Frauenarbeitsschutz
Gesamtheit der Rechtsvorschriften, die den Arbeitsschutz insbes. der Schwangeren und Wöchnerinnen (Mutterschutz), aber auch anderer Frauen, vor allem hinsichtlich Art und Dauer der Tätigkeit umfassen. Nachtarbeit. Wesentliche Bestimmungen sind u. a. in der Arbeitszeitordnung, im Mutterschutzgesetz und im Gaststättengesetz enthalten. Beschäftigungsverbote bestehen z. B. für Schwerindustrie und Bergwerke. Sonntagsarbeit. - Schutzvorschriften auch in Österreich und in der Schweiz.
Für weibliche Arbeitnehmer bestehen neben dem allgemeinen Arbeitsschutz zusätzliche Schutzvorschriften. Gem. § 16 AZO ist die Beschäftigung von Frauen in Bergwerken u. Gruben sowohl unter Tage als auch bei der Förderung, Transport u. Verladung über Tage, ferner in Kokereien u. bei der Beförderung von Roh- und Werkstoffen am Bau verboten. Darüber hinaus gelten nach §§ 17 ff. AZO besondere Bestimmungen hinsichtlich des Arbeitsschutzes (Höchstarbeitszeit, Ruhepausen, keine Nachtarbeit). Die Regelung in den Hausarbeitstagsgesetzen der Länder, wonach weiblichen, nicht aber männlichen Arbeitnehmer im eigenen Hausstand in bestimmten Abständen Anspruch auf Freizeit (i. d. R. 1 Arbeitstag je Monat) zur Erledigung häuslicher Arbeiten zusteht, ist mit der grundgesetzlichen Garantie der Gleichberechtigung von Mann und Frau nicht vereinbar (BVerfG v. 13.11.1979). Der erneut eingebrachte Entwurf der Bundesregierung zum Arbeitszeitgesetz (Arbeitszeit) sieht daher die Aufhebung der Hausarbeitstagsgesetze vor. Einem besonderen Arbeitsschutz unterliegen schwangere Frauen u. Wöchnerinnen (Mutterschutz).
Im Arbeitsrecht:
Die wesentlichen Bestimmungen über den F. enthalten: 1. Das EG-Anpassungsgesetz vom 13. 8. 1980 (BGBl. I 1308) hat infolge des Europäischen Arbeitsrechts (Steindorff RdA 88, 129; Colneric BB 88, 968) eine Reihe von Vorschriften in das BGB eingefügt. Nach § 611a I 1 BGB darf ein AG keinen AN bei einer Vereinbarung oder einer Massnahme, insbesondere bei der Begründung eines Arbeitsverhältnisses oder bei einem berufl. Aufstieg, bei einer Weisung oder Kündigung wegen seines Geschlechts benachteiligen. Eine unterschiedl. Behandlung wegen des Geschlechts ist nur zulässig, soweit sie aus der Art der auszuführenden Tätigkeit folgt o. ein bestimmtes Geschlecht dafür Voraussetzung ist. Da ein AN die unsachl. Differenzierung nur schlecht beweisen kann, enthält § 611a I 3 BGB eine Beweislastumkehr, dass der AN nur Tatsachen glaubhaft zu machen braucht, die eine geschlechtsspezifische Benachteiligung wahrscheinlich machen. Alsdann trifft den AG die Beweislast für die nicht geschlechtsbezogenen Gründe. Aus geschlechtsbezogenen Gründen ist eine Benachteiligung auch nicht wegen bestehender arbeitsrechtl. Schutzbestimmungen zulässig. Es stellt mithin eine unmittelbare Frauendiskriminierung dar, wenn eine Bewerberin nicht eingestellt wird, weil sie schwanger werden könnte (EuGH NZA 91, 171 = BB 91, 692 (Dekker) o. aus sonstigen geschlechtsbezogenen Gründen zurückgewiesen wird (BVerfG BB 94, 702). Ist aus geschlechtsbezogenen Gründen ein Arbeitsverhältnis nicht begründet
wen,,:n, ist der AG schadensersatzpflichtig. Der Anspruch verjährt in zwei Jahren. Der EuGH hat die bestehende gesetzl. Regelung wegen Verstosses gegen EG-Recht für nicht anwendbar erklärt (DB 84, 1042), weil sie nur zum Ersatz des Vertrauensschadens führt. Das sind aber regelmässig die Bewerbungskosten. Die Zurückweisung eines AN wegen des Geschlechts enthält aber die Verletzung seines Persönlichkeitsrechtes. Insoweit ist eine Entschädigung zu zahlen; diese hat grundsätzlich der Arbeitsvergütung für einen Monat zu entspr. (AP 5, 6 zu § 611a BGB = NJW 67, 65 = NZA 90, 24, 21). Die Ausschreibung von Arbeitsplätzen soll nicht allein nur für Männer oder nur für Frauen erfolgen (§ 611 b BGB). In § 612111 BGB ist der auch schon bisher geltende (AP 6, 7 zu Art. 3 GG, EuGH NJW 76, 2068; 78, 2445; 80, 2014) Grundsatz der Lohngleichheit für Männer und Frauen eingeführt. Für gleiche oder gleichwertige Arbeit darf nicht wegen des Geschlechts des Arbeitnehmers eine geringere Vergütung vereinbart werden. Sind Männer und Frauen mit der gleichen Arbeit beschäftigt, und entlohnt der AG fast die Hälfte der Männer, dagegen nur 1/10 der Frauen über Tarif, dann liegt darin ein Verstoss gegen § 612 III BGB, wenn die höhere Entlohnung der männlichen AN nicht durch Gründe gerechtfertigt ist, die nicht auf das Geschlecht bezogen sind (v. 23. 9. 1992 — 4 AZR 30/92 — NZA 93, 891). Ist die getroffene Vergütungsvereinbarung unwirksam, so ist die Höhe der den teilzeitbeschäftigten AN zustehenden Vergütung an Hand der Vergütung zu ermitteln, die der AG sonst Vollzeitbeschäftigten zahlt (v. 26. 5. 93 — 4 AZR 461/92 — NZA 93, 1049). Lit.: Adams JZ 91, 534; Küfner-Schmidt ZTR 91, 323. Vergütung ist jede Gegenleistung des AG für die Leistung der Arbeit, also auch das betriebl. Ruhegeld. Untersagt ist aber auch Frauenarbeit in ihrer
Wertigkeit geringer einzustufen, als die von Männern. Der Begriff der geringeren körperl. Belastung ist nach der Veränderung der Verkehrsanschauung zu bestimmen; es kommt insoweit nicht mehr nur auf die körperl. Belastung an, sondern auch auf die nervlich energetische (AP 63 zu § 1 TVG Tarifverträge: Metallindustrie = NZA 88, 626; AP 29 zu § 1 TVG Tarifverträge: Einzelhandel = NZA 91, 394).
Auch eine Differenzierung von Zulagen ist unwirksam (AP 117 zu Art. 3 GG; AP 53 zu § 242 BGB Gleichbehandlung). Ergeben sich bei einer einheitlichen betrieblichen Regelung Anhaltspunkte dafür, dass weiblichen AN für die Arbeit ein geringerer Lohn gezahlt wird als männlichen AN, so muss der AG darlegen und beweisen, dass die von Männern geleistete Arbeit anders zu bewerten ist.
Verboten ist die mittelbare Frauendiskriminierung. Gelegentlich
wird bei Teilzeitbeschäftigung kein Ruhegeld zugesagt. Vor
allem Frauen arbeiten jedoch in Teilzeitbeschäftigung. Das BAG hat zunächst Bedenken geäussert, ob bei dem Ausschluss der Teilzeitbe-
schäftigten eine mittelbare Frauendiskriminierung vorliegt u. insoweit den EuGH angerufen (AP 1 zu § 1 BetrAVG Gleichbehandlung = NJW 82, 2013; AP 3 zu Art. 119 EWG — Vertrag). Nach dessen Entscheidung hat es entschieden, dass eine mittelbare Frauendiskriminierung dann vorliegt, wenn (1) eine Regelung gegeben ist, durch die eine bestimmte Gruppe von AN ausgeschlossen wird, (2) durch diese Regelung wesentlich mehr Personen des einen als des anderen Geschlechtes betroffen werden, (3) die nachteilige Wirkung mit dem Geschlecht o. der Geschlechtsrolle zu erklären ist (zweifelhaft, ob an dem Merkmal zu (3) festzuhalten ist (v. 2. 12. 92 — 4 AZR 152/92 NZA 93, 367). Liegt hiernach eine mittelbare Diskriminierung vor, so ist sie gleichwohl gerechtfertigt, wenn das gewählte Mittel (1) einem wirklichen Bedürfnis des AG entspricht, (2) zur Erreichung des Zieles geeignet u. (3) nach den Grundsätzen der Verhältnismässigkeit erforderlich ist (AP 11 zu Art. 119 EWG-Vertrag = DB 87, 994 = NZA 87, 445; AP 5 zu § 1 BetrAVG Gleichberechtigung = NJW 89, 68; AP 7 = NZA 90, 778; AP 8 = NJW 91, 2927 = NZA 91, 635; EuGH DB 86, 1525 = NZA 86, 599). Keine mittelbare Frauendiskriminierung sieht das BAG in sog. hierarchischen Altersversorgungen, bei denen nur AN in Beförderungsstufen, in die Frauen normalerweise nicht gelangen, Ruhegelder erhalten (AP 4 zu § 1 BetrAVG Gleichberechtigung). Namentlich im Bereich des öffentlichen Dienstes sind unterhälftig tätige Teilzeitbeschäftigte von der Zusatzversorgung ausgeschlossen. Auch insoweit wird ein Verstoss gegen das Benachteiligungsverbot von Teilzeitbeschäftigten angenommen (AP 26 zu § 1 BetrAVG Zusatzversorgungskassen = NZA 89, 400, 442; AP 6 zu § 2 BeschFG 1985 = NZA 90, 37). Umstr. ist ferner, ob unterschiedliche Altersgrenzen möglich sind (vgl. BSG AP 1 zu § 25 AVG; BVerfG BB 86, 1018; EuGH NJW 82, 2726; 86, 2182). Der EuGH hat dies für private Rentenversorgungssysteme verneint (DB 90, 1824 = NJW 91, 2204 — Barber-Case).
Auch im übrigen Arbeitsrecht stellt sich immer wieder heraus, dass es zu mittelbaren Frauendiskriminierungen kommt. Es ist als europaverfassungswidrig angesehen der Ausschluss von teilzeitbeschäftigten Frauen vom Übergangsgeld im öffentlichen Dienst (EuGH DB 91, 100 (Kowalska), die Verlängerung von Bewährungsfristen für Teilzeitbeschäftigte (EuGH NJW 91, 2207 (Nimz) dazu v. 2. 12. 92 — 4 AZR 152/92 — NZA 93, 367), Ausschluss der Bezahlung von Schulungsveranstaltungen für teilzeitbeschäftigte Betriebsratsmitglieder, wenn die Schulung über die individuelle Arbeitszeit andauert (EuGH DB 92, 1481 (Bötel) (Reich/Dieball ArbuR 91, 225). Dagegen soll es keine Frauendiskriminierung darstellen, wenn der AG nach 12 Uhr Arbeitsbefreiung erteilt, hiervon aber Teilzeitbescu zigte nicht profitieren (v. 26. 5. 1993 - 5 AZR 184/92 - NZA 93, 1075). Lit.: Buglass/Heilmann ArbuR 92, 353; Döse ZIAS 93, 234; Ebsen RdA 93, 11; Kirsten RdA 90, 282; Kutsch BB 91, 2149; Mauer NZA 91, 501; Reich/Dieball ArbuR 91, 225; Sowka DB 92, 2030; Wissmann DB 91, 650.
2. MSchG i. d. F. v. 18. 4. 1968 (BGBl. 1 315) m. spät. Änd.; Mutterschutz,
3. Die in einigen Ländern geltenden. Hausarbeitstagsgesetze, die zwar von Ländern erlassen, aber zum Bundesrecht geworden sind, sowie die Freizeitanordnung v. 22. 10. 1943 (RABl. III 325); —Hausarbeitstag. Sie werden weitgehend verfassungswidrig sein.
4. Arbeitszeitordnung v. 30. 4. 1938 (RGB1. I 447) m. sp. Änd.; -Arbeitszeit. Ein Arbeitszeitgesetz ist in Vorbereitung.
Überblick: a) Fr. dürfen höchstens mit 1 Std. Vor- u. Nacharbeiten (§ 5 I AZO) über die im Betr. zulässige Arbeitszeit beschäftigt werden (§ 17 I AZO). b) Sie dürfen auch in Ausnahmefällen nicht länger als 10 Std., an Tagen vor Sonn- u. Feiertagen nicht länger als 8 Std. beschäftigt werden (§ 17 II). Ausnahmen für bestimmte Dienstleistungsberufe. c) Den Fr. müssen bei mehr als 41/2 Std. Arbeitszeit eine o. mehrere vorausbestimmte Ruhepausen von mehr als 15 Min. gewährt werden, u. zw. bei 41/2-6 Std. 20 Min. bei 6-8 Std. 30 Min., 8-9 Std. Arbeitszeit 3/4 Std. u. bei mehr als 9 Std. 1 Std. Bei mehr als 8-81/ Std. dürfen die Ruhepausen auf 1/2 Std. verkürzt werden, wenn die Verlängerung der Arbeitszeit über 8 Std. dazu dient, durch andere Verteilung der Arbeitszeit einen Frühschluss vor Sonn-u. Feiertagen herbeizuführen. d) Arbeiterinnen dürfen nicht in der Nachtzeit von 20-6 Uhr u. an Tagen vor Sonn- u. Feiertagen nicht nach 17 Uhr beschäftigt werden. Das Nachtarbeitsverbot ist verfassungswidrig (BVerfG NZA 92, 270 = DB 92, 377; EuGH DB 91, 2194 (Stoeckel); Loritz ZfA 91, 607; Peez/Grossjohann DB 93, 633). Ausnahmen für mehrschichtige Betr. u. für bestimmte Dienstleistungsberufe. Kraft behördl. Genehmigung können von einigen Vorschriften Ausnahmen bewilligt werden (§§ 20, 21 AZO). e) Fr., die Kinder unter 14 Jahren im gemeinsamen Haushalt ohne ausreichende Hilfe betreuen müssen, sind auf ihr Verlangen von Mehrarbeit, Nachtarbeit, Sonn- u. Feiertagsarbeit freizustellen (§ 3 FAO).
5. Nach § 21 GastG v. 5. 5. 1970 (BGBl. 1 1298) m. spät. Änd. können die LReg. zur Aufrechterhaltung der Sittlichkeit o. zum Schutz der Gäste durch RechtsVO Vorschriften über die Zulassung, das Verhalten und die Art der Tätigkeit sowie, soweit tarifvertragl. Regelungen nicht bestehen, die Art der Entlohnung der in Gaststättenbetrieben Beschäftigten erlassen. Die VO brauchen sich mithin nicht mehr nur auf weibl. AN zu beziehen. In den Ländern sind
entspr. VO ergangen (vgl. Schlegelberger, Das Recht der Gegenwart, 24. Aufl., 1993).
6. Die Beschäftigung von weibl. AN im Personen- u. Güterverkehr ist eingeschränkt durch VO über die Beschäftigung von Frauen auf Fahrzeugen v. 2. 12. 1971 (BGBl.) Der AG darf eine AN, die erstmals als Fahrerin tätig werden will, nur beschäftigen, wenn diese innerhalb der letzten 6 Monate vor Beschäftigungsbeginn ärztlich untersucht worden ist u. gegen ihre Beschäftigung ärztliche Bedenken nicht bestehen. Vor Ablauf von 18 Monaten hat eine Nachuntersuchung stattzufinden. Der AG hat das Attest über die Untersuchung aufzubewahren u. die Zweitschrift der Frau auszuhändigen, die diese mitzuführen hat. Die Kosten der Untersuchung trägt der AG.
7. Weibl. AN dürfen nicht in Bergwerken, Salinen, Aufbereitungsanstalten u. unterirdisch betriebenen Brüchen u. Gruben unter Tage, nicht bei der Förderung mit Ausnahme der Aufbereitung (Separation, Wäscherei), nicht bei dem Transport u. der Verladung beschäftigt werden (§ 16 1 AZO). Beschäftigungsverbote bestehen weiter für Kokereien u. für die Beförderung von Roh- u. Werkstoffen bei Bauten aller Art sowie in Steinbrüchen Keramikbetrieben u. Ziegeleien.
8. Zur Förderung der Frauen werden Frauenforderpläne diskutiert. Das BAG hat im Wege des Vorabentscheidungsverfahrens den EuGH angerufen, ob eine Quotenregelung im öffentlichen Dienst, nach der bei gleicher Qualifikation Frauen bevorzugt werden, europaverfassungsgemäss ist (v. 22. 6. 93 - 1 AZR 590/92). Z. Zt. wird ein Gleichstellungsgesetz diskutiert. Aus der Lit.: Berger-Delhey ZTR 93, 267; Degen PersR 92, 489; Dieball KJ 91, 243; Merkel ZTR 91, 244; Reiche ZTR 93, 103; Worzalla Arbeitgeber 93, 424.
Arbeitsschutz, Arbeitszeit, Mutterschutz.
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