Rehabilitierungsgesetze
1.
Nach Art. 17 des Einigungsvertrages sollen alle Personen, die Opfer einer politisch motivierten Strafverfolgungsmaßnahme oder sonst einer rechtsstaatswidrigen gerichtlichen Entscheidung des SED-Unrechtsregimes geworden sind, rehabilitiert werden können und eine Entschädigung erhalten. Für Strafurteile, Entscheidungen und Maßnahmen der DDR-Gerichte und -Behörden sind Rehabilitierung und Entschädigung im Strafrechtlichen R. (StrRehaG) i. d. F. vom 17. 12. 1999 (BGBl. I 2665) geregelt. Es sieht auch Entschädigung und Versorgung von Personen vor, die durch Maßnahmen der Sowjetischen Besatzungsmacht ihrer Freiheit beraubt wurden. Erfasst werden Entscheidungen der DDR-Gerichte, Einweisungen in psychiatrische Anstalten durch DDR-Gerichte und -Behörden und strafrechtliche Maßnahmen, die keine gerichtlichen Entscheidungen waren (z. B. Inhaftierung durch das MfS Staatssicherheitsdienst).
Auf Antrag des Betroffenen - im Falle des Todes seiner Angehörigen - oder der StA bis 31. 12. 2011 ist eine Entscheidung aus der Zeit vom 8. 5. 1945 bis 2. 10. 1990 für rechtsstaatswidrig zu erklären und aufzuheben, soweit sie mit wesentlichen Grundsätzen einer freiheitlichen rechtsstaatlichen Ordnung unvereinbar ist. Diese Voraussetzung liegt i. d. R. vor, wenn die Entscheidung politischer Verfolgung gedient hat (z. B. bei Verurteilung wegen ungesetzlichen Grenzübertritts, sog. Republikflucht) oder die angeordneten Rechtsfolgen in grobem Missverhältnis zur zugrunde liegenden Tat stehen (§ 1 I StrRehaG). Zwingend aufzuheben sind die Entscheidungen in den sog. Waldheimer Prozessen (§ 1 II StrRehaG).
Wird dem Antrag stattgegeben, wird eine etwaige Vollstreckung des Urteils beendet, eine Geldstrafe zurückbezahlt und ein eingezogener Gegenstand oder Vermögen zurückgegeben (§§ 3, 4, 6 StrRehaG). Die Rehabilitierung begründet Ansprüche auf soziale Ausgleichsleistungen in Form von Kapitalentschädigung, Unterstützungsleistung und Versorgung (§§ 16 ff. StrRehaG).
Zuständig für die Entscheidung ist das Landgericht, in dessen Bezirk das zugrunde liegende Verfahren durchgeführt worden ist. Für die Gewährung der Versorgung sind die Versorgungsbehörden zuständig, für die Gewährung der anderen sozialen Ausgleichsleistungen die Landesjustizverwaltung, in deren Bereich die Entscheidung ergangen ist.
2.
Nach Art. 19 EinigV bleiben Verwaltungsakte der DDR grundsätzlich wirksam, können aber aufgehoben werden, wenn sie mit rechtsstaatlichen Grundsätzen oder den Regelungen des EinigV unvereinbar sind. Auf dieser Grundlage ist nach langen Beratungen das Zweite Gesetz zur Bereinigung von SED-Unrecht (Zweites SED-Unrechtsbereinigungsgesetz - 2. SED-UnBerG) vom 23. 6. 1994 (BGBl. I 1311) ergangen, das Rehabilitierungsmöglichkeiten für die Opfer schwerwiegenden Verwaltungsunrechts (Art. 1 des Gesetzes: Verwaltungsrechtliches Rehabilitierungsgesetz - VwRehaG) und erheblicher politischer Benachteiligung im beruflichen Bereich (Art. 2 des Gesetzes: Berufliches Rehabilitierungsgesetz - BerRehaG) regelt.
a)
Nach § 1 VwRehaG ist die hoheitliche Maßnahme einer deutschen behördlichen Stelle zur Regelung eines Einzelfalles im Beitrittsgebiet aus der Zeit vom 8. 5. 1945 bis zum 2. 10. 1990 („Verwaltungsentscheidung“), die zu einer gesundheitlichen Schädigung (§ 3), einem Eingriff in Vermögenswerte (§ 7) oder einer beruflichen Benachteiligung (§ 8) geführt hat, auf Antrag aufzuheben, soweit sie mit tragenden Grundsätzen eines Rechtsstaats schlechthin unvereinbar ist und ihre Folgen noch unmittelbar schwer und unzumutbar fortwirken. Auf Verwaltungentscheidungen in Steuersachen und auf Maßnahmen, die vom Vermögensgesetz (Offene Vermögensfragen) oder vom Entschädigungsrentengesetz erfasst werden, findet das Gesetz keine Anwendung. Mit tragenden Grundsätzen eines Rechtsstaats schlechthin unvereinbar sind Maßnahmen, die in schwerwiegender Weise gegen die Prinzipien der Gerechtigkeit, der Rechtssicherheit oder der Verhältnismäßigkeit verstoßen haben und die der politischen Verfolgung gedient oder Willkürakte im Einzelfall dargestellt haben. Das Gesetz gilt entsprechend für Maßnahmen der SED oder der von ihr beherrschten Parteien und gesellschaftlichen Organisationen. Nach § 2 begründet die Aufhebung einer Maßnahme nach § 1 (oder die Feststellung ihrer Rechtswidrigkeit) Folgeansprüche. § 3 regelt die Beschädigtenversorgung (bei gesundheitlicher Schädigung), § 4 die Hinterbliebenenversorgung, wenn der Betroffene an den Folgen der Schädigung gestorben ist. §§ 5, 6 regeln das Zusammentreffen mit anderen Ansprüchen. Hatte die Maßnahme die Entziehung eines Vermögenswerts im Sinne von § 2 II 2 VermG zur Folge, so richten sich Rückübertragung, Rückgabe oder Entschädigung nach dem VermG, dem Investitionsvorranggesetz und dem Entschädigungsgesetz. Antragstellung bis 31. 12. 2011 schriftlich bei den zuständigen Behörden, die in Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen errichtet wurden (§§ 9-12). Für Streitigkeiten ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben (§ 16 VwRehaG).
b)
Das Berufliche Rehabilitierungsgesetz gewährt Personen, die im Beitrittsgebiet durch - politischer Verfolgung dienende - Eingriffe in den Beruf oder ein berufsbezogenes Ausbildungsverhältnis in erheblichem Maß benachteiligt wurden, Ausgleichsleistungen. Sie bestehen zum einen darin, dass die verfolgungsbedingten Ausbildungs- und Berufsnachteile in der Rentenversicherung berücksichtigt werden (verlorene Zeiten gelten als Pflichtbeitragszeiten, Bewertung mit fiktivem Verdienst), zum anderen in der bevorzugten Förderung der beruflichen Fortbildung, Umschulung und Ausbildung sowie Ausgleichsleistungen bei verfolgungsbedingter Bedürftigkeit; auch Schüler, die auf dem Weg zum Schulabschluss oder zum Studium benachteiligt wurde, können bevorzugte berufliche Fortbildung und Umschulung erhalten.
3.
Zur Rehabilitierung von Opfern von NS-Unrecht nationalsozialistisches Unrecht und Wiedergutmachung.
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