Kartell
Grundsätzlich versteht man unter einem Kartell Verträge, die von Unternehmen mit dem Ziel geschlossen werden, Marktverhältnisse im Zusammenhang mit dem Kauf oder Verkauf von Waren oder gewerblichen Leistungen durch Beschränkung des Wettbewerbs zu beeinflussen. Welche ausserordentliche Bedeutung ein freier Markt hat, ist inzwischen weltweit ins Bewusstsein vieler Menschen gedrungen. Andererseits ist es für Unternehmen leichter, ihre Waren abzusetzen, wenn sie daran nicht durch Wettbewerb mit anderen Unternehmen gehindert werden. Es können dann Preise und Bedingungen diktiert werden. Untemehmenszusammenschlüsse können sowohl auf der Käufer- wie auf der Verkäuferseite gegeben sein. Um den Wettbewerb und den freien Markt zu sichern, haben viele Staaten Gesetze zur Verhinderung von Kartellen geschlossen. Gerade das Recht der Europäischen Gemeinschaft sieht ein strenges Verbot wettbewerbsbehindemder Vereinbarungen oder Beschlüsse vor. Es soll dadurch nach Möglichkeit ein Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung verhindert werden.
Auch das deutsche Recht kennt Kartellbehörden, die darüber wachen sollen, dass nicht durch heimliche Abstimmung von Unternehmen untereinander der Wettbewerb zwischen den Unternehmen zuungunsten des Verbrauchers beeinträchtigt wird.
Es können Ausnahmen vom Verbot wettbewerbsbeschränkender Vereinbarungen nach deutschem Recht getroffen werden, weil das deutsche Recht zur Verhinderung von Wettbewerbsbeschränkungen zahlreiche Formen von Kartellen und Ausnahmen von der Unwirksamkeit von wettbewerbsbeschränkenden Vereinbarungen kennt, z. B. sogenannte Konditionenkartelle, Rabattkartelle, Ein- und Ausfuhrkartelle, Spezialisierungskartelle.
(lat.: Charta = Urkunde); vertraglicher Zusammenschluß rechtlich und wirtschaftlich selbständig bleibender Unternehmungen einer Branche zu gemeinsamem Verhalten am Markt und zur Beeinflussung des Wettbewerbs zwischen den Mitgliedern. Das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (K.-Gesetz) verbietet grundsätzlich K. und macht K.-Verträge unwirksam. Verstöße werden als Ordnungswidrigkeit geahndet. Ausnahmen vom K.Verbot: z.B. Strukturkrisen-K. Zugelassene K. werden in das K.-Register eingetragen. Kartellbehörde.
ist die Abrede selbständiger Unternehmer zwecks bestimmten gemeinsamen Verhaltens am Markt. Nach § 1 I 1 GWB sind Verträge, die Unternehmen oder Vereinigungen von Unternehmen zu einem gemeinsamen Zweck schließen, und Beschlüsse von Vereinigungen von Unternehmen grundsätzlich unwirksam, soweit sie geeignet sind, die Erzeugung oder die Marktverhältnisse für den Verkehr mit Waren oder gewerblichen Leistungen durch Beschränkung des Wettbewerbs zu beeinflussen. Verboten ist dabei bereits ein (bloß) aufeinander abgestimmtes Verhalten (§25 GWB). Ausgenommen sind z.B. Konditionenkartelle, Rabattkartelle, Rationalisierungskartelle u.a. (§§ 2ff. GWB). Der Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung ist verboten (§ 26 IV GWB). Kartellrecht Lit.: Bechtold, R., Das neue Kartellgesetz, NJW 1998, 2769; Dreher, M., Gemeineuropäisches Kartellrecht, FS A. Söllner, 2000, 217; Reymann, C., immanente Schranken des europäischen Kartell Verbots, 2004
Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die eine Wettbewerbsbeschränkung bezwecken oder bewirken (§ 1 GWB; vgl. auch Art. 81 Abs. 1 EG). Als Kartell
werden dabei nur Wettbewerbsbeschränkungen zwischen miteinander in Wettbewerb stehenden Unternehmen bezeichnet (Horizontalvereinbarungen), während es sich bei Wettbewerbsbeschränkungen zwischen Unternehmen auf verschiedenen Wirtschaftsstufen um Vertikalvereinbarungen handelt. Durch die 7. GWB-Novelle (BGBl. I 2005, 2114) sind die Sondervorschriften für Vertikalvereinbarungen in den §§ 14 ff. GWB gestrichen worden. Vertikalvereinbarungen fallen seitdem ebenfalls unter die Generalklausel des § 1 GWB, bei der der Zusatz ‚miteinander im Wettbewerb stehenden\' gestrichen wurde. Bedeutung hat die Abgrenzung allerdings auch heute noch für die Mittelstandskartelle (§ 3 Abs. 1 GWB) und die Klagebefugnis gem. § 33 Abs. 1 S. 3 GWB.
Vereinbarungen im Sinne des § 1 GWB sind alle Verträge, d. h. Einigungen die durch übereinstimmende Willenserklärungen zustande kommen. Nicht erforderlich ist ein Rechtsbindungswille in dem Sinne, dass die Parteien von der rechtlichen Verbindlichkeit der Vereinbarung ausgehen. Andernfalls würden gerade solche Vereinbarungen, die im Bewusstsein ihrer Rechtswidrigkeit und damit ihrer Nichtigkeit gem. § 134 BGB getroffen werden, aus dem Anwendungsbereich von § 1 GWB fallen. Erforderlich ist aber eine tatsächliche Bindungswirkung und ein darauf gerichteter Wille. Die wohl noch h. M. sieht deshalb auch das „Gentlemen\'s Agreement”, bei dem von vorne-herein nur eine faktische (gesellschaftliche oder moralische) Bindung bezweckt ist, als Vereinbarung im Sinne des § 1 GWB an. Erforderlich ist jedenfalls, dass die Vereinbarung zwischen Unternehmen im Sinne des GWB getroffen wird.
Um einen Beschluss im Sinne des § 1 GWB handelt es sich, wenn das organisationsrechtlich zuständige Gremien einer Gesellschaft oder eines Vereins eine für die Angehörigen der Vereinigung bindende Entscheidung trifft. Der wesentliche Unterschied zu einem Vertrag besteht in der Bindungswirkung auch für diejenigen, die am Zustandekommen des Beschlusses nicht unmittelbar mitgewirkt haben. Eine Unternehmensvereinigung im Sinne des § 1 GWB setzt voraus, dass die Beteiligten Unternehmen im Sinne des GWB darstellen. Unter den Begriff der Beschlüsse von „Vereinigungen von Unternehmen” fallen nur solche Beschlüsse von Gesellschaften und Vereinen, die das Verhalten der Mitglieder regeln. Beschlüsse, die das Verhalten der Vereinigung selbst betreffen, sind mit vertraglichen Vereinbarungen zwischen den Mitgliedsunternehmen nicht vergleichbar und fallen daher nicht unter § 1 GWB.
Abgestimmte Verhaltensweisen sind jede Form der Koordinierung zwischen Unternehmen, die bewusst eine praktische Zusammenarbeit an die Stelle eines mit Risiken verbundenen Wettbewerbs treten lässt (EuGH WuW/E 269, 272). Von den Vereinbarungen unterscheidet sich das abgestimmte Verhalten dadurch, dass keine rechtsgeschäftliche Verpflichtung gewollt ist. Wegen der weiten Auslegung des Begriffs der Vereinbarung ist eine genaue Abgrenzung jedoch schwierig. Erforderlich ist jedenfalls ein Minimum an gegenseitigem Kontakt. Keine Abstimmung, sondern lediglich ein kartellrechtlich nicht relevantes faktisches Parallelverhalten liegt deshalb vor, wenn Unternehmen sich lediglich gleichförmig verhalten, ohne sich vorher darüber verständigt zu haben.
Der Vertrag, der Beschluss oder die abgestimmte Verhaltensweise muss eine Wettbewerbsbeschränkung bezwecken oder bewirken. Eine Wettbewerbsbeschränkung ist eine Beschränkung der Handlungsfreiheit bei dem Bestreben, sich auf Kosten anderer einen Vorteil zu verschaffen. Die Wettbewerbsbeschränkung muss bezweckt (subjektiv nach der Vorstellung der Beteiligten) oder bewirkt (objektiv nach den tatsächlichen Auswirkungen) sein. Weiterhin ist als ungeschriebene Voraussetzung des § 1 GWB erforderlich, dass die Wettbewerbsbeschränkung geeignet sein muss, die Marktverhältnisse spürbar zu beeinflussen.
Ausnahmen vom Verbot der Wettbewerbsbeschränkungen enthalten die §§ 2, 3 GWB. Hierbei handelt es sich um sog. echte Legalausnahmen. Somit sind gem.
§ 2 Abs. 1 GWB Wettbewerbsbeschränkungen vom Verbot des § 1 GWB freigestellt, die zur Verbesserung der Warenerzeugung oder -verteilung oder zur Förderung des technischen Fortschritts beitragen und bei denen die Verbraucher an den entstehenden Gewinnen angemessen beteiligt werden. Dabei dürfen den beteiligten Unternehmen allerdings nur unerlässliche Beschränkungen auferlegt werden und es darf ihnen keine Möglichkeit eröffnet werden, für einen wesentlichen Teil der betreffenden Waren den Wettbewerb auszuschalten. § 2 Abs. 1 GWB entspricht damit Art. 81 Abs. 3 EG, für den Art. 1 Abs. 2 der Durchführungsverordnung (VO/EG 1/2003) ebenfalls ausdrücklich anordnet, dass Verhaltensweisen im Sinne von Art. 81 Abs. 1 EG, die die Voraussetzungen von Art. 81 Abs. 3 EG erfüllen, nicht verboten sind, ohne dass dies einer vorherigen Entscheidung bedarf. Die beteiligten Unternehmen müssen deshalb in erster Linie selbst prüfen, ob eine Wettbewerbsbeschränkung bzw. die Freistellungsvoraussetzungen vorliegen. Gern. § 32c GWB können sie allerdings auch eine Prüfung durch die Kartellbehörden und ggfi. die Erteilung einer Unbedenldichkeitsbescheinigung herbeiführen. Ein Anspruch auf eine derartige Prüfung haben gem.
§ 3 Abs. 2 GWB allerdings nur mittelständische Unternehmen, die ein erhebliches rechtliches oder wirtschaftliches Interesse an einer Unbedenklichkeitsbescheinigung darlegen. Diese Regelung tritt jedoch am 30.6.2009 außer Kraft.
§ 2 Abs. 2 GWB enthält eine dynamische Verweisung auf die europäischen Gruppenfreistellungsverordnungen, die damit unmittelbare Geltung auch für rein nationale Sachverhalte haben. In den Gruppenfreistellungsverordnungen werden bestimmte wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen bei Einhaltung der dort definierten Anforderungen pauschal vom Kartellverbot des Art. 81 Abs. 1 EG (und über die Verweisung des § 2 Abs. 2 GWB auch vom Kartellverbot des § 1 GWB) freigestellt. Soweit von einer Vereinbarung trotz Eingreifens einer Gruppenfreistellungsverordnung im Einzelfall wettbewerbsbeschränkende Wirkungen ausgehen, so kann die Kartellbehörde gern. § 32d GWB den Rechtsvorteil der Gruppenfreistellung entziehen. Von besonderer praktischer Bedeutung ist die Gruppenfreistellungsverordnung für Vertikalvereinbarungen, die Wettbewerbsbeschränkungen in bestimmten Vertriebssystemen zulässt.
§ 3 GWB enthält Ausnahmevorschriften für Mittelstandskartelle und die § § 28, 30 GWB für bestimmte Arten von Unternehmen (Landwirtschaft, Presse).
Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen das Kartellverbot aus § 1 GWB bzw. Art. 81 Abs. 1 EG sind die Unwirksamkeit der Kartellabrede gern. § 134 BGB i. V. m. § 1 GWB (bzw. Art. 81 Abs. 2 EG), die Verpflichtung zur Unterlassung und gegebenenfalls zum Schadenersatz aus § 33 GWB und die Möglichkeit des Einschreitens der Kartellbehörde (Untersagungsverfügung gern. § 32 GWB, einstweilige Maßnahmen gern. § 32a GWB, Verpflichtungszusage gern. § 32 b GWB, Vorteilsabschöpfungen gern. § 34 GWB, Bußgeld gern. § 81 GWB). Durch die 7. GWB-Novelle wurden die Möglichkeiten der privatrechtlichen Kartellrechtsdurchsetzung verbessert. Insbesondere sind gern. § 33 Abs. 2 GWB auch bestimmte Wirtschaftsverbände klagebefugt, es besteht gern. § 33 Abs. 4 GWB eine Bindungswirkung bestandskräftiger kartellbehördlicher Entscheidungen und rechtskräftiger Urteile für nachfolgende Schadensersatzklagen (sog. „Follow-on-Klagen”) und die Weitergabe von infolge eines Kartellverstoßes überteuerten Preisen an Abnehmer schließt gern. § 33 Abs. 3 S. 2 GWB einen Schaden nicht aus (sog. „Passing-on-defence-Klausel”). Schließlich wurde den klagebefugten Wirtschaftsverbänden mit § 34a GWB die Möglichkeit zur zivilrechtlichen Vorteilsabschöpfung (Vorteilsabschöpfungsanspruch) eingeräumt.
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