Aussergewöhnliche Belastung
Erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig grössere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse und gleichen Familienstandes, so wird auf Antrag die Einkommensteuer dadurch ermässigt, dass der Teil der Aufwendungen, der die dem Steuerpflichtigen zumutbare Eigenbelastung übersteigt, vom Einkommen abgezogen wird; §§ 33a EinkommensteuerG. Beispiel: Aufwendungen für Krankheitskosten, u. U. Aussteuer für die Tochter.
knüpfen zur Berücksichtigung von zwangsläufigen Sonderbelastungen an das Leistungsfähigkeitsprinzip im Einkommensteuerrecht an (Verfassungsprinzip der Steuergerechtigkeit, Art. 3 Abs. 1 GG). Im EStG sind verankert:
— außergewöhnliche Belastungen allgemeiner Art (§ 33 EStG),
— außergewöhnliche Belastungen in besonderen Fällen (§ 33a EStG),
— Pauschbeträge für Behinderte, Hinterbliebene und Pflegepersonen (§ 33b EStG).
Nach der Generalklausel in § 33 EStG dürfen außergewöhnliche Belastungen allgemeiner Art nicht Betriebsausgaben, Werbungskosten oder Sonderausgaben sein, müssen außergewöhnlich und zwangsläufig anfallen, den Steuerpflichtigen belasten und die zumutbare Eigenbelastung übersteigen. Die Berücksichtigung erfolgt ausschließlich auf Antrag.
Die Belastungen müssen außergewöhnlich sein, d. h., sie dürfen der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommens- und Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes nicht entstehen sowie dem Grunde nach zwangsläufig sein, da sich ihnen der Steuerpflichtige aus rechtlichen (z. B. gesetzliche Unterhaltspflicht), tatsächlichen (z. B. Krankheit, Katastrophen, Krieg, Vertreibung) oder sittlichen Gründen (Erfüllung wird als selbstverständliche Handlung erwartet und die Missachtung dieser Erwartung als anstößig empfunden, BFH BStB1.II 1990, 294, 886; 1994, 236, 897; 1997, 538) nicht entziehen kann (§ 33 Abs. 2 EStG). Für die Aufwendungen darf der Steuerpflichtige keinen entsprechenden Gegenwert erhalten (Gegenwerttheorie; mit Ausnahme bei Anschaffung medizinischer Hilfsmittel, die ausschließlich für den Erkrankten bestimmt und nur von diesem nutzbar sind, BFH BStBl. II 1991, 920).
Einzelbeispiele außergewöhnliche Belastungen ABC.
Die zumutbare Eigenbelastung ist nach der Tabelle in § 33 Abs. 3 EStG mit einem familienstands- und kinderzahlabhängigen Prozentsatz vom Gesamtbetrag der Einkünfte zu ermitteln.
Außergewöhnliche Belastungen in besonderen Fällen sind typisierend und abschließend in § 33 a EStG geregelt, der Höhe nach begrenzt und dürfen nicht zusätzlich nach § 33 EStG berücksichtigt werden (Ausnahmen BFH BStB1.II 1993, 212, 278). Die Kürzung um die zumutbare Eigenbelastung entfällt. Die Einzelregelungen des § 33 a EStG sind
— zwangsläufige Aufwendungen für den Unterhalt und eine etwaige Berufsausbildung von Personen (§ 33 a Abs. 1 EStG), für die weder der unterhaltsleistende Steuerpflichtige noch eine andere Person Anspruch auf einen Kinderfreibetrag oder Kindergeld für die unterhaltene Person hat und diese kein oder nur geringes Vermögen besitzt (R.33 a.1 Abs. 2 EStR 2005); die Unterhaltsaufwendungen können mit bis zu 7 680 € im Kalenderjahr berücksichtigt werden, jedoch bei eigenen Einkünften und Bezügen der unterhaltenen Person sowie öffentlichen Ausbildungszuschüssen vermindert um den Betrag, um den diese Einkünfte oder Bezüge 624 € übersteigen (§ 33 a Abs. 1 S. 4 EStG),
zwangsläufige Aufwendungen für die Berufsausbildung eines Kindes, für das der Steuerpflichtige einen Kinderfreibetrag oder Kindergeld erhält (§ 33 a Abs. 2 EStG); der Ausbildungsfreibetrag für ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat; der Ausbildungsfreibetrag oder der Freibetrag für den Sonderbedarf mindert sich jeweils um die eigenen Einkünfte und Bezüge des Kindes, soweit diese 1 848 € übersteigen (§ 33 a Abs. 2 S. 2 EStG; zu den Bezügen
eines verheirateten Kindes gehören auch die Unterhaltsleistungen des Ehegatten, BFH BStB1.II 1986, 554),
- zwangsläufige Aufwendungen für die Beschäftigung einer Hilfe im Haushalt (§ 33a Abs. 3 EStG), wenn der Steuerpflichtige oder sein Ehegatte das 60. Lebensjahr vollendet haben oder wegen Erforderlichkeit bei Krankheit des Steuerpflichtigen, des Ehegatten, eines Kindes oder einer anderen zum Haushalt gehörigen unterhaltenen Person (§ 33 a Abs. 3 Nr. 1 EStG); der Abzugsbetrag für eine Haushaltshilfe beträgt 624 € und erhöht sich bei Hilflosigkeit oder in Fällen schwerer Behinderung auf 924 €.
In § 33 b EStG sind besondere Pauschbeträge für Behinderte, Hinterbliebene und Pflegepersonen
zur Abgeltung der entstehenden Mehraufwendungen festgelegt. Zusätzlich können Geh- und Stehbehinderte neben den Pauschbeträgen angemessene Kfz-Kosten für Privatfahrten als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG geltend machen.
- ABC: Es werden nur außergewöhnliche Belastungen allgemeiner Art i. S. d.
§ 33 EStG dargestellt, wobei in jedem Falle die zumutbare Eigenbelastung (§ 33 Abs. 3 EStG) zu berücksichtigen ist.
Beerdigungskosten: Scheiden als außergewöhnliche Belastungen immer dann aus, wenn sie aus dem Nachlass (Erbschaftsteuerbemessungsgrundlage) bestritten werden können (BFH BStB1.II 1996, 413). Bei überschuldetem Nachlass besteht allenfalls eine sittliche (keine rechtliche) Verpflichtung zur Übernahme
der Beerdigungskosten, da die Erbschaft ausgeschlagen werden kann (BFH BStB1.II 1987, 715). Mittelbare
Beerdigungskosten (Bewirtung von Trauergästen, BFH BStB1.II 1988, 130; Reisekosten zur Teilnahme an der Beerdigung eines nahen Angehörigen, BFH BStB1.II 1994, 754; Trauerkleidung, BFH BStBl. III 1967, 364) sind nicht außergewöhnlich.
Diätverpflegung: Vom Normengeber ausdrücklich vom Abzug als außergewöhnliche Belastungen ausgenommen (§ 33 Abs. 2 S.3 EStG, BFH BStBl. II 2007, 880).
Ehescheidung: Die durch die Scheidung entstehenden Kosten (Gerichtskosten, Anwaltsgebühren) sind
außergewöhnliche Belastungen (BFH BStB1.111975, 111), ebenso die Folgekosten (z.B. zur Regelung des elterlichen Sorgerechts für ein gemeinschaftliches Kind; nicht dagegen Aufwendungen für die Vermögensauseinandersetzung, BFH BStB1. II 2006, 492).
Hausschäden: Entscheidend für den Abzug ist, dass der beschädigte Vermögensgegenstand von existenziell
wichtiger Bedeutung ist, keine Anhaltspunkte für ein Eigenverschulden erkennbar sind und keine Ersatzansprüche gegenüber Dritten bestehen (z. B. Wasserschaden im selbst genutzten Einfamilienhaus, BFH BStBl. 11 1995, 104).
Heilkuren (Badekuren, Klimakuren, Vorsorgekuren, Nachkuren): Eigene Aufwendungen für
Heilkuren können wie Krankheitskosten abgezogen werden; Voraussetzung ist jedoch, dass die Notwendigkeit durch ein amts- oder vertrauensärztliches Zeugnis nachgewiesen wird (BFH BStB1.II 1988, 275). Nach BFH BStB1.II 1995, 614 reicht es für die steuerliche Anerkennung von Heilkuren auch aus, wenn sich eine gesetzliche Krankenkasse aufgrund eingehender Prüfung an den Unterkunfts- und Verpflegungskosten beteiligt. Bei allen anderen „Kurarten” scheitert die steuerliche Abzugsfähigkeit ggf. daran, dass der Charakter einer Erholungsreise im Vordergrund steht.
Hochzeit: Weder Verlobung noch Hochzeit sind hinsichtlich der entstehenden Aufwendungen außergewöhnlich (BFH BStBl. III 1967, 758; 111992, 821). Krankheitskosten: Sie sind selbst bei Verursachung durch eigenes Verschulden abzugsfähig (BFH BStB1.II 2002, 240); nicht dagegen mittelbar durch eine Krankheit verursachte Aufwendungen (z. B. Besuchsfahrten zum erkrankten Ehegatten, BFH BStB1.II 1990, 958; krankheitsbedingter Wohnsitzwechsel, BFH BStB1.II 1988, 137).
Schuldzinsen: Diese Aufwendungen sind nur abzugsfähig, wenn die Darlehensaufnahme ebenfalls zwangsläufig war (BFH BStBl. II 1997, 772).
Wiederbeschaffung von Hausrat und Kleidung: Der Abzug setzt den Verlust durch ein unabwendbares Ereignis voraus (z. B. Brand, Unwetter, Hochwasser), wobei die wiederbeschafften Gegenstände den bisherigen Lebensverhältnissen entsprechen und zur Einrichtung einer Wohnung und zur Führung eines Haushaltes erforderlich sein müssen.
Belastungen, außergewöhnliche.
Aussergewöhnliche Belastung.
1.
Dies sind Ausgaben, die steuerlich weder als Betriebsausgaben oder Werbungskosten noch als Sonderausgaben abzugsfähig sind.
a) Es handelt sich dabei an sich um Lebensführungskosten, die aber wegen ihres besonderen außergewöhnlichen Charakters gleichwohl steuerlich berücksichtigt werden, da sie die individuelle Leistungsfähigkeit des einzelnen Stpfl. wesentlich beeinflussen. Die steuerliche Berücksichtigung erfolgt auf Antrag bei der Einkommensteuer durch Abzug des jeweilig zu berücksichtigenden Betrages vom Gesamtbetrag der Einkünfte. Bei Zusammenveranlagung wird der jeweilig zu berücksichtigende Betrag bei jedem Ehegatten zur Hälfte abgezogen. Die Ehegatten können jedoch gemeinsam eine andere Aufteilung beantragen. Die außergewöhnlichen Belastungen unterteilen sich in individuelle Einzelfälle, die nicht einheitlich geregelt werden können (§ 33 EStG) und in wesentlich gleichartige Fälle, die durch Typisierung berücksichtigt werden (§§ 33 a-c EStG).
b) Voraussetzung für außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG ist, dass die Aufwendungen größer sind, als die der überwiegenden Mehrzahl der Stpfl. mit gleichen Einkommens-, Vermögensverhältnissen und gleichem Familienstand. Erforderlich ist eine echte wirtschaftliche Belastung des Stpfl., d. h. er muss zu Ausgaben gezwungen sein, die er endgültig selbst zu tragen hat. Erhält der Stpfl. einen Gegenwert für seine Aufwendungen, liegt keine Belastung vor (Gegenwerttheorie). Ebenso werden Vorgänge auf der reinen Vermögensebene, die die individuelle Leistungsfähigkeit nicht berühren, grundsätzlich nicht berücksichtigt. Weiter müssen die Aufwendungen zwangsläufig entstehen, d. h. der Stpfl. kann sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen. Sie müssen notwendig und angemessen sein (§ 33 I u. II EStG). Die tatsächlich angefallenen Aufwendungen sind für ihre steuerliche Berücksichtigung um den Teil der zumutbaren Belastung zu kürzen. Die zumutbare Belastung beträgt 1-7 v. H. des Gesamtbetrags der Einkünfte (§ 33 III EStG). Beispiele für außergewöhnliche Belastungen sind Aufwendungen für Krankheit, Sanatoriumsaufenthalt, Beerdigungskosten und bestimmte Kosten der Ehescheidung.
2.
Bei den außergewöhnlichen Belastungen der §§ 33 a und 33 b EStG handelt es sich um besondere Fälle, die bei einer größeren Zahl von Stpfl. auftreten und die zweckmäßig typisiert geregelt werden, um eine Gleichmäßigkeit der Besteuerung herbeizuführen. Eine zumutbare Belastung ist bei diesen nicht zu berücksichtigen. Dazu gehören:
a) Aufwendungen bis 8004 EUR (bis 2009: 7680 EUR) für den Unterhalt und eine etwaige Berufsausbildung gegenüber einer gesetzlich unterhaltsberechtigten Person (§ 33 a EStG). Voraussetzung ist, dass weder der Stpfl. noch eine andere Person Anspruch auf einen Kinderfreibetrag oder Kindergeld hat (Familienleistungsausgleich). Eigene Einkünfte und Bezüge des Unterhaltsberechtigten sind bis 624 EUR unschädlich; Ausbildungsbeihilfen usw. sind voll anzurechnen (§ 33 a I EStG).
b) Aufwendungen in Höhe von 924 EUR für die Berufsausbildung eines auswärtig untergebrachten, volljährigen Kindes, für das der Stpfl. einen Kinderfreibetrag oder Kindergeld erhält, (§ 33 a II EStG, Ausbildungsfreibetrag). Soweit die eigenen Einkünfte und Bezüge des Kindes 1848 EUR übersteigen, wird der Ausbildungsfreibetrag um den übersteigenden Betrag gekürzt. Ausbildungshilfen aus öffentlichen Mitteln (z. B. BAföG) oder Zuschussleistungen öffentlich geförderter Förderungseinrichtungen werden in voller Höhe angerechnet. Wird das 18. Lebensjahr erst während des Kalenderjahrs vollendet, werden die Ausbildungsfreibeträge gezwölftelt, angefangene Monate zählen voll (§ 33 a IV EStG). Der Freibetrag kann nur einmal abgezogen werden. Jedem Elternteil steht grundsätzlich die Hälfte des Abzugsbetrages zu. Auf gemeinsamen Antrag der Eltern ist eine andere Aufteilung möglich.
c) Bis 31. 12. 2008 Aufwendungen bis 624 EUR für eine Hilfe im Haushalt (Haushaltshilfe), wenn der Stpfl. bzw. sein Ehegatte das 60. Lebensjahr vollendet hat, bei Krankheit des Stpfl. oder einer zum Haushalt gehörenden unterhaltenen Person. Bei Hilflosigkeit oder schwerer Behinderung erhöht sich der Betrag auf max. 924 EUR (§ 33 a III Satz 1 EStG). Wird der Stpfl. oder sein Ehegatte in einem Heim untergebracht, so ist ein Heimbewohner-Freibetrag in Höhe von max. 624 EUR bzw. 924 EUR zu berücksichtigen. Ab 1. 1. 2009 erfolgt die Berücksichtigung von Pflege- und Betreuungsleistungen im Rahmen der haushaltsnahen Beschäftigung.
d) Zur Abgeltung der außergewöhnlichen Belastungen, die einem behinderten Menschen infolge seiner Belastung entstehen, sind in § 33 b I-III EStG Pauschalen vorgesehen (Behindertenpauschbetrag). Diese sind nach dem Grad der Behinderung gestaffelt und betragen 310 EUR bis 3700 EUR. Daneben ist bei Geh- und Stehbehinderten der Abzug von Kfz-Aufwendungen möglich, Entfernungspauschale.
e) Weitere Pauschbeträge werden für Hinterbliebene, die Hinterbliebenenrente beziehen (370 EUR, § 33 b IV EStG), und für die persönliche Pflege eines Hilflosen gewährt (924 EUR, Pflege-Pauschbetrag, § 33 b VI EStG). Dabei zählt das von den Eltern eines behinderten Kindes für dieses empfangene Pflegegeld unabhängig von seiner Verwendung nicht zu den Einnahmen.
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