Verfall-, Ausschluss- o. Verwirkungsfristen
Im Arbeitsrecht :
sind Fristen für die Geltendmachung von Rechten, deren Nichteinhaltung mit dem Ablauf der Frist das Erlöschen des Rechtes ohne Rücksicht auf die Kenntnis der Parteien (AP 30 zu § 4 TVG Ausschlussfristen; AP 4 zu § 496 ZPO; AP 131 zu § 1 TVG Auslegung = DB 84, 55) von diesen Folgen u. vom Anspruch bewirkt. VFr. können nach § 4 IV 3 TVG für tarifl. Rechte nur durch Tarifvertrag vereinbart werden. Sie kommen als einseitige, nur für Ansprüche des AN, wie als zweiseitige vor (Bauer NZA 87, 440). Gelegentlich ist in Tarifverträgen vorgesehen, dass der AG auf sie besonders hinweisen muss. In § 77 IV BetrVG ist vorgesehen, dass auch Betriebsvereinbarungen für die auf sie gestützten Rechte VFr. vorsehen können. Einzelvertraglich werden sie für sonstige Rechte selten vereinbart; sie sind aber wirksam (AP 1 zu § 241 BGB = NZA 89, 101). Sie unterliegen der richterl. Inhaltskontrolle (Fenski ArbuR 89, 168; Preis ZIP 89, 885). Ansprüche auf-3 Urlaub werden von letzteren nicht vernichtet (AP 16 zu § 13 BUr1G = DB 85, 48). Sie sind in jedem Stadium des Verfahrens von Amts wegen zu berücksichtigen. Das Gericht trifft jedoch keine Verpflichtung, in jedem Streitfall zu ermitteln, ob das Arbeitsverhältnis einem Tarifvertrag unterfällt (AP 51 zu § 4 TVG Ausschlussfristen; v. 15. 6. 93 — 9 AZR 208/92 —). Die Dauer der in den Tarifverträgen geregelten VFr. kann einzelvertraglich nicht verlängert werden (AP 70 zu § 4 TVG Ausschlussfristen). Der AN wird begünstigt, wenn er seine Forderungen langfristiger geltend machen kann, aber benachteiligt, wenn er in Anspruch genommen wird. Der Beginn der VFr. ist tarifl. verschieden geregelt (Entstehung o. Fälligkeit des Anspruchs bzw. Beendigung des Arbeitsverhältnisses). Soll die VFr. ab Beendigung des Arb.-Verh. laufen, so wird i. d. R. anzunehmen sein, dass die rechtliche und nicht die tatsächliche Beendigung massgebend ist (AP 41, 45 zu § 4 TVG Ausschlussfristen). Bei Rechtsstreitigkeiten über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses beginnt sie mit der Rechtskraft des Urteils. Sind Ansprüche dann noch nicht fällig, beginnt sie mit Fälligkeit (AP 41, 55 zu § 4 TVG Ausschlussfristen). Räumt der AG einem AN ein Lohnkonto in lfder Rechnung ein, so beginnt sie i. d. R. mit Ende des Arb.-Verh. (AP 38 zu § 4 TVG Ausschlussfristen).
Soll die VFr. mit der Fälligkeit beginnen, so verfallen Mutter- u. Stammrechte i. d. R. nicht; der Verfall der Einzelansprüche richtet sich nach deren Fälligkeit. Vergütungsansprüche wegen fehlerhafter • Eingruppierung laufen ab Fälligkeit der Einzelansprüche (AP 29 zu § 1 TVG Tarifverträge: Einzelhandel = NZA 91, 424). Dies gilt auch bei Ansprüchen auf Ruhegeld (AP 102 = NZA 90, 627). Bei Schadensersatzansprüchen wegen eigener Schäden beginnt die VFr., wenn der Schaden entstanden u. fällig geworden ist. Fällig wird er, wenn der AG den Schaden kennt o. kennen muss (AP 14, 32, 33, 43, 48, 55 zu § 4 TVG Ausschluss fristen). Der AG ist zu einer Kontrolle gehalten (AP 85 a. a. 0. = DB 84, 2711). Er hat sich den erforderlichen Überblick ohne schuldhaftes Zögern zu verschaffen. Ein solches ist i. d. R. dann nicht anzunehmen, wenn ein AG, der durch strafbare Handlungen vom AN geschädigt wurde, vor der Geltendmachung seiner Ansprüche zunächst den Ausgang eines Strafverfahrens abwartet, von dem er sich eine weitere Aufklärung des streitigen Sachverhalts versprechen darf (AP 71 zu § 4 TVG Ausschlussfristen; AP 85 = DB 84, 2711). Im übrigen ist zu unterscheiden zwischen offenen und verdeckten Mängeln. Handelt es sich um offenbare MänsYel n beginnt die VFr. im Zeitnunkt der Schlechtleistung (AP 35, 44 TVG Ausschlussfristen). Bei versteckten Mängeln, also solchen, die dem AG weder bekannt sind noch bekannt sein konnten, beginnt sie, wenn sie erkennbar waren (AP 4 zu § 611 BGB Akkordkolonne). Bei Ansprüchen auf Freistellung beginnt sie, wenn der Dritte den AG in Anspruch nimmt (AP 32 zu § 4 TVG Ausschlussfristen; AP 18, 20 zu § 670 BGB; AP 22 = DB 84, 1888). Sie soll vorzeitig beginnen, etwa bei Ansprüchen auf Lohnsteuererstattung durch den AG, wenn die Steuerabführung völlig willkürlich erfolgte. Sieht ein Tarifvertrag vor, dass eine VFr. mit der Fälligkeit u. mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine weitere läuft, so braucht der AN seine Ansprüche nicht erneut nach Beendigung geltend zu machen, wenn er sie nach Fälligkeit bereits geltend gemacht hat. Ob eine VFr. (§ 16 BRTV-Bau) auch während des Konkurses o. einer wirtschaftlichen Notlage des AG läuft, ist zweifelhaft (AP 42 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau -= DB 83, 236; AP 78 zu § 4 TVG Ausschlussfristen = NJW 84, 510). Der Ablauf der VFr. kann gehemmt sein, wenn der AG keine Abrechnung erteilt hat (AP 89 zu § 4 TVG Ausschlussfristen = DB 85, 2154).
Zur Geltendmachung gehört die Spezifizierung (AP 33, 43, 55 zu § 4 TVG Ausschlussfristen; AP 9 zu § 70 BAT), nicht jedoch die Substantiierung des Anspruchs (AP 3 zu § 611 BGB Akkordkolonne), d. h., der Anspruchsteller muss die Forderung dem Grunde nach konkretisieren u. der Höhe nach annähernd angeben (AP 43, 48, 49 a. a. 0.; DB 75, 455). Einer Angabe zur Forderungshöhe bedarf es dann nicht, wenn der Schuldner diese, etwa aus strafbaren Handlungen, ohnehin kennt (AP 9 zu § 70 BAT). Die Geltendmachung muss im allgemeinen durch den AN erfolgen; unzureichend ist die Geltendmachung durch den Betriebsrat, es sei denn, dass dieser bevollmächtigt ist (EzA 2 zu § 301 ZPO). Als Nebenforderung mit der HauptF eingeklagte Verzugs- u. Prozesszinsen bedürfen i. d. R. keiner besonderen Geltendmachung (AP 93 zu §§ 22, 23 BAT). In der Erhebung einer Feststellungsklage gegenüber einer Kündigung liegt keine gerichtl. Geltendmachung des Lohnausfalls für die Zeit nach dem Kündigungstermin (AP 31, 43, 63 zu § 4 TVG Ausschluss-fristen), u. U. jedoch seine blosse Geltendmachung (AP 23 zu § 615 BGB; AP 56, 59, 63 zu § 4 TVG Ausschlussfristen; AP 114 = NZA 92, 521; DB 77, 1468; 1802). Ist durch die Erhebung der Kündigungsschutzklage die tarifliche Frist gewahrt, so müssen nach Rechtskraft des Urteils im Kündigungsschutzprozess die tariflichen Lohnansprüche nicht erneut innerhalb der V. geltend gemacht werden, wenn der Tarifvertrag das nicht ausdrücklich vorsieht (AP 46 zu § 615 BGB = NZA 91, 226). Unzureichend ist die Geltendmachung durch eine unzulässige Feststellungsklage (AP 103 = NZA 89, 897). Fordert der TV die ausdrückliche Ablehnung der Forderung_ so wird die Klagefrist für nach dem Kündigungsende erwachsende Ansprüche durch den Klageabweisungsantrag im Kündigungsschutzprozess in Lauf gesetzt (AP 60 = DB 77, 1802; AP 86 = DB 85, 707). Unzureichend ist bei notwendig schriftlicher Geltendmachung die blosse Strafanzeige (AP 54 zu § 4 TVG Ausschlussfristen), zureichend aber die Stufenklage (DB 77, 1371). Ist die Verfalifrist wirksam durch Klageerhebung unterbrochen, so bleibt diese Wirkung auch im Falle der Klagerücknahme gewahrt (AP 114 = NZA 92, 521; aber AP 108 = NZA 91, 70).
Die VFr. kann gesetzl. Ansprüche (Urlaub) umfassen (AP 27 zu § 4 TVG Ausschlussfristen; a. A. AP 16 zu § 13 BUr1G = DB 85, 48); zu urheberrechtl. Ansprüchen: Herschel Film u. Recht 80, 514. Wird ein bereits abgeschlossenes Arbeitsverhältnis später von einer tariflichen V. erfasst, so weden Rückstände aus dem Arbeitsverhältnis im allgemeinen nicht erfasst (AP 109 -= NZA 91, 246). Soll eine tarifliche Ausschlussklausel alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis u. solche, die mit ihm in Verbindung stehen, erfassen, so werden auch Abfindungsansprüche des entlassenen AN nach § 113 III BetrVG ergriffen (AP 3, 5, 7 zu § 113 BetrVG 1972; AP 42 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau = DB 83, 236; anders für Ansprüche nach §§ 9, 10 KSchG vgl. AP 7 zu § 9 KSchG 1969). Nicht erfasst wird der Beschäftigungsanspruch (AP 24 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht = NZA 91, 979). Nicht erfasst werden Ansprüche aus neben dem Arbeitsverhältnis abgeschlossenen Verträgen (Miet-, Kaufverträge); dazu AP 72 zu § 4 TVG Ausschlussfristen. Ob auch Ansprüche aus unerl. Hdlg. erfasst werden, ist umstr., aber überwiegend bejaht (AP 36, 37, 42 zu § 4 TVG Ausschlussfristen, AP 2 zu § 7 BAT; AP 71 zu § 4 TVG Ausschlussfristen; AP 9 zu § 70 BAT). Die VFr. erfasst auch Lohnsteuererstattungsansprüche (AP 17, 21 zu § 670 BGB; AP 22 = DB 84, 1888), Ansprüche des öffentlichen AG auf Lohnüberzahlung (AP 6 zu § 70 BAT; AP 68 zu § 4 TVG Ausschlussfristen; vgl. AP 113
NZA 92, 231), auch wenn über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus (AP 7 zu § 70 BAT) gezahlt. Der Ablauf der VFr. kann gegenüber einem Zessionar o. bei Übergang auf die Krankenkasse (§ 115 SGB X) dieser gegenüber geltend gemacht werden (AP 52 zu § 4 TVG Ausschlussfristen). Die VFr. gilt nicht für Ansprüche der AN untereinander, selbst wenn sie auf den AG übergegangen sind (BB 77, 1651).
TarUl. Formvorschriften für die Geltendmachung sind einzuhalten (Schriftform, Klage, usw.), andernfalls diese unwirksam ist. Ist für die Geltendmachung Schriftform vorgeschrieben, so wahrt auch eine Klage die Form, wenn sie vor Ablauf der VFr. zugestellt ist (AP 3, 4 zu § 496 ZPO; AP 4 zu § 345 ZPO). Die Kündigungsschutzklage wahrt die einfache Geltendmachung der Lohnforderung, nicht aber deren gerichtliche Geltendmachung (vgl. oben). Zu Feststellungsklagen über Vorfragen EzA 38 zu § 4 TVG Ausschlussfristen. Ist nur eine schriftliche Geltendmachung vorgeschrieben, so braucht grundsätzlich keine Klage erhoben werden (AP 8 zu § 70 BAT). Ist nach einem Tarifvertrag die schriftliche Geltendmachung u. binnen einer weiteren Frist die Klageerhebung vorgesehen, so kann der Schuldner die VFr. nicht dadurch verkürzen, dass er bereits vor schriftl. Geltendmachung die Forderung ablehnt. Bestimmt eine zweistufige tarifl. VFr., dass die VFr. für die Geltendmachung von Anspr., deren Bestand vom Ausgang einer-Kündigungsschutzklage abhängig ist, erst mit deren rechtskräftigem Abschluss beginnt, so kann der AN die Anspr. nicht vorher geltend machen (AP 69 zu § 4 TVG Ausschlussfristen; AP 84 = DB 84, 996). Wird die Klage zurückgenommen, so führt eine erneute Klage nach Ablauf der Ausschlussfrist nicht dazu, dass die V. als durch die erste Klage eingehalten gilt (AP 114 = NZA 92, 521; AP 108 = NZA 91, 70). Ist ein Dritter der Schuld beigetreten, so reicht es aus, wenn die Forderung gegenüber dem ursprüngl. Schuldner geltend gemacht wird (AP 47 zu § 4 TVG Ausschlussfristen). Ein persönlich haftender Gesellschafter einer Personalgesellschaft (oHG, KG) kann sich nicht auf den Ablauf der VFr. berufen, wenn sie gegenüber der Gesellschaft eingehalten sind (AP 89 = DB 85, 2154). Hat der AG eine Schuld anerkannt, etwa in einer Lohnabrechnung, so bedarf es nicht noch einmal der besonderen Geltendmachung (AP 67, 76 zu § 4 TVG Ausschluss-fristen; AP 92 = DB 85, 2051; v. 21. 4. 1993 — 5 AZR 399/92 — NZA 93, 1091). Hat ein AG gegen eine Restlohnforderung allein aufgerechnet, so liegt hierin zugleich ein untechnisches Anerkenntnis, so dass der AN die Forderung nicht mehr fristgemäss geltend zu machen braucht. Anders ist es dagegen, wenn der AG die Restforderung in Abrede stellt u. hilfsweise mit Gegenforderungen aufrechnet (v. 27. 2. 1990 — 3 AZR 221/88— n. v.).
Der Berufung auf tarifl. VFr. kann in Ausnahmefällen die Einwendung unzulässiger Rechtsausübung entgegengesetzt werden, z. B. wenn der Berechtigte ohne Verschulden die Ansprüche nicht rechtzeitig o. formgerecht geltend machen konnte, das Versäumte aber nach Wegfall des Hinderungsgrundes unverzüglich nachholt, o. wenn der AN unter einem besonderen Kündigungsdruck gestanden hat, so dass ihm nach Treu u. Glauben die rechtzeitige Erhebung der Ansprüche nicht zugemutet werden konnte, o. wenn der Schuldner den Anschein der Verhandlungsbereitschaft erweckt u. dadurch den Gläubiger hingehalten hat (AP 9 zu § 59 BetrVG; DB 72, 1300; AP 87 zu § 4 TVG Ausschlussfristen = DB 85, 658). Dasselbe kann bei Abschluss von Musterprozessvereinbarungen gelten (AP 115 ==- NZA 92, 881). Bei Lohnüberzahlungen kann den AN eine Hinweis-
pflicht auf sie treffen, andernfalls die VFr. nicht zu laufen beginnt (AP 7 zu § 70 BAT). Jedoch muss nach Wegfall des Hinderungsgrundes die Forderung binnen kurzer Zeit geltend gemacht werden (AP 46 a. a. 0.). Kein Verfall tritt bei vereinbarter Anspruchszurückstellung ein. Lit.: Plüm MDR 93, 14. Vergleich ist ein gegenseitiger, formlos gültiger Vertrag, durch den der Streit o. die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt wird (§ 779 BGB). Beim V. sind drei Bereiche zu unterscheiden: a) Der als streitig o. ungewiss angesehene Bereich des alten Rechtsverhältnisses, der neu geordnet werden soll; b) der als nicht streitig o. ungewiss angesehene Bereich des alten Rechtsverhältnisses, der als feste Grundlage der vergleichsweisen Regelung angesehen wird; c) die Neuordnung, die durch den V. herbeigeführt wurde. Irren beide Partner über den Bereich b), so ist der V. unwirksam. Dagegen ist er nur anfechtbar, wenn eine Partei bei Abgabe der Erklärung zu c) sich in einem Irrtum gemäss §§ 119, 123 BGB befand. Ein V. kann unwirksam sein, wenn der AN in ihm unverzichtbare Ansprüche erlässt; wirksam sind jedoch V. über die tatsächlichen Voraussetzungen eines Anspruches (AP 8 zu § 17 BetrAVG = DB 85, 1949). Er ist sittenwidrig, wenn die wechselseitigen Leistungen in einem auffälligen Missverhältnis stehen (AP 37 zu § 138 BGB = NJW 85, 2661). Ein Prozess vergleich ist nach h. M. sowohl materiell-rechtl. Vertrag wie auch Prozesshandlung (AP 3, 4 zu § 794 ZPO; NJW 74, 2151). Ist die Prozesshandlung nichtig, so kann er gleichwohl noch materiell wirksam sein. ProzessV können auch mit einem am Rechtsstreit nicht beteiligten Dritten abgeschlossen werden; dieser braucht auch in den höheren Instanzen nicht durch einen Prozessbevollmächtigten Rechtsanwalt) vertreten zu sein (BGH NJW 83, 1433). Er kann auch von dem Revisionsgericht selbständig ausgelegt werden (AP 2 zu § 21 TVAL II). Er ersetzt jede Form u. beendet den Rechtsstreit. Aus ihm ist die Zwangsvollstreckung möglich (1 794I Nr. 1 ZPO). Ist ein gerichtl. V. unter Widerruf abgeschlossen, so ist dieser auch dann rechtzeitig, wenn er fristgemäss dem Gericht auf einem Gerichtstag zugeht (AP 17 zu § 794 ZPO). Zugegangen ist der Widerruf, wenn er in die Verfügungsgewalt des Gerichtes gelangt ist. Dies ist noch nicht dann der Fall, wenn ein Benachrichtigungsschein über eine Einschreibesendung in das Postfach eingelegt wird (AP 38 zu § 794 ZPO = NJW 86, 1373). Der Widerruf ist unwirksam, wenn er nicht unterzeichnet ist (AP 39 zu § 794 ZPO = NJW 89, 3035 = NZA 89, 861). Der durch schriftliche Anzeige an das Gericht vorbehaltene Widerruf kann im Zweifel nicht wirksam gegenüber dem Prozessgegner ausgeübt werden (AP 41 zu § 794 ZPO = NJW 92, 1127 = NZA 92, 134;
BVerwG NJW 93, 2193). Auf die Widerrufsfrist ist nach h. M. § 193 BGB entsprechend anwendbar. Fällt der Ablauf der Widerrufsfrist auf einen Sonntag o. gesetzlichen Feiertag, so endet die Frist am nächsten Werktag. Bei Versäumung der Widerrufsfrist ist eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ausgeschlossen (AP 19, 26 zu § 794 ZPO). Indes kann es treuwidrig sein, eine Partei am V. festzuhalten, wenn der Widerruf fristgemäss bei ihr, nur nicht wie vereinbart bei Gericht eingegangen ist (AP 15 zu § 794 ZPO). Ist ein gerichtl. V. von den Parteien lange Zeit als wirksam behandelt worden, so stellt es einen Verstoss gegen Treu und Glauben dar, wenn sich eine Partei mit dem Hinweis auf blosse Formvorschriften von ihm lossagen will (AP 18 zu § 794 ZPO). Das --Arbeitsgericht soll während des ganzen Verfahrens eine gütliche Beilegung des Rechtsstreites — insbes. also durch V. — anstreben (§§ 54, 57 II ArbGG). Allgem. Ausgleichsquittungen in derartigen Prozessv. schliessen es i. d. R. aus, Ansprüche aufgrund der Vergleichsbedingungen zu erheben (AP 22 zu § 794 ZPO). Wird der Rechtsstreit im ersten o. im höheren Rechtszug durch einen vor dem Gericht abgeschlossenen o. ihm mitgeteilten V. beendet, so wird in diesem Rechtszug keine Gerichtsgebühr erhoben, auch wenn eine streitige Verhandlung vorausgegangen ist. Gerichtl. Auslagen (Gerichtskosten) sind dagegen zu ersetzen (Zustellungskosten, Zeugengebühren usw.). Ein ProzessV kann mit einer die Verfahrensbeendigung beseitigenden Wirkung aufgehoben werden (AP 31 zu § 794 ZPO). Streit über die Rechtswirksamkeit eines ProzessV ist durch Fortsetzung des Verfahrens zu klären (AP 10 zu § 794 ZPO; AP 1 zu § 394 BGB). Sind in einem GesamtV mehrere anhängige Rechsstreitigkeiten erledigt worden, so kann jedes einzelne Verfahren aufgenommen werden. Die übrigen sind alsdann auszusetzen. Indes soll in diesen Fällen auch ein neues Verfahren anhängig gemacht werden können (AP 30 zu § 794 ZPO). Bei Streit über eine auflösende Bedingung (BGH NJW 72, 159) ist das bisherige Verfahren fortzusetzen; anders, wenn über den Wegfall seiner Geschäftsgrundlage gestritten wird (AP 16 zu § 794 ZPO). Ein ProzessV auf eine Kündigungsschutzklage kann zum Ruhen des Anspruches auf Arbeitslosengeld (§ 119 AFG)
führen.
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