Einigungsstelle
Sie wird zur Beilegung von Meinungsverschiedenheiten zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat oder Personalrat (Personalvertretung) für jeden einzelnen Betrieb bzw. bei der obersten Dienstbehörde gebildet.
Im Sozialrecht:
In der Grundsicherung für Arbeitsuchende entscheidet die Gemeinsame Einigungsstelle über Streitigkeiten zwischen über die Erwerbsfähigkeit des Leistungsberechtigten sowie über dessen Hilfebedürftigkeit (§44a SGB II). Die Entscheidung ist für die beteiligten Träger verbindlich. Einzelheiten des Verfahrens regelt die Einigungsstellen-Verfahrens-Verordnung.
Im Arbeitsrecht:
Zur Beilegung von Meinungsverschiedenheiten zwischen AG u. --e Betriebsrat (Gesamt-, Konzernbetriebsrat)
ist im Bedarfsfalle eine E. zu bilden, die aus einem notfalls vom -s Arbeitsgericht im Beschlussverfahren (1 98 ArbGG) durch den Vorsitzenden allein zu bestellenden unparteiischen Vorsitzenden u. einer gleichen Zahl von Beisitzern besteht, die vom AG u. BR benannt werden (§ 76 BetrVG). Die Benennung ist nicht auf bestimmte Personenkreise beschränkt (AP 12 zu § 76 BetrVG 1972 = DB 83, 2583). Bei der Bestellung eines Vorsitzenden der Einigungsstelle ist das ArbG nicht an Vorschläge der Beteiligten gebunden. Es kann
dritte Personen bestellen; indes ist die sachliche Befähigung des Vorsitzenden durch das Beschwerdegericht überprüfbar, Schönfeld DB 88, 1996. Der Vorsitzende der E. kann wegen Befangenheit abgelehnt, nicht aber abberufen werden (EzA 30 zu § 76 BetrVG 1972). Nach § 98 1 2 ArbGG kann der Vorsitzende einen Antrag auf Bestellung eines Vorsitzenden oder die Bestimmung der Zahl der Beisitzer nur dann zurückweisen, wenn die Einigungsstelle offensichtlich unzuständig ist. Soll ein Streit über die Zuständigkeit ausgetragen werden, ist das Beschlussverfahren anhängig zu machen. Das Bestellungsverfahren ist gleichwohl nicht auszusetzen (§ 148 ZPO; AP 11 zu § 76 BetrVG 1972). Ist ein Beschlussverfahren über die Zuständigkeit der E. anhängig gemacht, so kann dies auch vor Entscheidung der E. durchgeführt werden; seine Aussetzung bis zur Entscheidung der E. ist unzulässig (AP 10, 11 zu § 76 BetrVG 1972). Ergibt das Beschlussverfahren die Zuständigkeit der E., so kann das Bestellungsverfahren auch bei rechtskräftiger Abweisung wiederholt werden (AP 3 zu § 98 ArbGG 1979 = DB 89, 1928). Durch Betriebsvereinbarung kann eine ständige E. errichtet werden. Davon zu unterscheiden sind Schiedsstellen (AP 1 zu § 88 BetrVG 1972). Die E. entscheidet in betriebl. Regelungsstreitigkeiten über Zweckmässigkeitsfragen, während das ArbG allein Rechtsfragen entscheidet (AP 3 zu § 56 BetrVG Akkord). Die E. fasst ihre Beschlüsse nach mündl. Verhandlung mit Stimmenmehrheit. Sie hat den Beteiligten rechtliches Gehör zu geben; hierzu gehört aber nicht die Vertagung, damit Mitglieder mit dem Betriebsrat Rücksprache nehmen können (AP 50 zu § 76 BetrVG 1972 = NZA 92, 702). Die Einzelregelungen können mit wechselnden Mehrheiten beschlossen werden (AP 34 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit = NJW 89, 2771 = NZA 89, 807). Im Verfahren können sich die Beteiligten durch einen Bevollmächtigten vertreten lassen; die Kosten des Bevollmächtigten des BR hat der AG zu tragen, wenn der BR eine Bevollmächtigung nach verständigem Ermessen für erforderlich halten darf (AP 9 zu § 76 BetrVG 1972; AP 34 zu § 76 BetrVG 1972 = NJW 90, 404 = NZA 90, 107 = DB 89, 2436). Zu den elementaren Grundsätzen des E-Verfahrens gehört, dass die abschliessende mündliche Beratung u. Beschlussfassung in Abwesenheit der Betriebsparteien erfolgt (v. 18. 1. 94 —1 ABR 43/93 —). Bei der Beschlussfassung hat sich der Vorsitzende zunächst der Stimme zu enthalten. Kommt es nicht zu einer Stimmenmehrheit, stimmt nach weiterer Beratung der Vorsitzende mit (Schönfeld Beil. 4 zu NZA 88). Die Beschlüsse sind schriftl. niederzulegen u. --AG u. -Betriebsrat zuzuleiten. Eine Begründung ist zweckmässig, aber nicht Wirksamkeitsvoraussetzung (NJW 80, 1542). Durch -. Betriebsvereinbarung kann das Verfahren weitergehend geregelt werden. Der Spruch der E. ist verbindlich, wenn dem Betriebsrat ein gbares Mitbestimmungsrecht zustand. Um zu verhindern, dass ein Beteiligter das E.-Verfahren hintertreibt, kann bei rechtzeitiger Einladung der Vorsitzende mit den erschienenen E.-Mitgliedern entscheiden. Die E. hat ihre Entscheidungen unter angemessener Berücksichtigung der Belange des Betriebes u. der betroffenen AN nach billigem Ermessen zu fassen (§ 315 BGB). Hat die E. billiges Ermessen (NJW 80, 1542; AP 39 zu § 76 BetrVG 1972 = NZA 90, 399 = DB 90, 589) verletzt, so kann der AG o. BR binnen einer Ausschlussfrist von 2 Wochen seit Zuleitung des Beschlusses die Entscheidung des Arbeitsgerichtes herbeiführen (AP 26 zu § 76 BetrVG 1972 = NZA 89, 26). Nicht notwendig ist, dass der Antrag auch innerhalb der Frist begründet wird; zweifelhaft aber, ob später vorgebrachte Gründe noch berücksichtigt werden (AP 16 = NZA 85, 715; AP 26 = NZA 89, 26). Am Beschlussverfahren ist die E. grundsätzlich nicht beteiligt (AP 7 zu § 111 BetrVG 1978). Andere Mängel können auch noch nach Ablauf der Frist zur Entscheidung des ArbG gestellt werden. Ergibt die gerichtliche Überprüfung des Spruches, dass er rechtswidrig ist, so ist seine Unwirksamkeit festzustellen (NJW 80, 1542). Hat die Einigungsstelle einen Spruch über einen Sozialplan gefasst und ist dieser Spruch angefochten, so sind aus dem Sozialplan erwachsene Rechtsstreitigkeiten auszusetzen (EzA 6 zu § 148 ZPO). Hat der Betriebsrat kein erzwingbares Mitbestimmungsrecht, so entscheidet die E. nur auf Antrag o. im Einverständnis der Parteien. Ihr Spruch ist nur verbindlich, wenn die Beteiligten sich im voraus unterwerfen o. ihn nachträglich annehmen. Die Kosten der Einigungsstelle trägt der AG (§ 76a I BetrVG). Voraussetzung ist aber eine rechtswirksame Bestellung der E.-Mitglieder (v. 19. 8. 92 — 7 ABR 58/91 — NZA 93, 710). Der Vorsitzende hat Anspruch auf angemessene Vergütung (§ 76a III BetrVG). Die Höhe der Vergütung richtet sich nach § 76a IV, V BetrVG. Bislang ist eine entspr. RechtsVO nicht ergangen. Für die Gebührenhöhe kann bis dahin von der BRAGO ausgegangen werden (AP 5 zu § 76 BetrVG 1972). Regelmässig werden rAo Gebühren berechnet nach dem Streitwert liquidiert. Die Mehrwertsteuer soll nur dann gesondert in Rechnung gestellt werden, wenn dies vereinbart worden ist (AP 19 DB 87, 441). Die Ansprüche sind Masseansprüche, wenn das Einigungsstellenverfahren vor der Konkurseröffnung begonnen und danach durch Spruch beendet worden ist (AP 7), dagegen Konkursforderungen, wenn der Sozialplan vor Eröffnung des Konkurses bereits aufgestellt ist (AP 14 zu § 59 KO = DB 84, 303). Keinen Vergütungsanspruch haben dem Betrieb angehörende Beisitzer (§ 76 a II BetrVG). Ausserbetriebliche Beisitzer haben einen unmittelbaren Vergütungsanspruch gegen den AG (§ 76a III BetrVG). Der Betriebsrat ist berechtigt, eine Vergütungszusage zu erteilen, wenn er anders keine geeigneten Personen finden kann (vgl. AP 3, 6, 13 = DB 84, 934; AP 15 = DB 84, 2307; AP 30 = NZA 89, 515; AP 35 = NZA 90, 110). Will der AG sie nicht gelten lassen, muss er unverzüglich widersprechen (AP 2 zu § 76 BetrVG 1972). Gewerkschaftssekretäre liquidieren i. d. R. 7/10 der Gebühren des Vorsitzenden (AP 8 zu § 76 BetrVG 1972; v. 12. 2. 1992 - 7 ABR 20/91 - NZA 93, 606). Dasselbe gilt für Rechtsanwälte (AP 44 zu § 76 BetrVG 1972 = NJW
91, 1846 = NZA 91, 651). Zu den Kosten der E. gehören auch von ihr hinzugezogene Sachverständige (AP 1 zu § 76a BetrVG 1972 = NZA 92, 459). Durch Tarifvertrag kann bei Tarifbindung des AG bestimmt werden, dass anstelle der E. eine tarifl. Schlichtungsstelle tritt (§ 76 VIII BetrVG; vgl. Merk DB 90, 2522). Die Bemessung des Streitwerts im Bestellungsverfahren ist umstr. (DB 93, 2392). Lit.: Bauer NZA 92, 433; Bengelsdorf BB 91, 613; Behrens Beil. 2 zu NZA 91; Berger-Delhey ZTR 90, 282; Giese ZfA 91, 53; Heinze RdA 90, 262; Henssler RdA 91, 268; Kamphausen NZA 92, 55; Lunk/Nebendahl NZA 90, 676, 921; Platz ZfA 93, 373; Rieble BB 91, 471; Schäfer NZA 91, 836; Ziege NZA 90, 926.
Betriebsrat Lit.: Wiesemann, D., Die Einigungsstelle, 2003
Zur innerbetrieblichen Beilegung des weitaus größten Teils der Konflikte im Bereich der Mitbestimmung, vor allem in den sozialen Angelegenheiten, ist vom Gesetz eine betriebliche Einigungsstelle vorgesehen. Sie ist eine betriebsverfassungsrechtliche Institution zur Beilegung von Meinungsverschiedenheiten zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, Gesamtbetriebsrat oder Konzernbetriebsrat (§ 76 Abs. 1 S.1 BetrVG). Die Einigungsstelle ist bei Bedarf zu bilden. Nach § 76 Abs. 2 S.1 BetrVG besteht sie aus einer gleichen Anzahl von Beisitzern, die von Arbeitgeber und Betriebsrat bestellt werden, und einem unparteiischen Vorsitzenden, auf dessen Person sich beide Seiten einigen müssen. Das Verführen vor der Einigungsstelle kann nur auf Antrag eingeleitet werden. Nach § 76 Abs. 5 S.1 BetrVG genügt der Antrag einer Partei in den Fällen, in denen der Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzt. Im Übrigen wird die Einigungsstelle nur dann tätig, wenn beide Seiten es beantragen oder mit ihrem Tätigwerden einverstanden sind (§ 76 Abs. 6 BetrVG). Die Einigungsstelle fasst ihre Beschlüsse nach mündlicher Beratung mit einfacher Stimmenmehrheit (§ 76 Abs. 3 S. 1 BetrVG). Die Sprüche der Einigungsstelle unterliegen in vollem Umfang einer gerichtlichen Kontrolle auf ihre Rechtmäßigkeit. Ein Verstoß gegen die Rechtmäßigkeit liegt nach § 76 Abs. 5 S. 3 BetrVG u. a. dann vor, wenn bei der Entscheidung die Belange des Betriebes und der betroffenen Arbeitnehmer nicht angemessen berücksichtigt wurden. Die Kosten der Einigungsstelle trägt der Arbeitgeber gem. § 76a BetrVG.
Betriebsrat, unlauterer Wettbewerb (3).
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