einer Schmähung durch Dritte regelmäßig höher zu werten als die Meinungsfreiheit (BVerfGE 54, 208).
Ein weiterer Bestandteil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ist das Recht am eigenen Bild (BVerfGE 34, 238; 54, 148), am eigenen Wort (BVerfGE 34, 238) und am eigenen Namen. Auch diese Rechte, insb. das Recht am eigenen Bild, sind nicht in allen Lebensbereichen gleichermaßen geschützt, sondern es findet die Sphärentheorie Anwendung.
Weitere Fallgruppen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts sind z. B. das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung, das Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung oder das Recht des Strafgefangenen auf Resozialisierung.
Das allgemeine Persönlichkeitsrecht steht wegen der Herleitung aus Art.2 Abs. 1 GG unter einem einfachen Gesetzesvorbehalt, der wegen der Verbindung zu Art.1 Abs. 1 GG ein Parlamentsvorbehalt ist.
(Art. 1 I, 2 I GG) ist ein einheitliches, umfassendes subjektives Recht auf Achtung und Entfaltung der Persönlichkeit, das als sonstiges Recht nach § 823 I BGB geschützt wird. Auch §1004 BGB ist analog anwendbar, so daß sich bei einer Verletzung ein Be-seitigungs- und Unterlassungsanspruch ergeben kann. Geschützt werden die Individualsphäre, die Privat-sphäre und die Intimsphäre einer Person. Daraus hat die Rspr. bestimmte Fallgruppen entwik-kelt, wie z.B. den Ehrenschutz oder den Schutz des Rechts am eigenen Bild. Das P. greift als subsidiäres Recht nur ein, sofern sich keine speziellen Regelungen des allgemeinen P. (z.B. §§12 BGB, 11 UrhG; 14 V MarkenG) finden. Da das allgemeine P. einen sehr weiten Schutzbereich hat, muß die Rechtswidrigkeit anhand einer umfassenden Güterund Interessenabwägung positiv festgestellt (offener Tatbestand) werden und wird nicht alleine durch die Verletzung indiziert.
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