Rückstellungen

sowohl handels- als auch steuerrechtlich Passivposten des Jahresabschlusses, die für ungewisse (aber bereits verursachte) Verbindlichkeiten oder für entstandenen Aufwand gebildet werden. Das Merkmal der Ungewissheit erstreckt sich auf den Grund und/oder die Höhe der Schuld und grenzt die Rückstellung gleichzeitig von anderen Verbindlichkeiten ab, bei denen Grund und Höhe der Schuld gewiss sind.
Es ist zu unterscheiden zwischen passivierungspflichtigen Rückstellungen, Rückstellungen, bei denen ein Wahlrecht zur Passivierung besteht, und Rückstellungen, deren Passivierung verboten ist.
Handelsrechtlich (§ 249 Abs. 1 S.1 und S. 2, § 274 Abs. 1 HGB) besteht eine Passivierungspflicht für:
— ungewisse Verbindlichkeiten,
— drohende Verluste aus schwebenden Geschäften,
— bestimmte unterlassene Aufwendungen für Instandhaltung oder für Abraumbeseitigung,
Gewährleistungen, die ohne rechtliche Verpflichtungen erbracht werden, und
— (nur bei Kapitalgesellschaften) latente Steueraufwendungen.
Für bestimmte unterlassene Instandhaltungsaufwendungen und für ihrer Eigenart nach genau umschriebene und dem Geschäftsjahr oder einem früheren Geschäftsjahr zuzuordnende Aufwendungen, die am Abschlussstichtag wahrscheinlich oder sicher, aber hinsichtlich ihrer Höhe oder des Zeitpunkt des Eintritts unbestimmt sind, besteht ein Passivierungswahlrecht (§ 249 Abs. 1 S.3, Abs. 2 HGB). Für alle anderen Zwecke dürfen handelsrechtlich keine Rückstellungen gebildet werden (§ 249 Abs. 3 HGB).
Ist handelsrechtlich die Bildung einer Rückstellung geboten, ist grundsätzlich (bei der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich) auch in der Steuerbilanz eine solche auszuweisen (§ 5 Abs. 1 EStG).
Ausnahmen gelten u. a. bei Rückstellungen für latente Steueraufwendungen (§ 274 Abs. 1 HGB), für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften (§ 5 Abs. 4 a EStG) und für Aufwendungen, die Anschaffungs- oder Herstellungskosten für ein Wirtschaftsgut sind (§ 5 Abs. 4 b S.1 EStG). Außerdem sind steuerliche Sondervorschriften (wie z.B. § 5 Abs. 3, 4, 4 b S. 2, § 6 a EStG) zu beachten.
Eine Passivierungspflicht besteht steuerrechtlich z. B. für Prozesskostenrückstellungen und Pensionsrückstellungen für Pensionszusagen, die nach dem 31. 12. 1986 gegeben wurden (§ 6 a EStG). Keine Rückstellung darf beispielsweise für Mehrsteuern aufgrund künftiger Außenprüfungen oder für künftige Hauptversammlungskosten gebildet werden (Passivierungsverbot).
Die betragsmäßige Höhe der Rückstellung richtet sich im Handelsrecht nach vernünftiger kaufinännischer Beurteilung (§ 253 Abs. 1 HGB).
Im Steuerrecht sind Rückstellungen unter Berücksichtigung der in den Buchstaben a bis e des § 6 Abs. 1 Nr. 3 a EStG genannten Grundsätze anzusetzen. Dabei ist insbesondere das Abzinsungsgebot (Zinssatz 5,5 %) nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 a Buchstabe e EStG zu beachten. Einzelfälle (nicht abschließend):
Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten sind zu bilden, wenn die (zivilrechtliche oder öffentlich-rechtliche) Verpflichtung einem Dritten gegenüber besteht, die betriebliche Schuld und Inanspruchnahme wahrscheinlich ist und die Verbindlichkeit im abgelaufenen Wirtschaftsjahr wirtschaftlich verursacht wurde. Künftiger Aufwand ist nicht zu erfassen, soweit er künftigen Erträgen zuzuordnen ist.
Rückstellungen für Aufbewahrungskosten sind sowohl handelsrechtlich als auch steuerlich für zukünftige Kosten der Aufbewahrung von bereits entstandenen Geschäftsunterlagen, zu der das Unternehmen nach § 247 HGB und § 147 AO verpflichtet ist, zu bilden.
Rückstellungen für Betriebssteuern sind zu bilden für bereits entstandene, aber noch nicht fällige Betriebssteuern, unabhängig davon, wann die Steuer festgesetzt wird (R4.9 Abs. 2 EStR 2005). Ab 1. 1. 2008 ist das Betriebsausgabenabzugsverbot für die Gewerbesteuer und die darauf entfallenden Nebenleistungen zu beachten (§ 4 Abs. 5 b EStG).
Rückstellungen für den Jahresabschluss sind aufgrund der gesetzlichen Verpflichtungen zur Aufstellung und Prüfung des Jahresabschlusses zu bilden (BFH vorn 25. 3. 1992, BStBl. II 1992, 1010).
Rückstellungen für Prozesskosten sind ab Rechtshängigkeit des Prozesses zu bilden (BFH vorn 24. 6. 1970, BStB1. II 1970, 802). Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um einen Aktiv- oder Passivprozess handelt. Nicht zu berücksichtigen sind die Kosten zukünftiger Instanzen, auch wenn deren Anrufung bei Unterliegen geplant ist.
Rückstellungen für Urlaubsverpflichtungen, die am Bilanzstichtag noch nicht erfüllt sind, sind als Erfüllungsrückstand zu passivieren (BFH vom 6. 12. 1995, BStBl. II 1996, 406).
Die Pensionsrückstellung ist gern. § 6 a EStG zu bilden, wenn
— der Pensionsberechtigte einen rechtsverbindlichen Anspruch auf einmalige oder laufende Pensionsleistungen hat,
— die Pensionszusage keinen Minderungs- oder Entzugsvorbehalt enthält und
die Pensionszusage schriftlich erteilt wurde (in Einzelvertrag, Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung). Die Berechnung der Pensionsrückstellung erfolgt nach versicherungsmathematischen Grundsätzen (§ 6 a Abs. 3 EStG).
Hätte eine Rückstellung bereits in einem früheren Jahresabschluss gebildet bzw. mit einem höheren Wert angesetzt werden müssen und kann dieser Abschluss nicht mehr berichtigt werden, so muss die Rückstellung zulasten des anschließenden Wirtschaftsjahres
gebildet werden, das noch nicht endgültig veranlagt ist.
Rückstellungen sind i. d. R. gewinnerhöhend aufzulösen, sobald und soweit die Voraussetzungen zu ihrer Bildung an späteren Bilanzstichtagen entfallen.
Von den Rückstellungen sind Rücklagen zu unterscheiden. Sie haben im Gegensatz zu Rückstellungen keinen Schuldcharakter.

sind bei einem kaufmännischen Unternehmen die Geldbeträge, die auf die Passivseite der Bilanz aufgenommen werden, um ungewisse Verbindlichkeiten, drohende Verluste aus schwebenden Geschäften, unterlassene notwendige Aufwendungen oder Pensionszahlungen auszugleichen. R. sind von der Rücklage zu unterscheiden. Aufgrund der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz gelten die R. auch steuerlich. Ab 1998 sind jedoch Rückstellungen für Drohverluste in der Steuerbilanz unzulässig, bisher bestehende sind aufzulösen (§ 5 IV a EStG; BMF v. 23. 12. 1997, BStBl. I 1021).




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