Scheingeschäft
simuliertes Geschäft. Beim S. wird eine Willenserklärung einem anderen gegenüber abgegeben, wobei beide sich über die Nichternstlichkeit einig sind. Beispiel: Der Vertraute des fliegenden Händlers kauft zum Schein Waren, indem er vorgibt, von der Güte und Preiswürdigkeit begeistert zu sein, um so die Menge kauflustig zu machen. Solche S.e sind nichtig, § 117 BGB. Ausnahme bei der simulierten Eheschliessung: die formgerechte Eheschliessung ist gültig. Kein S. ist das Treuhandgeschäft und das Umgehungsgeschäft. Wenn durch das S. ein anderes Geschäft (dissimuliertes Geschäft) verdeckt wird, so ist dieses gültig, wenn es seinen eigenen Anforderungen entspricht. Werden, um Beurkundungskosten und Steuern zu sparen, bei einem Grundstückskauf als Preis statt 50 000 EUR nur 10 000 EUR beurkundet, wird das Grundstück auch auf gelassen und im Grundbuch auf den Erwerber umgeschrieben, so ist der Kauf zum Preis von 50 000 EUR zustande gekommen (§ 313 Satz 2 BGB).
Willenserklärung.
(§117 I BGB) ist das nur zum Schein abgeschlossene Rechtsgeschäft bzw. die einverständliche Abgabe einer empfangsbedürftigen Willenserklärung zum Schein. Das S. ist ein Rechtsgeschäft. Es ist nichtig, weil den Parteien der Rechtsfolgewille fehlt. Wird durch ein S. ein anderes Rechtsgeschäft verdeckt, so finden die für das verdeckte Rechtsgeschäft geltenden Vorschriften Anwendung (§ 117 II BGB, z.B. Schenkung statt Kauf). Kein S. ist das Geschäft des Treuhänders oder Strohmanns oder das ernstlich gewollte Umgehungsgeschäft. Lit.: Baeck, U., Das Scheingeschäft, 1988
(Simulation) liegt vor, wenn die Parteien einverständlich nur den äußeren Schein des Abschlusses eines Rechtsgeschäfts hervorrufen, dagegen die mit dem betreffenden Rechtsgeschäft verbundene Rechtswirkung nicht eintreten lassen wollen (ihnen also der Rechtsbindungswille fehlt, Willensmängel). Bezüglich des Scheincharakters bedarf es
mithin einer — ausdrücklichen oder konkludenten „Simulationsabrede” der Parteien, wodurch sich das Scheingeschäft von der lediglich einseitig nicht ernstlich gewollten Scherzerklärung unterscheidet.
Wie eine Scherzerklärung ist aber das misslungene Scheingeschäft zu behandeln, bei dem der Scheincharakter — entgegen der Absicht des Erklärenden — einseitig geblieben ist.
Des Weiteren muss die Rechtsfolge des Scheingeschäfts von den Parteien tatsächlich nicht gewollt sein. Hieran fehlt es beim Treuhand- und Strohmanngeschäft sowie beim Umgehungsgeschäft, bei denen zwar ein vom äußerlich vorgenommenen Geschäft abweichender wirtschaftlicher Zweck verfolgt wird, es den Parteien aber gerade auf die Rechtsfolge des vorgenommenen Geschäfts ankommt.
So richten sich bei der Sicherungsübereignung die Befugnisse des Sicherungsnehmers tatsächlich nach der schuldrechtlichen Sicherungsabrede, die dingliche Übertragung des (Voll-) Eigentums auf den Sicherungsnehmer ist gleichwohl von den Parteien gewollt. Vereinbaren zwei Parteien, dass einer ein Grundstück für den anderen, der nicht in Erscheinung treten will, als „Strohmann” erwerben soll, ist der Eigentumserwerb durch den „Strohmann” von den Parteien beabsichtigt und für den Erfolg des Plans auch wesentlich. Erwerben zwei Personen jeweils gleichartige Eigentumswohnungen, die sie sich wechselseitig vermieten, um die Finanzierungsaufwendungen jeweils steuerlich als Werbungskosten bei den Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung geltend zu machen (was bei einer selbstgenutzten Wohnung nicht möglich wäre), ist die gewählte Konstruktion einer Verbindung von Kaufund Mietverträgen für den (allerdings an § 42 AO scheiternden) steuerlichen Erfolg notwendig und daher gewollt.
Liegt ein Scheingeschäft hiernach vor, ist es nichtig (§ 117 Abs. 1 BGB). Soweit durch das („simulierte”) Scheingeschäft von den Parteien ein anderes, ernsthaft gewolltes Geschäft verdeckt („dissimuliert”) wird, gilt stattdessen das verdeckte Geschäft, soweit es seinerseits wirksam begründet wurde (§ 117 Abs. 2 BGB).
Wird in einem Grundstückskaufvertrag der Kaufpreis niedriger („Unterverbriefung”, z.B. um scheinbar eine niedrigere Bemessungsgrundlage für Grunderwerbsteuer, Notargebühren oder Maklerlohn zu haben) oder höher („Überverbriefung”, z. B. zur Täuschung einer finanzierenden Bank oder eines Vorkaufsberechtigten) als tatsächlich vereinbart beurkundet, handelt es sich bei dem beurkundeten Kaufvertrag um ein gem. § 117 Abs. 1 BGB nichtiges Scheingeschäft. Der durch das Scheingeschäft verdeckte Kaufvertrag zum tatsächlich vereinbarten Preis ist allerdings seinerseits mangels Beurkundung formnichtig (§§ 311 b Abs. 1, 125 S. 1 BGB, vgl. BGHZ 54, S.56 ff.).
Eine nicht ernstlich gemeinte Willenserklärung, die in der Erwartung abgegeben wird, der Mangel der Ernstlichkeit werde nicht verkannt werden, ist nichtig (Scherzgeschäft, § 118 BGB, z. B. bei einer ersichtlich übertriebenen Jahrmarktsanpreisung). Das Gleiche gilt für eine empfangsbedürftige Willenserklärung (Scheinerklärung), die im Einverständnis mit dem Empfänger nur zum Schein abgegeben wird (Scheingeschäft, simuliertes Geschäft, § 117 I BGB). Beim S., das regelmäßig abgeschlossen wird, um andere (Gläubiger) zu täuschen, ist also Voraussetzung, dass beide Beteiligten tatsächlich in der mangelnden Ernstlichkeit des Rechtsgeschäfts übereinstimmen. Kein S. - und damit keine Nichtigkeit der Willenserklärung - liegt dagegen vor, wenn das betreffende Geschäft tatsächlich ernsthaft gewollt ist, z. B. wenn jemand Vermögensgegenstände einem Verwandten überträgt, um sie dem Zugriff der Gläubiger zu entziehen, oder wenn - vor allem aus steuerlichen Gründen - der erstrebte Erfolg auf Umwegen erreicht werden soll (Umgehungsgeschäft; zur Wirksamkeit Gesetzwidrigkeit von Rechtsgeschäften) oder wenn ein Geschäft durch einen vorgeschobenen Strohmann abgewickelt wird. Auch hier soll der Strohmann die Rechte im eigenen Namen statt des eigentlich das Geschäft tragenden Hintermannes erwerben; die Willenserklärung kann allerdings aus anderen Gründen nichtig sein (z. B. wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot o. dgl.). Ein S. liegt schließlich auch nicht beim fiduziarischen (Treuhand-)Geschäft vor, da auch dort die Übertragung der vollen Rechtsmacht (z. B. des Eigentums) ernsthaft gewollt ist, wenn auch im Innenverhältnis die Abrede einer nur beschränkt möglichen Verwertung besteht (Sicherungsübereignung). Wird durch ein S. ein anderes Rechtsgeschäft verdeckt (z. B. Grundstückskauf über 500 000 EUR; aus steuerlichen Gründen werden nur 200 000 EUR beurkundet, sog. Schwarzkauf), so gilt dieses sog. verdeckte oder dissimulierte Geschäft, wenn es den hierfür aufgestellten Erfordernissen genügt (beim Schwarzkauf ist die Vereinbarung über 200 000 EUR als Scheingeschäft, die über 500 000 EUR mangels Beurkundung, also insgesamt nichtig, bei letzterer aber Heilung möglich durch Auflassung und Eintragung; Grundstückskaufvertrag).
Für die Besteuerung sind Scheingeschäfte und Scheinhandlungen ohne Bedeutung (z. B. die Begründung eines Scheinwohnsitzes). Wird durch ein Scheingeschäft ein anderes Rechtsgeschäft verdeckt, so ist das verdeckte Rechtsgeschäft für die Besteuerung maßgebend (§ 41 II AO). Wirtschaftliche Betrachtungsweise.
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