Gläubigeranfechtung
Ausserhalb des Konkursverfahrens (Konkursanfechtung) kann ein Gläubiger mit einem Vollstreckungstitel und einer fälligen Forderung, wenn die Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner nicht zur vollständigen Befriedigung geführt hat oder voraussichtlich nicht führen wird, bestimmte Rechtshandlungen des Schuldners, die dessen Vermögen verringert haben, anfechten. Die Anfechtungsgründe entsprechen der Konkursanfechtung (-"»Absichtsanfechtung, Schenkungsanfechtung). Mit der G. kann verlangt werden, dass alles, was durch die angefochtene Handlung vom Schuldner weggegeben wurde, vom Empfänger zurückgewährt wird und dann dem Gläubiger zur Vollstreckung zur Verfügung steht. Anfechtungsgesetz vom 21. 7.1879.
(§ 1 AnfG) ist die Anfechtung einer seine Gläubiger benachteiligenden Rechtshandlung eines Schuldners außerhalb des Insolvenzverfahrens durch den Gläubiger zum Zweck seiner Befriedigung. Die G. ist im besonderen, mit Wirkung vom 1.1. 1999 seinen Vorläufer aufhebenden Anfechtungsgesetz geregelt. Zur Anfechtung ist jeder Gläubiger berechtigt, der einen vollstreckbaren Schuldtitel erlangt hat und dessen Forderung fällig ist, wenn die Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Schuldners nicht zu einer vollständigen Befriedigung des Gläubigers geführt hat oder wenn anzunehmen ist, dass sie nicht dazu führen würde. Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor der Anfechtung mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil den Vorsatz des Schuldners kannte. Anfechtbar ist weiter ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person geschlossener entgeltlicher, die Gläubiger unmittelbar benachteiligender Vertrag. Anfechtbar ist schließlich eine unentgeltliche Leistung des Schuldners in den letzten vier Jahren vor der Anfechtung. Was durch die anfechtbare Rechtshandlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben ist, muss dem Gläubiger, soweit es zu dessen Befriedigung erforderlich ist, zur Verfügung gestellt werden. Die Anfechtbarkeit kann durch Einrede, der Anfechtungsanspruch im Wege der Klage geltend gemacht werden. Lit.: Allgayer, P., Rechtsfolgen und Wirkungen der Gläubigeranfechtung, 2000; Fahlbusch, W., Insolvenzrecht und Anfechtungsrecht, 6. A. 2006
bezweckt im Interesse des Einzelgläubigers, die Einzelzwangsvollstreckungslage wieder herzustellen, wie sie ohne die anfechtbare Rechtshandlung des Schuldners bestanden hätte (§§ 11,1 AnfG), da bei sich abzeichnendem Vermögensverfall und drohender Zwangsvollstreckung die Schuldner sehr häufig ihr Vermögen auf Dritte übertragen, um es dem Vollstreckungszugriff der Gläubiger zu entziehen. Die Gläubigeranfechtung richtet sich nach den Vorschriften des Anfechtungsgesetzes (Art. 1 des Einführungsgesetzes zur Insolvenzordnung vom 5. 10. 1994, BGBl. I, 2911). Obwohl sie der Insolvenzanfechtung nachgebildet ist, ist sie nicht von der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens abhängig. Kommt es zur Verfahrenseröffnung, so tritt der Insolvenzverwalter an die Stelle der Gläubiger (§§16-18 AnfG). Die Gläubigeranfechtung ist ebenso wie die Insolvenzanfechtung von der Anfechtung von Willenserklärungen nach den §§ 119 ff. BGB streng zu unterscheiden. Während durch die Anfechtung nach dem AnfG bzw. der InsO ein dem Vollstreckungszugriff des Gläubigers entzogener Gegenstand dem Schuldnervermögen wieder zugeführt wird, beseitigt die Anfechtung nach den §§ 119 ff. BGB rückwirkend das Rechtsgeschäft (vgl. § 142 Abs. 1 BGB).
Zur Gläubigeranfechtung berechtigt ist jeder Gläubiger, der einen vollstreckbaren Schuldtitel erlangt hat (§ 2 AnfG). Fehlt ein solcher Titel, so kann die Gläubigeranfechtung durch die Anfechtungseinrede (§ 9 AnfG) geltend gemacht werden. Ferner muss der Anfechtende eine fällige Forderung haben. Außerdem darf die Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Schuldners keine vollständige Befriedigung des anfechtenden Gläubigers bewirkt haben oder es muss anzunehmen sein, dass eine Zwangsvollstreckung nicht zu einer vollständigen Befriedigung des Gläubigers führen wird. Anfechtbare Rechtshandlung des Schuldners im Sinne des § 1 AnfG ist jedes Handeln, das eine rechtliche Wirkung auslöst (Verfügungen, Willenserklärungen, rechtsgeschäftliche Handlungen, rechtserhebliches Unterlassen). Die Rechtshandlung muss ursächlich für die Benachteiligung des anfechtenden Gläubigers geworden sein (§§ 3, 4 AnfG). Sie muss dessen Zwangsvollstreckung unmöglich gemacht oder erschwert haben. Als Anfechtungsgründe kommen die vorsätzliche Benachteiligung (§ 3 AnfG) und die Schenkungsanfechtung (§4 AnfG) in Betracht. Sonderfälle bilden die Anfechtbarkeit von Rechtshandlungen des Erben (§5 AnfG) und die Anfechtbarkeit von Rechtshandlungen, die zu einer Befriedigung oder Sicherung von kapitalersetzenden Darlehen eines Gesellschafters führen (§6 und §6a AnfG). Zu beachten sind die in den §§3, 4 und 6, 6a AnfG genannten Anfechtungsfristen. Die Berechnung der in den §§3 und 4 AnfG genannten Fristen ist in § 7 AnfG geregelt. Es handelt sich um Ausschlussfristen. Mittels Anfechtungsklage (§ 13 AnfG) oder Anfechtungseinrede (§ 9 AnfG) kann das Anfechtungsrecht geltend gemacht werden. Dabei hat der Klageantrag bestimmt zu bezeichnen, in welchem Umfang und in welcher Weise der Anfechtungsgegner das Erlangte zur Verfügung stellen soll (§ 13 AnfG). Anfechtungsgegner ist der Empfänger der anfechtbaren Leistung bzw. dessen Erbe, ein anderer Gesamtrechtsnachfolger (§ 15 Abs. 1 AnfG) oder ein sonstiger Rechtsnachfolger (§ 15 Abs. 2 AnfG). Die Forderung des anfechtenden Gläubigers beinhaltet einen schuldrechtlichen Anspruch auf Wiederherstellung der Zugriffslage, wie sie vor der Vermögensverschiebung bestanden hat (§ 11 Abs. 1 S.1 AnfG).
Der aus dem Vermögen des Schuldners weggegebene Gegenstand ist dem Vollstreckungszugriff des Gläubigers wieder in der Weise zur Verfügung zu stellen, als befände er sich noch im Vermögen des Schuldners. Der Anfechtungsgegner muss daher grundsätzlich die Zwangsvollstreckung des Gläubigers in die anfechtbar erlangten Vermögensgegenstände dulden, soweit sie zu dessen Befriedigung erforderlich ist. Ist die Vollstreckung in den Gegenstand nicht möglich, so ist der Anspruch durch Wertersatz in Geld zu erfüllen. Der Empfänger einer unentgeltlichen Leistung hat diese nur zur Verfügung zu stellen, soweit er durch sie bereichert ist. Dies gilt aber nicht, sobald er weiß oder den Umständen nach wissen muss, dass die unentgeltliche Leistung die Gläubiger benachteiligt (§ 11 Abs. 2 AnfG). Ins Fall einer Anfechtung nach § 6a AnfG hat der Gesellschafter des Schuldners, der eine Sicherheit für eine Forderung gegen den Schuldner bestellt hatte oder als Bürge für die Erfüllung einer Forderung gegen den Schuldner haftete, die Zwangsvollstreckung in sein Vermögen bis zur Höhe des Betrages zu dulden, mit dem er als Bürge haftete oder der dem Wert der von ihm bestellten Sicherheit im Zeitpunkt der Rückgewähr des Darlehens oder der Leistung auf die gleichgestellte Forderung entspricht. Der Gesellschafter wird von dieser Verpflichtung frei, wenn er die Gegenstände, die dem Gläubiger als Sicherheit gedient hatten, dem Gläubiger zur Verfügung stellt (§ 11 Abs. 3 AnfG).
Rechtshandlungen (Unterlassungen) eines Schuldners, die seine Gläubiger benachteiligen, können auch außerhalb eines Insolvenzverfahrens nach Maßgabe des Anfechtungsgesetzes (Art. 1 des EinführungsGes. zur Insolvenzordnung vom 5. 10. 1994, BGBl. I 2911) angefochten werden (§ 1 AnfG). Die G. dient dazu, dem Gläubiger einer Geldforderung auch dann die Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner zu ermöglichen, wenn dieser Vermögensgegenstände unter anfechtbaren Voraussetzungen veräußert oder beiseite geschafft hat. Die G. ist der Insolvenzanfechtung nachgebildet, aber unabhängig von der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens (kommt es hierzu, so tritt der Insolvenzverwalter an die Stelle der Gläubiger, §§ 16 ff. AnfG).
Zur G. ist jeder Gläubiger einer fälligen Forderung berechtigt, der einen vollstreckbaren Schuldtitel erlangt hat, wenn die Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Schuldners nicht zu einer vollständigen Befriedigung des Gläubigers geführt hat oder wenn anzunehmen ist, dass sie nicht dazu führen würde (§ 2 AnfG). Besteht noch kein solcher Titel, so kann die G. bereits durch Einrede geltend gemacht werden (§ 9 AnfG). Anfechtungsgründe sind die Absichts- und die Schenkungsanfechtung (Insolvenzanfechtung) sowie die Sicherung oder Befriedigung für die Forderung eines Gesellschafters auf Rückgewähr eines Gesellschafterdarlehens (§§ 4-6 a InsO). Rechtsfolge der begründeten G. ist, dass der Gegenstand (oder sein Wert), der durch die anfechtbare Handlung dem Vermögen des Schuldners entzogen wurde, dem Gläubiger zur Verfügung gestellt werden muss, soweit er zu dessen Befriedigung erforderlich ist. Dies hat der Gläubiger mit einem bestimmten Klageantrag gegen den Empfänger gerichtlich geltend zu machen (§§ 11, 13 AnfG). Der Gläubiger kann dann in den Gegenstand die Zwangsvollstreckung so betreiben, als ob dieser noch zum Vermögen des Schuldners gehören würde.
Vorheriger Fachbegriff: Gläubiger von Sozialleistungen | Nächster Fachbegriff: Gläubigeraufgebot