Scheidungsverfahren
Für das Scheidungsverfahren ist ausschließlich das so genannte Familiengericht zuständig, d.h. die entsprechende Abteilung des Amtsgerichts. Anders als die Verfahren im normalen Zivilprozess, die ein C-Aktenzeichen tragen, haben die Familiensachen und damit auch die Scheidungssachen ein F-Aktenzeichen.
Zuständigkeit
Während die Gerichtszuständigkeit im normalen Zivilprozess in den meisten Fällen vom Wohnsitz oder Geschäftssitz des Beklagten abgeleitet wird, spielen bei der Bestimmung der Gerichtszuständigkeit im Scheidungsverfahren die Lebensumstände des scheidungswilligen Paares die entscheidende Rolle. So wird das Scheidungsverfahren z. B. bei einem kinderlosen Ehepaar mit gemeinsamem Wohnsitz bei dem für diesen Ort der ehelichen Wohnung zuständigen Familiengericht verhandelt.
Wer dennoch bei einem anderen Gericht einen Ehescheidungsantrag einreicht, wird eine Abweisung der Klage als unzulässig erhalten.
§ 606 ZPO
Scheidungsverbund
Seit der Eherechtsreform vom 14. Juni 1976 gibt es ein so genanntes Scheidungsverbundverfahren. Das bedeutet, dass bestimmte Problembereiche über die reine Scheidung hinaus vom Gericht von Amts wegen mit geregelt werden. Bei diesen Bereichen handelt es sich um die Frage des Versorgungsausgleichs und die Frage der elterlichen Sorge, wenn zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ein Kind aus der Ehe noch nicht volljährig ist. Die Ehegatten haben normalerweise keine Möglichkeit, einen dieser beiden Verfahrensteile gesondert entscheiden zu lassen.
Neben diesem "Zwangsverbund" gibt es Verfahrensarten, die auf Antrag einer der Parteien einbezogen werden können; dann allerdings gehören sie ebenfalls zwangsweise zum Verbund. Es geht dabei um die Bereiche Umgangsrecht, Herausgabe des minderjährigen Kindes an einen Elternteil, Minderjährigenunterhalt, nachehelicher Ehegatten-unterhalt, Regelungen bezüglich Ehewohnung und Hausrat, güterrechtliche Ansprüche, Stundung einer Zugewinnausgleichsforderung sowie Übertragung von Vermögensgegenständen unter Anrechnung auf die Ausgleichsforderung.
In der Praxis erfolgt die Herstellung des Verbunds dadurch, dass eine Klage, z. B. auf Ehegattenunterhalt, eingereicht und auf das anhängige Scheidungsverfahren unter Angabe des Aktenzeichens verwiesen wird. Der Familienrichter führt das Verfahren dann automatisch als einheitliches Verfahren weiter.
Die Konsequenz einer derartigen Prozessgestaltung kann natürlich darin bestehen, dass sich das Gesamtverfahren in die Länge zieht und dass die einzelnen Verfahrensteile sich möglicherweise sogar blockieren. Bei einer einfach gelagerten Scheidung beispielsweise ist das Verfahren — wegen der Auskünfte zum Versorgungsausgleich — nach etwa drei bis vier Monaten entscheidungsreif. Haben sich die Ehegatten aber wider Erwarten über die Unterhaltsfragen nicht einigen können und einer der beiden reicht zu einem Zeitpunkt eine Unterhaltsklage ein, zu dem eigentlich das Scheidungsverfahren beendet werden könnte, dann blockiert gewissermaßen der Unterhaltsprozess das gesamte Verfahren. Ab diesem Zeitpunkt wird das Verfahren als einheitliches Verfahren weitergeführt und die Scheidung erst dann ausgesprochen, wenn die Unterhaltsfrage entscheidungsreif ist.
In einem solchen Fall wird von den Scheidungsanwälten möglicherweise erwogen, das Scheidungsverfahren rechtskräftig werden zu lassen und dann das Unterhaltsverfahren in einem isolierten Klageverfahren anhängig zu machen. Falls Prozesskostenhilfe beansprucht wird, ist von dieser Vorgehensweise allerdings abzuraten, da die Gerichte in einer solchen Aufspaltung die mutwillige Verursachung höherer Kosten sehen.
Durchbrechung des Verbunds
Unter bestimmten gesetzlich geregelten Voraussetzungen kommt eine Abtrennung einzelner Verfahrensteile in Betracht. Einer der Hauptaspekte ist dabei die Überlänge der Prozessdauer, die allerdings nur dann Bedeutung erlangt, wenn eine außergewöhnliche Verzögerung vorliegt oder wenn dadurch eine unzumutbare Härte für eine der Parteien begründet werden kann.
Die Rechtsprechung sieht als zeitliche Grenze eine Verfahrensdauer von zwei Jahren an; je nach örtlicher Rechtsprechung wird aber auch schon früher die Abtrennung einer Folgesache erwogen.
Die Frage nach der unzumutbaren Härte wird ebenfalls je nach örtlicher Rechtsprechung durchaus unterschiedlich behandelt. Beispielsweise erkennen manche Gerichte die Schwangerschaft einer neuen Lebensgefährtin des Mannes als ausreichenden Grund an, andere hingegen nicht. Auf jeden Fall liegt die Entscheidung im alleinigen Ermessen des Gerichts, wobei gegen die Ablehnung der Abtrennung Beschwerde eingelegt werden kann, während gegen einen Beschluss auf Abtrennung kein Rechtsbehelf gegeben ist.
§ 628 ZPO
Anwaltsbeteiligung
Im Scheidungsverfahren muss der Antragsteller anwaltlich vertreten sein; der Antragsgegner hingegen benötigt einen Rechtsanwalt nur, wenn eigene streitige Anträge gestellt werden sollen. Bei einer einverständlichen Scheidung genügt also ein Rechtsanwalt.
- Das bedeutet aber nicht, dass beide Ehegatten "einen gemeinsamen Anwalt" haben dürfen. Dies ist unzulässig. Auch wenn beide Eheleute ein Gespräch mit dem Rechtsanwalt des antragstellenden Ehegatten führen, besteht stets ausschließlich zwischen den beiden Letztgenannten ein Mandatsverhältnis; der andere Ehegatte muss seine Interessen selbst wahrnehmen.
Einstweilige Anordnungen
Im Scheidungsverfahren können, wenn Eilbedürftigkeit vorliegt, auf Antrag oder von Amts wegen einstweilige Anordnungen erlassen werden. Sie sind den einstweiligen Verfügungen im Zivilprozess durchaus vergleichbar und entfalten ihre Wirksamkeit so lange, bis eine anderweitige gerichtliche Entscheidung ergeht. Der häufigste Anwendungsbereich sind Probleme im Zusammenhang mit dem Unterhalt und der elterlichen Sorge.
Ne Einstweilige Verfügung
Kosten und Prozesskostenhilfe
Im Scheidungsverfahren werden grundsätzlich die Kosten gegeneinander aufgehoben, d. h., jeder Ehegatte trägt die Hälfte der Gerichtskosten und seine eigenen Anwaltskosten. Wenn nur der Antragsteller einen Anwalt hat, bezahlt er diesen, wenn nichts anderes vereinbart wurde, selbst. Die Höhe der Kosten wird nach dem Streitwert berechnet. Selbst bei einfach gelagerten Scheidungen belaufen sich die Kosten meist auf rund 2000 EUR. Ein großer Teil der Scheidungsverfahren wird mit Prozesskostenhilfe geführt. Wenn die Voraussetzungen für deren Gewährung gegeben sind, wird auch dem Antragsgegner selbst bei einfach gelagerten und einverständlichen Scheidungen auf Antrag ein Rechtsanwalt beigeordnet.
Siehe auch Prozesskostenhilfe
Beim Scheidungsanwalt
Was sollte man zum ersten Gespräch beim Scheidungsanwalt mitnehmen?
* die Heiratsurkunde bzw. Familienstammbuch,
* eventuelle Eheverträge oder andere Verträge, die die Eheleute miteinander geschlossen haben,
* den Mietvertrag bzw. den Nachweis, wem die eheliche Wohnung gehört,
* eine Auflistung der persönlichen Besitztümer,
* eine Auflistung des Bankguthabens sowie eventueller Kredite und eine Aufstellung der Girokonten,
* eine Aufstellung der monatlichen Lebenshaltungskosten und der monatlichen Festkosten wie Miete, Strom usw.,
* sämtliche Versicherungspolicen,
* falls ein Geschäft vorhanden ist: eine Einkommensaufstellung sowie Gewinn- und Verlustrechnungen der letzten drei Jahre,
* falls eine frühere Ehe bestand: die Scheidungspapiere von damals,
* falls bereits ein Schriftverkehr über Trennung und Scheidung vorhanden ist: alle einschlägigen Schriftstücke.
wird eingeleitet durch den Scheidungsantrag. Der Scheidungsantrag hat den formellen Voraussetzungen der §§ 124, 133 FamFG zu genügen, d. h. Angaben darüber zu enthalten, ob gemeinschaftliche minderjährige Kinder vorhanden sind und auch ob andere Familiensachen der Eheleute anderweitig anhängig sind. Nach § 113 Abs. 5 FamFG sind die Parteien als Antragsteller und Antragsgegnerin zu bezeichnen. Diese Parteibezeichnung gilt für alle Familiensachen (z.B. Unterhalt, Zugewinnausgleich, elterliche Sorge Für ein gemeinschaftliches Kind).
Die Beteiligten müssen sich im Scheidungsverfahren durch Rechtsanwälte nach § 114 FamFG bei einer
Ehesache vertreten lassen. Die Vollmacht muss § 114 Abs. 5 FamFG entsprechen (Name der Parteien und Art des Verfahrens muss zu erkennen sein) und erstreckt sich auch auf die anhängigen Folgesachen.
Allerdings erfährt der Anwaltszwang gewisse Modifizierungen, die sich aus der Geltung des Untersuchungsgrundsatzes (vgl. § 127 FamFG) ergeben. Bestellt daher der Antragsgegner keinen Anwalt, so kann hier kein Versäumnisbeschluss ergehen (§ 130 Abs. 2
FamFG), da dies dem Charakter und dem staatlichen
Schutz der Ehe widerspricht. Letztlich kann der nicht anwaltlich vertretene Antragsgegner nur keine Anträge
stellen. Im Übrigen ist er aber nach § 128 FamFG persönlich zu hören, er kann die Zustimmung zur Scheidung wirksam erklären, umgekehrt auch eine gegebene Zustimmung widerrufen, eheerhaltende Tatsachen vorbringen, dazu Beweisanträge stellen und sich auf die Härteklausel des § 1568 BGB berufen.
Nach § 113 FamFG gelten für Ehesachen die Vorschriften über das Verfahren vor den Landgerichten
mit Einschränkungen (§ 113 Abs. 4 FamFG) entsprechend. Die Vorschriften für das Verfahren vor den Amtsgerichten sind mithin unanwendbar, weil dort
kein Anwaltszwang besteht, im Übrigen regelmäßig einfache Angelegenheiten verhandelt werden, was bei einer Ehesache gerade nicht angenommen werden kann.
Nach § 127 FamFG geht der Gesetzgeber von der Amtsermittlung als Leitmaxime des Eheverfahrens
aus. Einschränkungen findet dieses Prinzip jedoch in § 127 Abs. 2 und Abs. 3 FamFG. So können etwa Tatsachen, die im Verfahren nicht vorgebracht wurden,
nur berücksichtigt werden, als sie geeignet sind, der Aufrechterhaltung der Ehe zu dienen. Außergewöhnliche Umstände i. S. v. § 1568 BGB (Härteklausel) müssen von dem Ehegatten vorgetragen werden, der die Scheidung ablehnt.
Einschränkungen der Parteiherrschaft ergeben sich auch aus § 113 Abs. 4 FamFG. Danach können etwa die Vorschriften betreffend das Anerkenntnis im Scheidungsverfahren nicht angewandt werden.
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