Gutgläubiger Eigentumserwerb

An beweglichen Sachen und Grundstücken kann man Eigentum auch vom Nichteigentümer rechtsgeschäftlich erwerben. Voraussetzung ist guter Glaube des Erwerbers und ein Vertrauenstatbestand (Rechtsschein) wie der Besitz oder die Grundbucheintragung des Nichteigentümers. Dies gilt auch für dingliche Rechte; jedoch grundsätzlich kein g.E. von Forderungen (Schuldverhältnis). Kein g.E. wenn Sache gestohlen oder sonst abhanden gekommen (ausser bei Geld Inhaberpapieren, öffentlich versteigerten Sachen, unfreiwilliger Besitzverlust), sowie bei im Grundbuch eingetragenem Widerspruch. §§ 932ff., 891 ff. BGB, § 53 GBO.

In einigen Fällen läßt das Gesetz es zu, daß jemand Eigentum auch dann erwirbt, wenn er eine Sache nicht vom Eigentümer, sondern von einem anderen, einem Nicht- berechtigten, erhält. Dies ist nur dann möglich, wenn der Erwerber annimmt und annehmen darf, es mit dem Eigentümer zu tun zu haben (wenn er «gutgläubig» ist) und wenn der Nichtberechtigte sich in irgendeiner Form als Eigentümer legitimiert. Letzteres geschieht bei beweglichen Sachen durch den Besitz, bei Grundstücken durch die Eintragung im Grundbuch. An Geld und bestimmten Wertpapieren kann immer gutgläubig Eigentum erworben werden, an anderen Sachen hingegen nie, wenn sie vorher irgendwann einmal gestohlen worden sind.

. 1. G.E. bei beweglichen Sachen (§§932 ff. BGB). Gehört eine durch Einigung u. Übergabe nach § 929 BGB übereignete Sache (Übereignung) nicht dem Veräusserer, so wird der Erwerber Eigentümer, wenn er zum Zeitpunkt der Übergabe hinsichtlich des Eigentums des Veräusserers in gutem Glauben ist. Guter Glaube ist zu verneinen, wenn dem Erwerber bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt ist, dass die Sache nicht dem Veräusserer gehört. Auch bei der Übereignung nach § 930 BGB (Vereinbarung eines Besitzmittlungsverhältnisses) und nach § 931 BGB (Abtretung des Herausgabeanspruchs) erlangt der gutgläubige Erwerber Eigentum, jedoch erst dann, wenn der Veräusserer den Besitz der Sache aufgibt. Die gesetzliche Regelung des g.E. beruht auf dem durch den Besitz erzeugten Rechtsschein: Wer vom Besitzer erwirbt, darf darauf vertrauen, dass er vom Eigentümer erwirbt. Hat jedoch der ursprüngliche Eigentümer den Besitz an der Sache nicht freiwillig aufgegeben, sondern gegen seinen Willen verloren, entscheidet das Gesetz den Interessenkonflikt zwischen Alteigentümer und Erwerber zugunsten des ersteren: Nach § 935 BGB ist g.E. von abhanden gekommenen Sachen (Abhandenkommen) nicht möglich, es sei denn, dass es sich um Geld, Inhaberpapiere oder öffentlich versteigerte Sachen handelt. Erwirbt jemand eine mit dem Recht eines Dritten (Pfandrecht, Niessbrauch) belastete Sache, so erlischt die Belastung, falls der Erwerber hinsichtlich der Lastenfreiheit gutgläubig ist (§ 936 BGB). Die Vorschriften über den g.E. finden beim Erwerb eines Niessbrauchs und eines Pfandrechts weitgehend entsprechende Anwendung (§§ 1032 S. 2, 1207, 1208 BGB).
2. G. E. von Grundstücksrechten. Zugunsten dessen, der ein Recht an einem Grundstück (z.B. Eigentum, Hypothek, Grundschuld) oder ein Recht an einem solchen Recht (z.B. Pfandrecht an einer Hypothek) durch Rechtsgeschäft erwirbt (Grundstücksrecht), gilt der Inhalt des Grundbuchs als richtig, sofern nicht ein Widerspruch gegen die Richtigkeit eingetragen oder die Unrichtigkeit dem Erwerber bekannt ist; der für die Kenntnis massgebende Zeitpunkt ist i.d.R. der Moment, in dem der Eintragungsantrag gestellt wird (§ 892 BGB). Das Grundbuch vermittelt kraft seines öffentlichen Glaubens einen noch weitergehenden Rechtsschein als der Besitz an einer beweglichen Sache; selbst gross fahrlässige Unkenntnis schadet dem Erwerber nicht. Der Gutglaubensschutz gilt nach § 893 BGB entsprechend, wenn an den im Grundbuch eingetragenen Nichtberechtigten eine Leistung bewirkt wird (z.B. Tilgung der Hypothek oder Grundschuld) oder wenn zwischen diesem und einem gutgläubigen Dritten eine sonstige rechtsgeschäftliche Verfügung vorgenommen wird (z.B. Bewilligung einer Vormerkung durch den eingetragenen Nichteigentümer).

Erwerb, gutgläubiger

1.
Bei Grundstücksrechten: Zugunsten desjenigen, der ein Recht an einem Grundstück oder ein Recht an einem solchen Recht durch Rechtsgeschäft erwirbt, führt der öffentliche Glaube des Grundbuchs dahin, dass dessen Inhalt als richtig gilt, es sei denn, dass ein Widerspruch gegen die Richtigkeit eingetragen oder die Unrichtigkeit dem Erwerber positiv bekannt ist (§ 892 I BGB). Anders als beim g. E. beweglicher Sachen (s. u. 2) schadet hier grob fahrlässige Unkenntnis (böser Glaube) nicht. Der für die Kenntnis entscheidende Zeitpunkt ist regelmäßig die Zeit der Stellung des Eintragungsantrags (§ 892 II BGB). Gleichgültig ist, ob der Erwerber tatsächlich in das Grundbuch Einsicht genommen und hierauf vertraut hat. Voraussetzung ist der Erwerb eines eintragungsfähigen Rechts durch rechtsgeschäftliches Verkehrsgeschäft; Erwerber und Verfügender müssen also zwei verschiedene Personen sein (z. B. nicht bei Bestellung einer Eigentümergrundschuld durch den Grundstückseigentümer). Kein rechtsgeschäftlicher Erwerb und damit kein g. E. greift ein bei Erwerb kraft Gesetzes (z. B. Erbfolge), durch Staatsakt (Enteignung, Zuschlag in der Zwangsversteigerung) oder auf Grund einer Zwangsvollstreckungsmaßnahme (z. B. Eintragung einer Zwangshypothek). „Inhalt des Grundbuchs“ in diesem Sinne sind alle eintragungsfähigen Umstände, auch z. B. die Katasterbezeichnung zur genauen Bestimmung des Grundstücks; rein tatsächliche Angaben (z. B. über Größe, Bebauung) haben dagegen nicht am öffentlichen Glauben des Grundbuchs teil.
Die Vorschriften über den g. E. vom Nichtberechtigten (z. B. der eingetragene Nichteigentümer übereignet oder belastet das Grundstück) gelten entsprechend für die gutgläubige Leistung an einen Nichtberechtigten (z. B. Tilgung einer Hypothek) sowie für sonstige Rechtsgeschäfte, die eine Verfügung über das Grundstücksrecht enthalten (z. B. Kündigung der Hypothek, Bestellung einer Vormerkung durch den eingetragenen Nichtberechtigten, § 893 BGB). Schließlich erstreckt sich der öffentliche Glaube des Grundbuchs bei einem Grundstücksrecht auch darauf, dass mangels Eintragung (neben der Freiheit von eintragungsfähigen Belastungen) auch keine relativen, d. h. nur zugunsten einer bestimmten Person wirkenden Verfügungsbeschränkungen - z B. Eröffnung des Insolvenzverfahrens, Beschränkung durch einen Nacherben, Veräußerungsverbote, Beschlagnahme in der Zwangsvollstreckung - vorhanden sind (§ 892 I 2 BGB); nicht geschützt wird dagegen der gute Glaube an das Fehlen absoluter Verfügungsbeschränkungen (z. B. nach Baurecht oder unter Ehegatten, Zugewinngemeinschaft, Güterrechtsregister), an die Geschäftsfähigkeit, Vertretungsmacht u. ä.

2.
G.E. von beweglichen Sachen: Durch eine Eigentumsübertragung mittels Einigung und Übergabe (§ 929 BGB) wird der Erwerber auch dann Eigentümer, wenn die Sache nicht dem Veräußerer gehört, sofern er nicht im Zeitpunkt der Übergabe im bösen Glauben ist (§ 932 BGB). Der gute Glaube muss sich auf das Eigentum des Veräußernden beziehen; der gute Glaube an die Geschäftsfähigkeit, Verfügungsbefugnis usw. wird nach diesen Vorschriften nicht geschützt (s. aber Verfügungsbeschränkung). Auch bei den anderen Arten der Eigentumsübertragung (Besitzkonstitut, Abtretung des Herausgabeanspruchs) ist ein g. E. möglich, allerdings erst, wenn der Erwerber den unmittelbaren Besitz erlangt, der wegen seiner Eigentumsvermutung den g. E. einer Sache rechtfertigt (§§ 933, 934 BGB; Sicherungsübereignung). Trotz guten Glaubens tritt ein Eigentumserwerb nicht ein, wenn dem Eigentümer die Sache gestohlen worden (Diebstahl), verloren gegangen oder sonst abhanden gekommen ist, sofern es sich nicht um Geld oder Inhaberpapiere handelt (§ 935 BGB). Unter Abhandenkommen ist der unfreiwillige Besitzverlust durch den unmittelbaren Besitzer zu verstehen, d. h. auch bei Weggabe durch den Besitzdiener, nicht aber bei Weggabe der Sache gegen den Willen des mittelbaren Besitzers, da dieser dem unmittelbaren Besitzer den Besitz freiwillig eingeräumt hat. Der g. E. steht der normalen Eigentumsübertragung gleich und gewährt dem Erwerber vollwertiges Eigentum. Guter Glaube ist auch hier (s. o. 1) nur bei Erwerb durch Rechtsgeschäft erforderlich (also nicht z B. in der Zwangsvollstreckung). Mit dem g. E. des Eigentums erlöschen regelmäßig, d. h. bei gutem Glauben auch an die Belastungsfreiheit, etwaige Belastungen der Sache (z. B. Pfandrecht, § 936 BGB, sog. gutgläubig-lastenfreier Erwerb).

3.
Über den g. E. eines Pfandrechts, einer Hypothek u. a. s. dort. S. allgemein: Gutglaubensschutz.

gutgläubiger Eigentumserwerb.




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