Rechtliches Gehör
Ein Grundsatz des Rechtsstaates. Er besagt, daß kein Gericht eine Entscheidung fällen darf, ohne dem dadurch Betroffenen vorher Gelegenheit gegeben zu haben, sich dazu zu äußern (Art. 103 Abs. 1 GG). Dies gilt allerdings nicht für vorläufige Entscheidungen, bei denen der Betroffene die Möglichkeit hat, hinterher ihre Aufhebung zu beantragen (zum Beispiel Arrest, einstweilige Anordnung oder Verfügung, Haftbefehl, Mahn verfahren).
Nach Art. 103 Abs. 1 GG hat vor Gericht jedermann Anspruch darauf, vor Erlass einer Entscheidung zum Streitgegenstand einschliesslich der von Amts wegen ermittelten Umstände ausreichend und überlegt Stellung zu nehmen. Dieses Grundprinzip rechtsstaatlicher Rechtsfindung gilt auch vor Eingriffen der Verwaltung in Eigentum und Freiheit.
eine Ausprägung des Rechtsstaatsprinzips. Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 I). Dieses justizielle Grundrecht soll den Verfahrensbeteiligten im Interesse richtiger Sachentscheidung eine angemessene Mitwirkung sichern. Die Konkretisierung des Prinzips in Einzelfällen hat eine umfangreiche Verfassungsrechtsprechung hervorgebracht. Für alle Prozessarten gilt, dass jeder Beteiligte hinreichend Gelegenheit haben muss, sich vor Erlass einer Gerichtsentscheidung zum relevanten Sachverhalt zu äussern. Demgemäss darf ein Gericht nur solche Tatsachen und Beweisergebnisse seiner Entscheidung zugrunde legen, zu denen sich die Betroffenen vorher äussern konnten.
Von der verfassungsrechtlichen Anhörungspflicht ist das Mass der Begründungspflicht eines Richterspruchs zu unterscheiden. Das Gericht ist nicht verpflichtet, sich mit jedem Parteivorbringen in seiner Entscheidungsbegründung ausdrücklich zu befassen. Der Grundrechtsanspruch auf rechtliches Gehör soll die Gleichheit aller vor Gericht gewährleisten. Audiatur et altera pars! Dieser bis auf den antik-athenischen Richtereid zurückgehende Grundsatz, dass auch die Gegenseite anzuhören sei, ist ein Kernstück des Anspruchs auf rechtliches Gehör. Deshalb muss z.B. ein angerufenes Gericht, wenn es keine Frist zur Gegenerklärung setzt, vor seiner Entscheidung eine gewisse Zeit zuwarten, um der anderen Seite eine Stellungnahme zu ermöglichen.
Die Verfassungsgarantie des rechtlichen Gehörs soll sicherstellen, dass vor Gericht nicht .kurzer Prozess\' gemacht wird. Diesen grundrechtlichen Anspruch hat jedermann, ob Inländer oder Ausländer, ob natürliche oder juristische Person. Dabei darf der Terminus .Gehör\' nicht auf den vordergründigen Wortsinn verengt werden. So genügt im schriftlichen Verfahren die Einräumung der Möglichkeit zu einer schriftlichen Gegenäusserung. Andererseits geht der Anspruch auf rechtliches Gehör nicht so weit, dass ein Gericht verpflichtet wäre, mit den Verfahrensbeteiligten ein Rechtsgespräch über alle juristischen Gesichtspunkte des Falles zu führen.
Nach Art. 103 I GG hat vor Gericht jedermann Anspruch auf r. G. Dieses Grundrecht verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen u. in Erwägung zu ziehen. Es darf seiner Entscheidung nur solche Tatsachen u. Beweisergebnisse zugrunde legen, zu denen die Beteiligten Stellung nehmen konnten. Der verfassungsrechtliche Grundsatz des r. G. gilt zwar ausdrücklich nur im gerichtlichen Verfahren; als Ausfluss des Rechtsstaatsprinzips ist er jedoch i. d. R. auch von den Behörden vor dem Erlass eines belastenden Verwaltungsaktes zu beachten (vgl. § 28 VwVfG).
Im Arbeitsrecht:
ist der Prozessgrundsatz, dass das Gericht nur nach Anhörung aller Beteiligten eine abschliessende Entscheidung treffen darf. Das rG. umfasst auch die Verpflichtung des Gerichtes, Vortrag der Parteien zur Kenntnis zu nehmen. Es ist verletzt, wenn das Gericht einen vor mündl. Verhandlung eingegangenen Schriftsatz infolge verspäteter Vorlegung nicht mehr berücksichtigt (DB 73, 1852) o. ein Gericht ungewöhnlich komplizierte u. umfangreiche Geschäftsunterlagen verwertet, die erst in der letzten mündlichen
Gehör, rechtliches
Prozessgrundrechte.
Nach Art. 103 I GG (und den entsprechenden Bestimmungen der Landesverfassungen) hat vor Gericht jedermann Anspruch auf r. G. Dieser Grundsatz ist als Grundrecht garantiert. Er besagt, dass einer gerichtlichen Entscheidung nur solche Tatsachen und Beweisergebnisse zugrunde gelegt werden dürfen, zu denen Stellung zu nehmen den Beteiligten Gelegenheit gegeben war. Er gewährt den Prozessbeteiligten eine Mindestgarantie des Inhalts, dass eine für sie nachteilige Entscheidung nicht ohne ihre vorherige Anhörung getroffen werden kann, und schützt die Partei vor Überrumpelung mit unbekannten Tatsachen und Beweisergebnissen. Er soll nicht nur die Sachaufklärung fördern und damit zu einer „richtigen“ Entscheidung beitragen, sondern dient zugleich dem Schutz der Würde der Person. Das r. G. kann auch verletzt sein, wenn einem Beteiligten bei unverschuldet verspäteter Einlegung eines Rechtsbehelfs (z. B. Verzögerung durch die Post) keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird. Der Grundsatz des r. G. umfasst auch die Befugnis, vor Gericht Rechtsausführungen zu machen. Dagegen gibt er keinen Anspruch auf eine vollständige rechtliche Erörterung des Streitfalles (Rechtsgespräch), auch nicht auf eine bestimmte Beweisaufnahme und Prozessführung. Auf mögliche Veränderungen eines rechtlichen Gesichtspunktes hat das Gericht rechtzeitig hinzuweisen (§ 265 StPO, § 139 II ZPO).
Hat ein Gericht den Anspruch einer Partei oder eines Beteiligten auf r. G. in entscheidungserheblicher Weise verletzt und ist gegen die Entscheidung ein Rechtsmittel oder anderer Rechtsbehelf nicht gegeben, so kann der Betroffene (als eine Art Wiedereinsetzung in den vorigen Stand) binnen 2 Wochen ab Kenntnis von der Verletzung des r. G. die Fortsetzung des Verfahrens (vor demselben Gericht) verlangen (Anhörungsrüge, Gehörsrüge). Dies gilt nunmehr (G v. 9. 12. 2004, BGBl. I 3220) für alle (End-)Entscheidungen in jeder Verfahrensart (§ 321 a ZPO, §§ 33 a, 311 a, 356 a StPO, § 55 IV JGG, § 44 FamFG, § 78 a ArbGG, § 152 a VwGO, § 178 a SGG, § 133 a FGO). Die formelle Rechtskraft der Entscheidung wird hierdurch nicht berührt; es ist aber nach Nachholung des r. G. erneut zu entscheiden. Erst danach kann ggfs. wegen Verletzung des r. G. Verfassungsbeschwerde erhoben werden.
Obwohl Art. 103 I GG das r. G. nur vor den Gerichten garantiert, ist der Grundsatz als Ausfluss des Rechtsstaatsprinzips auch im Verfahren vor den Verwaltungsbehörden zu beachten, jedenfalls wenn in die Rechtsstellung der Bürger eingegriffen und ihnen Rechte oder rechtliche Vorteile entzogen oder beschränkt werden sollen. Allerdings kann hier im weiteren Verfahren (Widerspruchsverfahren, verwaltungsgerichtl. Verfahren) das r. G. grundsätzlich nachgeholt werden. S. a. Anhörung.
rechtliches Gehör.
rechtliches Gehör.
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