Sühneversuch
Hat nichts mit Sühne im Sinne von Busse zu tun, sondern kommt von "Versöhnung". Es handelt sich um einen Versuch der gütlichen Beilegung eines Rechtsstreits. Im Zivilprozess kann das Gericht in jeder Lage des Verfahrens die Parteien zum Zwecke des S.s. vor einen beauftragten oder ersuchten Richter verweisen (§ 296 ZPO). In Ehesachen (Eheprozess) ist der S. i. d. R. eine Voraussetzung der Anberaumung eines Termins zur Verhandlung über die Klage (§§ 608-610 ZPO). Der S. findet dort vor dem Vorsitzenden oder einem von ihm beauftragten Mitglied des Gerichtes in einem eigenen Sühnetermin statt, in dem sich die Parteien nicht durch Bevollmächtigte vertreten lassen können. Im Strafverfahren ist der S. eine ProzessVoraussetzung der Privatklage. Er wird dort i.d.R. nicht durch das Gericht, sondern durch von den Landesjustizbehörden eingerichtete bzw. beauftragte Vergleichsbehörden durchgeführt (z. B. in Baden-Württemberg durch die Gemeindegerichte, in Bayern durch die Gemeinde, in Hamburg durch das Amtsgericht, in den übrigen Ländern der BRD durch den Schiedsmann). Gütestelle, Güteverhandlung.
Voraussetzung der Erhebung der Privatklage bei den in § 380 Abs. 1 S.1 StPO genannten Straftaten. Zuständig ist die von der Landesjustizbehörde zu bezeichnende „Vergleichsbehörde” (in den meisten Bundesländern die Schiedsperson, in Baden-Württemberg und Bayern die Gemeinden). Das erfolgreiche Sühneverfahren endet mit einem Sühnevergleich, der den Verzicht auf das Privaddagerecht beinhaltet. Scheitert das Sühneverfahren, ist gemäß § 380 Abs. 1 S.2 StPO eine entsprechende Bescheinigung mit der Klage einzureichen.
1.
In Strafsachen muss bei bestimmten Delikten, die Gegenstand einer Privatklage sein können, nach § 380 StPO dem gerichtlichen Verfahren ein S. vorausgehen (bei Hausfriedensbruch, Beleidigung, leichter, gefährlicher oder fahrlässiger Körperverletzung, Bedrohung, Sachbeschädigung und Verletzung des Briefgeheimnisses nach § 202 StGB). Ein erfolgloser S. ist Prozessvoraussetzung für das Privatklageverfahren; er ist durch eine Sühnebescheinigung nachzuweisen. Wird diese trotz Fristsetzung nicht eingereicht, ist die Privatklage als unzulässig abzuweisen. Kommt beim S. ein Vergleich zwischen den Parteien zustande, so entfällt das Klagerecht des Privatklägers. Über die Durchführung des S. Schiedsperson, Schiedsstelle, Vergleich, Vergleichsbehörde.
2.
Der zivilrechtliche S., durch den ein Rechtsstreit gütlich beigelegt werden soll, ist in allen Verfahrensordnungen vorgesehen, soweit sich Parteien oder Beteiligte gegenüberstehen und der Verfügungsgrundsatz gilt. Der erfolgreiche S. führt i. d. R. zu einem Prozessvergleich. Das Gesetz sieht den gerichtlichen S. grundsätzlich in jeder Lage des Verfahrens vor (§ 278 I ZPO, der in anderen Gerichtsbarkeiten entsprechend gilt); der streitigen Verhandlung geht i. d. R. eine Güteverhandlung voraus (§ 278 II ZPO). Für das arbeitsgerichtliche Verfahren Güteverfahren. Ein S. ist außerdem in verschiedenen Gesetzen zu dem Zweck vorgesehen, Streitigkeiten außergerichtlich beizulegen (z. B. § 15 UWG; s. unlauterer Wettbewerb, 3). S. a. Schlichtung, Gütestellen, Schiedsperson.
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