Gerichtsstand

Wenn jemand einen anderen, eine Gesellschaft oder Behörde verklagen will, muß er zunächst einmal wissen, bei welchem Gericht er seine Klage einreichen (erheben) muß, das heißt, welches Gericht für die Entscheidung darüber zuständig ist. Dabei muß er zwei Fragen prüfen: die sachliche Zuständigkeit (welcher Gerichtszweig, welches Gericht dieses Zweiges), die örtliche Zuständigkeit. Die örtliche Zuständigkeit richtet sich grundsätzlich nach dem Gerichtsstand des Beklagten, das heißt, der Kläger muß den Prozeß bei dem für den Beklagten zuständigen Gericht führen, er muß «zum Beklagten kommen» (§ 12 ZPO). Der Gerichtsstand des Beklagten wiederum richtet sich grundsätzlich nach dessen Wohnsitz (§13 ZPO), bei -»Kaufleuten nach dem Ort, wo sie ihr Geschäft betreiben (§21 ZPO). Hiervon gibt es folgende Ausnahmen: Für Prozesse um Rechte an Grundstücken ist nur das Gericht zuständig, in dessen Bezirk das Grundstück liegt: «dinglicher Gerichtsstand» (§24 ZPO). Für Streitigkeiten aus Mietverträgen über Wohnraum ist nur das Gericht zuständig, in dessen Bezirk sich die Wohnung befindet (§ 29a ZPO). Bei Erbschaftsstreitigkeiten kann die Klage auch bei dem Gericht erhoben werden, in dessen Bezirk der Erblasser zuletzt gewohnt hat (§27 ZPO). Prozesse aus Verträgen können auch am Erfüllungsort geführt werden (§29 ZPO). Kaufleute untereinander können auch einen anderen Gerichtsstand frei vereinbaren, andere Personen nur unter engen Voraussetzungen, vor allem für das Mahnverfahren; «gewillkürter Gerichtsstand» (§ 38 ZPO).

bezeichnet im Zivilprozeß grundsätzlich die örtliche Zuständigkeit eines Gerichts. Regelungen über den G. finden sich v.a. in den §§12-34 ZPO, aber auch z.B. in §§ 7 HaustürWG, 20 StVG, 48 VVG. Von einem allgemeinen G. spricht man, wenn an ihm grundsätzlich alle Ansprüche gegen eine Person geltend gemacht werden können, sofern nicht für eine Klage ein ausschließlicher G. begründet ist (§ 12 ZPO). Ein allgemeiner Gerichtsstand ist z.B. der Wohnsitz des Beklagten (§13 ZPO), der den prozeßrechtlichen Grundsatz ..actor sequitur forum rei.“ verwirklicht. Ein besonderer G. ist dagegen auf die Geltendmachung bestimmter Ansprüche beschränkt, vgl. §§ 20-23a, 25-29, 29b - 32, 33f, 35a ZPO. Zwischen diesen G. gesteht grds. ein Wahlrecht, vgl. § 35 ZPO. Ein ausschließlicher G. geht jedoch allen anderen, nicht ausschließlichen G. vor (§ 12 ZPO) und ist nur dann gegründet, wenn dies gesetzlich ausdrücklich bestimmt ist, vgl. §§24, 29a, 32a, 606, 802 ZPO, I HausTWG. Seine Bedeutung hat er darin, daß er wegen § 40 II S.1 ZPO nicht prorogiert und daß wegen § 40 I S.2 ZPO ein anderer als der ausschließliche G. auch durch rügelose Einlassung nicht begründet werden kann.

Regelung der örtlichen Zuständigkeit, die besagt, bei welchem Gericht in bestimmten Fällen Recht gesucht werden kann oder muss. Man unterscheidet u. a. gesetzlicher G.: a) allgemeiner G., z. B. des Wohnsitzes (das Gericht ist für alle gegen eine Person zu erhebenden Klagen zuständig, falls nicht ausschliesslicher G. begründet ist), b) besonderer G. bei vermögensrechtlichen Ansprüchen (Klage gegen Studenten am Hochschulort) oder des Vermögens; vereinbarter G. Prorogation; ausschliesslicher G., der jeden anderen gesetzlichen oder vereinbarten G. ausschliesst (z. B. dinglicher G. für Klagen, die sich auf Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte beziehen);§§ 12ff.ZPO. Wahlgerichtsstand,Zuständigkeit.

ist die örtliche Zuständigkeit des erstinstanzlichen Gerichts. Im Zivilprozess kann der Kläger den Beklagten vor dem Gericht des allgemeinen G. (Wohnsitz des Schuldners) verklagen. Er kann aber auch vor das Gericht eines besonderen G. ziehen (z. B. G. des Erfüllungsortes bei Streitigkeiten aus Vertrag, G. der unerlaubten Handlung). Sofern dagegen ein ausschliesslicher G. begründet ist (z.B. in Grundstückstreitigkeiten u. Mietsachen das Gericht, in dessen Bezirk das Grundstück bzw. der Wohnraum liegt), steht dem Kläger kein Wahlrecht zu; er muss vor diesem Gericht klagen (§§ 12 ff. ZPO).

Im Arbeitsrecht:

heisst der Ort, an dem eine Person verklagt werden kann. Zu unterscheiden sind der allgemeine G., der sich nach dem Wohn- o. Firmensitz bestimmt (§§ 12, 13, 17 ZPO), u. der besondere (§§ 20 ff. ZPO). Gerichtsstandsvereinbarungen sind grundsätzlich unzulässig (§ 38 ZPO).

(lat. [N.] forum) ist grundsätzlich die örtliche - teilweise auch die sachliche - Zuständigkeit eines Gerichts. Sie ist für den Zivilprozess insbesondere in den §§ 12 ff. ZPO geregelt. Der allgemeine G. eines Menschen wird grundsätzlich durch den Wohnsitz bestimmt (§ 13 ZPO). Ihm geht aber jeder durch Gesetz als ausschließlicher G. angeordnete G. vor (z.B. §29a ZPO in Miet- und Pachtsachen). Dieser kann auch nicht durch eine Gerichtsstandsvereinbarung (Prorogation) ausgeschlossen werden (§ 40 II ZPO). Für eine Klage können mehrere Gerichtsstände bestehen. Der G. des Vermögens (§ 23 ZPO) gilt europarechtlich nicht mehr. Lit.: Brandes, F., Der gemeinsame Gerichtsstand, 1998; Dollinger, C., Gerichtsstände im Verbraucherkreditgeschäft, 1999; Balthasar, S., Der besondere Gerichtsstand am Erfüllungsort, JuS 2004, 571

Ort, an dem gegen eine Person im ersten Rechtszug Klage erhoben werden kann. Er ist entscheidend für die örtliche Zuständigkeit eines Gerichts.
Strafprozessrecht: Die StPO unterscheidet drei Hauptgerichtsstände:
— Der Tatort, § 7 Abs. 1 StPO i. V m. § 9 Abs. 1 StGB. Für Druckschriften ist gemäß § 8 Abs. 2 S. 1
StPO nur der Erscheinungsort Gerichtsstand, da ansonsten unter Umständen jedes Gericht zuständig wäre („fliegender Gerichtsstand der Presse”); eine Ausnahme bildet § 7 Abs. 2 S. 2 StPO für die Verfolgung von Beleidigungen im Privatklageweg.
— Der Wohnsitz (§ 8 Abs. 1 StPO), ggf. der gewöhnliche Aufenthalt oder der letzte Wohnsitz (§ 8 Abs. 2) des Beschuldigten.
— Der Ergreifungsort (§ 9 StPO), wobei Ergreifung
jede befugte Festnahme durch Beamte oder Privatpersonen zum Zweck der Strafverfolgung ist. Sonderregeln für Straftaten auf deutschen Schiffen oder Luftfahrzeugen, die Umweltkriminalität auf dem Meer und Beamte im Ausland gelten gemäß §§ 10 ff. StPO. Für zusammenhängende Straftaten, deren Verbindung möglich ist, ist trotz an sich unterschiedlicher örtlicher Zuständigkeit ein Gerichtsstand bei jedem Gericht begründet, das für eine der Sachen zuständig ist (§ 13 Abs. 1 StPO). Gemäß § 143 Abs. I GVG hängt die Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft ebenfalls vom Gerichtsstand ab.
Verwaltungsprozessrecht: die örtliche Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte nach § 52 VwGO:
— Vorrangig ist § 52 Nr. 1 VwGO: Bei Streitigkeiten, die sich auf unbewegliches Vermögen oder auf ein ortsgebundenes Recht oder Rechtsverhältnis beziehen, ist nur das VG örtlich zuständig, in dessen Bezirk das Vermögen oder der Ort liegt (z. B. bei der Erteilung einer Baugenehmigung das VG, in dessen Bezirk das zu bebauende Grundstück liegt).
— Nach § 52 Nr. 4 VwGO ist für alle Klagen eines Beamten, Richters oder Wehr-/Zivildienstleistenden aus dem Dienstverhältnis das VG am dienstlichen Wohnsitz örtlich zuständig, in Ermangelung eines solchen das VG am Wohnsitz des Klägers.
— Nach § 52 Nr. 2 VwGO entscheidet bei Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen gegen Verwaltungsakte einer Bundesbehörde, vorbehaltlich der Nr. 1 und Nr. 4, das VG, das VG, in dessen Bezirk die Behörde ihren Sitz hat;
— Bei anderen Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen, ist nach § 53 Nr. 3 VwGO, ebenfalls vorbehaltlich der Nr. 1 und Nr. 4, das VG örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Verwaltungsakt erlassen wurde.
— Subsidiär ist nach § 52 Nr. 5 VwG() das VG örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Beklagte seinen Sitz oder Wohnsitz hat.
Im Gegensatz zum Zivilprozess sind die Zuständigkeiten der Verwaltungsgerichte immer ausschließliche, unterliegen also nicht der Disposition der Parteien. Zivilprozessrecht: Für den Zivilprozess werden der allgemeine Gerichtsstand, Gerichtsstände kraft Verhaltens oder Vereinbarung der Parteien und (ausschließliche oder nicht ausschließliche) besondere Gerichtsstände unterschieden. Sind mehrere Gerichtsstände gegeben, hat der Kläger die Wahl (§ 35 ZPO), sofern nicht ein ausschließlicher Gerichtsstand vorliegt (am besonderen Gerichtsstand können von ggf. mehreren gleichzeitig bestehenden Ansprüchen
aber nur die Ansprüche geltend gemacht werden, für die der besondere Gerichtsstand begründet ist, str.).
Veränderungen, die nach Rechtshängigkeit der Klage eintreten (z. B. Wohnortwechsel einer Partei),
können die einmal begründete Zuständigkeit des Gerichts nicht niehr entfallen lassen („perpetuatio fori”, § 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO), wohl aber eine zunächst fehlende Zuständigkeit nachträglich begründen (weil es für die Prozessvoraussetzungen stets auf die Verhältnisse am Schluss der mündlichen Verhandlung ankommt).

Darunter wird in der Regel (so in Strafsachen) die örtliche Zuständigkeit der Gerichte verstanden; gelegentlich ist aber auch die sachliche Zuständigkeit eingeschlossen (gerichtliche Zuständigkeit).




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