Kausalität

im Strafrecht
Im Strafrecht unterscheidet man zwischen Tätigkeits- und Erfolgsdelikten:
Bei Tätigkeitsdelikten wird der Tatbestand durch die Vornahme einer rechtswidrigen Handlung erfüllt. Das trifft z.B. auf Meineid zu. Wird eine Tat als Erfolgsdelikt eingestuft, dann hat die rechtswidrige Handlung ein bestimmtes Resultat gehabt, was etwa beim Totschlag, bei der Körperverletzung oder der Sachbeschädigung der Fall ist. Zwischen der Handlung und dem "Erfolg" besteht ein ursächlicher Zusammenhang, d. h., ohne Auftreten des Täters entfiele der Erfolg. Juristen nennen dies Kausalität.

Dabei sind alle Handlungen, die den Erfolg herbeiführen, gleichwertig; das Gesetz kennt hier keine I Iaupt- und Nebenbedingungen. Es ist auch belanglos, ob die Handlung den Erfolg gemeinsam mit weiteren Taten verursacht hat, ob eine davon längere Zeit zurückliegt oder ob der Erfolg später durch andere Umstände eingetreten wäre. Erstickt etwa eine Krankenschwester einen Sterbenden, dann kann sie sich nicht damit rechtfertigen, das Ableben des Patienten sei ohnehin abzusehen gewesen. Sie begeht trotzdem ein Tötungsdelikt.

Kausalität liegt ebenso vor, wenn eine Bedingung fortwirkt, etwa wenn ein Autofahrer einen Fußgänger anfährt, ihn auf der Fahrbahn liegen lässt und der Verletzte von einem weiteren Fahrzeug überfahren wird. Beide Autofahrer haben sich dann der fahrlässigen Tötung schuldig gemacht. Von einer Unterbrechung des Kausalzusammenhangs kann man nur dann ausgehen, wenn eine Tat ohne das Fortwirken einer früheren Handlung zum Erfolg führt. Dazu erneut ein Beispiel: Ein Mann vergiftet seine Ehefrau; doch bevor sie daran stirbt, erschießt eine Nachbarin das Opfer. Hier kann die vollendete Tötung dem Ehemann nicht angelastet werden.

Völlig untypische Kausalverläufe sind dem Täter nicht zuzurechnen. Fährt ein Radfahrer einen Fußgänger an und kommt der leicht Verletzte anschließend bei einem Unfall des Krankenwagens ums Leben, so ist dies dem Radfahrer nicht zuzurechnen.

Siehe auch Schuld

(lat.: causa = Ursache); Ursächlichkeit eines Verhaltens für einen Erfolg. Voraussetzung für die Zurechenbarkeit des Erfolges.

I. Im Straf recht ist jede Bedingung kausal, die nicht hinweggedacht werden kann, ohne daß der konkrete Erfolg entfiele (Äquivalenztheorie; alle Bedingungen sind gleichwertig).

II. Im Zivilrecht nur diejenige Bedingung, die nach allgemeiner Lebenserfahrung generell geeignet ist, einen derartigen Erfolg herbeizuführen (Adä-quanztheorie; z.B. ist bei leichter Verletzung eines Menschen nicht damit zu rechnen, daß dieser daran stirbt, weil er Bluter ist). Adäquat kausal sind auch mittelbare Schäden (Folgeschäden; z.B. Unfalltod eines Kindes und Nervenzusammenbruch seiner Mutter).

ist die Ursächlichkeit eines Ereignisses für einen bestimmten Erfolg. Die K. eines menschlichen Verhaltens für einen Erfolg ist Voraussetzung für die Zurechnung eines Erfolgseintritts an den Handelnden und insofern Tatbestandsmerkmal für alle Schadensersatzansprüche. Im Zivilrecht bestimmt die h.M. die K. nach der Adäquanztheorie. Im Deliktsrecht handelt es sich bei § 823 I BGB um einen zweigliedrigen Haftungstatbestand, so daß zwischen haftungsbegründender und haftungsaus-füllender K. unterschieden wird. Haftungsbegründende K. meint den Zusammenhang zwischen der Verletzungshandlung und Rechtsgutsverletzung, während die haftungsausfüllende K. die Ursächlichkeit der Verletzung für den zu ersetzenden Schaden betrifft.

Bei pVV und c.i.c. hingegen handelt es sich um eingliedrige Haftungstatbestände. Hier ist eine haftungsbegründende K. nicht von Nöten, da alleine die Pflichtverletzung den Haftungsgrund darstellt. Bei solchen eingliedrigen Tatbeständen muß dann nur eine K. zwischen Haftungsgrund und dem enstan-denen Schaden vorliegen.

Die Kausalitätsprüfung ist regelmäßig eine dreistufige: Zunächst muß anhand der Äquivalenztheorie festgestellt werden, ob überhaupt eine conditio für die Rechtsgutverletzung oder den Schaden gesetzt wurde. Dann schließt sich eine Adäquanzprüfung an, um völlig unvorhersehbare Geschehensabläufe auszusondern. Schließlich wird diese vielfach zu weitgehende Adäquanz durch die Lehre vom Schutzzweck der Norm eingeschränkt. Erst danach ist strenggenommen die K. zu bejahen.

(= Kausalzusammenhang) Ursachenzusammenhang.

(Kausalzusammenhang). 1. K. im Strafrecht. Während zur Erfüllung eines strafrechtlichen Tatbestands bei reinen Tätigkeitsdelikten die Vornahme der Handlung genügt (z. B. Meineid), ist bei den Erfolgsdelikten über die Tathandlung hinaus der Eintritt eines bestimmten "Erfolges" notwendig (so z.B. bei der Tötung oder beim Betrug). In diesen Fällen muss zwischen der Handlung u. dem Erfolg ein Ursachenzusammenhang (Kausalität) bestehen. Nach dem im Strafrecht geltenden logischen Kausalbegriff ist Ursache jede Bedingung, die nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Deshalb ist jede, selbst die entfernteste Bedingung als ursächlich anzusehen. Alle Bedingungen sind somit gleichwertig. Von daher rührt die Bezeichnung Bedingungs- oder Äquivalenztheorie. Für die strafrechtliche Verantwortlichkeit reicht jedoch die Kausalität der Handlung nicht aus. Erforderlich ist ausserdem, dass der Täter sich schuldhaft, d.h. vorsätzlich oder - bei Fahrlässigkeitsdelikten - fahrlässig, verhalten hat (Schuld). Auf diese Weise wird der Kreis derer, die wegen einer Straftat zur Rechenschaft gezogen werden können, erheblich eingegrenzt.
1. Im Privatrecht hängt die Pflicht zum Schadensersatz davon ab, ob die schädigende Handlung für den Schaden ursächlich ist. Da eine Haftung vielfach auch ohne Verschulden möglich ist (Gefährdungshaftung), würde die Anwendung der Äquivalenztheorie zu einer unerträglichen Ausweitung der Schadensersatzpflicht führen. Deshalb werden nach der im Privatrecht herrschenden Adäquanztheorie nur solche Ursachen berücksichtigt, die in einer "adäquaten" (angemessenen) Beziehung zum eingetretenen Schaden stehen. Es scheiden daher sämtliche Bedingungen aus dem Kausalzusammenhang aus, bei denen die Möglichkeit des Schadenseintritts ausserhalb aller Wahrscheinlichkeit liegt. I.e. Schadensersatz.

ist die (rechtlich beachtliche) Ursächlichkeit eines Ereignisses für einen Erfolg. Die K. eines menschlichen Verhaltens für einen Erfolg ist Voraussetzung für Zurechnung des Erfolgs zum Verhalten. Die zu berücksichtigende K. wird im Privatrecht (innerhalb der Äquivalenztheorie) nach der Adäquanztheorie, im Strafrecht nur nach der Äquivalenztheorie bestimmt. Alternative K. (Sprachgebrauch aber nicht einheitlich) - und damit K. überhaupt - liegt vor, wenn ein Ergebnis von zwei Ereignissen gleichermaßen herbeigeführt wurde, von denen jedes für sich allein genügt hätte, den Erfolg herbeizuführen (z.B. A und B geben C gleichzeitig je eine tödliche Dosis Gift und sind daher jeweils wegen vollendeter Tötung zu bestrafen). Kumulative K. (Sprachgebrauch aber nicht einheitlich) - und damit keine K. - ist gegeben, wenn ein Ergebnis nur durch das Zusammenwirken zweier als solcher für den Erfolg nicht genügender Ereignisse herbeigeführt wird (z.B. A und B geben C gleichzeitig je eine noch nicht tödliche Dosis Gift, die aber in ihrem Zusammentreffen tödlich wirken. A und B können mangels K. nicht wegen vollendeter Tötung bestraft werden, beachte aber Versuch). Haftungsbegründende K. ist im Schuldrecht die K. zwischen Verhalten (Handlung) und Verletzung (Erfolg) (z.B. Schuss - Körperverletzung), haftungsausfüllende K. die K. zwischen Verletzung und Schaden (z.B. Körperverletzung - Heilungskosten bzw. Verdienstausfall). Überholende K. oder hypothetische K. ist im Schuldrecht eine Frage des Umfangs des Schadensersatzes (nicht der K.), die dann auftritt, wenn ein späteres Ereignis denselben Schaden verursacht hätte, den die zum Schadensersatz verpflichtende Handlung bereits angerichtet hat (z. B. Einschlagen einer Fensterscheibe eines Hauses, das wenig später durch Blitzschlag zerstört wird). Grundsätzlich ist hier das spätere Ereignis außer Betracht zu lassen (anders bei Schadensanlagen z.B. Krankheit oder bei mittelbaren Schäden z.B. Nutzungsausfall einer beschädigten Sache). Im Strafrecht ist die K. (Ursächlichkeit) der überholten Handlung zu verneinen (z.B. K. der von A vorgenommenen, aber im Verhältnis zu der von B durchgeführten, langsamer wirkenden Giftbeibringung), doch kann Strafbarkeit wegen Versuchs in Betracht kommen. Lit.: Schulin, B., Der natürliche - vorrechtliche - Kausalitätsbegriff, 1976; Frank, R./Löffler, W., Grundfragen der überholenden Kausalität, JuS 1985, 689; Dencker, Kausalität und Gesamttat, 1996; Weber, H., Der Kausalitätsbeweis im Zivilprozess, 1997; Denicke, S., Kausalitätsfeststellung im Strafprozess, 1997; Winter, A., Der Abbruch rettender Kausalität, 2000; Rothenfußet; C., Kausalität und Nachteil, 2003; Röckrath, L., Kausalität, Wahrscheinlichkeit und Haftung, 2004; Rönnau, T. u.a., Durchblick: Kausalität und objektive Zurechnung, JuS 2004, 113; Medicus, D., Die psychisch vermittelte Kausalität im Zivilrecht, JuS 2005, 289

(Ursächlichkeit), Schuldrecht: Die Haftung für einen Schaden setzt regelmäßig voraus, dass dieser dem in Anspruch Genommenen auch zugerechnet werden kann. Wichtigstes Zurechnungskriterium ist die Kausalität. Diese muss einerseits zwischen dem Verhalten des Schädigers und dem schädigenden Ereignis (sog. „haftungsbegründende” Kausalität) und andererseits zwischen dem schädigenden Ereignis und den einzelnen Schadensfolgen (sog. „haftungsausfüllende” Kausalität) bestehen.
Die Kausalität selbst ist ein außerrechtliches Kriterium, das einen naturgesetzlichen Zusammenhang von Ursache und Wirkung erfordert. Dieser Zusammenhang wird zunächst nach der sog. Äquivalenztheorie festgestellt, nach der alle (mit)ursächlichen Umstände gleichwertig zuzurechnen sind. Eine grenzenlose Zurechnung auch noch der entferntesten Kausalzusammenhänge soll auf normativer Ebene durch die sog. Adäquanztheorie vermieden werden, nach der nur adäquate Kausalbeiträge zugerechnet werden. Da sich auch hiermit eine sinnvolle Eingrenzung nicht erreichen lässt, wurde die Lehre vom Schutzzweck der Norm bzw. vom Rechtswidrigkeitszusammenhang entwickelt.
In den Fällen alternativer oder kumulativer Kausalität (d. h., wenn mehrere Handlungen entweder jede für sich oder in ihrem Zusammenwirken zur Erfolgsherbeiführung geeignet sind) und Unaufklärbarkeit der Schadensverursachung wird eine unerlaubte Handlung jedem Beteiligten zugerechnet (§ 830 Abs. 1 S.2 BGB).

Strafrecht: Ungeschriebenes objektives Tatbestandsmerkmal jedes Erfolgsdelikts, durch das die naturgesetzliche Verknüpfung zwischen Tathandlung und -erfolg zum Ausdruck kommt. Nach der von der Rspr. zur Ermittlung der Kausalität angewendeten Bedingungs- oder Äquivalenztheorie ist eine Handlung ursächlich für einen Erfolg, wenn sie nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der konkrete Erfolg entfiele. Die Berücksichtigung von Reserveursachen und hypothetischen Kausalverläufen anstelle des weggedachten ist unzulässig. Alle Bedingungen in diesem Sinne sind rechtlich gleichwertig (äquivalent). Das Hinzutreten weiterer Handlungen unterbricht den durch die erste Handlung in Gang gesetzten Kausal-verlauf (überholende Kausalität) nur, wenn sie ihrerseits nicht durch die vorherige Handlung oder die durch sie geschaffenen Umstände bedingt sind. Von mehreren Bedingungen, die zwar alternativ, nicht aber kumulativ hinweggedacht werden können, ohne dass der konkrete Erfolg entfiele, ist jede ursächlich (alternative Kausalität). Davon zu unterscheiden ist die kumulative Kausalität, bei der mehrere Handlungen erst durch das Zusammenwirken mit der jeweils anderen den Erfolg bewirken. Für den Bereich der Unterlassungsdelikte wird von der Rspr. die Bedingungstheorie in modifizierter Form angewendet. Hiernach darf die unterlassene Handlung nicht hinzugedacht werden, ohne dass der Erfolg mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit entfiele. In der h. Lit. wird gegen die Bedingungstheorie zweierlei eingewendet. Erstens setze sie die Kenntnis der gesetzmäßigen Zusammenhänge zwischen einer Handlung und einem Erfolg voraus. Hieraus hat sich die Lehre von der gesetzmäßigen Bedingung entwickelt. Danach ist ein Verhalten Ursache eines Erfolges, wenn er mit dem Verhalten durch eine Reihe zeitlich aufeinander folgender Veränderungen naturgesetzlich verbunden ist. Zweitens spreche gegen sie ihre uferlose Reichweite. Die Rspr. korrigiert diese bei der Feststellung des Vorsatzes, der Fahrlässigkeit oder der Rechtswidrigkeit. Demgegenüber schränkt die heute h. L. die strafrechtliche Haftung bereits im Tatbestand durch die Lehre von der objektiven Zurechnung ein.




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