Verteidiger
Im Strafprozeß hat jeder Beschuldigte das Recht, sich des Beistandes eines Verteidigers zu bedienen; hat der Beschuldigte einen gesetzlichen Vertreter, darf auch dieser einen Verteidiger auswählen (§137 Abs. 1, 2 StPO). Als Verteidiger können grundsätzlich nur Rechtsanwälte gewählt werden, allerdings auch solche, die nicht bei dem Gericht, vor dem die Hauptverhandlung stattfindet, zugelassen sind (§138 Abs. 1 StPO). Das zuständige Oberlandesgericht kann einen Verteidiger von einem Verfahren ausschließen, wenn er dringend verdächtig ist, an der zur Verhandlung stehenden Tat selbst beteiligt zu sein oder die Täter nach der Tat begünstigt (Begünstigung) zu haben, ferner, wenn der Verdacht besteht, daß er den (freien und unkontrollierten) Verkehr mit dem Beschuldigten mißbraucht, um andere Straftaten zu begehen oder die Sicherheit der Vollzugsanstalt zu gefährden (Schmuggeln von Kassibern, §138a StPO). Wählt der Beschuldigte selbst keinen Verteidiger, so muß ihm das Gericht bei schweren Straftaten einen auf Kosten der Staatskasse bestellen (Pflichtverteidiger, §140 StPO). Er kann sich aber danach immer noch einen anderen Verteidiger wählen, womit der Auftrag an den Pflichtverteidiger grundsätzlich endet (§ 143 StPO). Mehrere Beschuldigte eines Verfahrens dürfen nicht durch denselben Verteidiger vertreten werden, da immer die Gefahr einer Interessenkollision besteht (einer muß den anderen belasten, um seine Haut zu retten, § 146 StPO). Der Verteidiger hat grundsätzlich das Recht zur Einsicht in die Ermittlungsakten. Er hat auch das Recht zu freiem und unkontrolliertem schriftlichen und mündlichen Verkehr mit dem Beschuldigten, auch wenn dieser sich in Haft befindet (§§ 147,148 StPO). Bei Verteidigern von Mitgliedern terroristischer Vereinigungen (Terrorismus) ist eine Überwachung des Schriftverkehrs mit ihren Mandanten vorgesehen, ferner die Einführung von Trennscheiben bei Gesprächen mit ihren Mandanten (§ 148 StPO). Stellung und Tätigkeit des Verteidigers sind durch - teilweise wahre, teilweise erfundene - Berichte und Darstellungen in der Presse, der Literatur, dem Film immer wieder romantisch verklärt worden. Hieran ist soviel zutreffend, daß das Recht des Beschuldigten auf eine freie Verteidigung ein Grundsatz des Rechtsstaates ist. Eine solche fehlt in allen totalitär regierten Staaten. Durch die Medien werden auch immer wieder sog. «Starverteidiger» bekannt gemacht. Es muß jedoch davor gewarnt werden, sich im Notfall an einen solchen zu wenden. Sehr oft stellen sie das Interesse an ihrer eigenen «Publicity» über das Interesse an einer sachgerechten Verteidigung ihres Mandanten.
Der Beschuldigte im Strafverfahren und der Betroffene im Bussgeldverfahren kann sich in jeder Lage des Verfahrens des Beistandes eines Verteidigers bedienen (§ 137 StPO). Zu den Verteidigern können die bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwälte sowie die Rechtslehrer an deutschen Hochschulen gewählt werden. Andere Personen können nur mit Genehmigung des Gerichts als Wahlverteidiger zugelassen werden, im Falle der notwendigen Verteidigung jedoch nur in Gemeinschaft mit einem zugelassenen Rechtsanwalt oder einem Rechtslehrer (§ 138 StPO). Rechtsreferendaren, die im Justizdienst mindestens 15 Monate beschäftigt sind, kann die Verteidigung übertragen werden (§§ 139, 140 Abs. 2 StPO). Die Mitwirkung eines Verteidigers ist notwendig (§ 140 StPO), wenn: 1) die Hauptverhandlung im ersten Rechtszug vor dem Oberlandesgericht oder dem Landgericht stattfindet; 2) dem Beschuldigten ein Verbrechen zur Last gelegt wird; 3) das Verfahren zur Unterbringung in einer Heil- oder Pflegeanstalt oder zur Untersagung der Berufsausübung führen kann; 4) der Beschuldigte taub oder stumm ist; 5) der Beschuldigte sich mindestens drei Monate in derselben oder in einer anderen Sache in Untersuchungshaft oder aufgrund behördlicher Anordnung in einer Heil- oder Pflegeanstalt befunden hat und nicht mindestens zwei Wochen vor Beginn der Hauptverhandlung aus der Untersuchungshaft oder der Heil-oder Pflegeanstalt entlassen wird; 6) zur Vorbereitung eines Gutachtens über den Geisteszustand des Beschuldigten seine Unterbringung in einer öffentlichen Heil- oder Pflegeanstalt in Frage kommt;
7) die Hauptverhandlung gegen einen Abwesenden stattfindet (§ 277).-Auch in anderen Fällen kann der Vorsitzende des Gerichts auf Antrag oder von Amts wegen einen Verteidiger bestellen, wenn die Schwere der Tat oder die Schwierigkeit der Rechtslage dies erfordert. - Dem V. steht von dem Zeitpunkt an uneingeschränkte Akteneinsicht zu, in dem die Staatsanwaltschaft in den Akten den Abschluss der Ermittlungen verfügt hat. Vorher steht ihm nur eingeschränkte Akteneinsicht zu (§ 147 StPO). Der V. kann mit dem inhaftierten Beschuldigten uneingeschränkt verkehren (§ 148 StPO). Liegt eine schriftliche Vollmacht des gewählten V.s bei den Akten oder ist V. vom Gericht bestimmt, haben Zustellungen mit Ausnahme von Ladungen, grundsätzlich an ihn zu erfolgen (§ 145 a StPO). - Während des Ermittlungsverfahrens darf der V. bei richterlichen Vernehmungen des Beschuldigten, bei Augenscheinseinnahmen, Zeugenvernehmungen sowie beim Schlussgehör anwesend sein (§§ 169, 169a, 193a StPO). V. ist berechtigt, Rechtsmittel einzulegen und zu begründen, jedoch nicht gegen den Wunsch des Angeklagten. Zur Rücknahme eines Rechtsmittels bedarf V. einer ausdrücklichen Bevollmächtigung.
(§§ 137ff. StPO). Im -Strafprozess kann der Beschuldigte in jeder Lage des Verfahrens einen bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule als V. wählen (Wahlverteidiger) In bestimmten Fällen schreibt die StPO die Mitwirkung eines V.
zwingend vor (Offizialverteidiger). Sie ist u. a. notwendig, wenn die Hauptverhandlung im ersten Rechtszug vor dem OLG oder dem Landgericht stattfindet, wenn dem Beschuldigten ein Verbrechen zur Last gelegt wird, wenn wegen der Schwere der Tat oder der Schwierigkeit der Sach- oder Rechtslage die Mitwirkung eines V. geboten erscheint oder wenn ersichtlich ist, dass sich der Beschuldigte nicht selbst verteidigen kann, namentlich weil dem durch die Straftat Verletzten ein Anwalt beigeordnet worden ist (Opferschutz, Nebenklage). Hat der Beschuldigte in diesen Fällen noch keinen Verteidiger, so bestellt der Vorsitzende des Gerichts, auf Antrag der Staatsanwaltschaft auch schon während des Ermittlungsverfahrens, einen vom Beschuldigten benannten Anwalt als Pflichtverteidiger. - Der V. hat die Rechte des Beschuldigten zu wahren und alle zu dessen Gunsten sprechenden Gesichtspunkte geltend zu machen. Er hat das Recht der Akteneinsicht u. des grundsätzlich unbeschränkten schriftlichen u. mündlichen Verkehrs mit dem Beschuldigten (aber Kontaktsperre). In der Hauptverhandlung hat der V. ein Frage- u. Erklärungsrecht sowie das Recht, Anträge zu stellen. Eine Ausschliessung des V. ist nur unter bestimmten engen Voraussetzungen (z. B. bei Tatbeteiligung, in Staatsschutzsachen auch bei Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik) zulässig; über die Ausschliessung entscheidet i.d. R das OLG. Zur Vermeidung möglicher Interessenkollisionen verbietet das Gesetz die Verteidigung mehrerer Beschuldigter durch einen gemeinschaftlichen V.
(§ 137 StPO) ist das unabhängige Organ der Rechtspflege, dessen Aufgabe es ist, vor einem, in einem und nach einem Strafverfahren dem Betroffenen bzw. Beschuldigten Beistand zu leisten. Dieser Beistand besteht darin, alle zugunsten des Beschuldigten sprechenden tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte geltend zu machen. Der V. hat das Recht zur Akteneinsicht, zum grundsätzlich unbeschränkten Verkehr mit dem Beschuldigten (vgl. aber Kontaktsperregesetz) sowie ein Fragerecht, Erklärungsrecht und Antragsrecht. Zu Verteidigern können die bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwälte sowie die Rechtslehrer an deutschen Hochschulen gewählt werden (§ 138 StPO, Wahlverteidiger). In bestimmten gewichtigen Fällen ist ein u. U. vom Gericht zu bestellender V. notwendig (§ 140 StPO, Pflichtverteidiger). Lit.: Beck’sches Formularbuch für den Strafverteidiger, hg. v. Hamm, R./Lohberger, /., 4. A. 2002; Dahs, H., Handbuch des Strafverteidigers, 6. A. 1999; Mehlhorn, S., Der Strafverteidiger als Geldwäscher, 2004
Unabhängiges, Gericht und Staatsanwaltschaft gleichgeordnetes Organ der Rechtspflege (§ 1 BRAO). Der Verteidiger wird im Strafverfahren nicht als Vertreter des Beschuldigten tätig und ist daher zur Wahrheitsfindung verpflichtet. Er wird insofern jedoch einseitig zugunsten des Beschuldigten tätig. Der Beschuldigte kann sich in jeder Lage des Verfahrens des Beistandes eines Verteidigers bedienen (§ 137 Abs. 1 StPO), worüber er bei seiner ersten Vernehmung zu belehren ist (§§ 136 Abs. 1, 163 a Abs. 3 u. 4 StPO).
Hinsichtlich des Umfangs der Belehrungspflicht und den Rechtsfolgen wendet der BGH die zum Schweigerecht des Beschuldigten entwickelten Grundsätze entsprechend an.
Abzugrenzen ist der Verteidiger vom Beistand. Zu unterscheiden sind der Wahlverteidiger und der vom Gericht bestellte Pflichtverteidiger in den Fällen notwendiger Verteidigung gemäß § 140 StPO. Wichtigste Rechte des Verteidigers sind der unbeschränkte schriftliche und mündliche Verkehr mit einem in Haft befindlichen Beschuldigten gemäß § 148 Abs. 1 StPO, der nur bei Straftaten gemäß § 129 a StGB und gemäß § 31 EGGVG beschränkt werden kann, das Recht auf Akteneinsicht gemäß § 147 StPO und ein Anwesenheitsrecht nicht nur in der Hauptverhandlung, sondern möglichst weitgehend bereits bei Ermittlungshandlungen im Vorverfahren.
Uneingeschränkt gestattet ist dem Verteidiger die Anwesenheit bei richterlichen Untersuchungshandlungen (§§ 168c, 168d StPO). Bei Zeugenvernehmungen durch die Staatsanwaltschaft oder polizeiliche Ermittlungshandlungen besteht kein Recht zur Anwesenheit, die dem Verteidiger jedoch gestattet werden kann.
In der Hauptverhandlung hat der Verteidiger ein Frage- und Erklärungsrecht gemäß §§ 240, 257 Abs. 2 StPO; er kann Beweisanträge stellen und Rechtsmittel gegen das Urteil einlegen; Letzteres jedoch nicht gegen den Willen des Angeklagten. Die Rücknahme von Rechtsmitteln durch den Verteidiger ist gemäß §§ 297, 302 StPO nur mit ausdrücklicher Ermächtigung des Beschuldigten möglich.
Der Ausschluss des Verteidigers ist abschließend in §§ 138 a—d StPO geregelt. Die Ausschließung ist danach möglich
— bei dringendem oder hinreichendem Verdacht der Beteiligung, sonstiger Straftaten oder der Begünstigung, Strafvereitelung, Hehlerei (§ 138 a Abs. 1 StPO);
— bei Mitwirkung in einem Verfahren wegen § 129 a StGB bereits bei (einfachem) Verdacht der Beteiligung oder des Verkehrsmissbrauchs (§ 138 a Abs. 2 StPO);
— bei begründeter Annahme, die Mitwirkung des Verteidigers würde bei gewissen Staatsschutzdelikten eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik herbeiführen (§ 138b StPO).
Die Grenze zur Strafbarkeit des Verteidigers wegen Strafvereitelung (§ 258 StGB) ist problematisch: Die Übernahme der Verteidigung eines Beschuldigten in Kenntnis seiner Schuld kann nicht Anknüpfungspunkt einer Strafvereitelung sein, weil auch ein Schuldiger Anspruch auf ein rechtsstaatlich einwandfreies Strafverfahren hat. Als Beistand des Beschuldigten darf sich der Verteidiger auch in Kenntnis der Schuld des Angeklagten für einen Freispruch einsetzen, ohne sich selbst wegen Strafvereitelung schuldig zu machen. Die Grenze des zulässigen Verteidigerhandelns ist aber überschritten, wenn sich der Verteidiger unlauterer Mittel (Zwang, Drohung, Täuschung, Lüge) bedient.
Umstritten ist die Strafbarkeit wegen Geldwäsche (§ 261 StGB) durch Annahme „bemakelten” Geldes in Kenntnis seiner Herkunft für Honorarforderungen. Der BGH (StV 2001, 506) sieht weder Strafverteidiger noch Strafverteidigungshonorare vorn Geldwäschetatbestand ausgenommen und verneint ein Recht des Angeschuldigten auf Wahlverteidigung unter Einsatz illegal erworbener Mittel. Verfüge ein Beschuldigter nicht über ausreichende legale Mittel, sehe die StPO die Beiordnung eines Pflichtverteidigers vor. Die Gegenansicht befürwortet eine einschränkende Auslegung des § 261 StGB, da für den Strafverteidiger anderenfalls kaum lösbare Konfliktsituationen entstehen würden und die Freiheit der Wahl des Strafverteidigers eingeschränkt wäre. Grenzen sollen diese Einschränkungen allerdings dort finden, wo die „bemakelten” Mittel an ein konkretes Tatopfer zurückzugewähren sind (Grund: Opferschutz) und wo die Entgegennahme des Honorars — etwa aufgrund eines Begünstigungsvorsatzes die Tatbestände der §§257 ff. StGB erfüllt (Grund: fehlende Schutzbedürftigkeit des Verteidigers). Das BVerfG (NJW 2004, 1305 ff.) hat in einer gegen die o. g. Entscheidungen gerichteten Verfassungsbeschwerde die Möglichkeit einer Strafbarkeit des Verteidigers gern. § 261 StGB grds. bejaht. Jedoch könne der Strafverteidiger nur dann mit Strafe bedroht werden, wenn er im Zeitpunkt der Annahme des Honorars sichere Kenntnis von dessen Herkunft habe. Strafverfolgungsbehörden und Gerichte seien zudem verpflichtet, auf die besondere Stellung des Strafverteidigers schon im Ermittlungsverfahren angemessen Rücksicht zu nehmen.
Umstritten ist ferner die auch als Konfliktverteidigung bezeichnete Ausnutzung von Verfahrensrechten zur Verzögerung des Prozesses, deren Rechtsmissbräuchlichkeit jedenfalls in schwerwiegenden Fällen anzunehmen ist. Die Gebühren des Verteidigers regelt Teil 4 des Vergütungsverzeichnisses zum RVG (Rechtsanwaltsgebühren).
Der V. im Strafverfahren ist in erster Linie berufen, die Rechte des Beschuldigten zu wahren und die für diesen sprechenden Gesichtspunkte geltend zu machen. Er soll aber auch im Zusammenwirken mit Gericht und StA der Wahrheitsfindung dienen und darf diese somit nicht erschweren oder vereiteln.
1.
Der Beschuldigte kann in jedem Verfahren einen V. aus den Rechtsanwälten oder den Rechtslehrern einer deutschen Hochschule i. S. d. HRG mit Befähigung zum Richteramt (Hochschulrahmengesetz) wählen, jedoch nicht mehr als drei V. (Wahlverteidiger, §§ 137, 138 StPO). Hat er keinen WahlV., so ist ihm in den Verfahren, in denen die Verteidigung notwendig ist, ein Pflichtverteidiger zu bestellen, insbes. vor dem Oberlandes- oder Landgericht, vor dem Amtsgericht in Verfahren wegen eines Verbrechens, ferner (auf Antrag) wenn Untersuchungshaft nach §§ 112, 112 a StPO oder eine einstweilige Unterbringung nach § 126 a oder § 275 a V StPO vollstreckt wird, wenn dem Beschuldigten seit 3 Monaten die Freiheit entzogen ist oder wenn es wegen der Schwere der Tat oder der Schwierigkeit der Sach- oder Rechtslage oder aus anderen Gründen geboten ist (§§ 140, 117 IV, 126 a II StPO, §§ 68, 109 I 1 JGG). Einem hör- oder sprachbehinderten Angeklagten ist auf Antrag ein V. zu bestellen. Referendare können nach 15 Mon. Vorbereitungsdienst in gewissem Umfang als V. tätig werden, andere Personen nur als WahlV. und mit Genehmigung des Gerichts (§§ 138 II, 139, 142 II StPO). Die gleichzeitige Verteidigung mehrerer derselben Tat Beschuldigter sowie die gleichzeitige Verteidigung wegen verschiedener Taten Beschuldigter in einem Verfahren durch einen gemeinschaftlichen V. ist unzulässig (§ 146 StPO). Ein Verstoß gegen § 137 I 2 oder § 146 nimmt aber nur den nach, nicht vor der Zurückweisung des V. (§ 146 a StPO) von ihm vorgenommenen Prozesshandlungen die Wirksamkeit.
2.
a) Der V. ist zur Einsichtnahme in die Strafakten befugt; sie kann ihm (in beschränktem Umfang) nur versagt werden, wenn der Abschluss der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft noch nicht in den Akten vermerkt ist und die Einsichtnahme den Untersuchungszweck gefährden würde; auch dann sind ihm aber, wenn sich der Beschuldigte in Untersuchungshaft befindet, die Informationen zur Beurteilung, ob die Freiheitsentziehung rechtmäßig ist, zugänglich zu machen (§ 147 StPO). Der schriftliche und mündliche Verkehr mit dem verhafteten Beschuldigten ist dem V. unbeschränkt gestattet; jedoch können in Verfahren wegen Betätigung für eine terroristische Vereinigung richterlich nicht kontrollierte Schriftstücke usw. zurückgewiesen werden (§ 148 StPO; s. a. Kontaktsperre).
b) In der Hauptverhandlung hat der V. insbes. ein Frage- und Erklärungsrecht (§§ 240, 257 II StPO) sowie das Recht, Anträge zu stellen. Er darf ferner an richterlichen Vernehmungen des Beschuldigten, Augenscheinseinnahmen und kommissarischen Zeugenvernehmungen (§§ 168 c, 168 d StPO) teilnehmen. Er ist zur Einlegung von Rechtsmitteln - aber nicht gegen den ausdrücklichen Willen des Beschuldigten - und mit dessen ausdrücklicher Ermächtigung auch zur Zurücknahme befugt (§§ 297, 302 StPO). S. a. Zeugnisverweigerungsrecht. Über das Recht des Beschuldigten, vor einer Aussage einen V. zu konsultieren, vgl. Wahlverteidiger, über den V. im Steuerstrafverfahren s. dort (3). Vom V. zu unterscheiden ist der Beistand.
3.
Ein Ausschluss des V. ist in Kollisionsfällen - auch schon im Ermittlungsverfahren - nur unter engen Voraussetzungen zulässig: wenn er der Teilnahme, Begünstigung, Strafvereitelung oder Hehlerei verdächtig ist, ferner bei Verdacht des Missbrauchs seiner V.rechte im Verkehr mit dem verhafteten Beschuldigten zu Straftaten oder erheblicher Gefährdung der Sicherheit der Vollzugsanstalt; in Verfahren wegen Staatsschutzdelikten auch bei Gefahr für die Sicherheit der BRep. (§§ 138 a, 138 b StPO). Die Entscheidung über den Ausschluss, der nach Maßgabe des § 138 a V StPO auch für die Verteidigung der Mitbeschuldigten in demselben oder anderen Verfahren gilt, trifft i. d. R. das Oberlandesgericht nach mündlicher Verhandlung; sie unterliegt der sofortigen Beschwerde (§§ 138 c, 138 d StPO).
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