Schlüsselgewalt
Über Jahrhunderte hinweg galt das Leitbild der sogenannten »Hausfrauenehe«. Der Mann »musste hinaus ins feindliche Leben«, die Frau waltete zuhause, versorgte den Haushalt und erzog die Kinder. Auf dieses Leitbild ist die »Schlüsselgewalt« abgestellt, die ihre besondere Ausprägung bis zum Gleichberechtigungsgesetz und der entsprechenden Änderung der Vorschriften unseres bürgerlichen Gesetzbuches hatte. Der Begriff ist insoweit geändert, als sich die Schlüsselgewalt nicht nur auf die Tätigkeit der Ehefrau, sondern auch auf diejenige des Ehemannes bezieht. Es geht um die Berechtigung jedes Partners einer Ehe, Geschäfte zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfes der Familie auch mit Wirkung für den anderen Ehepartner zu besorgen. Kauft jemand Lebensmittel für den gemeinsamen Bedarf der Ehepartner ein und lässt er z. B. diesen Betrag beim Einzelhändler anschreiben
im Grossmarkt ist das üblicherweise nicht mehr möglich - so wird auch der Ehepartner zur Zahlung dieser dabei entstandenen Schulden verpflichtet. Der Begriff der angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie ist allerdings so unklar, dass inzwischen zahlreiche Gerichte bemüht werden mussten, um diesen Begriff etwas einzugrenzen. Unter den Rahmen der Schlüsselgewalt fallen in erster Linie die sogenannten Haushaltsgeschäfte, beginnend bei der Anschaffung von Einrichtungsgegenständen, der Wohnungsmiete, der Heizung bis zu den Lebensmitteln und der Bekleidung. Weiter werden dazugerechnet Ausgaben für die Kindererziehung, Schulbücher und Lemmaterial, soweit sie in der Schule üblicherweise anfallen, und auch Spielzeug für die Kinder. Die gerichtlichen Entscheidungen zur Schlüsselgewalt sind ausserordentlich vielfältig. Es geht dabei immer darum, dass ein Ehepartner etwas gekauft oder eine Dienstleistung in Anspruch genommen hat, für die offensichtlich das ihm zur Verfügung gestellte Geld nicht ausreichte, so dass er selbst oder sie selbst es nicht bezahlen konnte. Der andere Partner dieser Gemeinschaft sah dann jedoch den Kauf oder die Dienstleistung für unnütz an und wollte als einzig Leistungsfähiger in der ehelichen Gemeinschaft die Kosten hierfür nicht übernehmen. Der Vertragspartner des nicht zahlungsfähigen Ehegatten wollte daraufhin sein Geld vom Zahlungsfähigen bekommen und erklärte, der »arme Ehegatte« habe im Rahmen der Schlüsselgewalt gehandelt.
Wie überall in solchen Fällen gibt es die unterschiedlichsten Entscheidungen unterschiedlicher Gerichte. Gehört der Abschluss eines Behandlungsvertrags mit einem Arzt wegen einer notwendigen Operation noch zu den Geschäften des täglichen Lebens? Der Bundesgerichtshof war dieser Meinung, das Oberlandesgericht Köln nicht. Darf die Ehefrau Zusatzkosten für ein Zweibett- oder Einbettzimmer ausgeben, auch wenn sie die Kosten hierfür selbst nicht bezahlen kann, und weil der Ehemann Alleinverdiener ist und sich nachher herausstellt, dass dieser der Meinung war, für seine Frau hätte auch die Behandlung in der dritten Klasse gereicht. Darf ein Ehepartner allein ein Videogerät kaufen oder einen Versicherungsvertrag abschliessen? Der Verkäufer von etwas teureren Gegenständen müsste also grundsätzlich fragen, ob Käuferin oder Käufer verheiratet sind und den Gegenstand erst dann verkaufen, wenn er sich von der Zustimmung des anderen Ehepartners überzeugt hat - will er nicht Gefahr laufen, die verkaufte Ware wieder zurücknehmen zu müssen. Diese Forderung dürfte allerdings wenig praktikabel sein.
Im Rahmen des Baurechts ist es üblich, dass nach Fertigstellung des Baues zwischen Bauherrn und Bauunternehmer eine Abnahme erfolgt. Noch vorhandene Mängel können dabei in den meisten Fällen festgestellt und deren Beseitigung durch den Bauunternehmer innerhalb einer bestimmten Frist zugesagt werden. Ist die Abnahme ordnungsgemäss durchgeführt worden und kann der Bauunternehmer nunmehr seine endgültigen Kosten errechnen, so kann er eine endgültige Schlussrechnung erstellen, unter Berücksichtigung der vorher erbrachten Teilzahlungen. Dabei muss der Bauunternehmer noch einmal gründlich prüfen, ob er wirklich sämtliche Arbeitsleistungen und verbrauchten Materialien mit einbezogen hat. Übersieht er etwas, kann das nämlich in vielen Fällen zu seinen Lasten gehen. Eine einmal erteilte Schlussrechnung wird von der Rechtsprechung in vielen Fällen als bindend angesehen, insbesondere wenn nach der Abnahme der fertiggestellten Bauleistung und nach Überprüfung der Schlussrechnung durch den Bauherrn eine entsprechende Schlusszahlung erfolgt ist. Eine ordnungsgemässe Schlussrechnung setzt voraus, dass die Abrechnung prüfbar ist. Es müssen also entsprechende Unterlagen mit vorgelegt werden, so dass zumindest ein Fachkundiger, wie der Architekt, die Schlussrechnung prüfen kann.
die früher nur der Frau, jetzt jedem nicht getrennt lebenden Ehegatten zustehende Berechtigung, Geschäfte zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie mit Wirkung auch für den anderen Ehegatten zu besorgen. Durch solche Geschäfte werden beide Ehegatten berechtigt und verpflichtet, es sei denn, daß sich aus den Umständen etwas anderes ergibt.
(§ 1357 BGB) ist die - früher nur der Frau - jetzt jedem nicht getrennt lebenden Ehegatten zustehende Berechtigung, Geschäfte zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie mit Wirkung auch für den anderen Ehegatten zu besorgen. Solche Geschäfte liegen vor, wenn über deren Abschluß vor ihrer Eingehung eine Verständigung zwischen den Ehegatten gewöhnlich als nicht notwendig angesehen wird und eine solche vorherige Absprache i.d.R. auch nicht stattfindet. Tritt der Handelnde erkennbar als Vertreter des anderen Ehegatten auf, handelt es sich um einen Fall von gesetzlicher Vertretungsmacht (§ 1357 I S.2 BGB). Tritt er dagegen auf wie jeder andere, nicht verheiratete Konsument, wird neben ihm auch der andere Ehegatte aufgrund einer (ausnahmsweise zulässigen) gesetzlichen Verpflichtungsermächtigung nach § 1357 I S.2 BGB verpflichtet. § 1357 I 2 BGB stellt also eine Ausnahme vom Offenkundigkeitsgrundsatz des Vertretungsrechts dar. §1357 BGB hat nur schuldrechtliche und keine dingliche Wirkung. Es entsteht also nicht automatisch Miteigentum an den von einem Ehegatten erworbenen Sachen. Dies widerspräche zum einen dem Wortlaut des § 1357 I 2 BGB, der nur von Berechtigung und Verpflichtung spricht und kollidiert mit dem ehelichen Güterrecht gem. §1363 II BGB, das selbst im gesetzlichen Güterstand getrennte Vermögensmassen der Ehegatten vorsieht.
Damit die Wirkungen des § 1357 I S.2 BGB eintreten können, muß bei Vertragsschluß eine wirksame Ehe bestehen, und die Ehegatten dürfen nicht getrennt leben, §§ 1357 III, 1567 I BGB. Ferner muß das Geschäft der angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie dienen. Dabei ist auf den nach außen in Erscheinung tretenden Lebenszuschnitt abzustellen. Weiterhin darf sich nicht für den Geschäftspartner erkennbar aus den Umständen etwas anderes ergeben, § 1357 I S.2, 2.HS BGB. Schließlich darf die S. nicht wirksam beschränkt oder ausgeschlossen sein, § 1357 II S.2 i.V.m. § 1412 BGB.
Ist dies alles der Fall, werden die Eheleute wegen § 427 BGB Gesamtschuldner (§ 421 BGB) oder Mitgläubiger (§ 432 BGB) bzw. Gesamtgläubiger (§ 428 BGB), je nachdem wem die Leistung zugute kommen soll.
ist die gesetzliche Befugnis der Frau, Geschäfte des häuslichen Wirkungskreises mit Wirkung für den Ehemann abzuschliessen, § 1357 BGB. Dieser wird allein berechtigt und verpflichtet, nur bei seiner Zahlungsunfähigkeit haftet auch die Frau. Der Mann kann die Schlüsselgewalt ausschliessen, was Dritten gegenüber nur bei Eintragung in das Güterrechtsregister wirksam ist. In der DDT? ist jeder Ehegatte befugt, den anderen in gemeinsamen Angelegenheiten zu vertreten.
Eherecht.
(§ 1357 BGB) ist die - früher nur der Frau, jetzt - jedem nicht getrennt lebenden Ehegatten zustehende Berechtigung, Geschäfte zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie (z.B. Kauf von Lebensmitteln und Hausrat, gegebenenfalls Kraftfahrzeug) mit Wirkung auch für den anderen Ehegatten zu besorgen. Die Berechtigung stellt sich je nach dem Auftreten des Handelnden als gesetzliche Vertretung oder (beim Auftreten im eigenen Namen) als gesetzliche Ermächtigung zu einer Verpflichtung dar. Die Regelung der S. ist verfassungsgemäß. Eine einseitige Beschränkung oder Aufhebung der S. ist möglich, hat aber Außen Wirkung nur bei Veröffentlichung. Lit.: Bonke, J., Probleme bei der Mitverpflichtung, 1998; Brudermüller, G., Schlüsselgewalt und Telefonsex, NJW 2004, 2265
Der - als solcher überholte - Begriff bezeichnete früher die beschränkte Vertretungsbefugnis der Ehefrau im Rahmen ihres häuslichen Wirkungskreises. Die eheliche Lebensgemeinschaft berechtigt auch heute die Ehegatten grundsätzlich nicht ohne besondere Vollmacht zur gegenseitigen Vertretung bei Rechtshandlungen. Unabhängig vom Güterstand ist jedoch jeder Ehegatte im Rahmen einer gemeinsamen Haushaltsführung (also nicht bei nicht nur vorübergehendem Getrenntleben der Ehegatten) berechtigt, Rechtsgeschäfte zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie mit Wirkung auch für den anderen Ehegatten zu besorgen (§ 1357 I 1, III BGB); diese Regelung ist verfassungsgemäß. Durch solche Geschäfte werden mithin beide Ehegatten (also auch der Handelnde selbst) berechtigt und verpflichtet, soweit sich aus den Umständen nicht etwas anderes ergibt, z. B. das Geschäft ersichtlich nur für den einen Ehegatten abgeschlossen worden ist (§ 1357 I 2 BGB). Was „angemessene Deckung des Lebensbedarfs“ ist, ist nach den Lebensverhältnissen der Ehegatten naturgemäß verschieden; hierzu zählen z. B. die Beschaffung von Lebensmitteln, angemessener Kleidung, Hausrat und einzelnen Einrichtungsgegenständen, aber auch die laufenden Ausgaben für die Kindererziehung, ggfs. die Einstellung und Entlassung einer Hausangestellten, das Vermieten eines Zimmers sowie die Zuziehung eines Arztes für die Familienangehörigen; nicht dagegen der Kauf oder das Mieten der Familienwohnung, deren vollständige Einrichtung, die Unterzeichnung von Wechseln und sonstigen Schuldurkunden, wie überhaupt nicht solche Geschäfte, die über den Familienbedarf hinausgehen („angemessen“) oder einer gemeinsamen Besprechung der Ehegatten bedürfen (z. B. umfangreiche Ratenzahlungsverpflichtungen aus einem Kreditvertrag). Zur Frage der Finanzierung (Wirtschaftsgeld) Unterhaltspflicht der Ehegatten. Ein Ehegatte kann die S. des anderen beschränken oder ausschließen; besteht hierfür jedoch kein ausreichender Grund, so hat das Vormundschaftsgericht auf Antrag die Beschränkung oder Ausschließung aufzuheben. Dritten gegenüber wirkt die Beschränkung oder Ausschließung ohnedies nur, wenn sie dem Dritten - z. B. durch Zeitungsinserat - bekannt oder im Güterrechtsregister eingetragen ist (§§ 1357 II, 1412 BGB).
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