Betreuung
Ab dem 1. Januar 1992 werden die bisherigen Regelungen über die Entmündigung, die Pflegschaft und die Vormundschaft für Volljährige aufgehoben und durch eine neue, einheitliche Regelung über die Betreuung ersetzt. Ein Betreuer kann vom « Vormundschaftsgericht für solche Volljährigen (Volljährigkeit) bestellt werden, die aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung (z. B. im Alter) ihre Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht selbst besorgen können (§ 1896BGB). Für körperlich Behinderte soll die Bestellung eines Betreuers nur auf ihren eigenen Antrag hin erfolgen, für alle anderen kann sie auch gegen ihren Willen erfolgen. Der Betreute verliert mit der Bestellung eines Betreuers nicht mehr, wie früher bei der Entmündigung, seine eigene Geschäftsfähigkeit, allerdings kann das Gericht anordnen, daß er bestimmte Geschäfte nur noch mit Einwilligung seines Betreuers vornehmen darf (§ 1903 BGB). Im übrigen sollen auch während der Betreuung die Wünsche des Betreuten weitgehend berücksichtigt werden. Das beginnt damit, daß der Betreute seinen Betreuer selbst vorschlagen kann (§§1897, 1901 BGB). Macht er keinen Vorschlag, so soll der Betreuer in erster Linie aus dem Kreis seiner Verwandten oder Freunde ausgewählt werden. Der Betreuer soll sich auch persönlich um den Betreuten kümmern und alle ihn betreffenden Fragen mit ihm erörtern. Für besonders wichtige Angelegenheiten, z.B. eine Heilbehandlung oder Unterbringung des Betreuten oder eine Auflösung seiner Wohnung, enthält das Gesetz Sonderregelungen (§§ 1904 bis 1908 BGB). In der Regel bedarf der Betreuer dabei der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts. Der Betreuer erhält einen Anspruch auf eine Entschädigung für seine Tätigkeit, der sich bei Mittellosigkeit des Betreuten gegen die Staatskasse richtet.
(§§ 1896 ff. BGB) ist ein Rechtsinstitut, das seiner Funktion nach an die Stelle von Entmündigung, Vormundschaft und Pflegschaft von Volljährigen getreten ist. Rechtsfolge der Betreuungsbedürftigkeit nach § 1896 I 1 BGB ist die Bestellung eines Betreuers, der im Rahmen seines Aufgabenkreises ein gesetzliches Vertretungsrecht (§1902 BGB) hat. Der Betreute behält nach dem Wortlaut des Gesetzes die volle Geschäftsfähigkeit, Man unterscheidet zwischen B. mit und ohne Einwilligungsvorbehalt. Bei letzterer (§ 1903 BGB) bedarf der Betreute für Willenserklärungen, die für ihn nicht lediglich rechtlich vorteilhaft sind, der Zustimmung seines Betreuers. Insofern wird auf die Vorschriften über die beschränkte Geschäftsfähigkeit (§§ 108 ff. BGB) verwiesen. Zustimmungsfrei sind grundsätzlich auch Geschäfte über geringfügige Angelegenheiten des alltäglichen Lebens, wobei es - anders als bei §110 BGB -nicht darauf ankommt, daß der Betreute die Leistung bewirkt. Für die B. im Prozeß gilt § 53 ZPO.
(§§ 1896ff. BGB) ist seit 1. 1. 1992 die staatliche Fürsorge für die Person und das Vermögen eines volljährigen Menschen, soweit er infolge einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung seine persönlichen oder vermögensrechtlichen Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht selbst besorgen kann, durch einen vom zuständigen Vormundschafts - gericht auf seinen Antrag oder von Amts wegen bestellten Betreuer. Ein Betreuer darf nur für Aufgabenkreise bestellt werden, in denen eine B. erforderlich ist (z.B. persönliche Angelegenheiten, Aufenthalt, Unterbringung, Vermögensangelegenheiten). Die Bestellung eines Betreuers hat grundsätzlich keine Auswirkung auf die Geschäftsfähigkeit des Betreuten, so dass Betreuer und Betreuter grundsätzlich nebeneinander tätig werden können. Es kann aber angeordnet werden, dass der Betreute zu einer Willenserklärung, die den Aufgabenkreis des Betreuers betrifft, der Einwilligung des Betreuers bedarf (§ 1903 BGB). In Deutschland standen 2000 rund 750000 Menschen unter B. Lit.: Betreuungsrecht, hg. v. Kuntze, J., 7. A. 2005; Zimmermann, W., Betreuungsrecht, 7. A. 2006; Kierig, F. /Kretz, J., Formularbuch Betreuungsrecht, 2. A. 2004; Dodegge, G./Roth, A., Betreuungsrecht, 2. A. 2005; Do- degge, G., Die Entwicklung des Betreuungsrechts, NJW 2006, 2670; Jürgens, A., Betreuungsrecht, 3. A. 2005; Dodegge, G., Das 2. Betreuungsrechtsänderungsgesetz, NJW 2005, 1996; Betreuungsrecht, hg. v. Jurgeleit, A., 2005
die in den §§ 1896-1908 k BGB geregelte staatliche Rechtsfürsorge für volljährige Personen, die
aufgrund einer psychischen Krankheit oder körperlicher oder seelischer Gebrechen ihre Angelegenheiten selbst nicht umfassend wahrnehmen können. Die Betreuung ist insbesondere von der Vormundschaft (als
Totalfürsorge) zu unterscheiden, die nunmehr allein für minderjährige Kinder angeordnet wird. Die Betreuung wird grundsätzlich inhaltlich auf bestimmte
Aufgabenkreise beschränkt, in denen die Betreuung erforderlich ist (§ 1896 Abs. 2 BGB). Der Betreuer vertritt nach § 1902 BGB in seinem Aufgabenbereich den
Betreuten gerichtlich und außergerichtlich, d. h., der Betreute kann aus diesen für ihn eingegangenen
Rechtsgeschäften unmittelbar in Anspruch genommen werden. Das Gesetz verfolgt mit den Vorschriften über die rechtliche Betreuung das Ziel, die Autonomie
der betreuten Person so weit als möglich zu wahren.
Dies unterscheidet die Betreuung maßgeblich von dem früheren Entmündigungs- und Gebrechlichkeitspflegschaftsrecht. Die Betreuung ist subsidiär gegenüber anderen Selbsthilfemöglichkeiten, durch deren Wahrnehmung der Betreuungsbedarf auf andere Weise befriedigt wird. Eine Betreuung ist daher nicht notwendig, wenn der Betroffene in der Lage ist, jemanden mit der Erledigung der betreuungsbedürftigen Angelegenheit zu beauftragen. Vorrangig ist auch eine für den Fall der späteren Betreuungsbedürftigkeit erteilte Vorsorgevollmacht.
1.
Die rechtliche B. dient der Regelung der Rechtsstellung psychisch kranker und körperlich, geistig oder seelisch behinderter volljähriger Personen. Sie ist an die Stelle der früheren Entmündigung, der Vormundschaft (über Erwachsene) und der Gebrechlichkeitspflegschaft getreten. (Sondervorschriften bestehen daneben nach wie vor in einigen Bereichen, z. B. über die Bestellung eines Vertreters des Beamten zur Durchführung eines Disziplinarverfahrens oder einer Zwangspensionierung.
2.
Kann ein Volljähriger auf Grund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung seine Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen, so bestellt das Betreuungsgericht auf seinen Antrag oder - insbes. bei geistigen Gebrechen - auch von Amts wegen für ihn einen Betreuer (§ 1896 I BGB). Die früheren Begriffe Geisteskrankheit, Geistesschwäche, Verschwendung, Trunksucht oder Rauschgiftsucht werden als Voraussetzungen nicht mehr verwendet; entscheidend ist allein die Hilfs- (Pflege-)bedürftigkeit des Betroffenen. Gegen den freien Willen eines Volljährigen darf aber ein Betreuer nicht bestellt werden (§ 1896 I a BGB). Umfang (Aufgabenkreis des Betreuers, z. B. Besorgung der persönlichen Angelegenheiten, Aufenthaltsbestimmung, Unterbringung und/oder Vermögensbetreuung) und Dauer der B. richten sich danach, was im konkreten Fall erforderlich ist, der Betroffene also nicht mehr selbst erledigen kann (§§ 1896 II, 1908 d BGB); andere - private oder öffentliche - Hilfen, insbes. wirksame Maßnahmen des Betroffenen (z. B. die Bestellung eines Bevollmächtigten, sog. Vorsorgevollmacht) haben Vorrang (s. a. Patientenverfügung).
3.
Die B. hat als solche keine Auswirkung auf die Geschäftsfähigkeit; diese beurteilt sich vielmehr - ebenso wie die Ehe- und Testierfähigkeit - nach allgemeinen Grundsätzen. Soweit es zur Abwendung einer erheblichen Gefahr für die Person oder das Vermögen erforderlich ist, hat das Betreuungsgericht jedoch anzuordnen, dass der Betreute zu einer (nicht nur geringfügigen oder ihm lediglich einen rechtlichen Vorteil bringenden) Willenserklärung, die den Aufgabenkreis des Betreuers betrifft, dessen Einwilligung bedarf (sog. Einwilligungsvorbehalt, § 1903 I BGB). Die B. umfasst alle Tätigkeiten, die erforderlich sind, um die Angelegenheiten des Betreuten im Rahmen des gerichtlich bestimmten Aufgabenkreises rechtlich zu besorgen. Der Betreuer hat hierbei die Angelegenheiten des Betreuten so zu besorgen, wie es dessen Wohl entspricht, wobei dessen Wünschen und Fähigkeiten (auch bei Geschäftsunfähigkeit) soweit als möglich und zumutbar zu entsprechen ist (§ 1901 BGB); für den Fall der Patientenverfügung s. i. E. dort. In seinem Aufgabenkreis vertritt der Betreuer den Betreuten gerichtlich und außergerichtlich (§ 1902 BGB, § 53 ZPO). Besonders schwerwiegende Maßnahmen des Betreuers oder eines (hierzu ausdrücklich und schriftlich) Bevollmächtigten, z. B. der Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen, die Einwilligung in eine gefährliche Untersuchung oder Heilbehandlung oder die Kündigung eines Mietverhältnisses über Wohnraum des Betreuten, bedürfen grdsätzl. der Zustimmung des Betreuungsgerichts (§§ 1904 ff. BGB mit Besonderheiten bei Vorliegen einer Patientenverfügung). Besondere Vorschriften gelten für eine Sterilisation (§ 1905 BGB) und insbes. für eine (vorläufige oder längerdauernde) Anstaltsunterbringung des Betreuten (§ 1906 BGB, §§ 271 ff., 284 FamFG).
4.
Zum Betreuer bestellt das Betreuungsgericht grundsätzlich eine (oder auch mehrere, § 1899 BGB) natürliche Person, die geeignet und in der Lage ist, in dem gerichtlich bestellten Aufgabenkreis die Angelegenheiten des Betreuten zu besorgen und ihn hierbei im erforderlichen Umfang persönlich zu betreuen (§ 1897 I BGB). Wer B. im Rahmen seiner Berufsausübung führt (sog. Berufsbetreuer), soll nur dann zum Betreuer bestellt werden, wenn keine andere geeignete Person zur Verfügung steht, die zur ehrenamtlichen Führung der B. bereit ist (§ 1897 VI BGB). Vorschlägen des Betroffenen ist, soweit dies seinem Wohl nicht zuwiderläuft, zu entsprechen; verwandtschaftliche und persönliche Beziehungen und Bindungen sind zu berücksichtigen. Ist B. durch eine natürliche Person nicht möglich, so kann sie auch einem - anerkannten (§ 1908 f BGB) - Verein (sog. VereinsB., Vereinsvormundschaft) oder der zuständigen (vgl. hierzu das BetreuungsbehördenG vom 12. 9. 1990, BGBl. I 2002, 2025 m. Änd. und ergänzendes Landesrecht) Behörde (sog. BehördenB.) übertragen werden (§ 1900 BGB). Das Betreuungsgericht hat den Betreuer zu entlassen, wenn seine Eignung nicht mehr gewährleistet ist, sonst ein wichtiger Grund hierfür vorliegt oder für den Berufsbetreuer eine andere geeignete Person zur Verfügung steht (§ 1908 b BGB). Die Vergütung des Betreuers ist wie beim Vormund (5) geregelt (insbes. für sog. Berufsbetreuer); Einzelheiten (z. B. Stundensatz mindestens 27 EUR) regeln §§ 4 ff. des Vormünder- und BetreuervergütungsG v. 21. 4. 2005 (BGBl. I 1073).
5.
Die B. ist (ganz oder teilweise) aufzuheben, wenn ihre Voraussetzungen wegfallen (§ 1908 d I BGB). Ist der Betreuer auf Antrag des Betreuten bestellt, so ist die B. auf dessen Antrag wieder aufzuheben, es sei denn, dass eine B. von Amts wegen erforderlich ist (§ 1908 d II BGB). Zum Verfahren in B.sachen s. Betreuungsgericht.
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