Vormund
vom Vormundschaftsgericht zur Führung einer Vormundschaft bestellte Person. Die Auswahl des V. obliegt grds. dem Vormundschaftsgericht; Verwandte und Verschwägerte sind zunächst zu berücksichtigen. Ein Recht auf Bestellung zum V. hat, wer von den Eltern des Mündels durch letztwillige Verfügung als V. benannt worden ist. Falls keine Einzelperson vorhanden ist, kann auch ein rechtsfähiger Verein, der vom Landes Jugendamt hierzu für geeignet erklärt worden ist oder das Jugendamt als V. berufen werden. Zur Übernahme einer Vormundschaft ist jeder Deutsche verpflichtet; Ablehnung ist nur aus bestimmten (tatsächlichen) Verhinderungsgründen möglich (z.B. Krankheit, Alter über 60 Jahre, Belastung durch eigene Familie oder andere Vormundschaft).
Vormundschaftsgericht.
ist die als solche durch Anordnung des Vormundschaftsgerichts zur Führung einer Vormundschaft bestellte Person (§ 1789 BGB). Die Tätigkeit als V. ist grundsätzlich öffentlich- rechtliche Pflicht (§ 1785 BGB). Für die Auswahl eines Vormunds gelten bestimmte gesetzliche Regeln. V. kann ein rechtsfähiger Verein (§ 1791 a BGB) oder das Jugendamt (§ 1791 b BGB) sein. Der Berufsvormund kann eine Vergütung erhalten. Lit.: Franzke, H., Vormund und Pfleger, 4. A. 1983
1.
Liegen die Voraussetzungen für eine Vormundschaft vor, so hat das Familiengericht einen V. zu bestellen (§§ 1773 ff., 1789 BGB), ggf. daneben einen Mitvormund oder einen Gegenvormund einzusetzen. Unfähig zum V. ist (Verstoß führt zur Nichtigkeit), wer geschäftsunfähig ist (§ 1780 BGB), untauglich zum V. ist (d. h. nicht bestellt werden soll), wer minderjährig ist oder unter Betreuung steht, ferner, wer durch Anordnung der Eltern des Mündels von der Vormundschaft ausgeschlossen ist (§§ 1781, 1782 BGB). Im Übrigen obliegt die Auswahl des V. grundsätzlich dem Familiengericht; bei der Auswahl unter mehreren geeigneten Personen sind der mutmaßliche Wille der Eltern, die persönlichen Bindungen des Mündels, die Verwandtschaftsverhältnisse sowie das religiöse Bekenntnis des Mündels zu berücksichtigen (§ 1779 BGB). Ein Recht auf Bestellung zum V. hat, wer von den Eltern des Mündels als V. durch letztwillige Verfügung benannt worden, d. h. zum Vormund „berufen“ ist (§§ 1776 f. BGB). Zum V. können - statt eines Einzelvormunds - auch gewisse rechtsfähige Vereine (Vereinsvormundschaft, § 1791 a BGB) sowie das Jugendamt (Amtsvormundschaft, §§ 1791 b, 1791 c BGB) bestellt werden. Die Übernahme der Vormundschaft ist grundsätzlich Pflicht und kann durch Ordnungsmittel erzwungen werden (§§ 1785 ff. BGB); sie kann nur aus bestimmten tatsächlichen Verhinderungsgründen (z. B. Krankheit, Überschreiten des 60. Lebensjahres, Belastung durch mehrere eigene Kinder oder durch eine andere Vormundschaft, Betreuung oder Pflegschaft u. a.) abgelehnt werden. Der V. erhält zu seiner Legitimation eine Bestallung (§ 1791 BGB).
2.
Der V. hat grundsätzlich wie der Inhaber der elterlichen Sorge im Rahmen der partnerschaftlichen Erziehung (§ 1626 II BGB) das Recht und die Pflicht der Personensorge, der Vermögenssorge und der Vertretung des Mündels (§ 1793 I BGB); er ist dessen gesetzlicher Vertreter. Die beschränkte Haftung eines Minderjährigen für vom V. begründete Verbindlichkeiten (elterliche Sorge, 1) gilt auch hier (§ 1793 II BGB). Ist der Mündel auf längere Dauer in den Haushalt des V. aufgenommen, so gelten auch § 1618 a BGB (gegenseitiger Beistand und Rücksichtnahme, Kinder) und § 1619 BGB (Mitarbeit, Hausgemeinschaft) entsprechend. Das Vertretungsrecht ist ausgeschlossen, soweit der Mündel (in einzelnen Beziehungen) unbeschränkt geschäftsfähig ist (§§ 112, 113 BGB), soweit für eine bestimmte Angelegenheit ein Pfleger bestellt ist (§ 1794 BGB), das Vertretungsrecht entzogen ist (§ 1796 BGB) oder wegen Interessenkollision nicht ausgeübt werden kann (§§ 1795, 181 BGB, hier Ergänzungspflegschaft), insbes. bei Rechtsgeschäften und Prozessen zwischen dem V., seinem Ehegatten und seinen Verwandten einerseits und dem Mündel andererseits. Das Personensorgerecht - Erziehung, Aufenthaltsbestimmung u. a. - ist, wenn die elterliche Sorge wegen beschränkter Geschäftsfähigkeit (Minderjährigkeit) des Sorgeberechtigten ruht, durch dessen Rechte beschränkt (§ 1673 II BGB). Das Familiengericht kann im Interesse des Mündels - auch gegen den Willen des V. - eine anderweitige Unterbringung anordnen (§ 1838 BGB). Eine Unterbringung des Mündels, die mit Freiheitsentziehung verbunden ist - z. B. in einer geschlossenen Nervenheilanstalt - ist nur mit Genehmigung des Familiengerichts zulässig (§§ 1800, 1631 b BGB; Anstaltsunterbringung, 1); auch zu einer Reihe anderer persönlicher Angelegenheiten (z. B. Adoption, Religionsbestimmung) bedarf der V. der Genehmigung des Familiengerichts.
3.
In Ausübung der Vermögenssorge hat der V. grundsätzlich das gesamte Mündelvermögen in Besitz zu nehmen und zu verwalten; ein Recht zur Verwendung des Mündelvermögens für eigene Zwecke oder zur Nutznießung steht ihm nicht zu (§ 1805 BGB). Geld und Wertpapiere hat er mündelsicher anzulegen (Mündelgeld, befreite Vormundschaft). Zu einer Reihe von besonders weittragenden und den Mündel erheblich belastenden Rechtsgeschäften ist die Genehmigung des Familiengerichts erforderlich (§§ 1821, 1822 BGB), insbes. zu Verfügungen über ein Grundstück (Übertragung, Belastung), über ein Recht an einem Grundstück (insoweit ausgenommen Hypotheken, Grund- und Rentenschulden) oder über Ansprüche, die auf Übertragung des Eigentums an einem Grundstück gehen, zur Eingehung einer Verpflichtung zu einer derartigen Verfügung (z. B. Abschluss eines Grundstücksverkaufsvertrags), zum entgeltlichen Erwerb eines Grundstücks oder Grundstücksrechts (s. o.), zur Verfügung über das Vermögen im ganzen, über eine angefallene Erbschaft, Erbteil oder Pflichtteil, zur Ausschlagung einer Erbschaft oder eines Vermächtnisses, zum Erwerb oder zur Veräußerung eines Erwerbsgeschäfts, zu dessen Überlassung an den Mündel zum selbständigen Betrieb (§ 112 BGB, beschränkte Geschäftsfähigkeit), zum Abschluss eines Gesellschaftsvertrags, zu länger als 1 Jahr dauernden Lehr- oder Arbeitsverträgen, zur Kreditaufnahme, Wechselausstellung, Übernahme einer Bürgschaft, Erteilung einer Prokura, zu einem Vergleich (über 3000 EUR) u. a. Die familiengerichtliche Genehmigung, für deren Erteilung allein das Interesse und das Wohl des Mündels entscheidend ist, ist dem V. gegenüber zu erklären (§ 1828 BGB); nur dieser (nicht auch der beteiligte Dritte) hat bei Verweigerung der Genehmigung ein Beschwerderecht. Einseitige Rechtsgeschäfte ohne die erforderliche Genehmigung, z. B. Ausschlagung einer Erbschaft, sind völlig unwirksam (§ 1831 BGB). Verträge sind dagegen zunächst schwebend unwirksam; sie werden wirksam, wenn die Genehmigung nachträglich vom Familiengericht (oder bei inzwischen eingetretener Volljährigkeit des Mündels von diesem) erteilt und dem anderen Teil mitgeteilt wird (hierzu besteht für den V. oder Mündel trotz des abgeschlossenen, schwebend unwirksamen Vertrags keine Verpflichtung); 4 Wochen nach erfolgloser Aufforderung des Geschäftspartners zur Erteilung der Genehmigung gilt diese endgültig als verweigert (§ 1829 BGB).
4.
Der V. ist in seiner Geschäftsführung, soweit er nicht von der Genehmigung des Familiengerichts oder eines Gegen-V. abhängig ist, grundsätzlich selbständig; er steht allerdings unter der dauernden Aufsicht des - ihn beratenden - Familiengerichts (§ 1837 BGB), dem er regelmäßig jährlich über die Führung der Vormundschaft und die persönlichen Verhältnisse des Mündels Auskunft zu erteilen (§ 1839 BGB) und über die Vermögensverwaltung durch Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben, u. U. durch Vorlegen einer Bilanz mindestens einmal jährlich Rechnung zu legen hat (§§ 1840 ff. BGB). Der V. haftet dem Mündel für jeden aus einer schuldhaften Pflichtverletzung entstandenen Schaden (§ 1833 BGB - bei Aufnahme in den Haushalt, wie bei den Eltern, nur für Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten, §§ 1793 I 3, 1664 BGB, sonst generell).
5.
Die Vormundschaft wird grundsätzlich unentgeltlich geführt. Das Familiengericht kann aber dem V. eine angemessene Vergütung bewilligen, soweit der Umfang oder die Schwierigkeit der vormundschaftlichen Geschäfte dies rechtfertigt. Die Vormundschaft wird ausnahmsweise entgeltlich geführt, wenn das Familiengericht feststellt, dass der V. die Vormundschaft berufsmäßig führt (§ 1836 BGB, sog. BerufsV). Dies ist im Regelfall anzunehmen, wenn der V. mehr als 10 Vormundschaften führt oder insgesamt wöchentlich mehr als 20 Stunden hierfür aufwenden muss. Die Vergütung des V. (Stundensatz mindestens 19,50 EUR) richtet sich i. E. nach § 3 des Vormünder- und BetreuervergütungsG (Art. 8 G v. 21. 4. 2005, BGBl. I 1073). Aufwendungen, z. B. Versicherungs- und Fahrtkosten, sind dem V. nach den Bestimmungen des Auftrags zu ersetzen (§§ 1835, 670 BGB); zur Abgeltung dieser Aufwendungen kann der V. eine jährliche pauschale Aufwandsentschädigung verlangen (§ 1835 a BGB). Der Anspruch auf Vergütung, Aufwendungsersatz und Aufwandsentschädigung richtet sich gegen den Mündel (Betreuten), bei dessen Mittellosigkeit gegen die Staatskasse (§§ 1835 IV, 1835 a III, 1836 d BGB; zum Verfahren s. § 168 FamFG).
6.
Das Amt des V. endet - außer mit dem Ende der Vormundschaft überhaupt - bei Entlassung des V. (insbes. aus einem wichtigen Grund, z. B. bei pflichtwidrigem Verhalten des V., ferner wenn er nachträglich zum V. untauglich wird oder einen neu eingetretenen Ablehnungsgrund geltend macht, §§ 1886 ff. BGB). Der Amts- oder Vereinsv. ist zu entlassen, sobald ein geeigneter Einzelv. vorhanden ist und diese Maßnahme dem Wohle des Kindes dient (§§ 1887, 1889 BGB). Der V. hat nach Beendigung seines Amts das verwaltete Vermögen herauszugeben und seine Bestallung zurückzugeben; über die Verwaltung hat er Rechenschaft abzulegen (§§ 1890 ff. BGB).
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