Strafbefehlsverfahren
Besondere Verfahrensart der StPO, die eine Straffestsetzung nach Aktenlage ohne Hauptverhandlung und Urteil ermöglicht. Gemäß § 407 StPO können die Rechtsfolgen der Tat auf schriftlichen Antrag der Staatsanwaltschaft im Verfahren über Vergehen vor dem Strafrichter und
dem Schöffengericht durch Strafbefehl festgesetzt werden. Die möglichen Rechtsfolgen sind in § 407 Abs. 2 StPO beschränkt.
Festgesetzt werden dürfen insbesondere Geldstrafen, Verwarnung mit Strafvorbehalt, Fahrverbot, Verfall, Einziehung, Vernichtung, Unbrauchbarmachung. Freiheitsstrafe kann nur bis zu einem Jahr und nur dann festgesetzt werden, wenn der Angeschuldigte einen Verteidiger hat. Festgesetzt werden kann auch die Entziehung der Fahrerlaubnis, bei der die Sperre für die Wiedererteilung nicht mehr als zwei Jahre beträgt.
Das Gericht prüft den Antrag in einem summarischen Verfahren, d. h. nach Aktenlage und ohne eigene Tat- und Schuldfeststellungen. Es bestehen drei Möglichkeiten der Reaktion auf den Antrag der Staatsanwaltschaft:
— Verneint das Gericht hinreichenden Tatverdacht, ist der Erlass des Strafbefehls abzulehnen (§ 408 Abs. 2 StPO). Der Staatsanwaltschaft steht hiergegen gemäß § 408 Abs. 1 S.3 StPO die sofortige Beschwerde zu.
Bestehen keine Bedenken am hinreichenden Tatverdacht, jedoch hinsichtlich der Höhe der beantragten Strafe oder der Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, beraumt das Gericht Termin zur Hauptverhandlung an.
- Anderenfalls hat der Richter dem Antrag zu entsprechen und den Strafbefehl zu erlassen, der dann dem Beschuldigten zugestellt wird.
Ist das Hauptverfahren bereits eröffnet, kommt gemäß § 408 a StPO der Erlass eines Strafbefehls insbesondere bei Ausbleiben oder Abwesenheit des Angeklagten in der Hauptverhandlung in Betracht. Zu diesem Fall kann der Staatsanwalt den Antrag mündlich stellen, der wesentliche Inhalt ist in das Sitzungsprotokoll aufzunehmen. Den Inhalt des Strafbefehls, der in wesentlichen Teilen dem Inhalt der Anklageschrift entspricht, regelt § 409 StPO. Der Angeklagte kann gegen den Strafbefehl innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung Einspruch einlegen, der auf den Rechtsfolgenausspruch oder Teile hiervon - ibs. auf die Höhe des einzelnen Tagessatzes verbunden mit einem Antrag auf Entscheidung im Beschlussverfahren - beschränkt werden kann. Anderenfalls erwächst der Strafbefehl in Rechtskraft und steht einem Urteil gleich (§ 410 Abs. 3 StPO). Die materielle Rechtskraft des Strafbefehls ist gegenüber eincin Urteil allerdings eingeschränkt, da es sich nur um ein summarisches Verfahren handelt: Neu entdeckte Umstände, die zu einem Vergehen oder einer Ordnungswidrigkeit führen, sind vom Strafklage-verbrauch erfasst; neu ermittelte Tatsachen bzw. Beweise, die den Verdacht auf ein Verbrechen begründen, können gemäß § 373 a StPO zur Wiederaufnahme des Verfahrens führen.
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