Gemeinde
öffentlich-rechtliche Gebietskörperschaft mit der vom Staat eingeräumten, vom Grundgesetz garantierten Befugnis, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln (Selbstverwaltung). Umfaßt eine begrenzte Befugnis zum Erlaß von Rechtsnormen (Satzungsrecht) sowie Personal- und Finanzhoheit. Die G. nimmt außer den Aufgaben ihres eigenen Wirkungskreises, die aus freiwilligen Selbstverwaltungsangelegenheiten (z.B. Betrieb eines Schwimmbades) und gesetzlich vorgeschriebenen Pflichtaufgaben (z.B. Schulträgerschaft) bestehen, auch noch Aufgaben des Staates wahr, die ihr nach dessen Weisung zur Erledigung übertragen werden (Auftragsangelegenheiten). -Jede G. muß eine Volksvertretung haben (i. d. R. G.-Rat); im übrigen ist die Verfassung der G. je nach Bundesland unterschiedlich geregelt (z.B. Magistratsverfassung). - Je nachdem, ob eine G. kreisangehörig oder kreisfrei ist, untersteht sie der Kommunalaufsicht der unteren bzw. der höheren staatlichen Verwaltungsbehörde.
1) G. ist Gebietskörperschaft mit dem Recht, örtliche Angelegenheiten im Rahmen der Gesetze selbst zu ordnen. Als Träger öffentlicher Gewalt nimmt sie staatliche Aufgaben und hoheitliche Befugnisse unter Staatsaufsicht wahr. Als juristische Person ist sie Träger privater und öffentlicher Rechte und Pflichten. Samtgemeinde. - 2) Man unterscheidet kreisfreie und kreisangehörige G.n. Erstere erfüllen neben den gewöhnlichen gemeindlichen Aufgaben noch Angelegenheiten der Kreisverwaltung (Landkreis); Oberbürgermeister ist hier zugleich oberster Stadtbeamter und Landrat. Kreisfreie Städte, Stadtgemeinde, Landgemeinde. - 3) G. hat verfassungsmässig garantiertes Recht auf Selbstverwaltung, Art. 28 GG. Sie kann alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft regeln und die Geschäfte innerhalb ihres Aufgabenbereiches eigenverantwortlich führen. Keine Übertragung an Staatsbehörden.
4) Imeigenen Wirkungskreis sind G. n allgemeinzuständig und verwalten ihre öffentlichen Aufgaben, die freiwillige Aufgaben (z.B. Bau einer Strassenbahn) oder Pflichtaufgaben (z.B. Wasserversorgung) sein können, allein. Der übertragene Wirkungskreis umfasst Angelegenheiten, die das Gesetz den G.n zur Besorgung namens des Staates oder anderer Körperschaften zuweist (Auftragsangelegenheiten). - 5) G. erlässt ~*Verwaltungsakt(e) und hat Rechtsetzungsbefugnis. Wichtig vor allem Ortssatzungen und GemeindeVO.en, die örtliche Angelegenheiten mit Gesetzeskraft regeln. Autonome Satzung. - 6) Welche Organe die G. besitzt, bestimmt sich nach den G.ordnungen der Länder. Man unterscheidet: a) Bürgermeisterverfassung: Die G. wird durch den Bürgermeister und G.rat (Stadtrat) verwaltet. Ein ehrenamtlicher oder berufsmässiger Bürgermeister leitet die G.verwaltung und ist für die Erledigung der Aufgaben und den Gang der Verwaltung verantwortlich. Er führt Beschlüsse der G.Vertretung aus und vertritt die G. nach aussen, b) Magistratsverfassung: Die G. wird durch einen Magistrat verwaltet, der aus dem Bürgermeister als Vorsitzendem und beigeordneten Stadträten besteht und von der G.vertretung gewählt wird. Der Magistrat führt unter Vorsitz des Bürgermeisters die Beschlüsse der G.vertretung aus. c) Süddeutsche Ratsverfassung: Die G. wird nur vom G.rat vertreten, der vom Bürgermeister geleitet wird. Der Bürgermeister ist oberster Beamter. Der G.rat ist beschliessendes und ausführendes Organ, d)
G.Verfassung: Beschluss und Ausführungsbefugnis obliegt dem Rat der G., der vom Bürgermeister geleitet wird. Verwaltungsapparat wird vom G.direktor geführt. - 7) G.angehörige haben das Recht, die öffentlichen Einrichtungen dert G. zu benutzen. G. kann das Benutzungsverhältnis privatrechtlich oder öffentlich-rechtlich regeln (z.B. Anschluss- und Benutzungszwang). G.angehörige sind zur Tragung der G.lasten verpflichtet und müssen Steuern und Abgaben entrichten. Gemeindeabgaben. - 8) Jedes Handeln der G. muss mit der Verfassung und den Gesetzen vereinbar und sachlich gerechtfertigt sein. Überwachung durch Staatsaufsicht. - 9)
G.vermögen besteht aus Verwaltungs-, Betriebs- und Finanzvermögen (öffentliche Sache). Es ist in seinem Grundstock zu erhalten und muss pfleglich, wirtschaftlich und nutzbringend verwaltet werden. - Stadtdirektor. Vergl. auch Kleinstgemeinde.
Kommunalrecht.
ist im öffentlichen Recht die einfache, unmittelbare kommunale Gebietskörperschaft mit - vom Staat abgeleiteter - Gebietshoheit zur Selbstverwaltung (Art. 28 II GG, Satzungsgewalt, Personalhoheit, Finanzhoheit) universal überlassener örtlicher Aufgaben (Grundsatz der Allzuständigkeit, eigener Wirkungskreis) und zur Fremdverwaltung zugewiesener Aufgaben (übertragener Wirkungskreis). Ihre Größe soll danach bemessen sein, dass sowohl eine örtliche Verbundenheit der Einwohner wie auch eine angemessene Leistungsfähigkeit gewährleistet ist. Wegen des letzten, auch zur Besoldungserhöhung der Funktionsträger führenden Grundes wurde zu Beginn des letzten Drittels des 20. Jh.s durch Gemeindereformgesetze die Zahl der Gemeinden auf etwa ein Drittel verringert. Die G. kann entweder kreisfrei oder kreisangehörig sein. Die kreisangehörige G. untersteht meist der Kommunalaufsicht der unteren staatlichen Verwaltungsbehörde (Landrat). Die kreisfreie G. erfüllt außer ihren Aufgaben als G. auch die Aufgaben der unteren staatlichen Verwaltungsbehörde (Landrat) und untersteht der Aufsicht der höheren Verwaltungsbehörde. Lit.: Gern, A., Gemeindeverzeichnis, 4. A. 2003
auf der untersten Stufe des Verwaltungsaufbaus stehende eigenständige (nicht staatliche) juristische Person des öffentlichen Rechts (Gebietskörperschaft) mit dem Recht zur Selbstverwaltung (Selbstverwaltungsgarantie). Es gibt unterschiedliche Arten von Gemeinden. Die bedeutendsten Erscheinungsformen sind die kreisangehörige Gemeinde und die kreisfreie Stadt. Manche Gemeindeordnungen unterscheiden innerhalb der kreisangehörigen Gemeinden noch —abhängig von der Einwohnerzahl zwischen mittleren und großen kreisangehörigen Städten. Dieser Status ist für den Umfang der Aufgabenzuständigkeiten von Bedeutung. Die kreisfreien Städte nehmen in ihrem Gebiet stets zugleich die Aufgaben wahr, die im Fall kreisangehöriger Gemeinden dem (Land-)Kreis obliegen. Die Rechtsstellung und innere Organisation aller Gemeinden sowie die staatliche Aufsicht über die Gemeinde werden durch die Gemeindeordnung geregelt. Zu den unterschiedlichen Regelungsmodellen in den einzelnen Bundesländern Gemeindeverfassungstypen.
1.
Die G. ist die kleinste Gebietskörperschaft. Die Gemeindeverfassung und die Rechte und Pflichten der G. sind im Gemeinderecht der Länder (Gemeindeordnung) geregelt. Die Rechtsstellung der G., nicht aber deren Bestand im Einzelnen, ist verfassungsrechtlich gewährleistet (kommunale Selbstverwaltung). Die G. ist entweder kreisangehörig oder kreisfrei (kreisfreie Städte). In einigen Ländern bestehen Zwischenformen wie z. B. die „große kreisangehörige Stadt“ (Stadt). Dabei handelt es sich um kreisangehörige G.en, die einen Teil der Aufgaben der Kreisverwaltungsbehörde (Kreisverwaltung) oder des Kreises wahrnehmen.
2.
Die Rechtsstellung der Organe der G. und die politische Willensbildung in der G. regelt die Gemeindeverfassung.
3.
Der Aufgabenbereich der G. ist in den Ländern unterschiedlich geregelt. Man unterscheidet den dualistischen und den monistischen Aufgabenbegriff. Die Unterschiede in der Praxis der Gemeindeverwaltung sind dabei trotz der divergierenden rechtlichen Bestimmungen i. d. R. gering.
a) Nach dem überkommenen dualistischen Modell unterscheidet man Selbstverwaltungsangelegenheiten und Auftragsangelegenheiten. Selbstverwaltungsangelegenheiten gliedern sich in freiwillige und pflichtige Selbstverwaltungsangelegenheiten, die zusammen den eigenen Wirkungskreis der G. bilden. Auftragsangelegenheiten sind staatliche Aufgaben, die als übertragener Wirkungskreis den G.en vom Staat zur Ausführung übertragen sind. Das Gemeinderecht in Bayern, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland folgt dem dualistischen Modell.
b) Das monistische Modell geht von einem einheitlichen Begriff der öffentlichen Aufgabe aus. Danach sind die G.en als ausschließliche Träger der öffentlichen Gewalt auf ihrem Gebiet berechtigt und verpflichtet, dort alle öffentlichen Aufgaben allein und in eigener Verantwortung zu erfüllen. Die Auftragsangelegenheiten nach dem dualistischen Modell werden im monistischen Modell als Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung erledigt. Hinsichtlich der Selbstverwaltungsaufgaben unterscheidet sich das monistische Modell nicht vom dualistischen Modell. Das Gemeinderecht in Baden-Württemberg, Brandenburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein folgt dem monistischen Modell.
c) Auftragsangelegenheiten (nach dem dualistischen Modell) bzw. Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung (nach dem monistischen Modell) sind u. a. Melde-, Pass-, Staatsangehörigkeits- und Personenstandsangelegenheiten, Wehrerfassung, ziviler Bevölkerungsschutz sowie die Mitwirkung der G.en bei Bundes- und Landtagswahlen. Pflichtige Selbstverwaltungsangelegenheiten (nach dem dualistischen Modell) bzw. sonstige Pflichtaufgaben (nach dem monistischen Modell) sind die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung (Ordnungsbehörden), Bau der Ortsstraßen und Wohnungsfürsorge. Freiwillige Aufgaben sind z. B. kommunale Wirtschaftsförderung, Sportförderung und gemeindliche Kulturarbeit. Bei der Wahrnehmung der freiwilligen Aufgaben sind die G.en frei. Allerdings dürfen sie sich auch insoweit nicht in die Zuständigkeit anderer Hoheitsträger einmischen. So müssen sich die G.en z. B. bei außen- und verteidigungspolitischen Fragen Zurückhaltung auferlegen.
d) Kreisfreie Städte nehmen als Selbstverwaltungsaufgaben auch die Selbstverwaltungsaufgaben des Kreises und als Auftragsangelegenheiten (nach dem dualistischen Modell) bzw. als Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung (nach dem monistischen Modell) die Auftragsangelegenheiten bzw. Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung des Kreises und die Aufgaben der staatlichen Kreisverwaltung wahr.
e) Als Ausfluss des Selbstverwaltungsrechts stehen der G. die Planungshoheit, die Personalhoheit, die Satzungsautonomie und die Finanzhoheit verbunden mit der Abgabenhoheit (Gemeindeabgaben) zu. Die Satzungsautonomie gibt der G. das Recht, Satzungen mit bindender Wirkung zu erlassen, z. B. einen Anschluss und Benutzungszwang für gemeindliche Einrichtungen anzuordnen. Als Satzung ergeht auch der Bebauungsplan (Bauleitpläne). Die Gemeindeabgaben reichen i. d. R. nicht zur Deckung des gemeindlichen Finanzbedarfs aus; neben Anteilen an verschiedenen staatlichen Steuern erhalten die G.en daher auch noch Zuweisungen aus dem Finanzausgleich (s. a. Gemeindefinanzen, Verteilung des Steueraufkommens). Die Verfassungen der Länder enthalten unterschiedliche Vorschriften dazu, inwieweit der Staat für Aufgaben der Auftragsverwaltung bzw. für nach Weisung wahrzunehmende Aufgaben der G.en finanziellen Ausgleich gewähren muss (z. B. Art. 83 II Bayer. Verfassung, Art. 85 II Sächs. Verfassung); hinsichtlich der Ausgestaltung dieses Ausgleiches kommt den Landesgesetzgebern ein weiter Spielraum zu. Ferner ist zum Ausgleich des gemeindlichen Haushaltes die Aufnahme von Krediten möglich; die Aufnahme von Krediten zu konsumtiven Zwecken ist i. d. R. unzulässig (Haushaltsrecht, 9).
4.
Das Gemeinderecht regelt auch die Frage der Aufsicht über die G.en. Aufsichtsbehörde für kreisangehörige G.en sind Kreisverwaltungsbehörde (Kreisverwaltung) bzw. Kreis, soweit keine staatliche Kreisverwaltungsbehörde besteht. Kreisfreie Städte unterstehen i. d. R. der Aufsicht der staatlichen Mittelbehörde (Regierungspräsident, Regierungspräsidium, Bezirksregierung; Regierung, 3); in Ländern ohne staatliche Mittelbehörden (z. B. Schleswig-Holstein, Saarland, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg) liegt die Aufsicht über die kreisfreien Städte beim Innenminister. Die Aufsicht bezüglich der Selbstverwaltungsaufgaben (nach dem dualistischen Modell) bzw. bezüglich der nicht nach Weisung wahrzunehmenden Aufgaben (nach dem monistischen Modell) beschränkt sich auf eine bloße Rechtmäßigkeitskontrolle. Instrumentarien sind Beratung, Unterrichtung, Anzeige-, Vorlage- und Genehmigungspflichten, Beanstandung, Aufhebung, Anordnung und Ersatzvornahme, im Extremfall Bestellung eines Beauftragten und Auflösung der Gemeindevertretung. Bei allen Aufsichtsmaßnahmen ist in besonderer Weise der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten. Bei Auftragsangelegenheiten (nach dem dualistischen Modell) bzw. bei Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung (nach dem monistischen Modell) ist die Aufsicht grundsätzlich nicht auf die Rechtsaufsicht beschränkt. Weisungen an die G. können auch auf Grund von Zweckmäßigkeitserwägungen erteilt werden. die Ausgestaltung im Gemeinderecht der Länder ist sehr unterschiedlich. Die über die Rechtmäßigkeitskontrolle hinausgehenden Aufsichtsrechte im Ermessensbereich sind häufig auf besondere Fälle beschränkt (so nach Art. 109 II der bayer. Gemeindeordnung).
5.
Grundsätzlich gehört jeder Teil des Staatsgebietes zu einer G. Gemeindefreie Gebiete sind nach dem Gemeinderecht einiger Länder in Ausnahmefällen zulässig. Ein bestimmtes Territorium kann nie zu zwei G.en gleichzeitig gehören. Gebietsänderungen gegen den Willen einer G. sind nur durch Gesetz zulässig Gebietsreform). Nach dem Gemeinderecht einiger Länder kann oder muss das Gemeindegebiet ab einer bestimmten Größe in Gemeindebezirke aufgegliedert werden.
6.
Gemeindeangehörige (Gemeindebürger) sind die G.einwohner, d. h. alle in der G. wohnhaften Personen - sie dürfen die öffentlichen Einrichtungen der G. benutzen, müssen aber die G.lasten tragen - und die G.bürger, die das Recht haben, an den G.wahlen teilzunehmen und im Rahmen der Bürgerbeteiligung (Bürgerentscheid) an gemeindlichen Entscheidungen mitzuwirken. Voraussetzung hierfür ist Besitz der deutschen Staatsangehörigkeit sowie eine bestimmte Wohndauer in der G. Nach BVerfG v. 31. 10. 1990 (BVerfGE 83, 37/59) sind grundsätzl. nur Deutsche wahlberechtigt; Art. 28 I 3 GG (eingefügt 1994) eröffnet auch EG-Angehörigen nach Maßgabe des Gemeinschaftsrechts (dazu EG-Richtlinie 94/80 v. 19. 12. 1994) auf kommunaler Ebene das Wahlrecht (Kommunalwahlrecht). Das Bürgerrecht begründet auch öffentlich-rechtliche Pflichten (insbes. zur Übernahme gemeindlicher Ehrenämter). Außer bei den politischen Mitwirkungsrechten besteht in der Rechtsstellung kein Unterschied zwischen G.einwohnern und G.bürgern.
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