Privatklage

Die Privatklage bildet das Gegenstück zur Klage von Amts wegen, die einem Tatbestand folgt, bei dem die Staatsanwaltschaft wegen eines öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung Anklage zu erheben hat. Die Möglichkeit zur Privatklage besteht bei Straftaten, die vom Gesetz als nicht ganz so gravierend angesehen werden und sich oft im rein privaten Lebensbereich abspielen; dies sind z. B. Hausfriedensbruch, Beleidigung, Körperverletzung und Sachbeschädigung. Da auch diese Straftaten selbstverständlich geahndet werden sollen, überlässt der Gesetzgeber die Initiative dem Geschädigten bzw. Verletzten.

Wenn die Staatsanwaltschaft es jedoch für notwendig erachtet, aus besonderen Gründen eine dieser Straftaten zu verfolgen, dann kann sie das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung jederzeit bejahen und Anklage ereben wie bei den von Amts wegen zu verfolgenden Delikten. Ein Bereich, in dem dies regelmäßig geschieht, ist die Körperverletzung als Folge von Verkehrsunfällen.

§ 374 StPO
Sühneversuch
Bei Hausfriedensbruch, Beleidigung, Verletzung des Briefgeheimnisses, Körperverletzung, Bedrohung und Sachbeschädigung muss dem Privatklageverfahren ein erfolgloser Sühneversuch vorausgegangen sein, allerdings unter der Voraussetzung, dass die Kontrahenten in derselben Gemeinde wohnhaft sind. Die Landesjustizverwaltungen regeln, welche Behörde Sühnebehörde im Sinne dieser Vorschrift ist — mancherorts ist es etwa der Bürgermeister oder Oberbürgermeister, der als "Friedensrichter" fungiert. Der Geschädigte bzw. der Verletzte muss ein schriftliches Gesuch an die Gemeindeverwaltung mit der Bitte um Anberaumung eines Sühnetermins einreichen und dabei kurz den Sachverhalt und den Vorwurf, den er seinem Gegenspieler macht, schildern. Die Gemeindeverwaltung fordert dann einen Gebührenvorschuss an und legt einen Termin fest. Bei dieser Gelegenheit wird versucht, eine gütliche Einigung zu erzielen. Ist dies nicht möglich oder erscheint der Beschuldigte nicht zum Sühnetermin, dann erhält der Kläger eine entsprechende Bescheinigung über die Erfolglosigkeit des Sühneversuchs. Die Notwendigkeit eines Sühneversuchs entfällt, wenn die Gegner nicht in derselben Gemeinde wohnen. Dann kann direkt Privatklage erhoben werden.
Einreichung der Privatklage
Die Privatklage muss beim Amtsgericht, das für das Verfahren zuständig ist, eingereicht werden. In der Regel handelt es sich dabei um das Gericht, in dessen Bezirk die Straftat begangen wurde. In der äußeren Form gleicht die Privatklage einer Anklageschrift. Sie muss schriftlich beim Gericht eingehen; man kann sich aber auch an die Rechtsantragstelle des Gerichts wenden und sich dort bei der Abfassung der Privatklage helfen lassen. Gegebenenfalls fügt man die Bescheinigung über einen erfolglosen Sühneversuch bei.
Gleichzeitig ist ein Gebührenvorschuss zu entrichten bzw. auf eine entsprechende Anforderung des Gerichts zu bezahlen.
Die weitere Vorgehensweise entspricht im Wesentlichen der des normalen Strafprozesses: Erst entscheidet das Gericht, ob es die Privatklage zulässt oder zurückweist, und falls es dann zu einem Verfahren kommt, endet es entweder mit einer Einstellung, einem Freispruch oder einer Verurteilung.
Auch für einen Privatkläger kann Prozesskostenhilfe in Betracht kommen. Ob der Privatkläger für die Hauptverhandlung einen Rechtsanwalt engagiert oder sich selbst vertritt, ist ihm freigestellt.

Siehe auch Prozesskostenhilfe, Strafprozess

Trotz ihres Namens hat die Privatklage nichts mit dem Privatrecht oder dem Zivilprozeß zu tun. Es handelt sich vielmehr um eine besondere Art des Strafprozesses. Es gibt eine Reihe von Straftaten, bei denen das öffentliche Interesse an einer Bestrafung der Täter gering ist. Bei ihnen wird daher grundsätzlich nicht die Staatsanwaltschaft als Anklagebehörde tätig, sondern es bleibt dem Geschädigten selbst überlassen, als Ankläger aufzutreten. Er muß gegen den Täter Privatklage erheben. Das ist unter anderem der Fall bei der Beleidigung, dem Hausfriedensbruch, der (einfachen) Körperverletzung, der Sachbeschädigung, Verstößen gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb und gegen das Patentgesetz (§374 StPO). Der Privatkläger muß dem von ihm Angeklagten eine Sicherheit für die Prozeßkosten leisten und einen Gebührenvorschuß an das Gericht zahlen; außerdem muß meist zuvor ein Sühneversuch bei einem Schiedsmann unternommen werden (§§379, 380 StPO). Das Gericht hat nach Anhörung des Beschuldigten darüber zu entscheiden, ob es das Hauptverfahren eröffnen will; geschieht dies, findet eine Hauptverhandlung wie in einem normalen Strafprozeß statt (§§383, 384 StPO). Die Staatsanwaltschaft kann die Anklage jederzeit übernehmen, wenn sie doch noch ein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung annimmt (§377 Abs. 2 StPO). In diesem Falle bleibt der Privatkläger aber am Verfahren beteiligt. Man bezeichnet ihn dann als Nebenkläger. Auch wenn die Staatsanwaltschaft in den genannten Fällen von vornherein selbst Anklage erhebt, kann sich der Geschädig- te dem Verfahren als Nebenkläger anschließen (§395 StPO). Gegen Jugendliche können keine Privatklagen erhoben werden (§ 80 JGG).

Im Strafverfahren steht i.d.R. der Staatsanwaltschaft das Recht zu, Anklage wegen eines Deliktes zu erheben, (Anklageerhebung). In bestimmten Fällen jedoch kann der Verletzte od. Geschädigte im Wege der P. strafbare Handlungen verfolgen, ohne dass es einer vorhergehenden Anrufung der Staatsanwaltschaft bedarf. Es sind dies folgende Straftaten: 1) einfacher Hausfriedensbruch; 2) Beleidigung, üble Nachrede, Verleumdung, Verunglimpfung Verstorbener; 3) einfache u. gefährliche Körperverletzung; 4) Bedrohung; 5) Verletzung des Briefgeheimnisses; 6) Sachbeschädigung; 7) Verstösse nach dem Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb; 8) Verstösse gegen das
— Patent-, Sortenschutz-, Gebrauchsmittelschutz-, Warenzeichen-, Geschmacksmusterrecht sowie verschiedene Verstösse gegen die UrheberrechtsG.e (§§ 106 bis 108 UrhG, § 23 Kunst-UrhG). Nicht nur unmittelbar Verletzter kann P. erheben, sondern auch der zum selbständigen Strafantrag Berechtigte; hat Verletzter gesetzlichen Vertreter, so steht nur diesem das Recht zu (§ 374 StPO). Die Erhebung der P. erfolgt durch Einreichung einer schriftlichen Anklageschrift (2fach) od. zu Protokoll der Geschäftsstelle (§§ 381, 200 StPO). Bei Hausfriedensbruch, Beleidigung, Körperverletzung, Bedrohung, Sachbeschädigung, Verletzung des Briefgeheimnisses ist P. erst zulässig, wenn Sühneversuch vor Gemeindebehörde erfolglos war (§ 380 StPO). Zahlung eines Gebührenvorschusses, soweit nicht Armenrecht bewilligt wird, ist notwendig (§§ 379, 379a StPO). Privatkläger hat grundsätzlich die gleichen Rechte wie die Staatsanwaltschaft. Akteneinsicht kann nur durch einen Anwalt erfolgen, Ladung von Zeugen u. Sachverständigen geschieht durch Geschäftsstelle des Gerichts (§§ 385, 386 StPO). Siehe auch: Nebenklage.

(§§ 374ff. StPO). Im - Strafprozess kann der Verletzte oder der sonst Strafantragsberechtigte bei bestimmten Delikten (vor allem: Hausfriedensbruch, -Beleidigung, Körperverletzung, einfache - Sachbeschädigung [s.i.e. § 374 StPO]) die Straftat im Wege der P. verfolgen. Dadurch wird das auf der Offizialmaxime beruhende Anklagemonopol der Staatsanwaltschaft durchbrochen. Diese kann zwar in jeder Lage des Verfahrens die Verfolgung übernehmen; zur Anklageerhebung ist sie jedoch nur
bei öffentlichem Interesse verpflichtet. Die Erhebung der P. - zu Protokoll der Geschäftsstelle oder durch Einreichung einer Anklageschrift - ist in den meisten Fällen erst zulässig, wenn ein Sühneversuch vor einer Vergleichsbehörde (i.d.R. dem Schiedsmann) gescheitert ist. Das Gericht teilt dem Beschuldigten die P. mit u. fordert ihn auf, sich innerhalb einer bestimmten Frist dazu zu äussern. Nach Eingang der Stellungnahme des Beschuldigten oder nach Fristablauf entscheidet es gemäss den für das Offizialverfahren geltenden Vorschriften, ob das Hauptverfahren zu eröffnen oder die Klage zurückzuweisen ist. Bei geringer Schuld des Täters kann es das Verfahren - ohne Zustimmung des Privatklägers und des Beschuldigten - einstellen. Wird das Hauptverfahren eröffnet, so entspricht die Stellung des Privatklägers weitgehend der des Staatsanwaltes im Offizialverfahren; ihm stehen die gleichen Rechtsmittel wie diesem zu. Der Beschuldigte kann mittels einer Widerklage seinerseits die Bestrafung des Privatklägers beantragen, wenn er von diesem gleichfalls durch ein mit der ihm vorgeworfenen Straftat zusammenhängendes Privatklagedelikt verletzt worden ist. Die P. kann bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens zurückgenommen werden, nach Beginn der Vernehmung des Angeklagten zur Sache aber nur mit dessen Zustimmung.
Hat die Staatsanwaltschaft Anklage erhoben, kann der Privatkläger seinen Anschluss als Nebenkläger erklären, sofern er nebenklageberechtigt ist (Nebenklage). Auch wenn er hiervon absieht, muss ihm der verurteilte Angeklagte die notwendigen Auslagen ersetzen, die ihm als Privatkläger entstanden sind (s.i.e. §472 III StPO).

(§§ 374ff. StPO) ist die Verfolgung einer Straftat durch den Verletzten oder Antragsberechtigten ohne vorgängige Anrufung der Staatsanwaltschaft. Die P. ist nur bei bestimmten Straftatbeständen zulässig (z.B. Hausfriedensbruch, Beleidigung, Briefgeheimnisverletzung, Körperverletzung, Bedrohung, Bestechlichkeit oder Bestechung im geschäftlichen Verkehr, Sachbeschädigung). Sie setzt meist einen erfolglosen Sühneversuch voraus (§ 380 StPO). Die Erhebung der Anklage geschieht zu Protokoll der Geschäftsstelle oder durch Einreichung einer Anklageschrift. Die Staatsanwaltschaft kann die Verfolgung, wenn sie im öffentlichen Interesse liegt, jederzeit übernehmen und dadurch den Privatkläger zum Nebenkläger machen. Über die P. entscheidet das Amtsgericht grundsätzlich nach den allgemeinen Regeln. Rechtsgeschichtlich ist die P. der Überrest des Akkusationsprozesses bzw. der Selbsthilfe des Verletzten. Lit.: Dürwanger/Dempexvolf, Handbuch des Privatkla- gerechts, 1971; Muttelsee, A., Die Sicherung des Rechtsfriedens, 1991; Erdag, A., Der rechtliche Einfluss des Verletzten auf den Beginn des Strafverfahrens, 2001

Durchsetzung des staatlichen Strafanspruchs durch den Verletzten einer Straftat. Voraussetzungen sind das Vorliegen eines Privatklagedelikts (§ 374 StPO) und das fehlende öffentliche Interesse an der Einleitung eines Strafverfahrens, § 376 StPO. Die Privatklage ist eine Durchbrechung des Legalitätsprinzips und des Untersuchungsgrundsatzes. Hat die Staatsanwaltschaft gemäß § 376 StPO von der Klageerhebung abgesehen, ist gemäß § 380 StPO in vielen Fällen ein Sühneversuch vor der nach Landesrecht hierzu bestimmten Vergleichsbehörde erforderlich. Die Erhebung der Privatklage hat gemäß § 381 StPO zu Protokoll der Geschäftsstelle oder durch Einreichung einer Anklageschrift zu erfolgen. Das weitere Verfahren entspricht dem Vorgehen des Gerichts nach Erhebung der Anklage durch die Staatsanwaltschaft (§ 383 Abs. 1 StPO); eine Einstellung des Verfahrens bei geringer Schuld des Täters ist möglich (§ 383 Abs. 2 StPO). Die Staatsanwaltschaft, an deren Stelle der Privatkläger tritt, kann das Verfahren gemäß § 377 Abs. 2 StPO jederzeit übernehmen; der Privatkläger scheidet in diesem Fall aus dem Verfahren aus und kann allenfalls seinen Beitritt als Nebenkläger erklären.
Zu Stellung und Rechten des Verletzten im Strafverfahren vgl. auch Klageerzwingungsverfahren, Nebenklage.
Eine Einschränkung der Privatklage für das Jugendstrafverfahren ist in § 80 Abs. 1,2 JGG normiert.

Das Strafverfahren wird grundsätzlich von der Staatsanwaltschaft betrieben, der ein Anklagemonopol zusteht. Nur bei bestimmten Delikten, die vorwiegend Rechtsgüter des Einzelnen verletzen, besteht für den Verletzten ein selbständiges Strafklagerecht, d. h. er kann, ohne vorher den StA angehen zu müssen, Privatklage erheben. Über diese entscheidet das Amtsgericht nach den Grundsätzen des Strafprozesses. Zu den P.delikten gehören insbes. Beleidigung, (einfache, gefährliche od. fahrlässige) Körperverletzung, Sachbeschädigung, Hausfriedensbruch, Nachstellung, Bedrohung, ferner Verstöße gegen gewerbliche Schutzrechte und das Urheberrecht (§ 374 StPO); meist handelt es sich um Antragsdelikte (aber nicht in allen Fällen, so nicht bei gefährlicher Körperverletzung und Bedrohung). Der StA kann in jeder Lage des Verfahrens die Verfolgung im öffentlichen Interesse übernehmen (§§ 376, 377 StPO), wodurch das Verfahren zum gewöhnlichen Strafverfahren wird, aus dem der Privatkläger ausscheidet; will dieser weiterhin am Verfahren mitwirken, kann er seinen Anschluss als Nebenkläger (Nebenklage) erklären, wenn die Tat auch ein Nebenklagedelikt ist (§§ 395, 396 I StPO).

Die Erhebung der P., die einer Anklageschrift entsprechen muss, setzt einen erfolglosen Sühneversuch vor der landesrechtlich bestimmten Vergleichsbehörde (meist Schiedsperson) und, falls dem Kläger nicht Prozesskostenhilfe bewilligt ist, Zahlung eines Gebührenvorschusses voraus (§ 16 I GKG, §§ 379 a, 380 StPO). Das Gericht führt das Verfahren nach den Vorschriften über das Hauptverfahren in Strafsachen durch, kann es aber wegen Geringfügigkeit einstellen (§ 383 II StPO). Der Privatkläger hat die Stellung des StA, kann insbes. Rechtsmittel einlegen (§ 385 StPO). Kläger und Angeklagter können sich - auch in der Hauptverhandlung - durch einen Anwalt vertreten lassen (§§ 378, 387 StPO). Der Angeklagte kann bis zur Beendigung des letzten Wortes im ersten Rechtszuge wegen eines P.delikts des Klägers, das mit dem Klagedelikt zusammenhängt, Widerklage erheben; über beide ist gleichzeitig zu entscheiden (§ 388 StPO). Die P. kann zurückgenommen werden, nach Beginn der Vernehmung des Angeklagten zur Sache im ersten Rechtszuge aber nur mit seiner Zustimmung; sie kann dann nicht von neuem erhoben werden (§§ 391, 392 StPO). Gegen Jugendliche kann P. nicht erhoben werden (aber Widerklage, falls sie selbst P. erhoben haben, § 80 JGG); gegen Heranwachsende ist sie zulässig.




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