Verfassungsschutz
Er obliegt allen Bürgern, in besonderem Maße den Beamten, Richtern und Soldaten. Bei uns sind jedoch auch besondere Behörden gebildet worden, die sich dem Verfassungsschutz widmen: die Verfassungsschutzämter des Bundes und der Länder (Gesetz aus dem Jahre 1950, neu gefaßt im Jahre 1972). Diese sollen Nachrichten über Bestrebungen zur Änderung der freiheitlich demokratischen Grundordnung des Bundes und der Länder, über geheimdienstliche Tätigkeit für fremde Staaten innerhalb der Bundesrepublik und über politische Aktivitäten von Ausländern in der Bundesrepublik sammeln und auswerten. Ferner sollen sie bei der Überprüfung von Bewerbern für den öffentlichen Dienst auf deren -»Verfassungstreue hin mitwirken. Zu diesem Zweck darf der Verfassungsschutz auch (in bedenklicher, da gerichtlich nicht nachprüfbarer Weise) in das Post- und Fernmeldegeheimnis eingreifen. Weitergehende polizeiliche Befugnisse hat er aber nicht, darf also insbesondere niemand verhaften und vernehmen. Soll dies geschehen, muß er sich an die zuständige Staatsanwaltschaft wenden, bei der meist besondere Abteilungen für Staatsschutz bestehen.
Bund und Länder sind verpflichtet, in Angelegenheiten des V.es zusammenzuarbeiten; der Bund hat hierfür das Bundesamt für V. errichtet; in den Ländern bestehen Landesämter für V. oder ähnliche für V. zuständige Behörden; Aufgabe der Ämter ist es, Unterlagen über Bestrebungen zu sammeln und auszuwerten, die eine Aufhebung, Änderung oder Störung der verfassungsmässigen Ordnung oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung von Mitgliedern verfassungsmässiger Organe zum Ziel haben.
Der Verfassungsschutz steht in der öffentlichen Diskussion häufig in der Kritik. Verfassungsrechtlich bedenklich ist insbesondere der Einsatz des Verfassungsschutzes gegen eigene Staatsbürger und politisch Andersdenkende in der Bundesrepublik. Weitere Kritikpunkte sind Ineffizienz bei der Abwehr ausländischer Nachrichtendienste sowie Verschwendung öffentlicher Mittel. Siehe auch: Vorrang der Verfassung, Unantastbarkeitsgarantie, Wesensgehaltsgarantie, Streitbare Demokratie, Grundrechtsverwirkung Parteiverbot - Bundesverfassungsgericht
ist der Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung sowie des Bestandes u. der Sicherheit des Bundes oder eines Landes (Art. 73 Nr. 10 GG). Die Aufgaben des V. sind im Bund dem Bundesamt für V., einer dem Bundesinnenminister unterstehenden Bundesoberbehörde, übertragen (Art. 87 I 2 GG, Gesetz über die Zusammenarbeit des Bundes u. der Länder in Angelegenheiten des V.). In den Ländern gibt es entsprechende Landesämter für V. Den Behörden des V. obliegt die Sammlung u. Auswertung von Auskünften, Nachrichten u. sonstigen Unterlagen über verfassungsfeindliche Bestrebungen. Sie bedienen sich nachrichtendienstlicher Mittel (z. B. Observieren von Personen). Polizeiliche Befugnisse (z.B. Durchsuchung, Festnahme) stehen ihnen nicht zu. auch Amtshilfe.
(Art. 73 Nr. 10 b GG) ist der Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, des Bestands und der Sicherheit des Bundes oder eines Landes. Dazu kommt der Schutz vor ungesetzlichen Beeinträchtigungen der Amtsführung von Mitgliedern verfassungsmäßiger Organe des Bundes oder eines Landes sowie gegen sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeit für eine fremde Macht und gegen Bestrebungen, die durch Gewalt auswärtige Belange der Bundesrepublik gefährden (§3 BVfSchutzG). Der V. erfolgt auf verwaltungsrechtlicher, verfahrensrechtlicher und strafrechtlicher Ebene. Verwaltungsrechtlich werden das Bundesamt für V., die Landesämter für V. - zur Sammlung und Auswertung von Informationen über verfassungsfeindliche Bestrebungen - sowie die Polizei tätig. Verfassungsverfahrensrechtlich ist das Bundesverfassungsgericht für die Entscheidung über eine Verwirkung von Grundrechten (Art. 18 GG) und über die Verfassungswidrigkeit einer Partei (Art. 21 GG) zuständig. Strafrechtlich wird die Verfassung vor allem durch die §§81 ff., 105 ff. StGB geschützt. Lit.: Nordbruch, C., Der Verfassungsschutz, 1999; Bundesamt für Verfassungsschutz, 2000
1.
In der BRep. wurde durch G von 1950 ein Bundesamt für V. errichtet. Seine Rechtsverhältnisse sind nunmehr durch das G über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des V. und über das Bundesamt für V. (BVerfSchG) v. 20. 12. 1990 (BGBl. I 2954) m. Änd. geregelt. Nach § 1 BVerfSchG dient der V. dem Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, des Bestandes und der Sicherheit des Bundes und der Länder; Bund und Länder sind zur Zusammenarbeit verpflichtet. V.behörden sind nach § 2 das Bundesamt für V. als Bundesoberbehörde, das dem BMI untersteht; jedes Land unterhält eine Behörde für Angelegenheiten des V. Das BVerfSchG regelt u. a. die Aufgaben der V.behörden (§ 3), deren gegenseitige Unterrichtung, Weisungsrechte des Bundes (§ 7) und die Befugnisse des Bundesamtes für V. (§ 8). Das Bundesamt für V. ist ein Nachrichtendienst, der zur Erfüllung seiner Aufgabe nachrichtendienstliche Mittel anwendet. Das Bundesamt für V. ist so zur heimlichen Informationsbeschaffung z. B. durch Einsatz von Vertrauensleuten, Observationen, Bild- und Tonaufzeichnungen befugt. Es hat extremistische Bestrebungen zu beobachten, im Inland Spionage (s. a. Landesverrat) abzuwehren, terroristische Aktivitäten zu überwachen und in sicherheitsempfindlichen Bereichen Personen zu überprüfen (s. a. Sicherheitsüberprüfungen). Polizeiliche Befugnisse oder Weisungsbefugnisse stehen dem Bundesamt für V. nicht zu. Nach dem Terrorismusbekämpfungsgesetz darf das Bundesamt für V. nunmehr auch Auskünfte von Kreditinstituten, Postdienstleistungen, Luftfahrtunternehmen, Telekommunikationsdienstleistern und Ausländerbehörden erholen. Weitere Regelungen betreffen den Datenschutz, Auskunftsansprüche des Betroffenen (§ 15), Übermittlung von Daten durch und an das Amt (§§ 17-22), Übermittlungsverbote (§ 23) und den Minderjährigenschutz (§ 24). Die Rechtsvorschriften der Länder über ihre V.behörden folgen den gleichen Grundsätzen (vgl. z. B. Bayer. VerfassungsschutzG v. 10. 4. 1997, GVBl. 70, m. Änd.). Der Beobachtungsauftrag des Bayer. Landesamts für Verfassungsschutz erstreckt sich auch auf organisierte Kriminalität (Art. 3 I 1 Nr. 5 Bayer. VerfassungsschutzG). Die V.behörden gehören neben dem Bundesnachrichtendienst und dem Militärischen Abschirmdienst zu den Stellen, die nach dem sog. AbhörG zur Überwachung des Brief- und Postwesens sowie der Telekommunikation berechtigt sind; vgl. Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis (3); nachrichtendienstliche Mittel. Das Bundesamt für V. unterrichtet den Bundesminister des Innern über seine Tätigkeit (§ 16 I); ferner erstellt er in zusammengefasster Form mindestens einmal jährlich für die Öffentlichkeit den sog. Verfassungsschutzbericht (§ 16 II).
3.
Ganz abstrakt kann man als V. auch die Gesamtheit der Normen und Einrichtungen eines Staates bezeichnen, die dessen verfassungsmäßige Grundordnung gegen Bestrebungen schützen sollen, die auf eine Aufhebung, Änderung oder Störung der verfassungsmäßigen Ordnung oder auf eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung von Mitgliedern der verfassungsmäßigen Organe des Staates zielen (vgl. Art. 73 I Nr. 10 Buchst. b GG). Dem V. dienen ferner insbes. die Strafbestimmungen der §§ 81 ff. StGB über Hochverrat, Rechtsstaatsgefährdung, Landesverrat und der §§ 105 ff. StGB über Straftaten gegen Verfassungsorgane und Wahldelikte (Parlamentsnötigung, Wahlfälschung usw.). Aufgaben des V. in einem weiteren Sinn obliegen auch dem BVerfG im Rahmen seiner Entscheidungsbefugnis über die Verfassungswidrigkeit einer Partei und über die Verwirkung von Grundrechten (Art. 21, 18 GG).
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