Täter-Opfer-Ausgleich
Ein Gericht hat die Möglichkeit, eine Strafe zu mildern. Wenn keine strengere Ahndung als ein Freiheitsentzug bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu verhängen wäre, kann es von einer Strafe absehen.
Dafür muss aber eine der folgenden Bedingungen erfüllt sein:
* Der Täter bemüht sich, sein Delikt durch einen Ausgleich mit dem Verletzten zumindest teilweise wieder gutzumachen, oder strebt die Wiedergutmachung ernsthaft an.
* Der Täter entschädigt das Opfer ganz oder größtenteils, wobei ihm dies erhebliche persönliche Leistungen oder großen persönlichen Verzicht abfordert.
Mit dieser Regelung will der Gesetzgeber dem Täter eine Chance geben, sich dem Opfer zu stellen und für den angerichteten Schaden einzustehen. Darüber hinaus ist damit dem Interesse des Geschädigten gedient, denn die bloße Bestrafung des Täters hat für ihn kaum Auswirkungen.
Immaterieller Schadensausgleich
Die erste Bedingung, die besagt, der Täter müsse sich ernsthaft um einen Ausgleich mit dem Opfer bemühen, bezieht sich hauptsächlich auf die Wiedergutmachung immaterieller Folgen einer Straftat. Sie kommt bei Delikten wie Beleidigung, Körperverletzung und Hausfriedensbruch in Betracht.
Beispielsweise kann sich der Täter beim Opfer entschuldigen und diese Aussöhnungsgeste eventuell mit einer Schmerzensgeld- oder Ausgleichszahlung verbinden.
Bei einer Sachbeschädigung besteht die Möglichkeit, den früheren Zustand des Gegenstands wiederherzurichten. Hat der Täter beispielsweise eine Wand beschmiert oder einen Gartenzaun eingerissen, so kann er die Farbe abwaschen oder den Zaun erneut aufstellen.
Von einem gelungenen Ausgleich ist nur auszugehen, wenn das Opfer ihn bestätigt, etwa indem es dem Gericht oder der Staatsanwaltschaft mitteilt, dass es keinen Wert auf eine weitere Strafverfolgung lege. Scheitert die Aussöhnung indes, weil der Verletzte nicht mitwirkt, oder verweigert dieser trotz des erfolgten Ausgleichs die Bestätigung, so wird bereits das ernsthafte Bemühen des Täters anerkannt.
Materieller Schadensausgleich
Ein materieller Schadensausgleich zwischen Täter und Opfer findet insbesondere bei Vermögensdelikten Anwendung. Über den reinen Schadenersatz hinaus, zu dem er sowieso verpflichtet ist, muss der Täter zu erkennen geben, dass er die Verantwortung für sein rechtswidriges Handeln übernimmt. Als Zeichen seiner Reue sollte er etwa in seiner Freizeit arbeiten, auf eine Urlaubsreise verzichten, persönliche Gegenstände verkaufen oder sonstige bedeutende Einschränkungen im Privatbereich hinnehmen, um den Schaden zu beheben. Wenn er seinen guten Willen derart unter Beweis stellt, muss er den Schaden nicht voll, sondern lediglich zum überwiegenden Teil beheben. Die Vorschriften zur materiellen Wiedergutmachung wollen verhindern, dass ein wohlhabender Täter sich sozusagen freikauft. Gleichzeitig sollen die Bemühungen finanziell schwächerer Täter belohnt werden.
Nach einem Täter-Opfer-Ausgleich oder einer Schadenswiedergutmachung kann die Staatsanwaltschaft das Verfahren einstellen. Ein Täter, der sich rechtzeitig um Aussöhnung bemüht, erspart sich also ein Gerichtsverfahren und eine weitergehende Bestrafung.
§ 46a StGB
(§ 46 a StGB) ist das (erfolgreiche) Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten (Opfer) zu erreichen, das zur Strafmilderung oder zum Absehen von Strafe führen kann. Lit.: Bibliographie Täter-Opfer-Ausgleich (2003); Jes- ser, M., Täter-Opfer-Ausgleich und Wiedergutmachung im Steuerstrafrecht, 2004
, Abk. TOA: Bemühungen des Täters, mit dem Verletzten einer Straftat durch Wiedergutmachung oder Schadenskompensation friedensstiftenden Ausgleich zu schaffen.
Regelungen im Erwachsenenstrafrecht:
§ 46 a StGB. Vertypter fakultativer Strafmilderungsgrund mit der Auslösung eines minder schweren Falles oder der Verringerung des Strafrahmens (§ 46a 1. Alt. i. V. m. § 49 Abs. I StGB); gesetzlicher
Grund für fakultatives Absehen von Strafe bei verwirkter Strafe von nicht mehr als einem Jahr Freiheitsstrafe/360 Tagessätzen (§ 46 a 2. Alt. StGB).
Voraussetzungen: ernsthafte - nicht notwendig erfolgreiche - Bemühungen, die immateriellen Folgen der Straftat auszugleichen (Nr. 1), oder materieller Schadensersatz bei Vermögensdelikten durch
persönliche Leistungen oder persönlichen Verzicht (Nr. 2). Bei Gewaltdelikten und Delikten gegen die sexuelle Selbstbestimmung verlangt der BGH (BGHSt 48, 134 ff.) darüber hinaus ein Geständnis des Angeklagten.
* § 46 Abs. 2 S. 2 StGB. Unselbstständiger Gesichtspunkt der allgemeinen Strafzumessung für solches Nachtatverhalten, das die Schwelle des § 46 a StGB nicht erreicht.
* § 56 Abs. 1 Nr. 1 StGB. Auflage bei Strafaussetzung zur Bewährung, begrenzt auf materielle Schadenswiedergutmachung.
* § 153b StPO i. V m. § 46 a 2. Alt. StGB. Möglichkeit der Verfahrenseinstellung im Vor- und Zwischenverfahren bei erfolgtem Täter-Opfer-Ausgleich.
* § 153 a Abs. 1 Nr. 5 StPO. Auflage zur Durchführung des Täter-Opfer-Ausgleichs im Rahmen einer Einstellung des Strafverfahrens ohne Verurteilung.
* §§ 155a, b StPO. Flankierende Vorschriften zur Initiierung des Täter-Opfer-Ausgleichs durch die Staatsanwaltschaft unter Einschaltung von Ausgleichsstellen.
Regelungen im Jugendstrafrecht:
* § 10 Abs. 1 S. 3 Nr.7 JGG. Erziehungsmaßregeln in Form einer Weisung als Folge einer Jugendstraftat.
— § 45 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 JGG. Grund für das Absehen von der Verfolgung einer Jugendstraftat im Vorverfahren.
ist die Bemühung eines Täters nach einer Straftat, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen. Er ist als Weisung vor Einstellung des Ermittlungsverfahrens oder des Strafverfahrens bei Bagatellstrafsachen nach dem Opportunitätsprinzip (§ 153 a I 2 Nr. 5 StPO) und als Erziehungsmaßregel im Jugendstrafrecht ausdrücklich vorgesehen (§ 10 I 3 Nr. 7 JGG Weisungen); im Übrigen stellt er einen Gesichtspunkt der Strafzumessung dar (§§ 46 II, 46 a StGB; s. BGH NJW 2003, 1466) und kann im Rahmen der Strafaussetzung zur Bewährung angeordnet werden.
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