Rechtsbeugung
Die bewusste Verletzung des Rechts zugunsten oder zum Nachteil einer Partei nennt man Rechtsbeugung. Es handelt sich dabei um ein Amtsdelikt, d.h. einen Missbrauch der Amtsgewalt, der die Rechte Dritter und das Treueverhältnis zum Staat verletzt.
Dieser Straftat können sich folgende Amtsträger schuldig machen:
* Richter, auch ehrenamtliche Richter wie z. B. Schöffen,
* Beamte wie Staatsanwälte, Polizisten und Rechtspfleger, Notare und andere Personen mit öffentlich-rechtlichen Funktionen,
* Schiedsrichter, die z. B. in Zivil- oder Arbeitsgerichtsverfahren eingesetzt werden.
Der Gesetzgeber bedroht die Rechtsbeugung mit einer Freiheitsstrafe zwischen einem und fünf Jahren.
Die Tat kann in der vorsätzlich falschen Anwendung von Gesetzen bestehen, aber auch in der Verfälschung eines Sachverhalts oder im Ermessensmissbrauch. Es muss sich um eine schwerwiegende Rechtsverletzung handeln. Keine Rechtsbeugung liegt vor, wenn der Fehler dem betreffenden Amtsträger unbewusst unterläuft, er die Gesetze nicht richtig anwendet oder lediglich einen Ermessensirrtum begeht. Auch die fahrlässige Rechtsbeugung ist nicht strafbar.
§ 336 StGB
Straftat, die in einer vorsätzlichen Rechtsverletzung (Verfälschung des Sachverhalts, unrichtige Anwendung von Rechtsnormen) durch einen Richter, sonstigen Amtsträger oder Schiedsrichter bei der Leitung oder Entscheidung einer Rechtssache zugunsten oder zum Nachteil einer Partei besteht.
begeht ein Beamter oder Schiedsrichter, der sich bei der Leitung oder Entscheidung einer Rechtssache vorsätzlich zugunsten oder zum Nachteil einer Partei einer Beugung des Rechts schuldig macht, d. h. bewusst falsche sachliche Feststellungen trifft oder Rechtsnormen nicht oder nicht richtig anwendet, § 336 StGB. Rechtssachen sind nicht nur Straf- und Zivilsachen der Gerichte, sondern z. B. alle Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, Verwaltungsrechtssachen, auch Dienststrafverfahren u. a. Der Täter braucht nicht immer Richter zu in; auch ein Beamter (z. B. der Polizei) kann R. begehen.
(§ 336 StGB) begeht ein (Berufs- oder ehrenamtlicher) Richter, ein anderer Amtsträger oder ein Schiedsrichter, der bei Leitung oder Entscheidung einer Rechtssache zugunsten oder zum Nachteil einer Partei vorsätzlich das Recht verletzt. Auch Strafsachen, bei denen es keine Parteien gibt, sind Rechtssachen; insofern ist der Beschuldigte als Partei anzusehen. R. kann durch unrichtige Anwendung von Rechtsnormen oder Verfälschung des Sachverhalts begangen werden; sie ist auch bei der Strafzumessung möglich. Die Tat wird mit Freiheitsstrafe von 1 bis 5 Jahren bestraft.
(§ 336 StGB) ist die mindestens bedingt vorsätzliche falsche Anwendung oder Nichtanwendung von Recht durch einen Richter, einen anderen Amtsträger (nicht z.B. Gerichtsvollzieher) oder einen Schiedsrichter bei der Leitung oder Entscheidung einer Rechtssache zum Vorteil oder zum Nachteil einer Partei. Lit.: Käsewieter, V., Der Begriff der Rechtsbeugung, 1999; Quasten, D., Die Judikatur des Bundesgerichtshofs zur Rechtsbeugung im NS-Staat und in der DDR, 2003
begeht ein Richter, sonstiger Amtsträger oder Schiedsrichter, der bei Leitung oder Entscheidung einer Rechtssache vorsätzlich zugunsten oder zum Nachteil einer Partei das Recht verletzt (§ 339 StGB). Zu den Rechtssachen gehören alle Angelegenheiten, über die in einem rechtlich geordneten Verfahren zwischen mehreren Beteiligten mit entgegenstehenden rechtlichen Interessen zu entscheiden ist. Das sind außer Zivil- und Strafsachen auch Sachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit oder Verwaltungsverfahren (z. B. Nachlasssachen, Bußgeldverfahren; nicht dagegen Steuerfestsetzung). Zu den Richtern i. S. des § 339 StGB zählen auch ehrenamtliche Richter. Amtsträger ist auch ein Staatsanwalt. Die R. kann durch Verfälschung des Sachverhalts oder unrichtige Anwendung von Rechtsnormen, aber auch durch Ermessensmissbrauch - z. B. bei der Strafzumessung - begangen werden. Erforderlich ist ein elementarer Verstoß gegen die Rechtspflege, bei dem sich der Täter bewusst und in schwerer Weise von Recht und Gesetz entfernt (BGHSt 32, 357). Seit der Neufassung der Vorschrift durch das EGStGB 1974 genügt bedingter Vorsatz. Zum Schutz der Unabhängigkeit der Rechtspflege billigt die Rspr. § 339 StGB eine Sperrwirkung zu (BGHSt 10, 294; BGHSt 32, 357; NJW 1995, 3324 danach ist eine Bestrafung wegen anderer mittels R. begangener Delikte nur möglich, wenn die Voraussetzungen des § 339 StGB gegeben sind. Vgl. ferner Verfolgung Unschuldiger. Über Richterbestechung Bestechung.
R. durch DDR-Richter und -Staatsanwälte ist nach der Rspr. des BGH (NJW 1994, 529 und 3238; 1995, 64, 2734 und 3324; 1996, 857) in der BRep. strafbar bei wissentlich begangenen offensichtlichen Willkürakten. Sie werden bejaht bei Überdehnung des Straftatbestandes, unerträglichem Missverhältnis zwischen Strafe und Tat sowie schweren Menschenrechtsverletzungen durch Art und Weise des Verfahrens.
Zur R. unter der Herrschaft des Nationalsozialismus, insbes. durch den Volksgerichtshof, und der - fehlgeschlagenen - Auseinandersetzung mit ihr durch die Rspr. s. BGH NJW 1996, 857; zur Aufhebung von NS-Strafurteilen Nationalsozialistisches Unrecht.
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