Unverletzlichkeit der Wohnung
grundrechtliche Garantie zum Schutz eines Kernbereichs der Privatsphäre (Art. 13 I). Das in altliberaler Verfassungstradition wurzelnde Abwehrrecht gegen die öffentliche Gewalt entspricht dem freiheitlichen Sicherheitsbedürfnis des Menschen, der in seiner Wohnung wie in einer Burg geschützt sein will.
Der Begriff ,Wohnung\' ist im vorliegenden Zusammenhang weit auszulegen. Er umfasst hier den gesamten räumlich abgeschlossenen individuellen Lebensbereich einer Person. Dazu gehören nicht nur die privaten Wohnräume, sondern auch die Arbeits-, Betriebs- und Geschäftsräume. Jeder Inhaber solcher umfriedeten Besitztümer kann sich auf das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung berufen. Eingriffe und Beschränkungen sind nur unter qualifizierten verfassungsrechtlichen Voraussetzungen zulässig. Insbesondere Durchsuchungen dürfen grundsätzlich nur durch den Richter angeordnet werden (Art. 13 II). Im übrigen sind Eingriffe und Beschränkungen lediglich erlaubt zur Abwehr einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr für einzelne Personen, aufgrund eines Gesetzes auch zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung (Art. 13 VII).
Technische Mittel zur akustischen Überwachung von Wohnungen, in denen der Beschuldigte sich vermutlich aufhält (,Lausch- angriff"), dürfen aufgrund richterlicher Anordnung eingesetzt werden, wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass jemand eine besonders schwere Straftat begangen hat, sofern die Erforschung des Sachverhalts auf andere Weise unverhältnismässig erschwert oder aussichtslos wäre (Art. 13 III).
Bei allen verfassungsrechtlich zulässigen Einschränkungen der Unverletzlichkeit der Wohnung - sie führen ihrer Natur nach regelmässig zu einem erheblichen Eingriff in die Freiheitssphäre der Betroffenen - ist stets der rechtsstaatliche Verhältnismässigkeits- grundsatz zu beachten. Dies gilt gleichermassen für die Anordnung wie für die Durchführung einschlägiger Massnahmen.
Wohnung, Unverletzlichkeit der -.
Unantastbarkeit eines räumlichen Bereiches, in dem der einzelne im Kreise seiner Familie ungestört und unbeobachtet tun und lassen darf, was er will; als Grundrecht für jedermann gewährleistet. Zur Zulässigkeit von Durchsuchungen siehe dort. Im übrigen dürfen Eingriffe und Beschränkungen nur zur Abwehr einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr für einzelne Personen sowie auf Grund eines Gesetzes auch zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung erfolgen.
1.
Die U. d. W. ist in Art. 13 I GG als Grundrecht gewährleistet. Träger des Grundrechts ist jedermann, also auch Ausländer und juristische Personen (nicht aber Behörden, z. B. Universitäten). Unter W. ist der gesamte private Wohnbereich zu verstehen; hierzu gehören auch Geschäftsräume, soweit sie nicht allgemein zugänglich sind, und das umfriedete Besitztum. Geschützt ist nur der rechtmäßige Inhaber. Das Grundrecht ist ein Abwehrrecht gegen die öffentliche Gewalt; dagegen enthält Art. 13 kein „Sozialgrundrecht“ in dem Sinn, dass der Staat zur Schaffung menschenwürdigen Wohnraums oder zur sozialen Ausgestaltung des Mietrechts verpflichtet ist.
2.
Immanente Schranken des Grundrechts können sich aus gleichrangigen Rechten und Freiheiten anderer ergeben. Nach Art. 13 II dürfen Durchsuchungen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzug auch durch die in den Gesetzen vorgesehenen anderen Organe angeordnet und nur in der dort vorgeschriebenen Form durchgeführt werden, so im Strafverfahren von der StA oder ihren Hilfsorganen (§§ 102 ff. StPO); durch den Gerichtsvollzieher für die Zwangsvollstreckung im Zivilprozess nur auf Grund richterlicher Anordnung (vgl. §§ 758 ff. ZPO und Durchsuchung, III), für das Steuerverfahren §§ 210, 287, 402 AO.
3.
Begründen bestimmte Tatsachen den Verdacht, dass jemand eine schwere Straftat begangen hat, so dürfen zur Verfolgung der Tat Wohnungen mit technischen Mitteln („Wanzen“) abgehört werden, wenn die Erforschung des Sachverhaltes in anderer Weise unverhältnismäßig erschwert würde oder aussichtslos wäre. Die Anordnung kann bei Gefahr in Verzug nur durch einen Einzelrichter, ansonsten nur durch einen mit drei Richtern besetzten Spruchkörper erfolgen (Art. 13 III). Zur Abwehr dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung dürfen präventiv technische Mittel zur Überwachung von Wohnungen auf Grund richterlicher Anordnung eingesetzt werden, bei Gefahr in Verzug genügt die Anordnung durch eine andere durch Gesetz bestimmte Stelle; die richterliche Entscheidung ist unverzüglich nachzuholen (Art. 13 IV). Zum Schutze von bei einem Einsatz in Wohnungen tätigen Personen kann eine durch Gesetz bestimmte Stelle auch ohne richterliche Anordnung abhören lassen. Eine anderweitige Verwertung der hierbei erlangten Kenntnisse ist nur zum Zwecke der Strafverfolgung oder der Gefahrenabwehr und nur dann zulässig, wenn vor der Verwertung die Zulässigkeit der Maßnahme gerichtlich festgestellt ist; bei Gefahr in Verzug ist die richterliche Entscheidung unverzüglich nachzuholen (Art. 13 V).
4.
Nach Art. 13 VII GG dürfen (unmittelbar, ohne weitere gesetzliche Grundlage) Eingriffe und Beschränkungen im Übrigen nur zur Abwehr einer gemeinen Gefahr (z. B. Feuer, Überschwemmung, Einsturzgefahr) oder einer Lebensgefahr für einzelne Personen (auch bei drohendem Selbstmord) vorgenommen werden; ferner auf Grund eines Gesetzes auch zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere zur Behebung der Raumnot (vorübergehend oder chronisch: Katastrophen; Wohnraumbewirtschaftung), zur Bekämpfung von Seuchengefahren oder zum Schutz gefährdeter Jugendlicher. Der Abwehr von Seuchengefahren dienen z. B. das Infektionsschutzgesetz, das Tierseuchengesetz, lebensmittelrechtliche und u. U. umweltschützende Gesetze. Verschiedene weitere Betretungsbefugnisse ergeben sich aus der Konkurrenz des Grundrechts mit sonstigen Gemeinwohlerfordernissen; sie stehen in besonderem Maße unter dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und Zumutbarkeit.
5.
Grundsätzlich steht die U. d. W. unter dem Rechtsschutz der Verfassungsbeschwerde; zivilrechtlich ist sie durch Abwehransprüche aus Eigentum und Besitz geschützt, strafrechtlich durch die Vorschriften über Hausfriedensbruch.
die Unantastbarkeit eines räumlichen Bereiches, in dem der einzelne im Kreise seiner Familie ungestört und unbeobachtet tun und lassen darf, was er will; als Grundrecht für jedermann gewährleistet. Zur Zulässigkeit von Durchsuchungen siehe dort. Im übrigen dürfen Eingriffe und Beschränkungen nur zur Abwehr einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr für einzelne Personen sowie auf Grund eines Gesetzes auch zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung erfolgen.
Vorheriger Fachbegriff: Unverletzlichkeit der Person, der Freiheit, der Wohnung | Nächster Fachbegriff: Unverletzlichkeit des Abgeordneten