Verdeckte Ermittlungen

zur Gefahrenabwehr durch die Polizei oder zur Strafverfolgung gewinnen wegen geänderter Erscheinungsformen der Kriminalität zunehmend an Bedeutung.

1.
Dabei handelt es sich insbes. um folgende heimlich durchgeführte Maßnahmen: a) Längerfristige Observation; b) Bildaufnahmen und -aufzeichnungen; c) Abhören und Aufzeichnen des nichtöffentlich gesprochenen Wortes; d) Überwachen und Aufzeichnen der Telekommunikation; (s. zu b)-d) Datenerhebung, Datenverarbeitung, Einsatz technischer Mittel, Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis); e) Einsatz von Privatpersonen, z. B. als Informant, V-Person, agent provocateur; daneben werden auch andere Bezeichnungen wie Gelegenheitsinformant, Gewährsmann, Kontaktperson, Lockspitzel, Verbindungs-, Vertrauensperson, V-Mann sowie Scheinaufkäufer (bei Betäubungsmitteldelikten) verwendet; f) Einsatz von Beamten bei Einzelaktionen oder als verdeckter Ermittler.

2. a) Heimliche E., die auf Feststellungen abzielen, durch die sich der Verdächtige selbst belastet, sind grundsätzlich zulässig. Zu v. E. bedarf es nur, soweit sie in geschützte Rechte anderer, etwa die Unverletzlichkeit der Wohnung, eingreifen, einer Befugnisnorm. Fehlt sie, so ist diese Maßnahme unzulässig.

b) Auch nach der gesetzlichen Regelung des verdeckten Ermittlers in §§ 110 a ff. StPO für die Strafverfolgung und in den Polizeigesetzen für die Gefahrenabwehr ist der Einsatz von Privatpersonen zur Strafverfolgung ohne besondere gesetzliche Befugnisnorm zulässig. Er verstößt auch, soweit eine Privatperson auf Veranlassung und unter Führung der Ermittlungsbehörde ein Gespräch mit einem Zeugen oder einem Tatverdächtigen führt, um von ihm Angaben zu erlangen, nicht gegen die Belehrungspflicht nach § 136 I StPO oder gegen das Verbot von Vernehmungsmethoden i. S. des § 136 a I, II StPO (Vernehmungen im Strafverfahren) und auch nicht gegen den Grundsatz, dass niemand gezwungen werden darf, sich selbst zu belasten (BGH NJW 1994, 556, 2904; 1996, 2940). Dies gilt jedenfalls dann, wenn es um die Aufklärung einer Straftat von erheblicher Bedeutung geht und die Erforschung des Sachverhalts unter Einsatz anderer Ermittlungsmethoden erheblich weniger Erfolg versprechend oder wesentlich erschwert wäre. Rechtsstaatliche Grenzen sind aber überschritten, wenn etwa die Privatperson von der Ermittlungsbehörde zur Gewinnung von Informationen mit dem Beschuldigten in der Untersuchungshaft in einem Raum untergebracht wird (BGHSt. 34, 362) oder ein Verhältnis beginnt (sog. Romeo-Fall). Dann besteht ein Verwertungsverbot (Beweisverbote).

c) Nach dem Unmittelbarkeitsgrundsatz sind die Angaben von Privatpersonen und Beamten zu v. E. in der Hauptverhandlung des Strafprozesses grundsätzlich durch Zeugenbeweis festzustellen. Dabei wird die Identität der Personen aufgedeckt, was im Widerspruch zu einer Zusicherung der Vertraulichkeit oder Geheimhaltung (s. dazu Richtlinien der Justiz- und Innenminister, z. B. BayJMBl. 1986, 33 und 1994, 87) stehen kann und vor allem die Personen oder deren weiteren Einsatz in der Strafverfolgung gefährden kann.

d) Wird die Person von der Ermittlungsbehörde benannt und ihr, sofern sie Beamter ist, eine Aussagegenehmigung erteilt, so kann ihrer Gefährdung auf Grund der Zeugenaussage durch Ausschluss der Öffentlichkeit (§ 172 Nr. 1 a GVG), durch teilweise oder vollständige Geheimhaltung ihrer Personalien (§ 68 II, III StPO; s. a. Zeugenschutz) oder durch kommissarische Vernehmung (§§ 224, 251 II StPO) begegnet werden. Möglich ist auch eine vorübergehende Entfernung des Angeklagten aus der Hauptverhandlung, wenn andernfalls zu befürchten ist, dass der Zeuge nicht die Wahrheit sagt (§ 247 StPO). Schließlich kann vom Gericht zum Zeugenschutz angeordnet werden, dass er sich während der Vernehmung an einem anderen Ort aufhält und seine Aussage zeitgleich in Bild und Ton in das Sitzungszimmer übertragen wird (§ 247 a StPO).

e) Würde die Angabe des Namens oder des Aufenthaltsorts die Person gefährden, kann die Aussagegenehmigung für den Führungs- oder Vernehmungsbeamten der Person nach § 54 StPO und den beamtenrechtlichen Vorschriften beschränkt oder verweigert werden und eine Sperrerklärung hinsichtlich der persönlichen Daten der Person entsprechend § 96 StPO abgegeben werden. Damit ist die Person als Beweismittel unerreichbar (§ 244 III 2 StPO). Die Beschränkung oder Verweigerung der Aussagegenehmigung unterliegt aber gerichtlicher Nachprüfung auf Willkür oder Ermessensfehler. Auch muss das Gericht alles unternehmen, um die Aussagegenehmigung zu erwirken oder in anderer Weise eine Aussage der Person herbeizuführen. Neben der kommissarischen Vernehmung mit Zeugenschutz nach § 68 II, III StPO (s. o.) bestehen folgende Möglichkeiten: Die Angaben der Person gegenüber ihrem Führungs- oder Vernehmungsbeamten können von diesem als Zeuge vom Hörensagen bekundet werden. Polizeiliche Niederschriften über die Vernehmung der Person oder deren sonstige schriftliche Erklärungen können nach § 251 I Nr. 2 StPO als Urkunden verlesen werden. Das Fehlen von Angaben zur Identität der Person in beiden Fällen macht die Beweismittel nicht unverwertbar. An die Beweiswürdigung werden aber besondere Anforderungen gestellt.




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