Nachbarrecht

Zahlreiche Bestimmungen des öffentlichen Baurechts schützen den Nachbarn. Es müssen Abstandsvorschriften, Brandschutzvorschriften und ähnliches eingehalten werden. Der nachbarliche Grundstücksbesitzer kann gegen bauliche Massnahmen Widersprüche einlegen, so dass gegebenenfalls die Baubehörden noch einmal prüfen müssen, ob die besonderen Vorschriften zugunsten des Nachbarn eingehalten wurden. Kommt es gleichwohl zu einem Verstoss gegen die schützenden Normen des öffentlichen Nachbarschaftsrechts, können Schadenersatzansprüche ebenso gegen den Verursacher wie eventuell auch gegen den Staat gegeben sein.
Darüber hinaus schützt das Bürgerliche Gesetzbuch den Nachbarn gegen eine nicht zumutbare Zufuhr von Immissionen - Gasen, Dämpfen, Gerüchen etc. - ebenso wie gegen Anlagen, von denen Gefahren drohen können. Der Nachbar darf auch ohne entsprechende Stützungsmassnahmen Erde nicht dermassen von seinem Grundstück entfernen, dass das Nachbargrundstück ins Rutschen kommt. Er darf auch nicht einfach auf das andere Grundstück hinüberbauen. Möglich sind auch hier, wenn das doch geschieht, Beseitigungs- und Ersatzansprüche. Unterschiedlich in den Ländern der Bundesrepublik ist geregelt, mit welchem Abstand Sträucher, Büsche und Bäume gepflanzt und wie hoch sie werden dürfen, ohne dass sich der Nachbar gegen eine davon ausgehende Beeinträchtigung zur Wehr setzen kann.

die Gesamtheit derjenigen Rechtsvorschriften, die das Eigentum an einem Grundstück im Interesse benachbarter Grundeigentümer beschränken.

I. Im Privatrecht sind dies insbes. Bestimmungen über Immissionen, Überhang, Überfall, entschuldigter Überbau (die Errichtung eines Gebäu des über die Grenze eines Grundstücks ist zu dulden, wenn der Überbauende ohne Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit gehandelt und der Nachbar nicht vor oder sofort nach der Grenzüberschrei tung Widerspruch eingelegt hat), Not weg und Grenzen.

II. Im Verwaltungsrecht schützen bestimmte baurechtliche Vorschriften auch die Nachbarn (z.B. Grenzabstand). Verletzt eine Baugenehmigung ein Recht eines Nachbarn, so kann er Nach bar klage erheben.

1. Das private N. ist Ausfluss des nachbarschaftlichen Gemeinschaftsverhältnisses u. daher vom Grundsatz wechselseitiger Rücksichtnahme geprägt. Die §§ 906 ff. BGB, daneben die nach Art. 124 EUBGB weitergeltenden landesrechtlichen Vorschriften konkretisieren die nachbarrechtlichen Verhaltenspflichten. Danach muss ein Grundeigentümer Einwirkungen durch Gase, Lärm, Erschütterungen u. ähnliche Immissionen insoweit hinnehmen, als sie die Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigen. (Zum öfftl.-rechtlichen Schutz vor Immissionen Immissionsschutz.) Vor allem bei Geräuschbelästigungen durch Sportanlagen in Wohngebieten ergeben sich immer wieder Konflikte; die zur Entscheidung angerufenen Gerichte orientieren sich zumeist an Immissionsrichtwerten in der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm v. 16.7.1968 oder in der VDI-Richtlinie 2058 zur Beurteilung von Arbeitslärm in der Nachbarschaft (Ausgabe Juni 1973), die das hinzunehmende Lärmniveau beschreiben. Der Grundeigentümer kann verlangen, dass gefahrdrohende Anlagen auf dem Nachbargrundstück unterbleiben oder beseitigt werden. Herüberragende Zweige, die ihn in seiner Grundstücksbenutzung einschränken, kann er vom Nachbarn beseitigen lassen und, falls dieser in angemessener Frist der Aufforderung nicht nachkommt, selbst entfernen. Früchte eines angrenzenden Baumes oder Strauchs, die auf sein Grundstück fallen, gehören ihm. Die versehentliche Grenzüberschreitung bei der Errichtung eines Gebäudes muss er dulden; doch steht ihm als Entschädigung eine Geldrente zu, ersatzweise kann er den Abkauf des überbauten Grundstücksteils zum Verkehrswert verlangen. Fehlt einem Grundstück der Anschluss an einen öffentlichen Weg, ist dem Eigentümer vom Nachbarn gegen Zahlung einer Geldrente ein Notweg einzuräumen.
1. Das öffentl. N. umfasst insbesondere die nachbarschützenden Vorschriften des Bauordnungsrechts (Baurecht), z.B. über den Grenzabstand eines Gebäudes. Angesichts möglicher Beeinträchtigungen ihrer rechtlich geschützten Interessen sind die Nachbarn am Baugenehmigungsverfahren durch Einsichtnahme, Anhörung o.ä. zu beteiligen. Verletzt eine Baugenehmigung subjektive öffentliche Rechte eines Nachbarn, kann dieser Widerspruch u. Anfechtungsklage erheben (verwaltungsgerichtliches Verfahren).

(z. B. §§ 906 ff. BGB) ist die Gesamtheit der die Eigentümer von benachbarten Grundstücken im Verhältnis zueinander betreffenden Rechtssätze. Im Sachenrecht kann ein Eigentümer eines Grundstücks unwesentliche oder ortsübliche Immissionen auf Grund des Nachbarrechts nicht verbieten (z. B. Herüberwehen von Bratenduft, Ablaufen von Regenwasser, Hinüberfliegen von Blättern, Eindringen von Wollläusen). Er kann Wurzeln und Zweige, die in sein Grundstück hineinreichen, beseitigen, Früchte, die auf sein Grundstück fallen, behalten und für einen entschuldbaren, zu duldenden Überbau eine Geldentschädigung verlangen. Im Verwaltungsrecht schützen bestimmte baurechtliche Vorschriften auch die Nachbarn (z. B. Grenzabstand). Verletzt eine Baugenehmigung ein Recht eines Nachbarn, ist die Nachbarklage möglich. Lit.: Bassenge, P./Olivet, C., Nachbarrecht in Schleswig-Holstein, H.A. 2003; Keil, P., Nachbarrecht in Hessen, 20. A. 2005; Keil, P/Hoof, R., Das Nachbarrecht in Niedersachsen, H.A. 2006; Alheit, H., Nachbarrecht von A-Z, H.A. 2006; Pelka, F., Das Nachbarrecht in Baden-Württemberg, 20. A. 2005; Stadler, W., Das Nachbarrecht in Bayern, I.A. 2004; Schäfer, H., Nachbarrechtsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen, 14. A. 2005; Schäfer, H., Thüringer Nachbarrechtsgesetz, 2. A. 2006; Birk, H., Nachbarrecht für Baden- Württemberg, 5. A. 2004; Warnecke, F., Nachbarrechts- fibel für Niedersachsen, 12. A. 2004; Bauer, H., Thüringer Nachbarrecht, 4. A. 2002; Postier, R., Nachbarrecht in Brandenburg, 4. A. 2006; Hinkel, K., Nachbarrecht in Hessen, I.A. 2006; Schäfer, H., Sächsisches Nachbarrechtsgesetz, 1998; Netz, J., Vom Nachbarrecht, 5. A. 2002; Hülbusch, B., Nachbarrecht für Rheinland-Pfalz und das Saarland, 6. A. 2005; Kayser, A., Berliner Nachbarrecht, 1998; Kayser, A., Brandenburgisches Nachbarrecht, 2. A. 1998; Eidam, G., Nachbarrecht in Sachsen-Anhalt, 1998; Pardey, F., Nachbarrecht in Sachsen-Anhalt, 1998; Fruhner, F., Nachbarrecht für Sachsen-Anhalt, 1998; Breloer, //., Bäume, Sträucher und Hecken im Nachbarrecht,6. A. 2002; Pardey, F., Niedersächsisches Nachbarrechtsgesetz, 1999; Horst, H. , Rechtshandbuch Nachbarrecht, 2000; Schulz, C., Nachbarrecht in Bayern, 2000; Dehner, W., Hessisches Nachbarrecht, 5. A. 2001; Kayser, A., Nachbarrecht in Sachsen, 2001; Bensching, C., Nachbarrechtliche Ausgleichsansprüche, 2002; Grziwotz, H./Saller, R./Lüke, W., Praxishandbuch Nachbarrecht, 2005; Neuner, Das nachbarrechtliche Haftungssystem, JuS 2005, 385; Grziwotz, H./Saller, R., Bayerisches Nachbarrecht, 2007; Bruns, P., Nachbarrechtsgesetz Baden-Württemberg, 2007

öffentliches Recht: Der Nachbarrechtsschutz ist sowohl zivilrechtlich als auch öffentlich-rechtlich ausgestaltet. Zum privatrechtlichen Nachbarschutz vgl. privates Baurecht. Das öffentliche Bau-nachbarrecht befasst sich mit dem Rechtsschutz eines Nachbarn, der sich gegen ein Bauvorhaben auf einem benachbarten Grundstück wendet. Der Nachbarschutz ist - im Gegensatz zum privaten Nachbarschutz - als Dreiecksverhältnis ausgestaltet. Beteiligt sind der Bauherr, der Nachbar und die Baubehörde. Liegt dem Vorhaben eine Baugenehmigung zugrunde, so kommen als Rechtsbehelfe ein (Anfechtungs-)Widerspruch und eine Anfechtungsklage in Betracht. Da gemäß § 212a Abs. 1 BauGB diesen Rechtsbehelfen keine aufschiebende Wirkung zukommt, der Bauherr also sein Bauvorhaben weiter verwirklichen kann, muss der Nachbar den einstweiligen Rechtsschutz
nach §§80 a, 80 Abs.5 VwGO suchen, um dem Bauherrn das Weiterbauen vorübergehend zu untersagen. Bei genehmigungsfreien Vorhaben oder bei „Schwarzbauten” kann der Nachbar Leistungsansprüche auf bauordnungsrechtliches Einschreiten geltend machen und diese durch (Verpflichtungs-)Widerspruch und Verpflichtungsklage auf Erlass einer Bauordnungsverfügung durchsetzen. Der einstweilige Rechtsschutz richtet sich in diesen Fällen nach § 123 VwG() (Erlass einer einstweiligen Anordnung).

Begriff: Nachbar i. S. d. öffentlichen Baurechts ist nicht nur der unmittelbare Angrenzer. Neben der räumlichen Nähe zum Bauvorhaben ist entscheidend der Einwirkungsbereich des Vorhabens, der sich nach Art und Intensität der zu erwartenden Beeinträchtigungen richtet. Der Kreis des Nachbarn wird daher durch die Art des Vorhabens und die Auswirkungen auf die Umgebung bestimmt. Da das nachbarliche Abwehrrecht grundsätzlich grundstücks- und nicht personenbezogen ist, kommt als Nachbar nur der Eigentümer oder der sonst dinglich Berechtigte (Nießbraucher, Erbbauberechtigter) in Betracht. Einem lediglich obligatorisch berechtigten Grundstücksnutzer (Mieter, Pächter) stehen keine Abwehrrechte zu, seine Rechtsbehelfe sind mangels Klagebefugnis unzulässig. Ein subjektives Abwehrrecht von obligatorisch Berechtigten kann sich jedoch dann ergeben, wenn mit dem Vorhaben gesundheitsschädliche Auswirkungen verbunden sind (Art.2 Abs. 2 GG). Wegen der bloß mittelbaren Betroffenheit muss die Beeinträchtigung aber eine gewisse Intensität aufweisen.
Abwehrrecht: Die Zulässigkeit der Rechtsbehelfe des Nachbarn setzt die Möglichkeit einer Rechtsverletzung, mithin ein subjektiv öffentliches Recht voraus. Bauvorschriften vermitteln dem Nachbarn nur dann ein subjektives Recht, wenn sie nicht nur den Interessen der Allgemeinheit, sondern nach ihrer Zwecksetzung zumindest auch dem Schutz von Individualinteressen dienen (sog. Schutznormtheorie). Ob ein Rechtssatz zumindest auch dem Interesse einzelner Bürger oder nur dem öffentlichen Interesse dient, muss im Wege der Auslegung ermittelt werden. Neben dem Wortlaut entscheidet vor allem der Sinn und Zweck der betreffenden Vorschrift.

Um den Drittschutz im öffentlichen Baurecht vollständig zu erfassen, bedarf es zunächst einer Differenzierung zwischen dem Bauplanungsrecht (BauGB, BauNVO) und dem Bauordnungsrecht (LBauO). Im Bauplanungsrecht richtet sich die Frage des Drittschutzes einer Norm zunächst nach der planungsrechtlichen Situation des Baugrundstücks.
In Gebieten, die mit einem B-Plan überplant worden sind (Bebauungsplangebiet,§ 30 Abs. 1 BauGB), kommen zunächst die Festsetzungen der (qualifizierten B-Pläne) i. V. m. der BauNVO in Betracht. Festsetzungen hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung (§§ 2-15 BauNVO) haben generell nachbarschützende Wirkung. Die Planbetroffenen sind im Hinblick auf die Nutzung ihrer Grundstücke zu einer rechtlichen Schicksalsgemeinschaft verbunden. Der Nachbar kann sich daher gegen jede artfremde Bebauung — unabhängig von einer tatsächlichen Beeinträchtigung — wehren (z.B. ein störender Gewerbetrieb in einem allgemeinen Wohngebiet). Die Festsetzungen über das Maß der baulichen Nutzung (§§ 16-21 a BauNVO) dienen grundsätzlich nur der städtebaulichen Ordnung. Wegen des rein objektiven Charakters kann der Nachbar eine Verletzung nicht geltend machen (Ausnahme: das Maß der baulichen Nutzung ist in der Begründung des B-Plans ausdrücklich als drittschützend bezeichnet worden).

Bei den Festsetzungen für die Bauweise (§ 22 BauNVO) kommt der offenen Bauweise Drittschutz zu, da der einzuhaltende Grenzabstand auch Interessen des Nachbarn dient (Belichtung, Belüftung, Brandschutz). Der Festsetzung einer geschlossenen Bauweise liegen i. d. R. nur städtebauliche Erwägungen zugrunde. Nachbarschutz ergibt sich daraus nicht.
Die überbaubare Grundstücksfläche wird nach § 23 BauNVO durch Baulinien, Baugrenzen und Bebauungstiefen bestimmt. Aus ihnen kann nur dann Nachbarschutz abgeleitet werden, wenn sie nach dem Willen des Planungsgebers auch den Interessen des Nachbarn zu dienen bestimmt sind.
Eine Ausnahmebebauung des Bauherrn (§31 Abs. 1 BauGB) entfaltet nur dann Drittschutz für den Nachbarn, wenn die Festsetzung, von der abgewichen wird, Drittschutz vermittelt (z. B. Ausnahme von der Art der Nutzung). Demgegenüber besteht bei Befreiungen von den Festsetzungen eines B-Plans nach § 31 Abs. 2 BauGB Drittschutz. Die Entscheidung über den Dispens darf nur „unter Würdigung nachbarlicher Interessen” erfolgen. Dabei muss stets das Gebot der Rücksichtnahme beachtet werden, das grundsätzlich als drittschützend angesehen wird.
Für den unbeplanten Innenbereich gilt § 34 BauGB, dem unmittelbar keine drittschützende Wirkung zukommt, da diese Norm an sich nur dem Interesse der Allgemeinheit an einer geordneten städtebaulichen Entwicklung dient. Unmittelbar nachbarschützende Wirkung wird jedoch § 34 Abs. 2 i. V. m. §§ 2 ff. BauNVO zuerkannt. Die Gleichstellung beplanter und faktischer Baugebiete i. S. d. BauNVO hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung ergibt, dass in diesem Umfang auch ein identischer Nachbarschutz festgelegt worden ist. Nachbarschutz besteht also wie in einem qualifiziert beplanten Gebiet im Hinblick auf die Art der baulichen Nutzung.

Mittelbar kommt dem Merkmal des „Einfügens” i. S. d. § 34 Abs. 1 BauGB nachbarschützende Wirkung zu. Einfügen kann sich ein Vorhaben nur, wenn es die gebotene Rücksicht auf die vorhandene Nachbarbebauung nimmt. Es gelten die Grundsätze zur nachbarschützenden Wirkung des Gebots der Rücksichtnahme.
Dem Außenbereich (§ 35 BauGB) wird angesichts des Wortlauts („öffentliche Belange”) eine nachbarschützende Wirkung grundsätzlich abgesprochen. Eigentümer von Betrieben genießen daher keinen unmittelbar aus § 35 Abs. 1 BauGB folgenden Nachbarschutz. Über den Begriff der „öffentlichen Belange” fließt aber das Gebot der Rücksichtnahme ein. Daher hat der nach § 35 Abs. 1 BauGB Privilegierte einen Anspruch darauf, dass durch andere Vorhaben in der Nachbarschaft die Nutzbarkeit der eigenen Privilegierung nicht infrage gestellt oder erheblich beeinträchtigt wird (landwirtschaftlicher Betrieb wendet sich gegen heranrückende Wohnbebauung). Insoweit kommt dem §35 BauGB eine nachbarschützende Wirkung zu. Der Privilegierte ist besonders geschützt und kann daher eine besondere Rücksichtnahme seiner Interessen verlangen. Auch über die in § 35 Abs. 3 BauGB aufgeführten öffentlichen Belange kann das subjektiv-rechtliche Gebot der Rücksichtnahme Drittschutz vermitteln (z. B. § 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 BauGB: Vermeidung schädlicher Umwelteinwirkungen).
Angesichts zahlreicher einfach-gesetzlicher drittschützender Normen bedarf es für den Nachbarschutz keines Rückriffs mehr auf das Eigentumsgrundrecht aus Art.14 GG bzw. auf das Gesundheitsgrundrecht aus Art. 2 Abs. 2 GG. Wegen der weitgehenden Ausprägung des Rücksichtnahmegebots haben Nachbarabwehrrechte aus Grundrechten keine praktische Relevanz mehr. Einfacher gestaltet sich die Frage nach dem Drittschutz für die Vorschriften des Bauordnungsrechts. Diese dienen i. d. R. nur der öffentlichen (Bau-)Sicherheit und Ordnung und damit den Interessen der Allgemeinheit (z. B. Vorschriften über die Baugestaltung; Stellplatzpflicht). Ausnahmsweise können auch bauordnungsrechtliche Vorschriften nachbarschützenden Charakter haben, soweit sie Individualinteressen wie Leben, Körper und Gesundheit der Anlieger schützen sollen. Dies gilt insb. für die Vorschriften über die Abstandsflächen (Bauwich). Auch Brandschutzvorschriften sowie die bauordnungsrechtliche Generalklausel können Drittschutz entfalten, wenn Individualinteressen gefährdet werden. Auch das Rücksichtnahmegebot kann im Rahmen des Bauordnungsrechts zum Tragen kommen, wobei aber den bauordnungsrechtlichen Vorschriften Vorrang eingeräumt werden muss.

Privatrecht: die Gesamtheit der geschriebenen und ungeschriebenen Rechtsnormen, welche das Zusammenleben von Grundstücksnachbarn regeln.
Das nachbar(schaft)liche Gemeinschaftsverhältnis beinhaltet eine Beschränkung des Eigentums an einem Grundstück. Nach h. M. begründet das nachbarschaftliche Gemeinschaftsverhältnis keine schuldrechtliche Beziehung zwischen Grundstücksnachbarn, sondern enthält lediglich Kollisionsnormen. Durch das nachbarliche Gemeinschaftsverhältnis werden nur Duldungs- bzw. Ausgleichspflichten, aber keine sonstigen Leistungspflichten begründet. Dies ergibt sich aus § 903 BGB; danach kann jeder (Grundstücks-)Eigentümer mit seinem Grundstück grundsätzlich nach Belieben verfahren und andere von jeder Einwirkung ausschließen. Da aber für den Eigentümer des Nachbargrundstücks dasselbe gilt, kollidieren die subjektiven Rechte der Nachbarn häufig miteinander.
Die §§ 906 ff. BGB und § 242 BGB regeln diesen Kollisionsfall von zwei sich im konkreten Fall widersprechenden Eigentümerrechten. Nach § 906 Abs. 1 S. 1 BGB kann der Eigentümer eines Grundstücks die Zuführung von Immissionen und andere von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt. Das Gleiche gilt insoweit, als eine wesentliche Beeinträchtigung durch eine ortsübliche Benutzung des anderen Grundstücks herbeigeführt wird und nicht durch Maßnahmen verhindert werden kann, die Benutzern dieser Art wirtschaftlich zumutbar sind (§ 906 Abs. 2 S. 1 BGB). Bei zu duldenden Immissionen besteht nach § 906 Abs. 2 S. 2 BGB (analog) ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch.
Nach §907 Abs. 1 S. 1 BGB kann der Eigentümer eines Grundstücks verlangen, dass auf den Nachbargrundstücken nicht Anlagen hergestellt oder gehalten werden, von denen mit Sicherheit vorauszusehen ist, dass ihr Bestand oder ihre Benutzung eine unzulässige Einwirkung auf sein Grundstück zur Folge hat.
Bei drohendem Einsturz eines Gebäudes oder anderen Werkes auf einem Nachbargrundstück kann der Eigentümer des betroffenen Grundstücks gern. § 908 BGB verlangen, dass die zur Abwendung der Gefahr erforderlichen Vorkehrungen getroffen werden.
Nach §909 BGB darf ein Grundstück nicht in der Weise vertieft werden, dass der Boden des Nachbargrundstücks die erforderliche Stütze verliert, es sei denn, dass für eine genügende anderweitige Befestigung gesorgt ist.
Der Eigentümer eines Grundstücks kann Wurzeln eines Baumes oder eines Strauches, die von einem Nachbargrundstück eingedrungen sind, abschneiden und behalten, § 910 Abs. 1 S. 1 BGB. Das Gleiche gilt von herüberragenden Zweigen, wenn der Eigentümer dem Besitzer des Nachbargrundstücks eine angemessene Frist zur Beseitigung bestimmt hat und die Beseitigung nicht innerhalb der Frist erfolgt, § 910 Abs. 1 S. 2 BGB.
Früchte, die von einem Baum oder einem Strauch auf ein Nachbargrundstück hinüberfallen, gelten als Früchte dieses Grundstücks, § 911 S. 1 BGB. Dies bedeutet, dass sie dem Eigentümer des Grundstücks, auf das die Früchte gefallen sind, gehören.
Bei einem Überbau kann gern. §912 BGB unter bestimmten Voraussetzungen ein Duldungsanspruch bestehen (Näheres hierzu Überbau).
Fehlt einem Grundstück die zur ordnungsmäßigen Benutzung notwendige Verbindung mit einem öffentlichen Weg, so kann nach § 917 Abs. 1 S. 1 BGB der Eigentümer von dem Nachbarn verlangen, dass er ihm bis zur Behebung des Mangels ein Notwegerecht einräumt.
Weitere Beschränkungen des Eigentums ergeben sich im nachbarschaftlichen Gemeinschaftsverhältnis vor allem aus den §§ 919-923 BGB.
Spezialregelungen enthalten die Nachbarrechtsgesetze der Länder, die gemäß Art. 124 EGBGB zulässig sind. Darin finden sich vor allem Regelungen über den Grenzabstand und die zulässige Höhe von Bäumen, Sträuchern, Hecken, soweit nicht öffentlich-rechtliche Vorschriften vorgehen.

1. Im Privatrecht. Abgesehen von den im öffentlichen Recht wurzelnden bau- und nachbarrechtlichen Beschränkungen (s. u. 2) kennt auch das Privatrecht aus dem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis herrührende Beschränkungen des Eigentums an einem Grundstück. Am wichtigsten ist die Regelung der Zuführung unwägbarer Stoffe, z. B. von Geräuschen, Gerüchen usw. von einem Grundstück auf das andere (Immissionen), ferner der Überhang von Zweigen u. dgl. und der Überfall von Früchten, der versehentliche Überbau, der Notweg und die Regelung der Grenzverhältnisse und Grenzeinrichtungen an einem Grundstück (z. B. Kommunmauer; Grenzregelung). Zum nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch (bei zu duldenden Immissionen) Aufopferungsanspruch. Daneben enthalten über Art. 124 EGBGB landesrechtliche Vorschriften (z. B. Art. 43 ff. Bay. AGBGB, GVBl. 1982, 803) Bestimmungen über die Errichtung von Fenstern u. dgl. in unmittelbarer Nähe der Grundstücksgrenze und insbes. über den Grenzabstand und die zulässige Höhe von Bäumen, Sträuchern und Hecken, soweit nicht öffentlich-rechtliche Vorschriften (z. B. Bebauungsplan) vorgehen (vgl. Art. 27 BaWü Ges. i. d. F. vom 26. 7. 1995, GBl. 605). Schließlich steht das gesamte N., auch soweit es nicht ausdrücklich geregelt ist, unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben (z. B. Verbot der Errichtung eines den Nachbarn übermäßig schädigenden Bauwerks u. dgl.).

2. Im öffentlichen Recht. Öffentlich-rechtliche Vorschriften im Interesse des Nachbarn enthält insbes. das Bauordnungsrecht. Die Bauordnungen der Länder sehen z. T. vor, dass die Baupläne den Eigentümern der benachbarten Grundstücke vorzulegen sind, um ihnen Einwendungen gegen das Bauvorhaben im Baugenehmigungsverfahren zu ermöglichen. Vor der Befreiung von baurechtlichen Vorschriften (Dispens) hat die Baubehörde die Eigentümer benachbarter Grundstücke zu unterrichten, wenn zu erwarten ist, dass öffentlich-rechtlich geschützte nachbarliche Belange (nicht bloße privatrechtliche, z. B. auf vertraglicher Vereinbarung oder auf einer Dienstbarkeit beruhende) berührt werden. Öffentl.-rechtliche Vorschriften die auch dem Interesse des Nachbarn dienen, sind insbes. die Bestimmungen über Grenzabstände (vgl. „Nachbarschützend“). Die Baugenehmigung wird unbeschadet der privaten Rechte Dritter erteilt; diese können privatrechtliche Einwendungen gegen das Bauvorhaben auch nach erteilter Genehmigung noch geltend machen. Öffentl.-rechtliche Bestimmungen zugunsten von Nachbarn sind im Baugenehmigungsverfahren zu berücksichtigen. Soweit solche Rechte dem Nachbarn ein subjektives öffentliches Recht gewähren, kann er gegen eine Baugenehmigung, die dieses Recht nicht beachtet, im Verwaltungsstreitverfahren vorgehen. Über weitere Schutzvorschriften vgl. Lärmbekämpfung sowie Immissionsschutzrecht.




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